125 Jahre IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 21/1997, Seite 22 ff.


SAITÄRTECHNIK


Kupferleitungen kostengünstig sanieren

Wenn bei Kaltwasserleitungen die Lochkorrosion zugeschlagen hat

Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Bittermann

Zeigen sich unter der Tapete bereits die feuchten Wasserflecke, ist es für eine Vorsorge zu spät. Lochkorrosion ist für jeden Hausbesitzer eine mittlere Katastrophe, sind mit der Behebung des Wasserrohrschadens doch ein erheblicher Schmutzanfall, ein längerer Nutzungsausfall, Ärger, Streß und erhebliche Sanierungskosten verbunden.

Zwar übernimmt die Gebäudeversicherung im allgemeinen den größten Kostenblock, doch bei einer Schadenshäufung winken die Versicherer erfahrungsgemäß schon bald ab und verweigern zukünftige Versicherungsleistungen. Spätestens dann wird es für den Gebäudebesitzer ohne sachgerechte Sanierungsmaßnahmen teuer. Ist ein Lochkorrosionsschaden bereits eingetreten, gibt es prinzipiell vier Alternativen:

Eine umfassende, dauerhafte Sanierung ist mit den beiden letztgenannten Alternativen möglich. Um die hohen Kosten und den starken Schmutzanfall bei einer Neuinstallation aller Leitungen zu umgehen, sollte jeder betroffene Hausbesitzer sich mit der Technik einer Anionenaustauscheranlage befassen.

Reiner Sprink, Fachberater, erläutert die Funktion des Steuerkopfes der Anlage - dort ist eine Elektronik untergebracht, die alle erforderlichen Umschaltungen automatisch übernimmt.

Korrosion ist nicht gleich Korrosion

Mit dem Begriff "Korrosion" verbindet man sehr schnell die Vorstellung von Rost. Chemisch gesehen ist Korrosion zunächst einmal nichts anderes als die - meist unerwünschte, zum Teil aber auch durchaus erwünschte - Verbindung eines metallischen Werkstoffes mit einem reaktiven anderen Stoff. Erwünscht ist die Korrosion immer dann, wenn die entstehenden oxidischen Schutzschichten eine weitergehende Korrosion erfolgreich verhindern. Man spricht dann von einer Passivierung.

Selbst wenn keine Schutzschicht gebildet werden kann und die Korrosion kontinuierlich fortschreitet, ist dies nicht in jedem Fall kritisch zu sehen: ein gleichmäßiger Flächenabtrag verläuft im allgemeinen so langsam, daß allenfalls ein Kupfergeschmack des Trinkwassers zu beanstanden ist. Gefährlich wird Korrosion einer Kupferleitung erst beim punktförmigen Angriff, der gefürchteten Lochkorrosion. Zwar kommt es dabei "nur" zu feinen, nadelförmigen Rohrdurchbrüchen, der Wasserschaden ist trotzdem nicht tolerierbar und muß saniert werden.

Ursachen der Lochkorrosion

Wann und wie kommt es zu der gefürchteten Lochkorrosion in Kaltwasserleitungen? Zwar kennt der Fachmann einzelne Kriterien, die Lochkorrosion begünstigen bzw. hemmen, doch ist das Zusammenspiel dieses Beeinflussungskollektivs komplex und leider immer wieder von sehr individuellen Gegebenheiten abhängig. Dies macht eine allgemeingültige Vorbeuge so schwierig. Die Lochkorrosion kann nur auftreten, wenn mehrere Faktoren gleichzeitig zusammentreffen: eine ungünstige Wasserbeschaffenheit (ungünstig sind hohe Sulfat- und Nitratanteile bei gleichzeitig niedrigen Hydrogencarbonat- und Chloridgehalten), ungünstige Betriebsbedingungen, unsaubere Innenoberflächen der Kupferrohre, nicht angepaßte Rohrgeometrien sowie generell eine unsachgemäße Verarbeitung/Installation der Rohre.

