IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 1/1998, Seite 34 ff.


KLIMATECHNIK


Neue Möglichkeiten der dezentralen Luftbehandlung

mit der Bustechnologie

Martin Schellhorn

Ein ganzjährig optimales System, das sich auf alle Witterungsbedingungen und Anforderungen einstellen kann: Dies ist der Wunsch vieler Hallen-Betreiber und -Nutzer nach den Erfahrungen der letzten Jahre. Sehr kalte Winter und heiße Sommer haben die vorhandenen Heiz-, Kühl- und Lüftungssysteme oft überbeansprucht. Dazu wurden auch die Nachteile funktional nur einseitig ausgelegter Geräte deutlich. Neue, dezentrale Geräte am Markt besitzen diese hohe Funktionalität und führen die notwendige, komplexe Regelung mit Hilfe der Bustechnologie durch.

Heizung, Luftzufuhr, Luftfilterung und immer mehr auch die Kühlung - das sind die Grundfunktionen eines modernen Systems zur Luftbehandlung in Hallen und Räumen. Je nach Hallentyp, den darin gelagerten Gütern oder arbeitenden Menschen läßt sich ein individuelles Profil ableiten, das mit den Rahmenbedingungen der DIN-Normen, Arbeitsstätten-Verordnungen und der Technischen Gebäudeausrüstung zusammen in einen endgültigen Anforderungs-Katalog zusammengefaßt wird. Die Möglichkeiten zur Erfüllung dieser Ansprüche lassen sich durch verschiedene Prinzipien von Anlagen erzielen.

Zentrale und dezentrale Luftbehandlungs-Systeme

In erster Linie ist dies die Unterscheidung in zentrale und dezentrale Systeme. Zentrale Anlagen führen über ein Kanalsystem vorkonditionierte Luft zu den jeweiligen Punkten innerhalb der Halle. Für dezentrale Geräte hingegen wird statt Luft kaltes oder warmes Wasser an den entsprechenden "Verbrauchsort" transportiert. Die so zugeführte Energie wird direkt am Ort des Geschehens nutzbar gemacht. Dabei wird in jedem Gerät die entsprechende Technik notwendig, um diese Voraussetzungen erfüllen zu können.

Bild 1: Die wesentliche Einsparung des Verkabelungsaufwandes wird besonders durch den Vergleich zwischen der älteren Geräte-Version "Multitherm" und dem neuen Gerät "MultiMaxx" deutlich.

Die jeweiligen Vor- bzw. Nachteile liegen auf der Hand: Der Transport von Wasser ist durch die wesentlich geringeren Dimensionen der Rohrleitungen als beim Lufttransport von zentralen Geräten kostengünstiger und erfordert weniger Platz. Über Mischluftgeräte ist auch die Funktion "Lüftung" problemlos zu erfüllen. Dezentrale Geräte weisen zudem die größere Flexibilität auf und können z.B. bei einem Nutzungswechsel der Halle schnell und wirtschaftlich an neue Vorgaben bzw. Notwendigkeiten angepaßt werden. Außerdem ist eine Zonen-, bzw. Bereichsbildung - auch mit differierenden Ausrüstungszuständen und Funktionalitäten der Geräte - kostengünstig möglich. Dieser Vorteil wird jedoch durch mehrere Geräte erkauft, die jeweils über eine gewisse technische Grundausstattung verfügen müssen.

Wichtiges Argument für dezentrale Geräte ist die hohe Einsatz- und Betriebssicherheit. Betreffen Funktionsstörungen und Wartungsarbeiten bei zentralen Anlagen gleich den gesamten zu versorgenden Raum, können dezentrale Geräte bei entsprechender Auslegung sogar die Lasten benachbarter Geräte in diesen Fällen mit übernehmen.

Viele Vorteile liegen damit auf der Seite von dezentralen Geräten. Hierunter bieten - wie eingangs angeführt - insbesondere die multifunktionalen Produkte Problemlösungen für alle Anforderungen an ein ganzjährig optimales Klimatisierungs-Konzept. Problematisch war es bislang jedoch eine größere Anzahl dezentraler Einheiten bei vertretbarem Verkabelungsaufwand so zu koordinieren, daß effektive und wirtschaftliche Betriebsarten möglich waren. Die Lösung bot sich hier in Form der Bustechnologie an, die bereits in der dezentralen Komfortklimatisierung z.B. in Büro- und Verwaltungsgebäuden oder Hotels breite Verwendung findet und sich entsprechend bewährt hat.

