IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 3/1998, Seite 38 ff.



Thermische Solarenergienutzung im Niedertemperaturbereich

Dr. Ulrich Schirmer, Dr. Jens Göring* Teil 2

Der vorliegende 2. Teil beleuchtet wie auch schon der 1. Teil in IKZ-HAUSTECHNIK Ausgabe 2/98 die Anlagenkomponenten und Anlagensysteme auf ihren Einsatzzweck und ihre Einsatzgrenzen.

3.5 Speicherung

Sobald Flüssigkeiten als Wärmeträger im Einsatz sind, gehört ein entsprechendes Speichervolumen zur Gesamtanlage. Selbst bei Luft als Wärmeträger wird durch Einbeziehung von durchströmten Gebäudebestandteilen (Prinzip Hypokaustenheizung) versucht, Speichereffekte zu erzielen.

Ein schwerwiegender Wettbewerbsnachteil der Solartechnik ist bei den meisten Anwendungen der zeitliche Versatz zwischen Energieangebot und Energiebedarf. Dem kann nur durch entsprechende Speichertechnik entgegengewirkt werden. Bei der konventionellen Warmwasserbereitung mit Speichersystem wird die Speichergröße von der erwarteten Abnahmemenge, dem Zapfprofil und der Leistung des Kessels bestimmt. Im Falle der Solartechnik ist möglichst viel vom Einstrahlungsangebot aus abnahmeschwachen Zeiten in strahlungsarme Zeiten mit Energiebedarf zu retten. Bei Kleinanlagen geht man beispielsweise davon aus, daß das Speichersystem ein bis zwei strahlungsarme Tage als Energiereserve überbrücken sollte. Im Vergleich zu konventionellen Anlagen ergeben sich in Solaranlagen für gleichen Versorgungsbedarf größere Speichereinheiten.

Der Speichertyp wird von der Anlagenkonfiguration bestimmt (siehe auch 3.6 und 3.7). Bei alleiniger Brauchwarmwasserbereitung werden vergleichbare Speicher wie in der konventionellen Technik eingesetzt, d.h. emaillierte oder kunststoffbeschichtete Stahlspeicher bzw. Edelstahlspeicher. Zum Solarspeicher wird der konventionelle Speicher durch sein größeres Volumen und durch die Mehrfachbeheizung (solare Beheizung und konventionelle Nachheizung).

Eine Alternative ist die Nutzung eines Pufferspeichers, der dann kostensenkend aus minderwertigem Material bestehen kann, da er nur Heizungswasser enthält. Der Pufferspeicher kommt zum Einsatz, wenn mit der Solaranlage auch ein Heizsystem unterstützt werden soll oder wenn die Brauchwarmwasseranlage bestimmte Größenordnungen überschreitet. Im zweiten Fall wird damit vermieden, daß zu große Mengen Trinkwasser in zu großen (zu teuren) Speichern gelagert werden. Das DVGW-Arbeitsblatt W 551 ("Legionellenverordnung") bringt diesbezüglich die 400 l-Grenze für Brauchwasserspeicher ins Spiel.

Bild 10: Schichtenladung mittels Lanzen.

Ein weiteres Unterscheidungskriterium zum konventionellen Speicher ist beim Solarspeicher das verstärkte Bemühen zur definierten Temperaturschichtung. Das beginnt bei der Geometrie, indem möglichst hohe, schlanke Speicher zu bevorzugen sind, und endet bei ausgefeilten Be- und Entladetechniken (Bild 10).

Mit speziellen Speichereinbauten wird dafür gesorgt, daß beim Beladekreis des Speichers das warme Wasser in einer temperaturgleichen Schicht eingespeist wird und der Kollektorzulauf generell aus der kalten Bodenschicht erfolgt. Auch beim Speicherentladekreis ist darauf zu achten, daß der rückgeführte Strom temperaturentsprechend eingeschichtet wird. Bei geringer Energieabnahme am Wärmetauscher befindet sich dieser Strom auf relativ hoher Temperatur und würde bei Rückführung am Speicherboden die Schichtung zerstören.

Bei Großanlagen zur Brauchwassererwärmung erreicht der Speicherbedarf Größenordnungen, die mit Speichern aus verfügbaren Baureihen nur durch Bündelung zu erreichen sind. Eine Alternative sind dann vor Ort geschweißte Großspeicher.