Kommen mehrere negative Faktoren in besonders gravierender Weise zusammen, kann schon zwischen Fertigstellung und Erstbezug ein Schaden entstehen - konkret passiert in Köln, wo besonders viele Hausbesitzer mit dem Problem der Lochkorrosion zu kämpfen haben (siehe Interview). Lochkorrosion kann aber auch erst nach 25 Jahren auftreten (wenn sich beispielsweise plötzlich der Sulfatanteil im Wasser ändert und damit die Entwicklung von Lochkorrosion begünstigt wird.

Unter den möglichen ungünstigen Faktoren spielen die leider noch häufig vorzufindenden Kohlenstoffbeläge auf dem Kupferinnenrohr eine negative Rolle. Kohlenstoffbeläge wurden schon früh als eine der Hauptursachen für Lochkorrosion genannt. Rohre, bei denen durch eine geeignete Behandlung der Kohlenstoffbelag sicher entfernt wurde, sind gegen die anderen Einflüsse kaum noch empfindlich.

Rohrwanddurchbruch infolge Lochkorrosion des Typs I in einer Rohrleitung für kaltes Trinkwasser.

Besonderes Augenmerk ist auf die sogenannten "ungünstigen Installationsbedingungen" zu richten. Dazu zählen zunächst auch wieder Ablagerungen, allerdings gelangen die hier angesprochenen Feststoffe während der Bevorratung der Rohre am Bau und bei der eigentlichen Installation in das Rohrinnere. Dazu zählen zum Beispiel Späne, Zunder vom Hartlöten (beachte: DVGW-Arbeitsblatt GW 2, Weichlötgebot für Trinkwasserleitungen ab Januar 1996), Dichtungsmittel, Mörtel, Sand usw. Werden diese Stoffe nicht durch das vorgeschriebene Spülen entfernt, können sie ebenso wie die mit dem Wasser aus dem Rohrnetz eingebrachten Teilchen zu Störungen führen. Auch Toträume sind ein Verarbeitungsmangel. Toträume entstehen, wenn Rohre unterschiedlicher Durchmesser unsachgemäß ineinandergesteckt und gelötet werden oder wenn bei T-Stücken der Abgang dichtgelötet wird. An diesen Stellen wird das Wasser nicht bewegt und begünstigt so die Lochkorrosionsbedingungen.

Man sieht: Mit einer fachgerechten, sauberen und ordentlichen Verarbeitung und Installation ist schon viel gewonnen. Stets muß ein Feinfilter eingebaut sein, auch auf das notwendige Gefälle der Rohrleitungen für die Entleerung sollte geachtet werden. Nach jeder Installation müssen alle Leitungen sorgfältig durchgespült werden, denn nur dadurch ist Schmutz, der aus der Lagerung und/oder der Verarbeitung in die Rohre geraten ist, zu entfernen. Wurden alle diese Punkte beachtet, kommt es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu keinen Korrosionsschäden. Allerdings können auch bei großer Sorgfalt Fehler unterlaufen.

Anionenaustausch-Verfahren als kostengünstige Sanierungsalternative

Mit Hilfe dieser Technik können korrosions-chemisch kritische Sulfat- und Nitrationen ausgetauscht werden. Als Ergebnis erhält der Anlagenbetreiber ein Trinkwasser, das unter korrosions-chemischen Gesichtspunkten ein optimiertes Anionenverhältnis aufweist. Die Anlage übernimmt automatisch alle erforderlichen Umschaltungen. Das Rohwasser fließt dabei von oben nach unten durch ein Spezial-Austauscherharz, das die unerwünschten Sulfat- und Nitrationen gegen Chloridionen austauscht. Ist die Aufnahmekapazität des Harzes erschöpft, wird automatisch die Regeneration des beladenen Harzes durchgeführt. Nach Abschluß dieses Vorganges nimmt die Anlage ihren Betrieb sofort wieder auf. Die Korrosionsschutzwirkung bei erhöhtem Chlorid- und erniedrigtem Sulfationenanteil erklärt sich durch die robustere Schutzschichtbildung sowohl aus einer Cu(I)chlorid- und einer Cu(I)oxid-Schicht. Die verdoppelte Schutzschicht blockiert sehr effektiv Korrosionsströme. Punktförmige Angriffe durch Lochkorrosion werden durch diesen dichten Film hindurch in der Praxis nicht beobachtet.

