IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 3/1998, Seite 44 ff.



Mit der Sonne heizen

Solaranlagen zur Heizungsunterstützung

Dipl.-Ing. Christian Neumann · Dipl.-Ing. Rainer Schüle

Während anfangs vor allem Solaranlagen zur Brauchwassererwärmung eingesetzt wurden, steigt mittlerweile auch die Nachfrage nach Solaranlagen zur Raumwärmeunterstützung. Das Angebot derartiger Systeme ist mittlerweile nahezu unüberschaubar. Worin unterscheiden sich die Anlagenkonzepte? Mit welchen Kosten ist zu rechnen? Welche Auswahlkriterien sollten beachtet werden und wieviel Brennstoff kann überhaupt eingespart werden? Der folgende Beitrag gibt Antworten auf diese und weitere Fragen.

Heute werden hauptsächlich Solaranlagen zur Erwärmung von Brauchwasser eingesetzt. Üblicherweise haben sie zur Versorgung einer vierköpfigen Familie eine Fläche von etwa 6 m2. Diese Anlagen kommen vor allem im Sommer voll zu Geltung. Dann produzieren sie so viel Wärme, daß der Heizkessel für mehrere Monate ganz abgestellt werden kann. Dadurch wird häufiges Takten im Teillastbereich und der damit verbundene hohe Schadstoffausstoß vermieden.

In den Wintermonaten übernimmt ein konventioneller Heizkessel den Hauptteil der Warmwasserbereitung, da der Solarertrag merklich zurückgeht. Übers Jahr gesehen werden mit diesen Anlagen rund zwei Drittel der Energie für die Warmwasserbereitung solar gedeckt.

Ist es möglich, mit Sonnenenergie zu heizen?

Seit einigen Jahren kommen immer häufiger Solaranlagen zum Einsatz, die beides können: Warmwasser bereiten und die Raumheizung unterstützen. Die Anlagen sind daher wesentlich größer.

Bild 1: Energiebedarf und Solareinstrahlung im Jahresverlauf.

Häufig wird die Frage gestellt, ob in unseren Breiten die Kraft der Sonne zur Beheizung der Wohnräume überhaupt ausreicht. In der Tat erscheint diese Aufgabe schwierig, da Solarenergieangebot und Heizenergiebedarf jahreszeitlich versetzt sind: In den Wintermonaten besteht der größte Bedarf an Heizenergie, während nur wenig Sonneneinstrahlung zur Verfügung steht. Im Sommer hingegen kann viel Sonnenenergie geerntet werden, gleichzeitig wird jedoch keine Energie zum Heizen benötigt (Bild 1).

Die vollständige Beheizung eines Hauses mit Solarenergie ist nur dann möglich, wenn genügend Solarenergie im Sommer geerntet und bis in den Winter gespeichert werden kann. Wie so etwas geht, zeigen verschiedene Demonstrationsanlagen, die in den letzten Jahren von Forschungsinstituten gebaut wurden. Riesige Warmwassertanks mit 80 m3 Fassungsvermögen und mehr sind dafür notwendig. Im Sommer werden diese Tanks mit Solarwärme bis auf 90°C aufgeladen. Im Laufe des Winters wird die gespeicherte Wärme entnommen. Nachteile von solchen Langzeitwärmespeichern sind die hohen Kosten und der große Platzbedarf: Aufgrund ihrer Größe müssen diese Speicher als Teil des Hauses eingeplant werden und sind somit nur in speziell dafür konstruierten Neubauten einsetzbar. Daher wird diese Variante wohl nur für wenige solarbegeisterte Bauherren in Frage kommen. Wer auf die Langzeitspeicherung verzichtet, kann zumindest die heizungsfreie Zeit verlängern und in der Übergangszeit stattliche Anteile mit Solarenergie decken.

Bild 2: Flachkollektor

Voraussetzungen für den Einsatz einer Solaranlage zur Heizungsunterstützung

Damit ein nennenswerter Anteil des Energiebedarfs zur Raumheizung von einer Solaranlage zur Verfügung gestellt werden kann, müssen allerdings zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen sollte der Heizwärmebedarf des Hauses so niedrig wie möglich sein. Denn je niedriger der Heizwärmebedarf ist, desto größer ist der Anteil, den die Solaranlage bereitstellen kann. Ein solarversorgtes Haus sollte mit einem Wärmeschutz nach Niedrigenergiestandard versehen sein. Das heißt, sein Jahresheizenergieverbrauch darf nicht über 80 kWh/m2 liegen. 80 kWh entsprechen dem Energieinhalt von 8 l Heizöl. Der Wärmeschutz ist damit um ca. 20% besser als derjenige, den der Gesetzgeber in der Wärmeschutzverordnung vorschreibt.

