125 Jahre IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 16/1997, Seite 62 ff.


INTERVIEW


AQUA Butzke Werke

Neue Ära hat begonnen

Von den rund 34000 m2 umfassenden Betriebsgelände, welches direkt am Eingang des PreußenParks gelegen ist, umfaßt die bebaute Fläche ca. 16000 m2. Davon entfallen ca. 13000 m2 auf die Produktion und ca. 2000 m2 auf den Verwaltungsbereich.

Fast 125 Jahre fertigte der renommierte Armaturenhersteller Aqua Butzke im Herzen Berlins seine Produkte. Seit wenigen Tagen stehen die alten Gebäude in Kreuzberg leer: Aqua Butzke hat den bereits vor fünf Jahren angekündigten Umzug vollzogen. Aber nicht, wie so viele andere Industrieunternehmen, in's europäische Ausland oder nach Fernost sondern nach Ludwigsfelde am Rande Berlins. Man steht zum Standort Deutschland und investierte über 40 Mio. DM in die neue Produktionsstätte. Über die Beweggründe sprachen die Vorstände Werner Klatt und Karl P. Kiessling mit IKZ-HAUSTECHNIK-Redakteur Günther Klauke.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie nannten vor vier Jahren in einem Interview (siehe IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/93, Seite 128 ff) die fehlende Ausdehnungsmöglichkeit in Kreuzberg sowie logistische Gründe als Notwendigkeit für die neue Standortwahl. Haben Sie die gesteckten Ziele erreicht?

Klatt: Wie Sie wissen war es mit Schwierigkeiten verbunden ein passendes Grundstück zu finden. Was die innerbetriebliche Logistik der Produktionsabläufe sowie die Liefersituation betrifft, erfüllen der heutige Standort und die Werksstruktur unsere Anforderungen voll.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie wollten keinesfalls einen Standort, der von den Mitarbeitern nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden kann. Trifft das auf Ludwigsfelde zu?

Klatt: Es existiert zwar eine Regionalverkehrsbahnanbindung (Eisenbahn), aber die Situation ist derzeit noch unbefriedigend. Im Rahmen eines Sozialplanes wurde deshalb für die Mitarbeiter ein kostenloser Shuttlebus zwischen Werk und nächstgelegenem S-Bahn-Stützpunkt eingerichtet. In den nächsten Jahren wird sich allerdings die Situation für Autofahrer erheblich verbessern, da die derzeitige B 101 (Anm. der Redaktion: verläuft in unmittelbarer Nähe des Werkes) bis 1999 als Autobahn bis an die Stadtgrenze Berlins und bis 2002 an den Berliner Innenstadtring ausgebaut wird. Der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel bis nach Ludwigsfelde ist ebenfalls geplant. Termine kann ich hier aber noch nicht nennen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sind die Mitarbeiter Ihnen erhalten geblieben?

Kiessling: Bis auf wenige Ausnahmen, die aus persönlichen Gründen ausgeschieden sind.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was geschieht mit den Gebäuden und dem Grundstück in Kreuzberg?

Klatt: Unsere dortigen Liegenschaften stehen zum Verkauf.

IKZ-HAUSTECHNIK: 1994 haben Sie die spanabhebende Metallbearbeitung zu Rosco in Haldensleben ausgelagert. Bleibt es auch nach dem Umzug dabei?

Klatt: Allerdings. Rosco fertigt darüber hinaus nicht ausschließlich Teile für Aqua sondern auch für andere Unternehmen der Grohe AG. Das Werk ist voll ausgelastet.

IKZ-HAUSTECHNIK: Hat die Verlagerung der spanabhebenden Fertigung zu Arbeitsplatzverlusten bei Aqua geführt?

"Arbeitsplatzverlagerung durch Teileauslagerung"

Kiessling: Natürlich hat im Rahmen der Teileauslagerung auch eine Arbeitsplatzverlagerung stattgefunden. Allerdings hat das nichts mit dem Umzug nach Ludwigsfelde zu tun. Dieser Schritt betraf noch den Standort Kreuzberg. Betroffen waren damals 40 Mitarbeiter aus dem gewerblichen Bereich.

