125 Jahre IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/1997, Seite 97 ff.


RECHT-ECK/UNTERNEHMENSFÜHRUNG


Aufhebung von Arbeitsverhältnissen

Folgen bei einvernehmlicher Aufhebung von Arbeitsverhältnissen erheblich verschärft

Ass.’in Heike Hofmann*

Im deutschen Arbeitsrecht ist die Kündigungsfreiheit insbesondere durch das Kündigungsschutzgesetz deutlich beschränkt. Aufhebungsverträge sind seither in der betrieblichen Praxis ein geeignetes Mittel, um Arbeitsverhältnisse ggf. auch kurzfristig wirksam zu beenden und gleichzeitig dem mit der Handlungsalternative "Arbeitgeberkündigung" verbundenen Prozeßrisiko aus dem Wege zu gehen.

Aufgrund des Grundsatzes der Vertragsfreiheit ist der Aufhebungsvertrag, was seine Wirksamkeit betrifft, in der Regel keinen Restriktionen unterworfen:

Anders als im Falle der Kündigung muß beim Aufhebungsvertrag nicht der Betriebsrat - sofern vorhanden - beteiligt werden. Für die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages bedarf es weiterhin keiner Anhörung staatlicher Stellen, wie beispielsweise der Hauptfürsorgestelle (bei Schwerbehinderten). Daß es sich beim Abschluß eines Aufhebungsvertrages mit einem Arbeitnehmer, der einen Sonderkündigungsschutz genießt (z.B. Schwerbehinderter), aus anderen Gründen dennoch empfiehlt, die entsprechenden staatlichen Stellen zu beteiligen, wird später erläutert.

Gerade aber das rechtliche Umfeld, das auch in der Vergangenheit nicht vernachlässigt werden durfte, weil unter bestimmten Umständen sich - vom Willen des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers unabhängig - sowohl für den Arbeitgeber (z.B. Erstattungspflicht des Arbeitslosengeld bei der Entlassung älterer Arbeitnehmer nach § 128 AFG) als auch für den Arbeitnehmer (Sperrzeiten beim Arbeitslosengeldbezug) unangenehme Folgen ergeben konnten, hat sich aufgrund von - teilweise grundlegenden - Gesetzesänderungen gewandelt.

Zwar sind diese Änderungen für die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages ohne Belang. Zudem besteht auch keine umfassende Aufklärungspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer besonders über die für ihn in Betracht kommenden sozialversicherungsrechtlichen Folgen. Der Arbeitgeber sollte sich sogar im Regelfall auf Nachfrage seines Arbeitnehmers darauf beschränken, mögliche Konsequenzen aufzuzeigen, z.B. allgemein auf die Möglichkeit der Verhängung einer Sperrzeit aufmerksam zu machen, und die Klärung des konkreten Einzelfalls dem Arbeitnehmer anheimstellen, indem er ihn für weitere Auskünfte auf kompetente Stellen (Arbeitsamt, Rechtsanwalt o.ä.) verweist. Dadurch genügt der Arbeitgeber der Fürsorgepflicht gegenüber seinem Arbeitnehmer und schließt damit aus, daß er sich wegen fehlerhafter Beratung schadenersatzpflichtig macht.

Meist ist es den Arbeitsvertragsparteien aber ohnehin daran gelegen, das Arbeitsverhältnis möglichst "reibungslos" zu beenden und die für Arbeitgeber und Arbeitnehmer entstehenden negativen Folgen zu vermeiden. Die Bereitschaft des Arbeitnehmers, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden, wächst dabei proportional mit der Gewißheit, keine negativen Folgen beim Arbeitslosengeldbezug befürchten zu müssen.

Daher ist es von greifbarem Nutzen, wenn ein Arbeitgeber als derjenige, von dem oft die Initiative zum Abschluß eines Aufhebungsvertrages ausgeht, über die möglichen Folgen eines Aufhebungsvertrages informiert ist. Eine eingehende Einzelfallberatung z.B. durch Innung oder Landesinnungsverband kann und soll durch die nachfolgende Darstellung keinesfalls ersetzt werden!

Aufmerksamkeit verdienen zunächst die Sperrzeiten (§ 119 AFG):

Hat der ausgeschiedene Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis gelöst oder durch vertragswidriges Verhalten Anlaß für die Kündigung des Arbeitgebers gegeben und hat er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben, tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein (§§ 119 Abs. 1 Nr. 1, 119a Nr. 1 AFG).

