125 Jahre IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 21/1997, Seite 60 ff.


INTERVIEW


Kaldewei

Westfälische Sicherheit

In den vergangenen 80 Jahren entwickelte sich der Ahlener Stahl-/Email-Wannenhersteller Kaldewei vom kleinen Haus- und Küchengeschirr-Hersteller zu Europas Nr. 1 in Sachen Badewannen. Mit Geschäftsführer Roland Schäfer sprach IKZ-HAUSTECHNIK-Redakteur Günther Klauke über die Zukunft der Stahl/Email-Bade- und Duschwannen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie gelten mit einer Produktion von ca. 2 Mio. Stahl-/Email-Wannen als weltgrößter Hersteller, bezeichnen sich aber als Mittelständler. Wie paßt das zusammen?

Schäfer: Verglichen mit den Marktführern anderer Branchen sind wir sehr klein. Nehmen wir Kaldewei hier am Standort Ahlen, so erwirtschaften wir mit ca. 700 Mitarbeitern mehr als 200 Mio. DM Umsatz pro Jahr. Damit zählen wir selbst unter Mittelständlern nicht zu den "Großen".

IKZ-HAUSTECHNIK: Betrachtet man die Anzahl und Produktion der europäischen Mitbewerber, dann ist Ihr Unternehmen durchaus ein "Großer", speziell nach der Übernahme von Bamberger.

"Bamberger ist weiterhin ein eigenständiges Unternehmen!"

Schäfer: Über die Anzahl der Mitbewerber kann man geteilter Meinung sein. Einige glauben es gebe europaweit nur vier nennenswerte Hersteller von Stahl-/Email-Wannen. Nach unserer Auffassung gibt es aber fünf größere und fünf bis sechs kleinere bis mittlere Mitbewerber. Bamberger ist weiterhin ein eigenständiges Unternehmen, das mit eigenständiger Buchhaltung, eigenständiger Produktentwicklung und eigenem Vertrieb gegenüber Kaldewei völlig selbständig agiert. Das macht durchaus Sinn, zumal Bamberger über ein ausgezeichnetes Image verfügt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Dann hat Kaldewei also keine Vorteile durch die Übernahme?

Schäfer: Einerseits konnten wir durch die Übernahme wachsen, andererseits hätte ein Verzicht von seiten Kaldeweis sicher andere Investoren auf den Plan gerufen, was unsere Marktsituation nicht leichter gemacht hätte. Letztendlich hatten wir die Möglichkeit, den Stahl-/Email-Wannenmarkt insgesamt zu beruhigen. Preislich sind die Produkte wieder berechenbarer geworden, was für Hersteller, Fachgroßhandel und Fachhandwerk positive Auswirkungen hat.

Vom ersten Bleistiftstrich bis zur letzten Schraube komplett von Kaldewei-Mitarbeitern erstellt: Die moderne Pressenstraße, mit der fünf Wannen in jeder Minute gefertigt werden können ...

IKZ-HAUSTECHNIK: Und wie steht es mit der "Konkurrenz" im eigenen Haus?

Schäfer: Letztendlich gibt es diese Konkurrenz im eigenen Haus. Aber das muß ja nicht unbedingt negativ sein.

IKZ-HAUSTECHNIK: Hat die Übernahme Auswirkungen auf die Produktentwicklung bei Kaldewei bzw. Bamberger?

Schäfer: Wie schon erwähnt macht es nach unserer Überzeugung Sinn, nicht nur die Firma sondern auch die Marke Bamberger zu erhalten. Insofern werden auch die Produktentwicklungen parallel nebeneinander verlaufen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Spielt bei diesen Überlegungen der Standort Deutschland eine Rolle?

"Wir werden auch weiterhin ausschließlich in Deutschland produzieren!"

Schäfer: Kaldewei zählt zu den wenigen Herstellern der SHK-Branche die ausschließlich in Deutschland produzieren. Das wird auch so bleiben.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie läßt sich erklären daß sich sehr wenige Hersteller diesen Markt teilen?

…und bei der ein Werkzeugwechsel weniger als eine Stunde in Anspruch nimmt.

Schäfer: Die Produktion von Stahl-/Email-Wannen erfordert sehr hohe Investitionen. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Hersteller nicht nur einfache Formen, sondern auch Design präsentieren möchte. Will man sämtliche Wannen aus einem Stück und aus 3 mm starken Stahltafeln fertigen, so gehört dazu ein umfassendes und nicht von heute auf morgen zu erlangendes Know-how.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie gewähren seit langem 30 Jahre Garantie auf ihre Produkte. Was macht sie so sicher?

"Ich blicke positiv in die Zukunft!"

Schäfer: Seit bei Kaldewei Stahl-/Email-Wannen hergestellt werden, sind Qualität und Unabhängigkeit die obersten Gebote. Wir verfügen nicht nur über umfassendes Know-how bei der Verarbeitung von jährlich ca. 80 - 90000 t Stahl, sondern auch im Werkzeugbau. Diese Abteilung beschäftigt heute ca. 80 Mitarbeiter und entwickelt und fertigt vom Ersatzteil bis zum Werkzeug für die 1000 t-Presse alles notwendige für die Produktion. Darüber hinaus leisten wir uns bereits seit Mitte der dreißiger Jahre ein eigenes Labor und ein eigenes Schmelzwerk für die Emailherstellung. Diese Philosophie macht uns nahezu unabhängig von Zulieferern und garantiert in allen Fertigungsbereichen "Made in Germany".

