IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 10/1997, Seite 164 ff.


UNTERNEHMENSFÜHRUNG


Die Kundenorientierung verbessern

Jeder Mitarbeiter ist Verkäufer

Dipl.-Kfm. Manfred R.A. Rüdenauer*   Teil 1

Wer nicht lächeln kann, sagt ein chinesisches Sprichwort, braucht seinen Laden gar nicht erst aufzumachen. Der Kunde möchte willkommen sein, freundlich empfangen und wie ein Gast behandelt werden. Dann fühlt er sich wohl, bedankt sich mit Aufträgen und kommt gerne wieder. Mit diesem Teil beginnen wir eine Serie aus in sich abgeschlossenen Teilen, die sich alle im weitesten Sinne mit den Bedürfnissen der Kunden auseinandersetzt.

Kundenorientierung ist in kürzester Zeit fast zu einem Modewort geworden. Mitarbeiter sollen kundenorientiert denken und handeln, Betriebe sollen kundenorientiert organisiert und Verfahrensabläufe sollen kundenorientiert gestaltet werden. Der Kunde wird plötzlich als wichtige Person entdeckt. Bedenkt man, daß seit Jahrtausenden jeder, der Geschäfte machen wollte, auf die Zustimmung und Kooperation von Partnern, seinen Kunden, angewiesen war, sind solche Forderungen eigentlich banal.

Daß aber Kundenorientierung gerade heute, in einer Epoche härter werdenden Wettbewerbs als Erfolgsrezept propagiert wird, läßt vermuten, wie wenig Gedanken sich viele Anbieter von Produkten und Dienstleistungen in den wirtschaftlich bequemen und ertragreichen Nachkriegsjahren um ihre Kunden und deren Bedürfnissen gemacht haben. In nicht wenigen Fällen schienen Kunden lediglich als notwendiges Übel bei Geldmachen in Kauf genommen zu werden. Jetzt, wo sich der Wind auf den meisten Märkten gedreht hat und den meisten Anbietern steif ins Gesicht bläst, gilt es umzudenken und den Kunden endlich als den Partner wiederzuentdecken, der er eigentlich schon immer war. Und das möglichst schnell, bevor die Kunden sich bei der Konkurrenz "besser bedient" fühlen.

Wie wichtig ist der Kunde wirklich?

Unwichtig war der Kunde natürlich nie, weil er den Umsatz gebracht hat. Aber entweder wurde er von den Anbietern als Objekt betrachtet, das durch Werbe- und Akquisitionsmaßnahmen so "bearbeitet" werden mußte, daß es seinen nach Anbieterüberzeugung sowieso vorhandenen Bedarf erkannte und sein Geld gegen die bereitgestellten Produkte und Dienstleistungen eintauschte. Vertrieb nannte man das - ein gewalttätiges Wort, das die dahinterstehende Philosophie des Aufdrängens treffend kennzeichnet.

Oder der Kunde wurde einfach als Zufallsgröße angesehen, mit dessen Nachfrage in einem bestimmten Umfang gerechnet werden konnte, dem man aber die Initiative überließ. Der Anbieter hielt sich lediglich bereit, Kunden zu bedienen, ohne aber selbst aktiv zu werden. Das war die vornehm zurückhaltende Kaufmannsart, die in Verkäufermärkten oder bei eingeschränktem Wettbewerb praktikabel sein mag, im Zeitalter eines generellen Überangebots von Waren und Dienstleistungen und des sich daraus ergebenden harten Wettbewerbs um die Kunden aber wohl nur noch in Ausnahmefällen zu geschäftlichem Erfolg führt.

Spätestens wenn die Umsatzentwicklung nicht mehr mit dem Anstieg der Kosten Schritt hält, wird es Zeit, neue Wege der Absatzbelebung zu finden. Einer dieser Wege ist die Wiederentdeckung der uralten Weisheit, daß Kunden Produkte oder Dienstleistungen nicht um ihrer selbst willen kaufen, sondern ausschließlich darum, bestimmte Bedürfnisse damit zu befriedigen. Kunden kaufen Nutzen, sonst nichts. Indem sich ein Betrieb (besser als bisher) mit seinen Leistungen auf die Bedürfnisse seiner Kunden einstellt, ihnen hilft, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, also Nutzen zu erlangen oder Nutzen zu vermehren, macht er sich für diese zu einem attraktiven Partner.

Eine erste Analyse

Wie steht es in Ihrem Betrieb mit der Kundenorientierung? Einen ersten Überblick darüber, wie stark die Kundenorientierung in Ihrem Betrieb und bei Ihren Mitarbeitern ausgeprägt ist, erhalten Sie mit Hilfe der Checkliste "Kundenorientierung - Erste Analyse"1.