In der Folge bedeutet das zunächst, daß der Arbeitslose während der Sperrzeit kein Arbeitslosengeld erhält und sich die Anspruchsdauer um die Tage der Sperrzeit verkürzt (§ 110 Abs. 1 Nr. 2 AFG). Während der Tage der Sperrzeit besteht Krankenversicherungsschutz. Jedoch können keine Anrechnungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgen.

Sperrzeiten beim Aufhebungsvertrag:

Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers, die für den Abschluß des Aufhebungsvertrages ursächlich waren, und der Fall, daß der Abschluß des Aufhebungsvertrages auf die Initiative des dadurch arbeitslos gewordenen Arbeitnehmers zustande gekommen ist, haben regelmäßig die Verhängung einer Sperrzeit zur Folge.

Die unmittelbare Beteiligung durch Abschluß eines Aufhebungsvertrages zieht nur dann nicht eine Sperrzeit nach sich, wenn:

- eine betriebsbedingte (oder auch personenbedingte), nicht aber eine verhaltensbedingte Kündigung bevorstand,

- die Kündigung des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer sicher in Aussicht gestellt wurde;

- diese Arbeitgeberkündigung das Arbeitsverhältnis zum gleichen Termin wie im Aufhebungsvertrag genannt beendet hätte;

- diese Arbeitgeberkündigung rechtmäßig gewesen wäre, und

- neu: folgende weitere Voraussetzung erfüllt ist:

Aufgrund einer veränderten Weisungslage der Bundesanstalt für Arbeit darf dem ausscheidenden Arbeitnehmer nicht zumutbar gewesen sein, die arbeitgeberseitige Kündigung abzuwarten. Dieses ist nur dann der Fall, wenn der ausscheidende Arbeitnehmer objektive Nachteile für sein weiteres berufliches Fortkommen aus der Kündigung vermieden hat. Diese Neuregelung verdient besondere Beachtung, da anzunehmen ist, daß die Arbeitsverwaltung das Merkmal der Unzumutbarkeit nur sehr eng interpretieren wird. Es besteht zukünftig die erhöhte Gefahr, daß beim Abschluß von Aufhebungsverträgen Sperrzeiten verhängt werden. Das Vermeiden von objektiven Nachteilen für das weitere berufliche Fortkommen wird in dem Fall, in welchem ein Aufhebungsvertrag mit älteren Arbeitnehmern (ab 56 Jahren) geschlossen wird, in der Regel nicht begründet werden können. Insbesondere bei fortgeschrittenem Lebensalter und seiner beruflichen Perspektive wird sich ein älterer Arbeitnehmer grundsätzlich nicht auf Nachteile für sein berufliches Fortkommen berufen können.

Sperrzeiten bei anderen Vertragsgestaltungen

Anders als beim typischen Aufhebungsvertrag, bei dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch übereinstimmende Willenserklärungen (einvernehmlich) das Arbeitsverhältnis beenden, hat man - vorübergehend auch erfolgreich - versucht, die Sperrzeiten durch eine andere Vertragsgestaltung, dem sog. "Abwicklungsvertrag", zu umgehen.

Bei einem "Abwicklungsvertrag" wird wie folgt vorgegangen:

Der Arbeitgeber spricht - formell betrachtet - einseitig die ordentliche Kündigung aus. Die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die beide sowohl vor als auch nach Ausspruch der Kündigung getroffen haben können, regelt die darauf folgende "Abwicklung" des Arbeitsverhältnisses z.B. hinsichtlich des Verzichts des Arbeitnehmers auf eine Kündigungsschutzklage. Des weiteren werden in ihm z.B. Vereinbarungen über die vom Arbeitgeber zu zahlende Abfindung getroffen.

Obwohl bei dieser auch heute noch anzutreffenden Vertragsgestaltung der Arbeitnehmer die Arbeitslosigkeit nicht durch eigenes Handeln herbeigeführt hat, sondern die Auflösung des Arbeitsverhältnisses "hinnimmt", im Grunde aber in den typischen "Abwicklungsverträgen" inhaltlich nichts anderes geregelt wird als in einem Aufhebungsvertrag, kommen auch hier Fälle der Verhängung einer Sperrzeit in Betracht.

Variante 1: Vereinbarung über die Modalitäten der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses wurde nach Ausspruch der Arbeitgeberkündigung geschlossen:

Hier gilt zunächst der Grundsatz: Ist die Arbeitgeberkündigung

- betriebsbedingt oder personenbedingt, nicht aber verhaltensbedingt,

- und ist die ausgesprochene Kündigung auch im übrigen rechtmäßig (Kündigungsfrist eingehalten, ggf. Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung beteiligt, o.ä.), so können Arbeitgeber und Arbeitnehmer ohne Einschränkungen Vereinbarungen darüber treffen, wie das Arbeitsverhältnis abgewickelt werden soll, ohne daß wegen dieser Abwicklungsvereinbarung eine Sperrzeit verhängt wird.