Die zweite Voraussetzung ist die Verwendung eines Niedertemperaturheizsystems. Der Wirkungsgrad einer Solaranlage ist um so besser, je niedriger die Betriebstemperaturen sind. Die Vorlauftemperatur des Heizsystems sollte deshalb im Auslegungsfall maximal zwischen 50 und 60°C liegen.

Bild 3: Vakuum-Röhrenkollektor

Komponenten einer Solaranlage

Die Umwandlung des Sonnenlichts in Wärme übernimmt der Kollektor. Im Prinzip funktioniert er wie ein Treibhaus: Sonnenlicht tritt durch transparente Flächen ein und wird in Wärme umgewandelt, die nicht mehr entweichen kann, solange das Treibhaus dicht ist. Die gebräuchlichsten Kollektortypen sind der Flachkollektor (Bild 2) und der Vakuumröhrenkollektor (Bild 3).

Ein Flachkollektor besteht aus einem flachen Kasten, dessen Rückseite und Seitenwände gedämmt sind und der vorne mit einer Glasscheibe abgedeckt ist. In dem Kasten befindet sich ein Solarabsorber, der die Sonnenstrahlung in Wärme umwandelt. Das Sonnenlicht tritt durch die Glasscheibe ein und trifft auf den Absorber. Der besteht meist aus schmalen Metallstreifen, an denen Rohre befestigt sind. Durch diese Rohre wird eine Solarflüssigkeit gepumpt, die die Wärme aufnimmt und zum Speicher transportiert.

Beim Vakuumröhrenkollektor ist der Absorber in einer evakuierten Glasröhre untergebracht, wodurch die Wärmeverluste gegenüber einem Flachkollektor stark verringert werden.

Bild 4: Brauchwasserspeicher

Wichtig für die Leistungsfähigkeit eines Kollektors ist, daß er möglichst viel Sonnenlicht in Wärme umwandelt und nur wenig davon an die Umgebung verliert. Diese Aufgaben erfüllt ein Vakuumröhrenkollektor besser als ein Flachkollektor. Er ist in der Regel aber auch wesentlich teurer.

Die Speicherung der Sonnenenergie übernimmt meist ein mit Wasser gefüllter Speicher. Man unterscheidet Brauchwasserspeicher für Trinkwasser (Bild 4) von Pufferspeichern für Heizungswasser (Bild 5). Ein typischer Brauchwasserspeicher besteht aus Edelstahl oder emailliertem Stahl. In der Regel besitzt er zwei Wärmetauscher. Mit dem unteren Wärmetauscher wird die Solarenergie in den Speicher eingespeist, während mit dem oberen Wärme vom Heizkessel zugeführt werden kann für den Fall, daß die Solarwärme nicht ausreicht.

Bild 5: Kombispeicher

Im Speicher sollte eine ausgeprägte Temperaturschichtung vorliegen. Dann liegt der Solarwärmetauscher im kalten Bereich, und die Anlage hat den besten Wirkungsgrad. Außerdem erhitzt der Nachheizwärmetauscher bei Bedarf nur das kleine obere Bereitschaftsvolumen, falls die Sonnenkraft nicht ausreicht.

Eine andere Bauform haben die Pufferspeicher für Raumheizungssysteme. Pufferspeicher bestehen meist nur aus einfachem Stahl. Sie müssen nicht oberflächenbehandelt sein, da sie nur Heizungswasser und kein Brauchwasser enthalten. Meist besitzen sie nur einen Wärmetauscher. Die Nachheizung erfolgt dann direkt über den Kesselkreislauf.

Kombispeicher vereinen - wie der Name schon sagt - zwei Speicher in einem: In einem großen Pufferspeicher ist ein kleinerer Edelstahlboiler untergebracht, in dem sich das Brauchwasser befindet. Sowohl die Solar- als auch die Nachheizwärme werden dem äußeren Pufferteil zugeführt, genau wie bei einem üblichen Pufferspeicher. Das Brauchwasser wird dann über die Oberfläche des Edelstahlboilers vom Heizungswasser im Puffer erwärmt. Statt eines Edelstahlboilers kann auch eine Wärmetauscherschlange in den Kombispeicher eingebaut sein, in der das Brauchwasser im Durchlauferhitzerprinzip erwärmt wird. Der Vorteil von Kombispeichern ist deren kompakte Bauweise.

