125 Jahre IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/1997, Seite 103 ff.


UNTERNEHMENSFÜHRUNG


Insolvenzverfahren

Die Durchsetzung von SHK-Unternehmeransprüchen in der Insolvenz der GmbH und GmbH & Co. KG

Dr. Norbert Vogelsang Teil 3

Stand im ersten und zweiten Teil des Beitrages (IKZ-HAUSTECHNIK 12-13/97) die persönliche Haftung des Geschäftsführers aus der Verletzung der Konkursantragspflicht im Mittelpunkt der Überlegungen, sollen nachfolgend weitere Anknüpfungspunkte für eine Haftung dargestellt werden:

Ansprüche der Gläubiger gegen den Geschäftsführer einer GmbH bzw. GmbH & Co. KG unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß

Der SHK-Unternehmer (nachfolgend auch Gläubiger genannt) wird sich in der Krise bzw. im Konkurs seines Vertragspartners mit Sicherheit sagen: "Wenn ich das gewußt hätte, wäre der Vertrag niemals zustande gekommen". Indirekt macht er damit dem Geschäftsführer den Vorwurf, ihn über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens vor Abschluß des Vertrages nicht informiert zu haben.

Grundsätzlich muß der Gläubiger von dem Grundsatz ausgehen, daß die Gesellschaft für die Verletzung von Aufklärungs- und Obhutspflichten einzustehen hat, wenn bei den Vertragsverhandlungen ein Vertreter tätig geworden ist. Gleichwohl kann auch der Geschäftsführer dem SHK-Unternehmer gegenüber schadensersatzpflichtig werden, wenn er pflichtwidrig die den Vertragszweck gefährdende wirtschaftliche Lage der Gesellschaft nicht offenbart und dadurch dem künftigen Vertragspartner die Möglichkeit nimmt, entweder von dem Rechtsgeschäft abzusehen oder in geeigneter Weise sicherzustellen, die zukünftige Forderung zu sichern oder nur in gewissem Umfang vorzuleisten.

Da die Eigenhaftung des GmbH-Geschäftsführers einen Ausnahmetatbestand darstellt, wurde sie bislang von der Rechtsprechung zum einen nur dann bejaht, wenn der Geschäftsführer dem Verhandlungsgegenstand besonders nahesteht, weil er wirtschaftlich selbst stark an dem Vertragsschluß interessiert ist und aus dem Geschäft eigenen Nutzen erstrebt (sog. wirtschaftliches Eigeninteresse des Geschäftsführers).

Mit der Änderung der Rechtsprechung des BGH zur Haftung des Geschäftsführers unter dem Gesichtspunkt der Konkursverschleppung haben diese Voraussetzungen eine erhebliche Einschränkung erfahren. In Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung vertritt der BGH (Neue Juristische Wochenschrift 1994, S. 2220 und 1995, S. 398) nunmehr die Ansicht, daß weder der Umstand, daß der für die GmbH handelnde Geschäftsführer deren alleiniger Gesellschafter ist, für sich allein noch im Zusammenhang damit, daß er sich für die Kreditschulden der Gesellschaft verbürgt oder andere Sicherheiten gestellt hat, ein wirtschaftliches Eigeninteresse begründet, welches es rechtfertigen könnte, ihn als "gleichsam in eigener Sache" handelnd persönlich für ein vorvertragliches Verschulden haften zu lassen. Da der BGH die Geschäftsführerhaftung unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigeninteresses sehr restriktiv handhabt, dürften hierfür nur noch wenige Anknüpfungspunkte gegeben sein. Als Zwischenergebnis ist für den SHK-Unternehmer daher von Bedeutung, daß er die Inanspruchnahme des Geschäftsführers nicht mit der Stellung des Geschäftsführers als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter oder mit der Gewährung von Gesellschaftersicherheiten begründen kann.

Da das wirtschaftliche Eigeninteresse des Geschäftsführers im Einzelfall nur sehr schwer zu begründen sein wird, dürfte der Vorwurf, persönlich in besonderem Maße das Vertrauen des Verhandlungspartners in Anspruch genommen zu haben, der Schadensersatzklage eher zum Erfolg verhelfen können. Ein persönliches Vertrauen kann man nur dann annehmen, wenn der Geschäftsführer bei dem SHK-Unternehmer ein zusätzliches, von ihm selbst ausgehendes Vertrauen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Erklärungen hervorgerufen hat. Es wird sich hierbei um Äußerungen handeln, die einer Garantiezusage nahekommen, etwa des Inhalts: "Ich, als ihr langjähriger Vertragspartner ..." oder "Sie können sich absolut auf mich verlassen" oder "Dafür stehe ich als Geschäftsführer in jedem Fall gerade...". Derartige Erklärungen sind unbedingt schriftlich zu dokumentieren (z.B. von Zeugen unterschriebener Aktenvermerk oder schriftliche Erklärung des Geschäftsführers). Zu beachten ist jedoch, daß ein schlichter Hinweis auf seine Sachkunde nicht ausreicht, um die Eigenhaftung des Geschäftsführers zu begründen.

