IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 1/1998, Seite 43 f.


VERTRIEBSWEG


Bäderwelt

Nachgefragt

"Die Thyssen Handelsunion AG hat mit Wirkung vom 1. Oktober 1997 ihren Anteil an der Bäderwelt Sanitärhandel GmbH & Co. KG (Bäderwelt) in Höhe von 50% an die Bauhaus AG veräußert. Beide Firmen waren paritätisch an der im Einzelhandel tätigen Bäderwelt beteiligt. Die Veräußerung erfolgte im Rahmen der Portfolio-Neuordnung im Thyssen-Konzern, der sich in Zukunft auf die strategisch bedeutsamen Kerngeschäftsfelder konzentriert." (Siehe IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 24/97). Diese Meldung vom 28. November 1997 veranlaßte die IKZ-HAUSTECHNIK- Redaktion bei der Thyssen Schulte Bautechnik GmbH und bei der Bauhaus AG nach Gründen und dem weiteren Vorgehen nachzufragen.

In einer ersten Stellungnahme bewertete der Fachverband Sanitär-Heizung-Klima NRW, ebenfalls am 28. November des vergangenen Jahres, diesen Schritt als Zeichen dafür, daß die fortdauernden Bemühungen von Verband, Innungen und Betrieben, die Thyssen Handelsunion zu einem marktgerechten Verhalten im Rahmen des traditionellen Vertriebsweges zu veranlassen, Erfolg gehabt haben.

Am 1. Dezember 1997 stellte die IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion folgende Fragen an Dr. Claus Algenstaedt und Willi Schiller von der Thyssen Schulte Bautechnik GmbH:

  1. Die Bäderwelt fand in der Fachhandwerkerschaft wenig Gegenliebe. Immer wieder wurde der Thyssen-Handelsunion von SHK-Verbänden, Innungen und Betrieben "nicht marktgerechtes Verhalten im Rahmen des traditionellen Vertriebsweges" vorgeworfen. Hatte diese Einstellung des Fachhandwerks Einfluß auf die Entscheidung, sich von den Bäderwelt-Anteilen zu trennen?
  2. Hatte Thyssen Schulte seit Bekanntwerden der Bäderwelt-Beteiligung der Thyssen Handelsunion Umsatzeinbußen? Wenn ja, in welcher Größenordnung?
  3. Wir gehen davon aus, daß Thyssen Schulte in der Vergangenheit der größte, wenn nicht sogar alleinige, Lieferant der Bäderwelt war. Wird das auch in Zukunft so sein?
  4. Nicht zuletzt durch die Bäderwelt wurden zahlreiche "Initiativen zur Förderung des Einzelhandels" innerhalb des vierstufigen Vertriebs" initiiert. Wie steht Thyssen Schulte zu diesen Initiativen?
  5. In einem Interview mit der IKZ-HAUSTECHNIK (siehe Ausgabe 12/96, Seite 48) antworteten Sie u.a.: ... "Deshalb arbeitet Thyssen Schulte derzeit an einem Konzept, das den mit eigenen Ladengeschäften und/oder Ausstellungen des Handwerks verbundenen zusätzlichen Aufwand honoriert." ... Gibt es diesbezüglich konkrete Ergebnisse?
  6. Die Veräußerung erfolgte (lt. z.g. Pressemeldung) im Rahmen der Portfolio-Neuordnung im Thyssen-Konzern, der sich in Zukunft auf die strategisch bedeutsamen Kerngeschäftsfelder konzentriert. Was bedeutet diese Aussage für Thyssen Schulte?
Willi Schiller und Dr. Claus Algenstaedt beantworteten die Fragen der IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion zum Thema Bäderwelt.

 

Das Antwortschreiben von Dr. Claus Algenstaedt und Willi Schiller erreichte uns am 10. Dezember 1997 und ist im folgenden ungekürzt wiedergegeben.

Ihr Fax vom 1.12.1997 in Sachen Bäderwelt beantworten wir zusammengefaßt wie folgt:

Die Entscheidung über die Abgabe der Anteile an Bäderwelt durch die Thyssen Handelsunion AG steht im Zusammenhang mit dem Konzern-Portfolio. Thyssen AG hat Anfang 1997 eine Straffung der rd. 60 Geschäftsfelder im Gesamtkonzern verabschiedet und damit auch die Grundsätze für die Bereitstellung von Investitionsmitteln. Danach gehört der Auf- und Ausbau von Einzelhandelsgeschäften mit größerer Filialorganisation in der Bautechnik nicht zum Konzern-Portfolio. Dieses Konzern-Portfolio umfaßt unter anderem aktuelle und potentielle Kerngeschäftsfelder. Zu Kerngeschäftsfeldern gehören Geschäftsaktivitäten wie Thyssen Aufzüge, der Werkstoffhandel und selbstverständlich die Bautechnik von Thyssen Schulte als potentielles Kerngeschäftsfeld.