Hat der Arbeitslose aber nach einer rechtswidrigen Arbeitgeberkündigung mit dem Arbeitnehmer einen "Abwicklungsvertrag" geschlossen, kann dieses eine Sperrzeit auslösen, wenn die "Abwicklungsvereinbarung" auch die Zahlung einer Abfindung umfaßt.

Entscheidend für die Verhängung einer Sperrzeit ist hier, daß die Rechtswidrigkeit der Kündigung dem Arbeitslosen bekannt oder zumindest die Rechtswidrigkeit offensichtlich war. Von einer Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit wird ausgegangen, wenn der Arbeitnehmer ohne weiteres erkennen mußte, daß sie gegen arbeitsvertragliche, tarifvertragliche oder gesetzliche Bestimmungen verstößt, z.B. bei einem Schwerbehinderten die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle nicht vorliegt; kurz gesagt, wenn die Kündigung den Makel der Rechtswidrigkeit "gleichsam auf der Stirn trägt":

Ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist oder ungerechtfertigt ist, insbesondere ob bei einer betriebsbedingten Kündigung die Sozialauswahl korrekt vorgenommen worden ist, ist für den Arbeitnehmer niemals offensichtlich.

Eine nachträgliche Einigung durch arbeitsgerichtlichen Vergleich löste bisher in aller Regel keine Sperrzeit aus.

Variante 2: Die Vereinbarung über die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses wurde vor der noch auszusprechenden Arbeitgeberkündigung geschlossen:

Durch eine - auch mündliche - Vereinbarung über eine noch auszusprechende Arbeitgeberkündigung schließt der Arbeitnehmer einen - mittelbar - zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führenden Vertrag. Die Folge ist, daß die Arbeitsverwaltung dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich über eine zu zahlende Abfindung geeinigt haben, dazu neigt, hier ein erkauftes Einverständnis des Arbeitnehmers zur Beendigung des Arbeitsverhältnis anzunehmen und infolgedessen eine Sperrzeit zu verhängen.

Jedoch gilt auch in dieser Konstellation der o.g. Grundsatz:

Ist die noch auszusprechende Arbeitgeberkündigung

- eine betriebsbedingte oder personenbedingte, nicht aber verhaltensbedingte Kündigung,

- und wird die noch auszusprechende Kündigung auch im übrigen rechtmäßig sein (Kündigungsfrist eingehalten, ggf. Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung beteiligt, o.ä.), so ist auch hier die vorausgehende Einigung über eine Abfindungszahlung unschädlich.

Stellt sich jedoch heraus, daß die dann ausgesprochene Kündigung nicht rechtmäßig war, so gilt folgendes:

Ist die Rechtswidrigkeit der Kündigung offensichtlich, so folgt die Sperrzeit.

Ist die Kündigung zwar rechtswidrig, aber nicht offensichtlich rechtswidrig und hat der Arbeitnehmer keine Kenntnis von ihrer Rechtswidrigkeit, so folgt keine Sperrzeit.

Das gleiche gilt, wenn er sich bei kompetenter Stelle (z.B. Rechtsanwalt) der Rechtmäßigkeit der auszusprechenden Kündigung versichert hat. Ist die Rechtmäßigkeit nach dieser Auskunft zweifelhaft, so folgt ebenfalls keine Sperrzeit.

Besonderheiten im Zusammenhang mit Sperrzeiten bei Arbeitnehmern mit Sonderkündigungsschutz:

Will man mit einem Arbeitnehmer, der z.B. nach dem Schwerbehindertengesetz einen Sonderkündigungsschutz genießt, einen Aufhebungsvertrag abschließen oder eine Vereinbarung der oben geschilderten Art treffen und soll dem Arbeitnehmer eine Sperrzeit erspart bleiben, so muß in jedem Fall die jeweilige staatliche Stelle beteiligt werden!

Anrechnung von Abfindungen

Daß Abfindungen dem Arbeitnehmer infolge der jüngsten Änderung im Arbeitsförderungsgesetz zukünftig nicht mehr ungeschmälert erhalten bleiben, war der Presse zu entnehmen. Aufgrund der Übergangsregelung bis zum März 1999 kann je nach Einzelfall entweder noch das alte Recht oder schon das neue Recht zur Anwendung kommen.