Kundenorientierung - Erste Analyse

1. Was wissen Sie von Ihrem Kunden

1.1 Welche unserer Leistungen sind unseren Kunden wichtig?

1.2 Worin besteht der besondere Nutzen unserer Leistungen für unsere Kunden gegenüber den Leistungen des Wettbewerbs?

1.3 Was bindet unsere Kunden gerade an uns?

1.4 Welche Stärken haben wir hinsichtlich unserer Kundenorientierung?

1.5 Welche Schwächen haben wir hinsichtlich unserer Kundenorientierung?

2. Kundenorientierung von Führung und Organisation

2.1 Findet jeder Kunde sofort einen Ansprechpartner, der ihm bei der Lösung seiner Probleme hilft?

2.2 Was wird getan, damit die Mitarbeiter Kundenbedürfnisse erkennen können?

2.3 Wie werden die Anforderungen und Kritiken des Kunden innerhalb des Betriebes an die jeweils fachlich zuständigen Mitarbeiter vermittelt?

2.4 Wissen alle Mitarbeiter, wie sich ihre Aufgaben und ihr Verhalten auf den Kunden und seinen Nutzen auswirken?

2.5 Erhalten die Mitarbeiter klare Vorgaben für kundenorientiertes Verhalten?

2.6 Wie wird kundenorientiertes und die Kundenbindung festigendes Verhalten der Mitarbeiter durch die Führungskräfte gefördert?

2.7 Erlauben Personal- und Sachmittelausstattung des Betriebes, Kundenbedürfnisse effektiv und effizient zu erfüllen?

2.8 Wie werden die Mitarbeiter über die jeweilige Markt- und Wettbewerbssituation informiert?

3. Kundenorientierung des Mitarbeiterverhaltens

3.1 Wie wird gewährleistet, daß sich alle Mitarbeiter bei ihrer Arbeit kunden(-nutzen-)orientiert verhalten?

3.2 Wie erfahren die Mitarbeiter, wie ihr Verhalten beim Kunden "ankommt"?

3.3 Was wird getan, um ein kundenorientiertes Bewußtsein der Mitarbeiter zu erzeugen?

3.4 Wie werden die Kunden bei der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen beteiligt?

3.5 Welchen Stellenwert haben Kundenprobleme im Arbeitsalltag der Führungskräfte und Mitarbeiter?

3.6 Wie wird mit Reklamationen umgegangen?

3.7 Was haben die Mitarbeiter davon, wenn sie sich kundenorientiert verhalten?

3.8 Was wird getan, um die Zusammenarbeit der Mitarbeiter und Abteilungen kundenorientiert zu gestalten?

Beim Versuch, die Fragen zu beantworten, werden Sie vielleicht Informationen vermissen, die Sie haben sollten, aber nicht haben. Sie werden möglicherweise feststellen, daß Sie gar nicht wissen, wie (wenig) kundenorientiert Ihre Mitarbeiter arbeiten, wie kundenorientiert Ihr Betrieb organisiert ist und wie (un)zufrieden Ihre Kunden mit den Leistungen Ihres Betriebes sind. Die Frage, wie ausgeprägt die Kundenorientierung in Ihrem Betrieb ist, steht in untrennbarer Beziehung zu der Frage, auf welchem Wege und anhand welcher Kriterien Sie aussagekräftige Informationen darüber erhalten können.

Was ist Kundenorientierung?

Die Idee der Kundenorientierung kann Betrieben und ihren Mitarbeitern sicherlich neue Impulse geben und sie dazu bewegen, das Leistungsangebot für ihre Kunden attraktiver zu machen. Bevor dazu konkrete Anregungen und Hilfen gegeben werden können, muß jedoch geklärt werden, was unter Kundenorientierung zu verstehen ist. Denn Begriffe, die in Mode kommen, laufen stets Gefahr, zu reinen Worthülsen zu verkommen, die lediglich noch Signalwirkung, aber keinen Informationsgehalt mehr haben.

Der Begriff Kundenorientierung steht einerseits für eine besondere Betrachtungsweise sämtlicher betrieblichen Aktivitäten, nämlich mit den Augen des Kunden. Wir können uns in die Kundenperspektive bringen, indem wir bezüglich sämtlicher betrieblichen Funktionen und Leistungen drei Schlüsselfragen beantworten:

1. Was erwartet der Kunde von uns?

2. Was hat der Kunde von dem, was wir (für ihn) tun?

3. Wie können wir unserem Kunden noch nützlicher werden?

Die Suche nach Antworten auf die beiden ersten Fragen bewirkt bereits kundenorientiertes Denken. Sie schafft zugleich auch Voraussetzungen für Antworten auf die dritte Frage, die kundenorientiertes Verhalten anregen soll. In diesem Sinne bedeutet Kundenorientierung zunächst, einen geistigen Perspektivenwechsel zu vollziehen und den Betrieb sowie das Betriebsgeschehen und die betrieblichen Leistungen aus der Sicht des Kunden und durch die "Brille" seiner Bedürfnisse zu betrachten. Sodann sollen aus dieser veränderten Wahrnehmung entsprechend veränderte Einstellungen gegenüber dem Kunden und seinen Wünschen sowie schließlich kundendienliche Verhaltensweisen folgen (Bild 1).

Bild 1: Perspektivenwechsel ist erforderlich.

