125 Jahre IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 22/1997, Seite 21b ff.


VERBÄNDE AKTUELL 


Hessen


Delegiertentag in Gießen

Weichenstellungen für das nächste Jahrtausend

Im soeben fertiggestellten Sitzungsraum des neuen Verbandsgebäudes in Gießen trafen sich am 11. Oktober 1997 die Delegierten der Innungen des Fachverbandes Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik zu Beratungen über den Haushalt 1998 und zur Abstimmung über das Rechnungsjahr 1996. Allgemeine Branchenthemen und die Berichte der Fachgruppenleiter rundeten die Tagesordnung ab.

Landesinnungsmeister Werner Scharf begrüßte die über 50 Delegierten aus den Innungen des Landesverbandes Hessen.

Scharf gedachte, stellvertretend für alle verstorbenen Kollegen, mit einer Schweigeminute Kurt Siegemund, Träger der Goldenen Ehrennadel des Fachverbandes SHK Hessen, der unerwartet im Alter von 60 Jahren verstarb.

LIM Scharf gratulierte neben den runden Geburtstagen Geschäftsführer Daum zu seinem Doktortitel, den er vor einigen Wochen abgelegt habe.

LIM Werner Scharf wies auf die gedämpften Marktchancen hin, denn die Materialpreise seien um 1,5% gestiegen und die Angebotspreise um 5% gefallen.

Wirtschaftliche Lage

Nach einer Umfrage des Verbandes zeichne sich für die SHK-Betriebe in Hessen eine gedämpfte Marktsituation. So habe sich die Auftragsreichweite, gegenüber Herbst 1996, auf vier bis sechs Wochen verringert. Materialpreise seien um 1,5% gestiegen und die Angebotspreise um 5% gefallen. Dies mache deutlich, wie es um die Existenzfähigkeit der Betriebe stehe. "Der Dienst am Kunden begrenzt sich nicht mehr nur auf die Durchführung SHK-spezifischer Handwerksarbeiten, sondern auch in der absolut korrekten und vollständigen Übergabe mit Einweisung an den Kunden," sagte Scharf an seine Handwerkskollegen gewandt.

Wachgerüttelt habe auch die Bäderwelt-Initiative der Häuser Thyssen, Schulte und Bauhaus. Hier habe das Handwerk flexibel und geschlossen reagiert und er halte zum Beispiel die Marketingmaßnahme des "Bädermacher" Katalogs für einen Schritt in die richtige Richtung.

"Nichts Großes ist je ohne Begeisterung erreicht worden," ist das Motto für Geschäftsführer Dr. Eugen Daum. Seine Aktivitäten richten sich an den Bedürfnissen der Unternehmen aus und daher setzt er auf Schulung und Beratung.

Berufsbilder - Zusammenlegung

Breiten Raum in der Diskussion nahm die Änderung der Handwerksordnung ein. Scharf informierte die Delegierten über den aktuellen Sachstand, nach der es zu einer Zusammenlegung der beiden Gewerke Gas- und Wasserinstallateur und Zentralheizungs- und Lüftungsbauer kommen werde. Die neue Berufsbezeichnung, so der Beschluß der Mitgliederversammlung vom September 1997, solle Sanitär-, Heizungs- und Klimatechniker sein und die Reform werde bereits ab dem 1. Januar 1998 gültig werden. Dies bedeute für alle Beteiligten eine Überarbeitung des Berufsbildes und der Lehrpläne und das Ziel sei eine Umsetzung bis zum Jahr 2000.

Konzentriert verfolgten die Delegierten die Ausführungen zu der Thematik "Neuordnung HwO". Kritisch beurteilten sie die Entwicklung im Bereich des Klempners.