Ruhen von Arbeitslosengeldansprüchen und Anrechnung von Abfindungen nach altem Recht:

Mit den Sperrzeiten regelmäßig verknüpft ist die Anordnung des Ruhens von Arbeitslosengeldansprüchen. Nach § 117 AFG kommt insbesondere dann ein Ruhen in Betracht, wenn (ehemaliger) Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis einvernehmlich im Wege eines Aufhebungsvertrages/Abwicklungsvertrages mit einer kürzeren Frist als der ordentlichen Kündigungsfrist zur Beendigung gebracht haben. Die Folge dieser Fallkonstellation ist, daß der Anspruch auf Arbeitslosengeld zwar für eine bestimmte Zeit aufgeschoben wird, sich die Anspruchsdauer selbst aber nicht verkürzt.

Anders verhält es sich in der nachfolgenden Konstellation, in der nochmals verschärfte Rechtsfolgen eintreten:

Wird eine Sperrzeit verhängt und hat der Arbeitslose eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes erhalten, so wird nach den bisher geltenden Vorschriften weiter ein Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs nach § 117a AFG angeordnet. Dieser - längstens 1 Jahr dauernde - Zeitraum des Ruhens schließt sich unmittelbar an die Sperrzeit an. Weiterhin die jeweilige Anspruchsdauer beim Arbeitslosengeldbezug um die Dauer des Ruhens gekürzt.

In Zeiten des Ruhens selbst erhält der Arbeitslose nicht nur kein Arbeitslosengeld und es erfolgen keine Anrechnungszeiten in der Rentenversicherung, sondern weiter ist der Arbeitslose auch nicht krankenversichert.

Auch unter dem alten Recht kann es damit in Zeiten des Ruhens zu einer Aufzehrung der erhaltenen Abfindung kommen.

Gesetzliche Neuregelung zur Anrechnung von Abfindungen

Aufgrund der Gesetzesänderung wird es nach dem neugefaßten § 115a AFG zu einer völlig anderen Art der Anrechnung von Abfindungen kommen. Statt "versteckt" in Ruhenstatbeständen und quasi als Sanktion für vorangegangenes Verhalten des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der Herbeiführung seiner Arbeitslosigkeit, kommt es nach neuem Recht zu einer echten Anrechnung der Abfindung auf das auszuzahlende Arbeitslosengeld.

Die Anrechnung von Abfindungen erfolgt auf die Hälfte des Arbeitslosengeldes, soweit der individuelle Freibetrag überstiegen wird; einen Freibetrag in absoluten DM-Beträgen gibt es nach der Neuregelung nicht. Der individuell zu ermittelnde Freibetrag wird als pauschalierter Ausgleich für den Verlust sozialer Besitzstände verstanden.

Der Freibetrag beträgt grundsätzlich 25%. Bei älteren Arbeitnehmern (über 50 Jahre) beträgt dieser Freibetrag grundsätzlich 35%.

Dieser jeweilige Freibetrag erhöht sich für je fünf Jahre Betriebszugehörigkeit ab Vollendung des 45. Lebensjahres um jeweils 5%.

Der Freibetrag kann sich demnach wie folgt erhöhen:

Betriebszugehörigkeit nach Vollendung des 45. Lebensjahres

Lebensalter bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

 

weniger als 50 Jahre

50 und mehr Jahre

5 - 10 Jahre

30 %

40%

10 - 15 Jahre

 

45 %

15 - 20 Jahre

 

50 %

20 - 25 Jahre

 

55 %

Die Anrechnung auf das Arbeitslosengeld ist dabei aus dem Bruttobetrag der Abfindung, nicht der Nettoabfindung vorzunehmen. Durch die steuerlichen Komponenten, auf die unten noch eingegangen werden soll, kann daher dem Arbeitnehmer weitaus weniger von der Abfindung verbleiben als der o.g. Freibetrag in Höhe von 25%.

Der nach Abzug des Freibetrages verbleibende Teil der Abfindung wird dann solange zur Hälfte auf das Arbeitslosengeld angerechnet, bis der den Freibetrag übersteigende Teil der gezahlten Abfindung aufgezehrt worden ist.

Unter Umständen kann es auch dann noch zu einer Anrechnung erhaltener Abfindungen kommen, wenn der Arbeitslose in einem Anschlußarbeitsverhältnis nicht die Anwartschaftszeiten für einen Arbeitslosengeldbezug von mindestens 360 Kalendertagen erfüllt hat.