In den letzten 18 Monaten hat es intensive Diskussionen unserer Häuser mit den Innungen und Verbänden des Handwerks zum Stichwort Bäderwelt gegeben. Dabei wurde teilweise auch kontrovers diskutiert, inwieweit sich eine eigenständige unternehmerische Entscheidung der Thyssen Handelsunion AG auf die Zusammenarbeit mit Thyssen Schulte Bautechnik auswirken kann.

Über die Sorgen des Handwerks im Zusammenhang mit dem Markteintritt von Bäderwelt haben unsere Mitarbeiter intensiv sowohl uns bei Thyssen Schulte Bautechnik als auch der Muttergesellschaft berichtet.

Thyssen Schulte Bautechnik hat vor und während der "Bäderwelt-Zeit" intensiv an allen Initiativen zur Förderung des Einzelhandels durch das SHK-Fachhandwerk überall in Deutschland mitgearbeitet. Thyssen Schulte Bautechnik hat selbst zahlreiche eigene Initiativen in den Markt gebracht und dies im übrigen auch vielfach lange vor anderen Wettbewerbsunternehmen im Großhandel. Dies läßt sich beispielsweise auch in der Dokumentation "100 Jahre Thyssen Schulte", die vor rund einem Jahr veröffentlicht worden ist, nachlesen. Diesem Schreiben haben wir ein Exemplar beigefügt. Wir verweisen unter anderem auf Seite 73.

Unser von Ihnen in Erinnerung gebrachtes Vorhaben, die Ausstellungen des Handwerks zu fördern, hat großes Interesse im Markt gefunden. Außerdem ist in diesem Zusammenhang auf den sehr attraktiven umfangreichen Katalog "Gute-Laune-Bäderschau" mit individuellen Preislistenprogrammen für den Handwerker hinzuweisen. Mehrere hunderttausend Stück sind vom Handwerk in den Markt zu den Endverbrauchern gebracht worden. Der Katalog steht auch heute noch jederzeit für das Handwerk zur Verfügung. Weiter haben wir verschiedene Werbemittel neu für den Endverbraucher zur Verteilung durch Handwerksbetriebe entwickelt. Auch sie sind gut aufgenommen worden. Ferner ist daran zu erinnern, daß wir in verschiedenen Niederlassungen die Schlüsselgewalt für die Sanitärausstellung unserer Häuser in die Verantwortung des Handwerks gegeben haben.

Insgesamt aber ist festzustellen, daß das deutsche SHK-Handwerk auch während der "Bäderwelt-Zeit" die Leistungsorientierung und Leistungsfähigkeit unserer flächendeckenden Marktorganisation weiter genutzt hat. Die Geschäftsentwicklung von Thyssen Schulte Bautechnik - soviel läßt sich feststellen - bewegte sich nach unserem Kenntnisstand im Rahmen der bekannten Entwicklung der deutschen Bauwirtschaft und des Ausbaugewerbes.

Was die Bemerkungen zu der Belieferung von Bäderwelt betrifft, ist festzustellen, daß es keine Verpflichtungen von Thyssen Schulte Bautechnik gibt, auch zukünftig an Bäderwelt zu liefern. Lediglich für die Abwicklung von gebuchten Altaufträgen der Bäderwelt wird Thyssen Schulte Bautechnik noch für begrenzte Zeit liefern.

Abschließend ist nochmals ausdrücklich zu betonen, daß Thyssen Schulte als Fachgroßhandel für Sanitär und Heizung im dreistufigen Vertriebsweg arbeitet und sich gestern, heute und morgen verpflichtet fühlt.

Sehr gerne stehen wir Ihnen für weitere Interpretationen zu unserer Markt- und Geschäftspolitik zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Claus Algenstaedt
Willi Schiller

Ebenfalls am 1. Dezember 1997 sandten wir nachfolgende Fragen an die Bauhaus AG. Offenbar ist das Unternehmen nicht bereit, diese Fragen zu beantworten, denn trotz einer neuerlichen Anfrage vom 9. Dezember 1997 hat uns bis zum Druckunterlagenschluß dieser Ausgabe keine Antwort erreicht.

  1. Sie sind mit der Übernahme der 50% Thyssen Handelsunion Anteile nunmehr alleiniger Anteilseigner an der Bäderwelt. Seinerzeit bezeichnete man die ersten beiden Geschäfte als "Pilotprojekt". Ist das Pilotprojekt damit gescheitert?
  2. Wird die Bäderwelt weiterhin betrieben? Wenn ja, in welcher Form (wie bisher in eigenständigen Geschäften, integriert in den Bauhaus-Geschäften o.a.?
  3. Wird es weitere Bäderwelt-Standorte geben?


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