IKZ-HAUSTECHNIK: Steht z.Zt. der Abbau von Mitarbeitern zur Diskussion?

Klatt: Wir ordnen die gesamten Unternehmensabläufe in Verwaltung und Fertigung neu. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Personalplanung.

IKZ-HAUSTECHNIK: Kommen wir zu einem anderen Thema. Die Integration der Aqua Butzke Werke in die Grohe AG vollzog sich langsamer als etwa bei DAL. Gibt es dafür besondere Gründe?

Klatt: Ja. Der Hauptgrund liegt in unterschiedlichen Lieferbeziehungen und Lieferwegen. Außerdem sind unsere Produkte sehr erklärungsbedürftig und müssen anders verkauft werden als konventionelle Armaturen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Neben der langsameren gab es auch eine andere Art der Integration. Sie traten während der ISH auf dem großen Grohe-Areal ziemlich eigenständig auf. Warum?

"Aqua ist selbständig geblieben"

Kiessling: Mit unseren hochwertigen Systemen müssen wir bezüglich Entwicklung, Beratung und Inbetriebnahme eigene Wege gehen, denn mit den Geschäftsfeldern "Busvernetzte Sanitärarmaturen" und "Wasserbehandlung" beschäftigt sich in der Grohe AG ausschließlich das Haus Aqua. Diese strategische Ausrichtung verlangt eine eigenständige, kleine, dynamische Firma. Aus diesem Grund ist Aqua selbständig geblieben.

IKZ-HAUSTECHNIK: Also ein eigenes CI für Aqua.

Kiessling: Ja. Wir haben eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung, eine eigene Marketingabteilung, einen eigenen Vertrieb und eigene Verkaufsbüros. Das spiegelt sich auch in einem eigenen neuen Logo wider.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wo bleiben dann die vielgelobten Synergieeffekte, die durch die Integration in die Grohe AG sichtbar werden sollten?

Kiessling: Aqua vertreibt seine Produkte überwiegend in Deutschland. In den Ländern, in denen wir jetzt schon aktiv sind, werden wir an unseren bisherigen Vertriebspartnern festhalten und zusätzlich den weltweiten Grohe-Vertrieb nutzen, um weitere Märkte zu erschließen. Darüber hinaus haben wir innerhalb der Grohe AG eine gemeinsame Service-Organisation, die eine deutlich bessere Flächendeckung ermöglicht. Last not least gewinnen wir durch das in Ludwigsfelde errichtete Grohe-Technicum eine neue Qualität bei der Kundenschulung.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Schulungsmaßnahmen führen Sie an diesem Standort durch?

Vorstände unter sich: Dipl.-Phys. Karl P. Kiessling, Dipl.-Ing. Joachim Rennau und Dipl.-Kfm. Werner Klatt vor dem Haupteingang des neuen Ludwigsfelder Werkes.

Klatt: Schwerpunktmäßig Schulungen die Aqua betreffen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie stellten zuvor für Aqua eine gewisse Eigenstellung innerhalb der Grohe-Gruppe heraus. Ausgerechnet beim Kundendienst verweisen Sie auf die gemeinsame Service-Organisation. Dabei verlangen gerade die Aqua-Produkte, z.B. das Wassermanagementsystem 3000, nach speziellen Kenntnissen der Kundendienstmitarbeiter. Wie paßt das zusammen?

Kiessling: Ein guter gemeinsamer Kundendienst ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Gerade für unsere aufwendigen Produkte benötigen wir einen flächendeckenden Service.

Klatt: Natürlich sind die Mitarbeiter aus dem ehemaligen Grohe-Kundendienst eine Technologie gewöhnt, die weniger aufwendig ist als die der Aqua-Produkte. Ständig werden daher Weiterbildungsmaßnahmen für alle Konzern-Kundendiensttechniker durchgeführt, um auch und speziell in diesem Bereich hochqualifizierte Arbeit zu garantieren.

IKZ-HAUSTECHNIK: Gibt es organisatorische Veränderungen innerhalb der Aqua-Unternehmensstruktur?

