125 Jahre IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 24/1997, Seite 64 ff.


REPORT


Der EURO kommt

10 Jahre Förderverein FSI-NRW

1987 setzten sich Vertreter aller Vertriebsstufen zusammen, um ein Forum zu finden, in dem gemeinsam Branchenprobleme diskutiert werden sollen - ideenreich, weltoffen und mit einem klaren Blick für das wesentliche. Und so diskutieren seit 10 Jahren Handwerksmeister, Obermeister, Vertreter der Industrie, des Handels und des Handwerks in Seminaren oder - wie jüngst geschehen - im Rahmen der Raesfelder Schloßgespräche mit Wissenschaftlern, Politikern und Praktikern in gemeinsamer Verantwortung unternehmerisch-gesellschaftliche Themen und Branchenthemen.

"So hat sich der FSI - Förderverein der Sanitärindustrie des Sanitärhandwerks und des Sanitärhandels - in den Jahren nie als exklusiver Zirkel verstanden, ist offen für jeden Betriebsinhaber sowie für Handel und Industrie gleichermaßen", erklärte Klaus Bahne, Vorsitzender des FSI, im Rahmen der 8. Raesfelder Schloßgespräche. "Wir brauchen auch in Zukunft den gemeinsamen Grundnenner in der Branche, wir brauchen Geschlossenheit." Der einzelne Betrieb - das zeige die tägliche Praxis mit der anhaltenden Unternehmenskonzentration und den zahllosen Insolvenzen kleiner und mittlerer Unternehmen ganz deutlich - habe es im schrillen Konzert des Wettbewerbs immer schwerer, sich Gehör zu verschaffen.

Wenn die "Großen" kraftvoll die Werbetrommel rühren, so Bahne, werden die kleineren Anbieter schnell übertönt. Da gelte es für den Mittelstand um so mehr: Nicht kleckern, sondern klotzen! "Der FSI ist ein ideales Sammelbecken um Kräfte in der Branche zu bündeln", ergänzte der Geschäftsführer des FSI, Dr. Hans-Georg Geißdörfer. Das sei eine ganz hervorragende Chance, Signale für den Markt zu setzen und das intensive Gespräch mit allen Multiplikatoren zu suchen.

Unternehmensführung unter schwierigen konjunkturellen Verhältnissen

Den ersten Themenblock übernahm Dipl.-Kfm. Klaus Mertens, Leiter der Abteilung Betriebsberatung in der Handwerkskammer Düsseldorf. Er erörterte u.a. die Möglichkeiten der Liquiditätssicherung in handwerklichen Unternehmen. Anzeichen für drohende Zahlungsunfähigkeit sind nach Mertens Meinung Bitten um Wechselprolongation, Umkehrwechsel ohne Absprache, Scheck- und Wechselproteste, Versuch des Kunden, Lieferantenkredit ohne Absprache zu erhöhen, offene Forderungsabtretungen und Eintragungen im Schuldnerverzeichnis. Er appellierte an die Unternehmer, innerbetriebliche Finanzierungsrisiken zu minimieren und gleichzeitig die Kontrollfunktion des betrieblichen Rechnungswesens zu nutzen.

Klaus Mertens: "Möglichkeiten der Liquiditätssicherung gibt es viele. Man muß sie nur kennen und anwenden."

Mertens stellte folgende Grundsätze für kundenorientierte Auftragsabwicklung auf:

Wenn bei Handwerksunternehmen die Baukonjunktur lahmt, muß der Unternehmer alles daransetzen, die Nachfrage zu stabilisieren um Umsatzeinbußen zu verhindern. Er sollte also versuchen, seine Umsätze "anzuheizen" und gleichzeitig die Kosten im Griff behalten.

Dr. Stefan Stein und . . .

 

. . . Thomas Ullrich: " Wer glaubt, der Euro beträfe ihn nicht, oder gar darauf spekuliert, daß der EURO-Start verschoben wird, geht ein großes Risiko ein."