Bild 2: Der Verdrahtungsaufwand für die multifunktionalen Geräte der dezentralen Luftbehandlung wurde durch den Einsatz modernster Bustechnologie deutlich verringert.

Ein Hersteller von Lüftungs-, Heizungs- und Klimageräten hat diese Technik erstmals auch in der dezentralen Luftbehandlung eingesetzt und kann den Wünschen von Planern, Anlagenbauern und -betreibern dadurch voll entsprechen. In drei aufeinander aufbauenden Geräten werden diese Vorgaben nach den jeweiligen Anforderungen umgesetzt.

Hohe Funktionalität durch Bustechnologie

Mit dem funktional am breitesten angelegten Gerät ist gleichzeitig Heizen, Kühlen, Lüften und die Wärmerückgewinnung möglich. Dabei erfüllen die Komponenten wie Mischluftkasten etc. die Vorgabe der besonders hohen Dichtigkeit, so daß ein Zentrallüftungsgerät substituiert werden kann. Diese hohe Funktionalität benötigt eine komplexe Kommunikation zwischen den Geräten und der Regelung und wird durch die Bustechnologie erst praktikabel. Damit bietet die Bustechnik eine der wesentlichen Grundlagen zur Umsetzung eines ganzjährig optimalen Klimasystems, denn nur so können die Datenmengen entsprechend bewegt, analysiert und umgesetzt werden.

Ein wesentlicher Unterschied im Vergleich zu konventionellen Geräten und deren Verkabelung ist die Tatsache, daß die bislang zur Steuerung verwendeten, bis zu 12-adrigen Kabel mit einem Querschnitt von 1,5 mm˛ durch 4-adrige Kabel für Kleinspannungen mit 0,8 mm˛ (entspricht Telefonkabel) ersetzt werden können (Bild 1). Notwendig ist darüber hinaus nur noch die reine Spannungsversorgung der Geräte mit entsprechendem Kabelquerschnitt. Doch auch diese kann im Vergleich zu bislang üblichen Lösungen "durchgeschleift" werden. Die Sternverbindung vom Schaltschrank zu jedem Gerät wird überflüssig - mehrere Geräte können zusammengefaßt werden (Bild 2). Dadurch reduzieren sich der Verkabelungsaufwand und die dementsprechenden Kosten erheblich. Am Luftbehandlungsgerät (Bild 3) ist hierfür ein Leistungsteil (Bild 4) montiert, das unter anderem die notwendige Drehzahlumschaltung realisiert und aufgrund der eingesetzten Technik ein deutlich reduziertes Volumen aufweist. Auch die bislang notwendigen Zwischen-Klemmenkästen werden hierdurch überflüssig und sparen zusätzliche Kosten. Der oft gewünschte Reparaturschalter ist integriert.

Bild 3: Zur Steuerung des MultiMaxx-Gerätes M7 wird eine bidirektionale, busfähige Regelung eingesetzt, die aus einem, unter der seitlichen Abdeckung des Gerätes unsichtbar montierten Leistungsteil sowie einer separaten Fernbedienung besteht. Diesen beiden Grundkomponenten können weitere Module für zusätzliche Funktionen zugefügt werden.

Die Bustechnologie basiert auf mehreren Standards und verwendet dadurch auch unterschiedliche Übertragungsprotokolle. Diese unterscheiden sich in ihrer Eignung für mögliche Anwendungen. So ist beispielsweise ein Protokoll eher für die Steuerung von Maschinen in Produktionsprozessen geeignet, ein anderes eher für Funktionen innerhalb einer Gebäudeleittechnik.

Das Herner Unternehmen wählte als Bussystem die LON-Technologie (Local-Operating Net-work) aus. Der LON-Bus transferiert komplette Protokolle, die Kommandos und Statusinformationen enthalten. Bestimmend für die Leistungsfähigkeit des LON ist die Anzahl der Transaktionen pro Sekunde und die Ausführungszeit von Befehlen. Wesentliches Merkmal im Vergleich mit seriellen Bussystemen ist die Tatsache, daß dezentrale Steuerungstechnik einzelne Gerätegruppen aufsplitten kann, die dann untereinander kommunizieren und ihre Betriebsdaten austauschen. Das heißt: Die Geräte einer Gruppe wissen voneinander, wie der jeweilige Betriebszustand ist und können erst so ein effizientes, harmonisches Gesamtsystem im Gebäudeklima erzeugen. LON-Knoten - und damit die gesamte Regelung - lassen sich so auch über Telefon/Computer/Modem entsprechend konfigurieren und beeinflussen.