Bei Solarspeichern aller Bauarten ist eine ausgeprägte Temperaturschichtung erwünscht: Der untere Bereich sollte auf möglichst niedrigem Temperaturniveau gehalten werden, während der obere auf Solltemperatur geheizt wird. Hohe Kollektorwirkungsgrade und ein verminderter Nachheizbedarf können somit erreicht werden. Um diese Schichtung zu erreichen und im Speicher aufrechtzuerhalten, verwenden einige Hersteller verschiedenartige Einbauten, die eine Verwirbelung der Schichten während des Be- und Entladens verhindern.

Wichtig für alle Solarspeicher ist eine gute Dämmung. Denn Wärmeverluste stellen eine zusätzliche Last dar, für die wertvoller Brennstoff bzw. Solarenergie verwendet werden muß.

Bild 6: Zweispeichersystem

Wie sind Solaranlagen zur Unterstützung der Raumheizung aufgebaut?

Die beschriebenen Bauteile einer Solaranlage lassen verschiedene Anlagenschaltungen zu. Die gebräuchlichste Anlagenkonfiguration ist das Zweispeichersystem. Dabei wird ein Brauchwasserspeicher in Kombination mit einem Pufferspeicher verwendet (Bild 6).

Die von den Kollektoren gewonnene Solarenergie kann in beide Speicher eingespeist werden. Auch der Kessel kann beide Speicher im Bedarfsfall nachheizen.

Eine Regelung steuert die Beladung der Speicher mit Solarenergie und Nachheizenergie. Ist die Temperaturdifferenz zwischen Kollektor und dem unteren Bereich des Brauchwasserspeichers groß genug, startet die Pumpe im Solarkreis und speist die Solarenergie in den Brauchwasserspeicher ein. Wenn dieser seine Solltemperatur erreicht hat, schaltet das Dreiwegeventil im Solarkreis um, und der Pufferspeicher wird beladen. Durch die Nachheizregelung wird der obere Teil der Speicher immer auf einer Solltemperatur von beispielsweise 60°C gehalten. Im Sommer können in den Speichern sehr hohe Temperaturen entstehen. Damit es nicht zu Schäden kommt, begrenzt die Regelung die Temperatur in den Speichern auf etwa 90°C.

Der Vorteil des Zweispeichersystems ist, daß die Solarenergie immer in den Speicher eingespeist werden kann, der momentan das niedrigste Temperaturniveau hat. Dadurch wird der Solarkreis optimal gekühlt, und es werden hohe Kollektorwirkungsgrade erreicht. Allerdings sind durch den Einsatz von zwei Speichern die Wärmeverluste relativ hoch. Außerdem muß genügend Platz im Heizungskeller vorhanden sein. Die Regelung ist vergleichsweise aufwendig und bedarf einer sorgfältigen und fachgerechten Montage.

Bild 7: Kombispeichersystem

Kombispeichersystem

Platzsparender und leichter zu regeln ist dagegen ein Solarsystem mit Kombispeicher (Bild 7). Die Solarenergie wird über einen internen Wärmetauscher in den unteren Speicherteil eingespeist. Der obere Teil wird vom Heizkessel auf Solltemperatur gehalten. Auf der Solarseite ist lediglich ein einfacher Temperaturdifferenzregler notwendig.

Damit sich eine Temperaturschichtung im Speicher aufbauen kann, muß der Brauchwasserspeicher bis in den unteren Bereich des Puffers reichen. Kombispeicher mit nur einem Brauchwasserwärmetauscher im oberen Teil haben den Nachteil, daß die Temperaturschichtung bei jeder Brauchwasserzapfung gestört wird.

Ebenfalls wichtig für die Erhaltung der Temperaturschichtung ist der Anschluß des Rücklaufs der Raumheizung. Bei einer Niedertemperaturheizung liegt die Temperatur des Rücklaufs in den meisten Fällen um 30°C. Um eine Aufheizung des unteren Pufferbereichs zu vermeiden, sollte der Heizungsrücklauf auf jeden Fall über dem Solarwärmetauscher in den Speicher geführt werden.

Bild 8: System mit Durchlauferwärmung.

Solaranlagen mit Brauchwassererwärmung im Durchlaufprinzip

Bei diesem Anlagenkonzept wird nur ein Pufferspeicher verwendet. Das Brauchwasser wird mit einem externen Plattenwärmetauscher im Durchlaufprinzip erwärmt (Bild 8).

Die Einspeisung der Solarenergie kann sowohl mit einem externen oder internen Wärmetauscher erfolgen. Der Pufferspeicher sollte eine temperaturorientierte Be- und Entladung zulassen. Wenn eine optimale Schichtladung gewährleistet ist, sind bei diesem System, im Vergleich mit den anderen, höhere solare Deckungsgrade möglich. Inwieweit ein Pufferspeicher die Aufgabe einer optimalen Temperaturschichtung erfüllt, kann im Einzelfall nur vom Fachmann durch entsprechende Messungen geprüft werden.