Der SHK-Unternehmer ist daher in jedem Fall (unabhängig von der wirtschaftlichen Situation des Vertragspartners) gut beraten, zunächst darauf zu drängen, daß der Geschäftsführer persönlich an den Vertragsverhandlungen teilnimmt. Denn ohne eine Teilnahme an derselben entfällt eine Haftung (vgl. OLG Stuttgart, GmbH Rundschau 1990, S. 397). Darüber hinaus sollten die Vertragsverhandlungen in einer Art und Weise geführt werden, daß der Geschäftsführer eine entsprechende garantieähnliche Erklärung abgibt. Wird er auf das Verlangen nach einer Zusage ausweichend reagieren oder die Frage ignorieren und andere Aspekte des Vertrages in den Vordergrund rücken, darf der SHK-Unternehmer sich hiervon nicht beeindrucken lassen, sondern sollte hartnäckig auf der Erklärung bestehen. Ein beständiges Ausweichen des Geschäftsführers ist in vielen Fällen ein ernstzunehmendes Anzeichen für die bestehende Leistungsschwäche der Gesellschaft.

Sollte die Gesellschaft sich nach Auskünften (umlaufenden Gerüchten) Dritter in einer wirtschaftlichen Krise befinden, empfiehlt es sich, den Geschäftsführer konkret und gezielt hierauf anzusprechen und um Auskunft zu bitten. Hierzu ist der Geschäftsführer (Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer) bei laufender Geschäftsverbindung verpflichtet: er hat die wirtschaftliche Lage seines Unternehmens darzustellen, wenn die GmbH einen Warenkredit in Anspruch nehmen will (BGH vom 23. 2. 1983 VIII ZR 325/81, GmbH Rundschau 1983, S. 197).

Abschließend soll in diesem Zusammenhang noch auf ein Urteil des OLG München (Neue Juristische Wochenschrift 1994, S. 2900) hingewiesen werden, wonach eine Aufklärungspflicht des Geschäftsführers insbesondere dann besteht, wenn der künftige Vertragspartner vorleistungspflichtig ist und wenn damit zu rechnen ist, daß die Gesellschaft (GmbH) im Zeitpunkt der Fälligkeit ihrer Verbindlichkeit nicht zahlungsfähig sein wird.

Ansprüche der Gläubiger gegen den Geschäftsführer einer GmbH bzw. GmbH & Co. KG unter dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen Schädigung

Dem SHK-Unternehmer eröffnet sich zudem die Möglichkeit, den Geschäftsführer des Vertragspartners unter dem Gesichtspunkt der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung in Anspruch zu nehmen (§ 826 BGB).

Entsprechend zu den zuvor gemachten Ausführungen kommt es auch hier auf das Verhalten des Geschäftsführers im Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen an. Nach der Rechtsprechung des BGH (Neue Juristische Wochenschrift 1994, S. 197) "kann nach den Maßstäben eines redlichen Geschäftsverkehrs nicht hingenommen werden, daß jemand einen anderen dazu veranlaßt, wertvolle Vorleistungen zu erbringen, ohne eine auch nur einigermaßen hinreichende Sicherheit zu haben, die zur Bezahlung nötigen Mittel herbeischaffen zu können; dies gilt vor allem dann, wenn es sich um ein angesehenes Unternehmen handelt, auf dessen Ruf der Geschäftspartner vertrauen durfte". In ähnlicher Weise argumentierte auch das OLG Celle in seinem Urteil vom 19. 11. 1993 (4 U 46/91, GmbH Rundschau 1994, S. 467). Der Geschäftsführer des Vertragspartners handelt daher sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB, wenn er bereits vor oder während den Vertragsverhandlungen erkennt, daß die von ihm vertretene Gesellschaft innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 64 GmbHG nicht mehr zu sanieren sein wird, er den gesetzlich geforderten Konkursantrag ohne rechtlichen Grund weiter hinauszögert, ohne dem SHK-Unternehmer, der in aller Regel vorleistungspflichtig ist, die Vermögenslage der Gesellschaft zu offenbaren.

Die Haftung nach § 826 BGB stellt in subjektiver Hinsicht erheblich weitergehende Anforderungen als die zuvor dargestellte Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluß: Der Geschäftsführer muß mindestens mit der Möglichkeit einer Schädigung des SHK-Unternehmers durch sein Verhalten gerechnet haben und dies billigend in Kauf genommen haben. Da der SHK-Unternehmer auch hierfür die Darlegungs- und Beweislast hat, wird er sich fragen, wie er diese inneren Vorgänge dokumentieren und belegen soll. In dieser Situation kommt ihm die Rechtsprechung des BGH (Neue Juristische Wochenschrift 1994, S. 198) entgegen: "Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein besonders leichtfertiges - und damit sittenwidriges - Verhalten den Schluß rechtfertigen, daß der Schaden nicht nur grob fahrlässig, sondern mit bedingtem Vorsatz herbeigeführt worden ist; denn da es sich hierbei um innere Vorgänge handelt, läßt sich ein bedingter Vorsatz oft nur durch den Beweis erbringen, der Schädiger habe so leichtfertig gehandelt, daß er eine Schädigung des anderen in Kauf genommen haben müsse". Der BGH schließt daher zugunsten des geschädigten SHK-Unternehmers von dem entsprechenden Sittenverstoß auf das Vorliegen eines bedingten Schädigungsvorsatzes.