Diese Anrechnungsklauseln ersetzen ab dem 1. April 1997 die bisherigen oben geschilderten Ruhenstatbestände gemäß §§ 117, 117a AFG sowie die Erstattungspflicht des Arbeitgebers gemäß § 128 AFG, die im Zusammenhang mit der Entlassung älterer Arbeitnehmer (ab 56 Jahre) besteht.

Übergangsfristen bestehen dabei bis einschließlich März 1999:

In dem Fall, daß der Arbeitslose zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der gesetzlichen Neuregelungen (1. April 1997) mindestens ein Jahr versicherungspflichtig beschäftigt war (genauer: die Mindestanwartschaft von 360 Kalendertagen muß für einen Arbeitslosengeldbezug erfüllt sein), und in allen Fällen, die unter die Frühverrentungsregelung fallen, gilt nach wie vor die alte Rechtslage, wonach nur nach Maßgabe der §§ 117, 117a AFG eine Anrechnung erfolgen kann.

Zu beachten ist weiter:

Die Regelung nach § 128 AFG, wonach der Arbeitgeber von der Arbeitsverwaltung im Falle der Entlassung älterer Arbeitnehmer ab einer bestimmten Betriebsgröße (20 Arbeitnehmer ohne Auszubildende) zur Erstattung des Arbeitslosengeldes für die Dauer von bis zu 2 Jahren herangezogen werden kann, findet u.a. auch weiterhin auf solche Altfälle Anwendung, in denen der Arbeitslose einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach altem Recht erworben hat (s.o. zur Übergangsregelung) und der Arbeitslose vorzeitig, d.h. ohne Einhaltung der für ihn maßgeblichen Kündigungsfrist und ggf. unter Erhalt einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist.

Altes und neues Recht existiert daher in der Übergangsphase nebeneinander!

Versteuerung von Abfindungen

Neben den Änderungen bei der Anrechnung von Abfindungen auf das Arbeitslosengeld werden sich voraussichtlich auch die Modalitäten der Besteuerung von Abfindungen ändern.

Bisher sind Abfindungen als Entlassungsentschädigungen, die steuerrechtlich als ein Teil des Arbeitslohnes anzusehen waren, weitgehend steuerlich privilegiert:

Nach wie vor gelten die bekannten Freibeträge (§ 3 Nr. 9 EStG), wonach grundsätzlich ein Freibetrag von 24.000 DM gilt. Bei einem Lebensalter von mindestens 50 Jahren und einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 15 Jahren beträgt der Freibetrag 30.000 DM.

Beträgt das Lebensalter mindestens 55 Jahre und die Betriebszugehörigkeit mindestens 20 Jahre, lautet der Freibetrag auf 36.000 DM.

Ein möglicherweise darüber hinausgehender Abfindungsbetrag wird auf Antrag mit dem halben Durchschnittssteuersatz versteuert.

Der ursprüngliche Plan der Bundesregierung, bereits rückwirkend zum 1. Januar 1997 in einer ersten Reformstufe den nach Überschreitung der Freibeträge anzuwendenden halben Steuersatz auf 2/3 anzuheben, konnte aufgrund nachhaltiger Kritik der Spitzenverbände (vorerst) verhindert werden.

Dennoch wird es nach dem Willen der Bundesregierung nach dem 1. Januar 1999 zu einem vollständigen Wegfall der steuerlichen Freibeträge (24.000 DM / 30.000 DM / 36.000 DM) kommen. Zusätzlich sollen dann noch die Abfindungen wie Einkünfte aus Arbeit voll versteuert werden.

Wenn nicht die neuen Anrechnungsvorschriften den Abschluß von Aufhebungsverträgen oder ähnlichen, oben geschilderten Vertragsgestaltungen neben dem bereits bestehenden Risiko der Verhängung von Sperrzeiten weitgehend unattraktiv gemacht haben, so werden die aufgezeigten steuerlichen Aspekte noch mehr Arbeitnehmer davon abhalten, ihre Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag zu erteilen. Es steht zu befürchten, daß die ohnehin überlasteten Arbeitsgerichte erleben werden, wie die Parteien zukünftig noch erbitterter um den Bestand bzw. Nichtbestand eines Arbeitsverhältnisses ringen werden, und daß eine vergleichsweise Beendigung des Arbeitsverhältnisses - wenn überhaupt - nur noch schwer möglich sein wird.

Diagramme


* Heike Hofmann, Assessorin
Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Schleswig-Holstein, Abteilung: Recht


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]