IKZ-HAUSTECHNIK: Die Produktion hier in Ahlen ist einerseits durch eine ausgeprägte Fertigungstiefe, andererseits durch Automation gekennzeichnet. Leiden darunter Individualität und Kreativität?

Computergesteuerte Roboter spritzen den Schlicker mit reiner Druckluft gleichmäßig in die Wannen. Zunächst wird Grundemail aufgebracht, das zwischen Stahl und Deckemail eine mechanisch unlösbare Haftung ermöglicht.

Schäfer: Nein. Wir betrachten qualitativ hochwertige Massenprodukte, bei denen die Funktion im Vordergrund steht und hochwertige Designprodukte in der Produktion unterschiedlich. Auf die interne Logistik bezogen heißt das: Wir produzieren Artikel mit geringen Stückzahlen anders als Artikel mit großen Stückzahlen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wo sehen Sie Vorteile der Stahl-/Email-Wannen?

Schäfer: Stahl-/Email-Wannen sind sehr stabil und verfügen über eine harte, dauerhaft sehr widerstandsfähige und hygienisch einwandfreie Oberfläche. Diese Qualität wird auch zukünftig im Hause Kaldewei erhalten bleiben. Die hochwertigen Produkte gibt es nicht nur als funktionelle Standardwanne sondern ebenso in anspruchsvollem Design. Darüber hinaus sind wir ständig dabei, Zusatznutzen zu integrieren, denken Sie nur an die neuen Wannenfüße, die einen leichteren und schnelleren Einbau ermöglichen. Weitere Neuentwicklungen rund um Bade- und Duschwannen sind derzeit in der Planungsphase. Diese Hintergründe lassen mich positiv in die Zukunft blicken.

IKZ-HAUSTECHNIK: Können Sie diese Zuversicht konkretisieren?

"Wir arbeiten an einer anspruchsvollen Lösung für den schmutzfreien Wannenaustausch!"

Schäfer: Betrachtet man den Wannenmarkt historisch, so gab es seinerzeit fast ausschließlich Gußwannen, die jedoch im deutschen Markt nach und nach von den Stahl-/Email-Wannen verdrängt wurden. Vor ca. 25 Jahren hielt schließlich das Design im Wohnumfeld, speziell im Bad, Einzug. Für uns war es ein langwieriger Prozeß, bis Produkte für diesen Komfort- bzw. Luxusbereich entwickelt waren. Heute fertigen wir Stahl-/Email-Wannen in allen (fast) Formen und Farben. Die dabei erzielte Qualität sorgt für eine hohe Akzeptanz nicht nur im europäischen Markt sondern auch in Übersee-Märkten.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie steht es mit der Umweltverträglichkeit ihrer Stahl-/Email-Produkte?

Schäfer: Stahl-/Email-Wannen sind voll recycelbar. Sie können der Wiederverwertung ohne Trennung der Rohstoffe zugeführt werden. D.h. die Stahl-/Email-Wannen werden eingeschmolzen und neuerlich zu Stahl verarbeitet.

IKZ-HAUSTECHNIK: Email und Stahl müssen nicht getrennt werden?

Schäfer: Nein. Der Emailauftrag ist für den Schmelzprozeß sogar vorteilhaft, weil dadurch die Schlackebindung positiv beeinflußt wird.

Der erste Emailbrand findet nach dem Auftrag des Grundemails statt. Erst danach wird Deckemail gespritzt und anschließend bei ca. 850°C eingebrannt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Viele Fachhandwerker klagen über die unüberschaubar gewordene Produktfülle in der SHK-Branche. Halten Sie es für sinnvoll, weiterhin immer neue Produkte zu kreieren?

Schäfer: Nein, sicher nicht. Wir werden zukünftig keine Bade- und Duschwannen vorstellen, die nur entwickelt werden um "noch eine neue Form oder Farbe" zu haben. Wir arbeiten eher an Detaillösungen die Zusatznutzen schaffen. Derzeit beschäftigen uns z.B. die Fragen: Wie müssen Wannen beschaffen sein, damit sie sich leichter einbauen lassen? Oder: Wie kann man bessere Wannenverkleidungen konstruieren?

IKZ-HAUSTECHNIK: Können sich die Fachhandwerker und Endverbraucher in punkto Zusatznutzen in absehbarer Zeit auf Innovationen aus ihrem Hause freuen?

Schäfer: Wir finden, der Wannenaustausch muß sich im Bedarfsfall einfacher durchführen lassen. Konkret: Wenn ein Mieter seine Wohnung nach einigen Jahren verläßt, sollte es dem Nachfolger möglich sein, ohne Schmutz und mit geringem Aufwand, eine neue Wanne installieren zu lassen. Voraussichtlich werden wir im ersten Halbjahr des kommenden Jahres eine technisch anspruchsvolle Lösung zu diesem Thema präsentieren.


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