In einem zweiten Schritt wird durch Nachdosieren von entsprechenden Mineralstoffen der für Kupferrohrleitungen geeignete pH-Wert eingestellt und damit auch die Konzentration an Hydrogencarbonationen optimiert. Dies vermindert die Korrosionswahrscheinlichkeit zusätzlich deutlich. Im Einzelfall sollte zudem stets geprüft werden, ob man nicht gleichzeitig auch bei zu großer Wasserhärte die unerwünschten Härtebildner austauscht. Dann gehören auch Kalkbeläge und Steinbildung der Vergangenheit an.

Wichtig zu wissen ist: Ein Anionenaustausch-System ist nach einem Schadenfall von Lochkorrosion in kaltem Wasser die Anlage der Wahl. Zur Vorsorge und zum Schutz der Leitungen bei weichen, sauren Wässern ist ein kostengünstiger Mineralstoffdosierer besser geeignet. Als Kalkschutz empfiehlt sich bei harten Wässern zusätzlich eine Enthärtungsanlage.

Vor jeder Installation einer Wasseraufbereitung muß das vorliegende Wasser vom Fachmann analysiert werden - nur so kann darauf aufbauend die optimal geeignete, sichere Wasseraufbereitungstechnik zusammengestellt werden.


Kupfer allein führt nicht zur Korrosion

Nicht die Verwendung von Kupferrohren oder eine schlechte Installation allein sind bedenklich, es muß noch ein Trinkwasser mit korrosions-chemisch kritischen Inhaltsstoffen/Salzen hinzukommen. Zwar sind alle deutschen Wasserwerke bestrebt, die Vorgaben der Trinkwasserverordnung strikt einzuhalten - in den weitaus überwiegenden Fällen gelingt dies auch problemlos. Doch einzelne Wasserwerke - insbesondere in den neuen Bundesländern - haben einen technisch bedingten Nachholbedarf, der aus finanziellen Gründen recht zögerlich erfüllt wird. Aber: Jeder Hausbesitzer kann selbst Vorsorge treffen. Beispielsweise mit Auswahltabellen, um einen für das vorliegende Wasser einsatzfähigen Werkstoff auszuwählen.

Die Anionen-Anlage ist nach einem Schadenfall von Lochkorrosion in kaltem Wasser ein System der Wahl.

An den individuellen Installations- bzw. Betriebsbedingungen kann man nachträglich im allgemeinen wenig ändern. Anders sieht allerdings die Situation beim Parameter "Wasser" aus - die Zusammensetzung kann man mit Hilfe einer geeigneten Apparate- oder Wasseraufbereitungstechnik sehr wohl auch nachträglich in den Griff bekommen. Damit hat der Hausbesitzer durch die gezielte Beeinflussung der Wasserzusammensetzung ein wirksames Mittel zur Hand, eine weitergehende Lochkorrosion rasch zu beenden. Allgemein gilt: Hohe Anteile an Sulfat- und Nitrationen begünstigen die Lochkorrosion, während hohe Hydrogencarbonat- und Chloridanteile die Lochkorrosion hemmen. Es gilt also Wege zu finden, die korrosions-chemisch kritische Wasserzusammensetzung in geeigneter Weise so zu verändern, daß die korrosionshemmenden Eigenschaften überwiegen.


B i l d e r   L o c h k o r r o s i o n :   Deutsches Kupfer-Institut, Düsseldorf

S o n s t i g e   B i l d e r :   BWT


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