Ansprüche der Gläubiger gegen den Geschäftsführer einer GmbH bzw. GmbH & Co. KG unter dem Gesichtspunkt des Betruges

Der Geschäftsführer einer insolventen GmbH (GmbH & Co. KG) kann von dem SHK-Unternehmer direkt in Anspruch genommen werden, wenn ein Betrug zu seinem Nachteil vorliegt (§§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB). Ein strafbares Handeln des Geschäftsführers wird insbesondere dann zu bejahen sein, wenn der SHK-Unternehmer durch dessen (bedingt) vorsätzliche Täuschung über die Geschäftslage der GmbH zur Eingehung eines Rechtsgeschäfts oder zum Verzicht auf Sicherheiten veranlaßt worden ist. In diesem Zusammenhang soll auf eine Fallgestaltung hingewiesen werden, die dem Urteil des BGH vom 7. 11. 1994 (Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis 1995, S. 31) zugrunde lag:

Der (beklagte) Geschäftsführer war der einzige Kommanditist und Alleingesellschafter und -geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer finanziell angeschlagenen GmbH & Co. KG. Er erteilte der Klägerin im Januar und Februar des Jahres insgesamt fünf Aufträge über die Lieferung von Stahlrohren und anderen Stahlteilen. Die KG blieb den Kaufpreis von insgesamt ca. 109.000,- DM schuldig, veräußerte die gelieferten Teile an Dritte weiter und führte mit dem Erlös die bestehenden Bankschulden zurück. Die Klägerin nahm den Geschäftsführer mit der Behauptung auf Schadensersatz in Anspruch, er habe bereits seit Monaten von der Überschuldung der KG gewußt. Da er dennoch die Lieferung der Stahlteile veranlaßt habe, ohne sie, die Klägerin, auf die finanziell schwierige Lage der KG hinzuweisen, hafte er für den Forderungsausfall persönlich nach deliktischen Grundsätzen.

Der BGH sah Anzeichen für einen Schadensersatzanspruch der Gläubigerin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, da der Geschäftsführer in Kenntnis der bestehenden Überschuldung der KG gehandelt und systematisch den von ihr in Anspruch genommenen Geldkredit gegen u.a. von der Klägerin gewährten Warenkredit ausgewechselt habe, indem er die mit Mitteln des Privatvermögens gesicherten Bankschulden durch die Erlöse aus dem Weiterverkauf der von der Klägerin gelieferten Stahlteile zurückführte, den der Lieferantin geschuldeten Kaufpreis aber schuldig blieb.

Der Gläubiger trägt in jedem Fall die Darlegungs- und Beweislast für das (bedingt) vorsätzliche Handeln des Geschäftsführers. Ein Indiz hierfür kann der letzte vor Vertragsverhandlungen liegende Jahresabschluß sein, wenn dieser eine Überschuldung der Gesellschaft ausweist. Sollte ein Konkursverfahren eröffnet worden sein, können sich entsprechende Anhaltspunkte aus den Berichten des Konkursverwalters ergeben. Für den Fall, daß der Geschäftsführer bereits strafrechtlich verurteilt worden ist, bietet sich für den Gläubiger zudem die Möglichkeit, das Strafurteil im Wege des Urkundenbeweises in den Zivilprozeß einzuführen. Der Geschäftsführer hat dann den Gegenbeweis anzutreten.

Schlußbemerkung

Der vorstehende Überblick hat gezeigt, daß für den SHK-Unternehmer in der Insolvenz seines Vertragspartners noch längst kein Grund zur Resignation bestehen muß. Die gläubigerfreundliche Rechtsprechung des BGH eröffnet ihm eine breite Palette von Schadensersatzmöglichkeiten, so daß er sich nicht mit der mageren Konkursquote begnügen muß. In welcher Höhe er schließlich einen Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer der genannten Gesellschaften realisieren kann, hängt primär von dem Einzelfall ab, wobei ein mögliches Mitverschulden anspruchsmindernd gewertet werden kann. Natürlich kann an dieser Stelle kein Universalrezept zur Lösung jedes einzelnen Falles geboten werden. Dafür sind die Sachverhaltsgestaltungen zu verschieden. Gleichwohl dürfte der SHK-Unternehmer nunmehr über bestimmte Grundinformationen verfügen, die es ihm ermöglichen, daß Handeln seines Anwalts kritisch und zugleich konstruktiv zu begleiten.


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