Bild 4: Im Leistungsteil - hier des MultiMaxx-Gerätes M5 - werden erstmals Relais anstelle von Schützen zur Ansteuerung von Drehstrommotoren vom Hersteller eingesetzt.

Ein sonst in der Branche ebenfalls eingesetztes Übertragungsprotokoll - EIB - wurde bei der Auswahl des Bussystems für die neuen Geräte zwar geprüft, konnte aber den zahlreichen Anforderungen nicht genügen. Aufgrund der vielfältigen, komfortablen Funktionen des MultiMaxx-Systems (z.B. Plug und Play, Auto-Konfiguration nach Austausch eines Gerätes etc.) ist die Anzahl der zu übertragenden Daten bereits innerhalb einer einzelnen Gerätegruppe sehr hoch. In diesem Punkt wurde das LON-System als leistungs- und anpassungsfähiger als EIB bewertet.

Wichtig für den Hersteller war dabei die Tatsache, daß mit dieser eingeführten Bustechnologie bereits bewährte Komponenten eingesetzt und beispielsweise in Form einer Koppelung auf eine Gebäudeleittechnik zugekauft werden können. Alle Elektronik-Komponenten an den Geräten oder in den dazugehörigen Regelungen entwickelt und stellt das Unternehmen selber her.

Geräte- und Elektronikentwicklung sowie -herstellung in einer Hand

An dieser Stelle erhält auch die Frage, warum sich Bustechnik in der dezentralen Luftbehandlung noch nicht durchgesetzt hat, sondern erst am Anfang steht, eine einfache Antwort: "Für die Entwicklung eines derartigen Produktkonzeptes reicht es nicht, nur Gerätehersteller zu sein", so Dipl.-Ing. Gerhard Zug, Leiter Vertrieb des Herner Unternehmens, der präzisiert: "Üblicherweise befinden sich am Markt Gerätehersteller und Regelungshersteller und es wird mehr oder weniger erfolgreich versucht, vorhandene Regelungskomponenten an Produkte anzupassen. Dadurch, daß wir die notwendige Elektronik selber entwickeln und herstellen, sind wir als Systemanbieter grundsätzlich dazu prädestiniert, solche Produkte zu vertreiben und auch im Markt zu forcieren."

Ein Ergebnis dieser Entwicklungsarbeit ist hierbei auch eine erste Drehstromsteuerung in Form von Relais anstatt von voluminösen Schützen, die in aufwendigen Versuchsreihen getestet wurde. Als Resultat konnte eine automatische, dreistufige Ansteuerung von Drehstrommotoren erstmals in dieser Form sicher und zugleich kostengünstig realisiert werden.

Zur Steuerung der komplexen Funktionen wird eine bidirektionale, busfähige Regelung (Bild 5) eingesetzt, die aus einem, am MultiMaxx M7 montierten Regler in einem Schaltkasten sowie einer separaten Fernbedienung besteht. Diesen beiden Grundkomponenten können weitere Module zugefügt werden. Modul Nummer eins besteht aus einer Funkuhr. Hierdurch ist stets die aktuelle Zeit in der Regelung enthalten - einschließlich der direkten Umstellung Winter-/Sommerzeit. Somit sind eingegebene Zeit- und Wochenschaltprogramme stets an die korrekte Uhrzeit angepaßt.

Bild 5: Mit einem bidirektionalen LON-Bussystem ist die MultiMaxx MC700 die Standardregelung für den MultiMaxx M7, die aber optional auch für den MultiMaxx M5 eingesetzt werden kann, um die besonders vielfältigen Funktionen auch bei dieser Geräteausrüstung einsetzen zu können.

Modul Nummer zwei ist ein Relaisausgangsmodul, welches eine Schnittstelle zwischen Strängen von MultiMaxx-Geräten und einer zentralen Anlagensteuerung, z.B. über eine speicherprogrammierbare Steuerung erlaubt. Durch die Modultechnik bestehen vielfältige Möglichkeiten weitere Funktionen in neuen Einheiten zu integrieren, wenn ein entsprechender Bedarf vom Markt signalisiert wird.

Unterschiedliche Geräteausprägungen in einer Gruppe

Besonders interessante Perspektiven bieten sich auch für die Auswahl der gesamten Geräte in einer Halle an, da erstmals unterschiedliche Geräteausprägungen miteinander kombiniert werden können. Wie bereits angeführt, erhalten durch das bidirektionale Bussystem alle Einheiten einer Gruppe Kenntnis davon, was die jeweils anderen Geräte leisten können und wie ihr derzeitiger Betriebszustand ist. So ist es möglich, daß beispielsweise drei Mischluft- und drei Umluftgeräte zusammen betrieben, angesteuert und mit einem gemeinsamen Summenablüfter versehen werden. Voraussetzung für die Balance dieses "Luftgleichgewichts" ist die korrekte Lüfterauswahl.