Bild 11: Großspeicher Solaris (Chemnitz).

Bei Großanlagen zur Heizungsunterstützung sollte die Speicherwirkung eigentlich nicht nur tageweise sondern jahreszeitlich wirken. Es entstehen sogenannte saisonale Speicher, die jeweils Einzelentwicklungen darstellen und üblicherweise zu Nahwärmeversorgungssystemen gehören. Ausführungsbeispiele sind Stahltanks, Stahlbetongefäße, unterirdische Kavernen, begrenzte Erdreichzonen mit Sondenbestückung oder künstliche Aquiferspeicher (wassergefüllte, selbsttragende Strukturen). Die Großspeicher sind generell als Pufferspeicher zu betrachten und wie diese als drucklose Speicher zu betreiben.

Bild 11 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Kies-Wasser-Aquiferspeichers mit einem Volumen von 8000 m³, wie er in einem Chemnitzer Gewerbegebiet entstanden ist.

3.6 Verbraucher

Man unterscheidet die Solaranlage, die allein zur Erwärmung von Brauchwasser eingesetzt wird (Bild 12), von der Anlage, die eine Warmwasserheizung unterstützen soll (Bild 13). Des weiteren ist die Kombination beider Wärmeverbraucher möglich und meist sinnvoller als reine Heizungsunterstützung. Der dritte große Verbrauchertyp ist die Schwimmbeckenerwärmung.

Bild 12: Brauchwasseranlage (vereinfacht).

Anlagen zur Trinkwassererwärmung sind in der Regel so konzipiert, daß im Sommer, genügend Einstrahlung vorausgesetzt, der komplette Warmwasserbedarf solar abgedeckt werden kann. Dabei wird im Kleinanlagenbereich versucht, diesen Sommerzeitraum möglichst weit zu fassen. Bei Spitzeneinstrahlung kommt es dann allerdings zum Überangebot von Solarenergie. Ideale Verhältnisse liegen vor, wenn z.B. im Einfamilienhausbereich dieses Überangebot von einer zusätzlichen Schwimmbeckenheizung abgefangen werden kann. Bei Großanlagen ist die Dimensionierung üblicherweise so angelegt, daß der Bedarf nur bei extremer Einstrahlung abgedeckt werden kann, während andernfalls immer konventionelle Nachheizung erforderlich ist. Daher resultiert die Bezeichnung Vorwärmanlagen. Dort überwiegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt vor dem ökologischen.

Die alleinige Heizungsunterstützung ist für den derzeitigen Gebäudebestand ein etwas fragwürdiges Unternehmen. Sinnvollerweise sollte diese Heizungsunterstützung mit Brauchwassererwärmung gekoppelt sein. Das bietet einen stabilen Basisbedarf über das ganze Jahr. Heizungsunterstützung bedeutet normalerweise, eine größere Kollektorfläche als bei Brauchwassererwärmung einzusetzen. Dies verschärft das o.g. Problem des Überangebotes im Sommer.

Trotzdem sinnvolle Anwendungsfälle für vorwiegende Heizungsunterstützung sind die Einbeziehung in Heizsysteme, die naturgemäß schon Pufferspeicher aufweisen wie Holzkessel, Holzschnitzel- oder Strohfeuerungen oder die Beheizung von ungünstig gelegenen Räumen in der Übergangszeit bzw. von Gebäuden in Höhenlagen in der Übergangszeit.

Bild 13: Heizungsunterstützung (vereinfacht).

Ansonsten sollten vor der Planung einer solaren Heizung alle Investitionen in Richtung Niedrigenergiehaus gelenkt werden.

Bei solarer Heizung ist generell zu beachten, daß nur Niedertemperaturheizungen zu unterstützen sind. Die Fußbodenheizung mit ihren Vorlauftemperaturen bis unterhalb von 50°C ist die ideale Heizungsart. Aber auch höhere Vorlauftemperaturen können generell solar unterstützt werden, indem der Pufferspeicher solar vorgewärmt und konventionell nachgeheizt wird. Die Nutzung der Solarwärme wird dabei um so intensiver, je größer die Spreizung beim Heizsystem gewählt wurde, d.h. je kälter der Rücklauf zum Puffer zurückkommt.