Der EURO - Konsequenzen für Handwerk und Handel

Am 1. 1. 1999 startet der EURO als gemeinsame Währung in den Teilnehmerstaaten. Aber erst 20% der Unternehmen - so eine neueste Umfrage unter Mittelständlern - haben mit konkreten Vorbereitungen auf den Start der Wirtschafts- und Währungsunion begonnen. Doch der Mittelstand darf die Entwicklung zur gemeinsamen Währung in Europa nicht verpassen.

Fehlende Informationen und Unsicherheit sind sicher auch ein Grund für die allgemeine Zurückhaltung. Dies bestätigt eine Umfrage des DIHT vom Frühjahr 1997 bei über 25000 Unternehmen. Danach fühlen sich rd. 3/4 über den EURO nicht ausreichend informiert. Selten habe ein Thema die Deutschen so sensibilisiert wie dieses Thema. Über Pro und Kontra werde praktisch jeden Tag in den Medien gestritten.

Doch das Grundsätzliche Für und Wider einer gemeinsamen europäischen Währung war nicht Gegenstand der Raesfelder Gespräche, es sollten vielmehr praktische Fragen angesprochen werden: Wie sieht der Ablauf der Währungsumstellung aus, welche konkreten Auswirkungen für Handwerksunternehmen sind damit verbunden und wie kann man sich vorbereiten.

Besonders aufmerksame Zuhörer beim Thema "Wie muß ich mich auf den EURO vorbereiten?"

Dr. Stefan Stein und Thomas Ullrich von der WGZ (Westdeutschen Genossenschaftszentralbank Düsseldorf) erklärten übereinstimmend, daß mit Einführung einer gemeinsamen europäischen Währung auf das Handwerk Anpassungsinvestitionen, aber auch neue Chancen zukämen, die sich je nach Branche unterschiedlich darstellten.Die nachstehende Aufstellung benennt 13 Punkte, auf die Handwerksunternehmer im Hinblick auf den EURO möglichst frühzeitig achten sollten:

  1. Reicht die EDV aus, um auch in EURO zu rechnen? Läßt sich die gegenwärtig genutzte Software anpassen? Ist ein Update erforderlich oder ein gesamter Wechsel? Was bedeutet das für die gesamte EDV-Ausstattung? Fragen Sie Ihr Softwarehaus. Sprechen Sie auch mit dem Großhandel, soweit Sie Informationen über Produkte und Preise nach Datanorm für die eigene Kalkulation nutzen.
  2. Welcher Aufwand ist für die Umstellung der Buchführung im Unternehmen erforderlich? Klären Sie diese Frage vor allem frühzeitig mit Ihrem Steuerberater.
  3. Sind Neuanschaffung, insbesondere bei Kassen, EDV, Waagen, Frankiermaschinen etc. in den nächsten Jahren ohnehin geplant? Denken Sie in diesem Fall frühzeitig daran, "eurofähig" zu werden, um spätere höhere Anpassungskosten zu vermeiden.
  4. Planen Sie die (Neu)-Auflage von Katalogen oder Prospekten? Vermeiden Sie es nach Möglichkeit, noch DM-Preise auf teures Hochglanzpapier zu drucken.
  5. Denken Sie daran, Verträge und Allgemeine Geschäftsbedingungen anzupassen, die DM für den Forderungsausgleich vorsehen und die Bezug auf den Diskontsatz nehmen. Den Diskontsatz wird es ab 1999 nicht mehr geben und ist durch einen anderen, regelmäßig veröffentlichten Zinssatz (z.B. FiBo) zu ersetzen.
  6. Kann es sinnvoll sein, neue Beschaffungsquellen im Ausland zu suchen, um Kosten zu senken oder das eigene Unternehmen stärker zu spezialisieren? Könnte es sinnvoll sein, für solche Anschaffungen im Ausland gemeinsam mit Kollegen vorzugehen?
  7. Sind die Mitarbeiter mit Kundenkontakt ausreichend über die Währungsumstellung und eventuell veränderte Preisstrukturen in EURO informiert? Nutzen Sie den Vertrauensvorschuß, den Sie als Handwerker durch direkte Gespräche mit Kunden genießen!
  8. Stellen Sie Produkte oder Dienstleistungen her, die auch für Kunden im Ausland interessant sein könnten? Bislang liegt der Exportanteil des Handwerks in NRW nur knapp über 2% am Gesamtumsatz. Alle Fachleute sind sich einig, daß dieser Anteil deutlich höher liegen könnte - entsprechendes Engagement der Unternehmen vorausgesetzt. Möglichkeiten, die eigenen Chancen im Ausland mit überschaubarem Aufwand zu prüfen, gibt es genug. Die Anbahnung von Auslandskontakten ist förderfähig. Sprechen Sie mit dem zuständigen Betriebsberater Ihres Verbandes.
  9. Muß die Preiskalkulation wegen des EURO angepaßt werden? Brauchen Sie Signalpreise auch im EURO? Wann ist der richtige Zeitpunkt für neue Preisüberlegungen? Wenn Sie unsicher sind, fragen Sie Ihren betriebswirtschaftlichen Berater im Verband.
  10. Wann werden Ihre Kunden oder Lieferanten selbst in EURO rechnen? Diese Fragen stellen sich vor allem für Betriebe, die mit großen, multinationalen Unternehmen zusammenarbeiten. Sprechen Sie frühzeitig mit den entsprechenden Kontaktpersonen über das geplante Szenario zur Währungsumstellung, um daraus auch für die eigene Kalkulation und Buchhaltung die erforderlichen Schlüsse ziehen zu können.
  11. Welche Dokumente, Formulare und Verträge werden in Ihrem Unternehmen genutzt und müssen von DM auf EURO umgestellt werden? Vielleicht ergibt sich bei Prüfung die Möglichkeit, wie bei Einführung eines Qualitätssystems, die Zweckmäßigkeit der Formulare überhaupt genau zu untersuchen.
  12. Betreiben Sie Verkaufsautomaten? In der ersten Hälfte des Jahres 2002, wenn der EURO als Bargeld in Umlauf kommt, müssen Automaten umgerüstet werden.
  13. Ist Ihr Unternehmen in langfristige Verträge mit Ländern außerhalb der europäischen Währungsunion eingebunden? In diesem Fall sollten Sie sicherstellen, daß Ihre Vertragspartner die Kontinuität bestehender Verträge, die sich auf DM beziehen, akzeptieren und entsprechende EURO-Klauseln vereinbaren.

Oberstes Ziel: Stabile Währung

"Oberstes Ziel der EURO-Einführung muß jedoch eine stabile Währung sein", so Dr. Stein. Gerade für die Anfangsphase will der Referent aber nicht ausschließen, daß der EURO "weicher" als die DM werde. Langfristig sei jedoch damit zu rechnen, daß der EURO genauso stabil ist wie die DM.

Für realistisch hält der Banker hingegen eine europaweite Zinsharmonisierung. Während der Wertpapierpensionssatz in Deutschland bei 3% liegt, betrage er in Italien und Spanien 6,5%. Vor diesem Hintergrund rechnet Dr. Stein mit einer sukzessiven Hochstufung der Leitzinsen auf mindestens 3%. Auf den langfristigen Kapitalmarkt werde dies jedoch nicht so deutlich durchschlagen. Hier prognostizieren die Banken ein moderates Anziehen des Zinsniveaus um 0,5%.

Veränderungsbedarf sieht der Banker aber auch in der Steuerpolitik: "Innerhalb eines einheitlichen Währungsraums kann man so unterschiedliche Steuersysteme nicht bestehen lassen".


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