Die gesamten Funktionen und Möglichkeiten des neuen Systems der dezentralen Luftbehandlung in Hallen zu beschreiben, würde im Rahmen dieses Fachbeitrages zu weit führen. Als ein Beispiel für die besonderen Eigenschaften wird hier das Ablüftermanagement herausgegriffen.

Innerhalb einer Gruppe von dezentralen Anlagen zur Hallenklimatisierung, die Mischluftgeräte enthält, muß durch einen Ablüfter für einen Druckausgleich gesorgt werden. Die Summe der insgesamt zugeführten Volumenströme an Außenluft muß dabei mit dem durch den Ablüfter nach außen beförderten Volumenstrom ausbalanciert werden, um einen möglichst geringen Energieeinsatz zu gewährleisten. Zu diesem Zweck melden die einzelnen Module den durch die jeweils zugeordneten Anlagen geförderten Anteil an Außenluft an die Bedienstation MultiMaxx MC 700. Innerhalb der Regelung erfolgt dann eine Summierung aller unbalancierten Volumenströme an Außenluft und eine Übertragung dieses Wertes an das entsprechende Modul. Die Regelung steuert analog zum gemeldeten Volumenstrom die notwendige Abluftmenge.

Gleichzeitig lassen sich auch Modelle verwirklichen, die von zwei Variablen ausgehend, für ein stets optimiertes Ergebnis sorgen wie zum Beispiel dem Zusammenspiel zwischen der Ventilatorendrehzahl und der Klappenstellung im Mischluftkasten. Nach der ersten Festsetzung eines bestimmten Außenluftanteils bestimmt die MC 700 eine Ventilatordrehzahl und eine Klappenstellung im Mischluftkasten, die das gewünschte Ergebnis hat. Für den gewählten Betriebspunkt werden dann die beiden Variablen Ventilatordrehzahl und Klappenstellung dementsprechend, beispielsweise in Abhängigkeit von der Außentemperatur, ständig variiert. Gleichzeitig wählt die MC700 eine passende Abluftstufe aus, die einer Gerätegruppe zugeordnet wird.

Insbesondere auch in bezug auf die Servicefunktionen bietet die Regelung erhebliche Möglichkeiten, die ohne zusätzliches Werkzeug in Form eines Service-PC's oder einer zugehörigen Software durchgeführt werden können. Die besonderen Vorzüge dieser Regelung lassen sich auch für den MultiMaxx M5 einsetzen, wo sie alternativ zur MultiMaxx MC 500 verwendet werden kann. Ein oft unterschätztes, praxisnahes Element wurde ebenfalls eingebracht: Teile des Bedienfeldes der Regelung lassen sich durch ein Paßwort schützen und sperren.

Im Gegensatz zu diesem bidirektionalen Bussystem wird bei der Regelung MC 500 ein unidirektionaler Bus genutzt. Das heißt: Die Information kann nur in einer "Einbahnstraße" - von der Regelung zum Gerät geführt werden.

Fest steht: Die Entwicklung der Bustechnik in der dezentralen Luftbehandlung von Hallen und Räumen läßt sich nach diesem ersten Produktangebot nicht mehr aufhalten - die Vorzüge sind sowohl von der Investitions- als auch von der Technikseite her überzeugend. Das ganzjährig optimale Heizungs-, Kühlungs- und Lüftungssystem in einem Gerät ist verwirklicht und durch die Anwendung der Bustechnologie auch effizient regelbar gemacht worden.

Zunehmend wird der Markt damit zukünftig den Systemanbietern gehören, die über die reine Herstellung und Vermarktung von klimatechnischen Komponenten auch ein passendes Angebot für die Regelung per Bussystem erstellen können. Reine Heiz-, Kühl- oder Lüftungsgeräte haben alleine von der Investitionsseite her dagegen naturgemäß einen schweren Stand. Zusätzlich werden sich die Aufgabenstrukturen unterschiedlicher Gewerke verschieben: sowohl bei der Installation und der späteren Wartung als auch dem Service. Gewinner werden auch hier die anpassungsfähigen und flexiblen Betriebe sein, die rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkennen und sich auf die neue Situation einstellen.


B i l d e r : GEA Happel Klimatechnik GmbH, Herne


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