Berufsbild des Klempners

"Infolge der Unkenntnis der Politiker wurde zunächst beabsichtigt, dieses Berufsbild zu streichen," sagte LIM Scharf. Durch die Mobilisierung der Handwerker und der Verbände sei es jedoch gelungen, die Politiker umzustimmen. Auch der Fachverband SHK Hessen sei aktiv geworden und habe ein Gespräch mit dem Leiter der parlamentarischen Arbeitsgruppe Dr. Kolb geführt. Aktueller Stand sei, daß es ein Dreierbündnis geben soll, durch eine Verwandtschaftserklärung zwischen Dachdeckern, Klempnern und Zimmerern nach dem Motto "Das Dach aus einer Hand".

Kanzleramtsminister Friedrich Bohl zur Globalisierung: "Joint-venture bedeutet heute Erweiterung der Forschung und der Planungszeiten durch Vernetzung rund um den Globus."

Sonstiges zur HwO

Bei den Gewerken des Kachelofen- und Luftheizungsbauers soll es eine Veränderung hin zu einer Zusammenlegung mit den Backofenbauern kommen. Der Name Ofenbauer werde jedoch von den Kachelofen- und Luftheizungsbauern aus Imagegründen abgelehnt.

Bei den Apparatebauern bleibe alles beim alten.

Weichenstellung

Durch den Umzug in das neue Verbandsgebäude nach Gießen, habe der Fachverband eine wichtige Weichenstellung vorgenommen, insbesondere durch die Errichtung eines Schulungszentrums. Hiermit sei die berufsspezifische Fort- und Weiterbildung sowohl der Unternehmer als auch der Mitarbeiter gesichert und daher könne man sich dem verschärften Wettbewerb stellen.

"In der Zukunft muß auch weiter geheizt werden und die Menschen benötigen sauberes Wasser," sagte Scharf, dies bedeute aber auch Qualifizierung und lebenlanges Lernen. Er nannte stichwortartig die Anforderungen für die Zukunft: Energieeinsparung, Ressourcen-Schonung, regenerative Energien, Niedrigenergiehaus und Regenwassernutzung.

"Wo spart denn der Staat!?" kam die Frage aus dem Forum, als Minister Bohl zu Kostenbewußtsein mahnte.

Partnerschaft

Seinen ersten Geschäftsbericht auf der Delegiertenversammlung des Fachverbandes Hessen erstattete Geschäftsführer Dr. Eugen Daum im neu eingerichteten Tagungsraum des Verbandsgebäudes.

"Nichts Großes ist je ohne Begeisterung erreicht worden."

Mit diesem Satz eröffnete Dr. Daum seinen Vortrag und machte somit deutlich, welchen Weg er zukünftig im Fachverband einschlagen will. Daum dankte dem Landesinnungsmeister Scharf, allen ehrenamtlichen Gremien, als auch den Mitarbeitern des Fachverbandes für ihre Unterstützung und ihr engagiertes Eintreten für die Geschäftsstelle. Schwerpunkte seiner richtungsweisenden Arbeit des letzten Jahres waren:

- Betreuung und Beratung der Innungsbetriebe

- Gespräche und Kontakte zu Politikern, Industrie, Großhandel, Banken und Versicherungen,

- Intensivierung von Partnerschaften,

- Kontakt zu Fachgruppen, Ausschuß- und Arbeitskreisen,

- Innungsbesuche,

- Versorgungsunternehmen: GISI Sitzung, Vollzug der Heizungsanlagenverordnung,

- Zusammenarbeit mit Softwarehäusern,

- ISH 1997,

- Pressearbeit: Fachpresse IKZ-HAUSTECHNIK und sbz als auch lokale Presse,

- Internet: Sondierung der Angebote - etwa in vier Wochen Zugang,

- Hessischer Handwerkstag, Aktion Fachklasse Klempner,

- Fertigstellung des Verbandsgebäudes.

Daum erläuterte den Innungsvertretern umfassend die nunmehr abgeschlossenen Bauaktivitäten am neuen Gebäude in Gießen und nannte detailliert die Baukosten. Besonderen Dank sprach Daum den Mitgliedern des Bauausschusses aus, die intensiv in das Projekt eingebunden waren und gewissenhafte Arbeit geleistet hätten.