Empfehlungen zur Auswahl des Anlagentyps

Auf dem Markt wird eine Vielzahl von verschiedenen Kollektoren und Speichern angeboten. Entsprechend vielfältig ist das Angebot an Verschaltungsvarianten. Die drei beschriebenen Anlagenkonzepte geben lediglich die am häufigsten installierten Systeme wieder. Wenn möglich, sollte eine Solaranlage mit nur einem Puffer und Brauchwasserbereitung im Durchflußprinzip installiert werden.

Doch die Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der Systeme sind gering. Wenn fachgerechte Installationen vorliegen, liefern alle drei Systeme gute Solarerträge. Die Art der Ausführung der Installation einer Solaranlage ist ein Faktor, der unter Umständen viel größeres Gewicht hat als der Systemtyp.

Grundsätzlich sollten allerdings folgende allgemeine Hinweise beachtet werden:

Wieviel Brennstoff kann mit einer Solaranlage eingespart werden?

Im wesentlichen hängt die Brennstoffeinsparung, die mit einer Solaranlage erreicht werden kann, von folgenden Faktoren ab:

Mit einer Solaranlage zur Heizungsunterstützung sind bei gut gedämmten Einfamilienhäusern unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten Brennstoffeinsparungen zwischen 20 und 35% möglich. Bei einem Wohngebäude mit 150 m2 Wohnfläche ist dafür eine Kollektorfläche von ungefähr 15 m2 und ein Speicher mit einem Volumen von rund 1000 l nötig. Größere Kollektorflächen erhöhen hauptsächlich den Sommerüberschuß, der dann ungenutzt verpufft. Jeder weitere Quadratmeter kann deshalb immer weniger zum Jahresertrag beisteuern und erhöht eigentlich nur die Kosten des Systems.

Die Speichergröße muß auf den Kollektor abgestimmt werden. Er sollte mindestens den Solarertrag eines Sommertags mit maximaler Einstrahlung speichern können. Größere Speicher erhöhen den solaren Deckungsgrad nur unwesentlich.

Auslegungshinweise

Faustwerte für die überschlägige Auslegung von Solaranlagen für die Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung:

Mit dieser Auslegung wird in der Regel ein solarer Deckungsgrad von ca. 25 bis 30% erreicht.

Diese Anhaltswerte ersetzen nicht eine genaue Auslegungsplanung, die vom Fachplaner durchgeführt werden muß. Dabei müssen eine Reihe weiterer Größen berücksichtigt werden wie zum Beispiel die Neigung und die Orientierung des Kollektorfeldes, das regionale Klima und natürlich die technischen Kennwerte der verwendeten Kollektoren und Speicher (z.B. die geprüften Wärmeverlustwerte und der optische Wirkungsgrad des Kollektors).

Kosten

Während eine Brauchwasseranlage mit einem 6 m2 Kollektorfeld für eine vierköpfige Familie zwischen 8 und 12.000 DM kostet, liegen die Kosten von Solaranlagen zur Heizungsunterstützung für ein Einfamilienhaus bei 17.000 DM, teilweise auch bei über 30.000 DM. Sie haben dementsprechend eine Anlagengröße von 12 bis über 20 m2. Kombispeichersysteme sind dabei in der Regel billiger als Zweispeichersysteme oder Systeme mit Brauchwasserbereitung im Durchlaufprinzip.

Der spezifische Wärmepreis für Solarwärme liegt damit zwischen 40 bis 60 Pf/kWh. Wärme, die von Öl- oder Gaskesseln produziert wird, ist im Moment zwar deutlich günstiger. Aber diese Heizsysteme verursachen auf der anderen Seite Umweltschäden, die bereits heute und mehr noch in Zukunft erhebliche Kosten verursachen. Sollten diese Kosten früher oder später einmal in den Öl- und Gaspreisen berücksichtigt werden, könnte Solarenergie schnell konkurrenzfähig werden. Solaranlagenbesitzer können diesen Preissteigerungen, die womöglich durch Energie- oder CO2-Steuern umgesetzt werden, gelassen entgegensehen: Wenn die Anlage einmal installiert ist, gibt es die Sonnenenergie kostenlos.


B i l d e r :   Öko-Institut: Bilder 1, 2, 3, 6, 7, 8
Wagner & Co.: Bild 4
Solar Projekt Energiesysteme: Bild 5


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