Kiessling: Um Durchlaufzeiten bei Auftragsabwicklungen aber auch Produktentwicklungsprozesse zu verkürzen, haben wir uns intern neu organisiert. Wir haben die funktionale Organisationsform zum 1. Juli 1997 durch eine sogenannte prozeßorientierte Organisationsform ersetzt.

"Eine neue Aqua-Ära hat begonnen!"

Klatt: Der Umzug nach Ludwigsfelde war nicht ein einfacher Standortwechsel. Wir wollten damit auch eine neue Ausrichtung des Unternehmens zum Ausdruck bringen. Es klingt zwar etwas pathetisch, aber für Aqua beginnt eine neue Ära. Diese Entwicklung ist für Aqua auch mit der Aufnahme neuer Geschäfts- und Produktionsfelder verknüpft.

IKZ-HAUSTECHNIK: Meinen Sie damit die während der ISH vorgestellten Produkte der Wasserbehandlung und -aufbereitung?

Kiessling: Ja.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was ist diesbezüglich von Aqua in den nächsten Jahren zu erwarten?

Kiessling: Die klare Zielrichtung sind Wasserqualität, Hygiene und Komfort in der öffentlich-gewerblichen Gebäudetechnik. Die Legionellenbekämpfung wird dabei ein zentrales Thema darstellen. Wir glauben, daß dieses Problem in Deutschland bisher vernachlässigt wird.

IKZ-HAUSTECHNIK: Können Sie die Aqua-Ziele für die nächsten zehn Jahre definieren?

Kiessling: Eine Verdopplung der Umsätze am Standort Ludwigsfelde.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Strategie soll in gesättigten Märkten dieses Vorhaben ermöglichen?

Kiessling: Durch außergewöhnlich hohe Qualität, Kreativität und Innovation bei der Produktentwicklung und neue Geschäftsfelder. Allerdings ohne die bisherigen Geschäftsfelder zu vernachlässigen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie betonen "am Standort" Ludwigsfelde. An Produktionsverlagerungen wird demnach nicht gedacht?

"Wir stehen zum Standort Deutschland mit all seinen sozialen Verpflichtungen!"

Klatt: Wir stehen zum Standort Deutschland mit all seinen sozialen Verpflichtungen und haben mit den Investitionen in Ludwigsfelde eine klare Antwort zur Standortfrage gegeben.

 


Persönliches

Karl P. Kiessling wechselte vor knapp einem Jahr aus der Schwerarmaturenindustrie in den Vorstand der AQUA Butzke Werke AG.

Kiessling studierte an der Universität TH Karlsruhe Physik mit Abschluß zum Dipl.-Physiker. Anschließend war er 11 Jahre bei der KSB AG zuletzt als Verkaufsdirektor in Frankfurt am Main und von 1992 bis einschl. 1995 als Vertriebs- und Marketing-Geschäftsführer bei der VAG GmbH in Mannheim tätig. Nach einer kurzen "Stippvisite" bei Babcock-Sempell trat Kiessling im Dezember 1996 in den Vorstand der AQUA Butzke Werke AG ein, wo er für den Bereich Vertrieb und Marketing verantwortlich zeichnet.

In seiner knapp bemessenen Freizeit beschäftigt sich Kiessling am liebsten mit seinen Kindern in einer sportlichen Betätigung; Wandern, Radfahren und Schwimmen stehen dabei im Vordergrund, und im Winter ist Ski alpin angesagt.

 


Persönliches

Dipl.-Kaufmann Werner Klatt wurde 1937 in Berlin geboren und studierte Betriebswirtschaft in Berlin und München.

Nach einigen beruflichen Stationen im Verkaufsbereich von Maschinen und Anlagen, u.a. auch in Nordamerika, trat er 1969 in die Fa. DAL-Georg Rost & Söhne, Porta Westfalica, ein, wo er zuletzt die Position eines stellvertretenden Geschäftsführers innehatte. Im August 1989 wechselte er innerhalb der DAL-Rost-Gruppe in den Vorstand der AQUA Butzke-Werke AG, in dem er heute für den kaufmännischen Bereich zuständig ist.

Wenn der Beruf ihm Zeit läßt, versucht Klatt, beim Tennis und Joggen Ausgleich zu finden.


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