Diese Investition sichere den 2500 Mitgliedsbetrieben eine erfolgreiche Zukunft, da ein Fort- und Weiterbildungsprogramm, Schulungen und Meisterprüfungslehrgänge in den eigenen Räumen abgehalten werden könnten.

Daum verwies abschließend auf die sich verändernden wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen in Deutschland und daher sei eine starke Verbandsorganisation notwendig.

"Der Verband will ein Ausspracheforum für alle relevanten Marktthemen sein, die unsere Handwerke berühren. Dabei müssen wir stets unsere Machtposition zum Ausdruck bringen."

Sein Schlußzitat von Henry Ford:

"Zusammenkommen ist ein Beginn, Zusammenbleiben ist ein Fortschritt, Zusammenarbeiten ist Erfolg!"

Ehrenlandesinnungsmeister Heinz Rautenberg bezweifelte, daß "Sachkundige" in den politischen Gremien eine Chance hätten. Zum Zweiten bemängelte er die Vergabe von Bauvorhaben an Generalunternehmer durch Bundes- und Landesbehörden am Beispiel Berlin.

Risikobereitschaft

Kanzleramtsminister Bohl erläuterte in seiner Ansprache die Sichtweise seiner Partei zu den derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklungen.

Für Minister Friedrich Bohl steht es außer Frage, daß in Deutschland eine größere Risikobereitschaft für Investitionen Platz greifen müsse. Das Handwerk sei für die Ausbildung ein wichtiger Partner. Investitionen in Aus- und Fortbildung sind für Bohl dringender denn je. Globalisierung, Europäische Einheit und Technische Revolutionen sind die Kernpunkte, die das heutige Handeln bestimmen. "Wir müssen uns bewußt machen, daß wir in einer Zeitenwende leben und sich die Rahmenbedingungen verändern," sagte Bohl und fügte hinzu, "Hammer und Wasserwaage reichen auch im Handwerk nicht mehr aus."

"Wir als rohstoffarmes Land haben nur über Technologie und Wissensfortschritte eine Chance und können ,technologisch’ nicht nein sagen."

"Kontrollen, Verschärfungen und Verordnungen führen zu Verzögerungen in Bauvorhaben und die können wir uns nicht mehr leisten," sagte Bohl an die Handwerker gewandt.

Handwerk und Mittelstand müßten unterstützt werden und nur eine Kostenentlastung könne in diesen Bereichen etwas bewegen und dies bedeute Staatsquote senken und schnellstmögliche Umsetzung einer Steuerreform.

Selbstkritisch fügte er hinzu: "Wir haben nicht die großen Hämmer für den Mittelstand bewegt, sondern kleinere Stellschrauben!" Falsch sei aber eindeutig der Vorwurf, daß nichts passiert sei, er erinnerte hierbei an die Lohnfortzahlung, Zeitverträge und an den Kündigungsschutz bei Kleinbetrieben.

Gemeinsam müsse man die Verantwortung tragen, denn die Politik allein könne nicht alles bewegen und aus diesem Grund forderte der Minister zu konstruktiver Mitarbeit der Handwerker in der Politik auf; "bringen Sie ihren Sachverstand ein!"

Die Ausführungen des Ministers führten im Anschluß zu einer angeregten Diskussion. Strittige Punkte waren: Lohnnebenkosten, Seiteneinsteiger in die Politik, Sparsamkeit des Staates, Renten, Generalunternehmer (Losvergabe) und Ausbildung.

Organigramm des Fachverbands Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Hessen

Formales

Abschließend fanden die Beratungen zu der Jahresrechnung 1996 und dem Haushalt 1998 statt und der Vorstand wurde entlastet.

Des weiteren gaben die Fachgruppenleiter und Ausschußvorsitzenden ihre Berichte ab und erläuterten die Schwerpunkte ihrer Arbeit.


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