Letztlich läßt sich unter entsprechenden Randbedingungen auch die Effektivität einer Wärmepumpenheizung steigern, indem der Wärmequelle, sei es Erdreich oder auch ein Wasservorrat, Überschußwärme aus der Solaranlage zugeführt wird.

Die wirtschaftlich gesehen günstigste Form der kombinierten Brauchwarmwasserbereitung und Heizungsunterstützung mit Solaranlagen stellt deren Einbeziehung in Nahwärmeversorgungssysteme dar. Dabei ist es besonders wichtig, daß dieses Konzept vom ersten Moment der Planung (auch Bauplanung) in alle Überlegungen mit eingeht und das gesamte Umfeld des Vorhabens auf die solare Unterstützung abgestimmt wird (Bild 14).

Die Schwimmbeckenerwärmung als Wärmeabnehmer solarthermischer Anlagen ist die ideale Nutzung dieser Systeme. Hierbei ist die solare Wärme schon bei Außerachtlassung aller ökologischen Folgekosten der konventionellen Wärmeerzeugung konkurrenzfähig. Im System Schwimmbadheizung (siehe auch 3.3) vereinigen sich folgende Vorteile der Solarsysteme:

Eine weitere Abnehmergruppe, bei der die zeitliche Übereinstimmung von solarem Energieangebot und Energiebedarf ideal zusammentreffen, sind Kälteaggregate mit thermischer Antriebsenergie (Absorptions- und Adsorptionskälteanlagen). Der Kühlbedarf ist mehrheitlich in Sonnenscheinphasen deutlich höher als in sonnenscheinloser Zeit.

Bild 14: Solargestützte Nahwärmeversorgung (Beispiel Solaris-Gewerbepark Chemnitz).

Da die Kälteerzeugung insgesamt ein schwieriger zu beherrschender Prozeß als die Schwimmbadheizung darstellt, läßt sich hierfür z.Z. noch keine so deutliche Aussage zur Wirtschaftlichkeit treffen.

3.7 Anlagengröße

Es existiert keine bindende Klassifizierung der Solaranlagen nach ihrer Größe. Allgemein üblich ist die Kennzeichnung anhand der Kollektorfläche. Anlagen bis zu 20 m² werden als Kleinanlagen bezeichnet. Sie stellen die Größenordnung für Ein- bis kleine Mehrfamilienhäuser dar. Bei Anlagen, die diese Größe übertreffen, wird z.T. schon von Großanlagen gesprochen. An anderer Stelle wie z.B. im BMBF-Förderprogramm Solarthermie 2000 rechnet man Anlagen ab ca. 100 m² den Großanlagen zu. Nach oben ist keine Grenze gesetzt. Anlagen von einigen Hundert Quadratmetern sind keine Seltenheit mehr.

Kleinanlagen stellen technisch und logistisch überhaupt kein Problem mehr dar. Viele Hersteller bieten ausgereifte Komplettpakete speziell für den Einfamilienhausbereich an (4 bis 8 m² Kollektorfläche). Bei dieser Anlagengröße stellt sich die Frage einer ausgefeilten Planung nicht, da die Stufung der verfügbaren Komponenten (Speicher, Kollektormodule) wesentlich grober ist als z.B. mit Hilfe einer aufwendigen Anlagensimulation als Idealgröße herausgerechnet werden könnte. Maßgeblich für das einwandfreie Funktionieren ist die gewissenhafte handwerkliche Ausführung und die prinzipiell sinnvolle Dimensionierung je nach Verwendungszweck.

Eine Großanlage dagegen stellt derzeit immer eine Einzelanfertigung dar. Sie erfordert eine exakt auf diese konkrete Anlage zugeschnittene gewissenhafte Planung, die sich möglichst auf ordentliche Simulationssoftware abstützen sollte. Sowohl durch falsche Dimensionierung von Anlagenkomponenten als auch durch unzweckmäßige Regelstrategien kann eine prinzipiell gute Anlage in absolut unwirtschaftliche Betriebsweise verfallen.

(Fortsetzung folgt)


*) Dr. Ulrich Schirmer und Dr. Jens Göring: Technische Universität, Chemnitz, Professur Technische Thermodynamik


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