So verstandene Kundenorientierung führt zum Beispiel in der Fertigung zu einfach zu bedienenden und leicht zu wartenden Produkten mit verständlichen Bedienungsanleitungen. Im Dienstleistungsbetrieb wäre denkbar, daß Arbeiten pünktlich und exakt nach den Vorgaben des Kunden ausgeführt werden oder daß Käufer im Geschäft entgegenkommend, freundlich und kompetent beraten werden. Eigentlich sollte das alles selbstverständlich sein. Aber nicht erst seit die Herren Tominanga und Ogger [1; 2] dieses Thema öffentlichkeitswirksam vermarktet haben, wissen wir aus eigenem Erleben, daß Kunden fast täglich andere Erfahrungen machen. Zwei Beispiele (siehe separate Kästen) machen dies deutlich.

Ein Beispiel für nicht vorhandene Kundennähe

Einer österreichischen Kollegin passierte zum Beispiel kürzlich folgendes, als sie von einer Weltfirma eine Produktinformation einholen wollte. Von der zuständigen Vertretung erfuhr sie, daß diese dafür nicht zuständig sei, sondern ein anderer Vertreter. Als sie diesen anrief, hörte sie eine Stimme vom Tonband, die ihr mitteilte, daß die Telefonzentrale (am Vormittag) nicht besetzt sei. Ihr wurde vom Band eine weitere Telefonnummer genannt. Als sie diese anwählte, landete sie im elektronischen Nichts. Der Verdacht, daß es sich um eine falsche Nummer handelte, bestätigte sich nach einem Blick ins Telefonbuch. Der nächste Anruf löste dann eine weitere Bandansage aus: "Das Büro wurde geschlossen. Bitte wählen Sie ..." Die Anwahl dieser Nummer erbrachte wieder den Hinweis: "Dafür sind wir nicht zuständig. Ich verbinde Sie mit dem Kundendienst." Erst hinter dieser (6.!) Nummer kam ein Mitarbeiter zum Vorschein, der grundsätzlich etwas zum Problem der Kollegin sagen konnte, allerdings auch nicht zu helfen imstande war. Fazit: Sechs Anrufe, davon vier Ferngespräche, und ein Zeitaufwand von ca. 30 Minuten.

 

Ein Extrembeispiel für Kundenfeindlichkeit

Ein Kunde reklamierte bei einem Hersteller von Geräten für die Telekommunikation, daß sein Modem nicht die zugesicherte Übertragungsleistung erbringe und er deshalb eine erheblich höhere Telefonkostenrechnung habe. Drei Faxe an den Vertrieb und die Geschäftsleitung blieben unbeantwortet. Erst als der Kunde auch noch seinen Händler mobilisiert und ein geharnischtes viertes Fax sendet, bequemt sich ein Mitarbeiter zum Rückruf. Eine Entschuldigung für die säumige Antwort hält der allerdings offenbar nicht für notwendig. Als Antwort auf seine Klage hört der Kunde nur unpassende Rechtfertigungen in wachsender Lautstärke. Ihm wird von dem Mitarbeiter der Eindruck vermittelt, als sei er nur lästig und man sehe überhaupt nicht ein, weshalb man ihm behilflich sein solle. Auf sein Problem wird mit keiner Silbe eingegangen. In unfreundlichem, abweisenden Ton wurde ihm beschieden, er habe keinerlei Ansprüche auf Nachbesserung oder Umtausch. Im übrigen sei der Händler zuständig. Als der Kunde weiter insistiert, verstärkt der Mitarbeiter nur seine unsachliche Abwehr. Statt seine kostbare Zeit weiterhin mit diesem offensichtlich nicht auf den Dienst am Kunden eingestellten Mitarbeiter zu verschwenden, hat der Kunde das Gespräch abgebrochen und diese Firma kurzerhand aus seiner Lieferantenliste gestrichen. Wir haben ja Gott sei Dank Wettbewerb. Nur scheinen einige Anbieter das noch nicht begriffen zu haben.

Kein Kunde braucht sich heute noch so behandeln zu lassen. Selbst gegenüber (noch) Monopolbetrieben und staatlichen Einrichtungen ist es angebracht und infolge der langsam einsetzenden Bewußtseinsänderung der Mitarbeiter auch erfolgversprechend, kundenorientiertes Verhalten einzufordern. Langfristig werden sich sämtliche Betriebe und ihre Mitarbeiter umstellen müssen, wenn sie im Wettbewerb überleben möchten. Der Kunde wird in Zukunft noch eindeutiger König sein als heute (allerdings kein absoluter Herrscher, wovon später noch die Rede sein wird).

Kundenorientierung ist andererseits eine generelle Maxime für das gesamte Denken und Handeln der Mitarbeiter in einem Betrieb und ein unternehmenspolitisches Programm. Mit der allgemeinen Forderung, bei allen betrieblichen Entscheidungen und Aktivitäten an die Auswirkungen auf den Kunden und seinen Nutzen zu denken, soll sichergestellt werden, daß sämtliche Handlungen der Mitarbeiter eines Betriebes - nicht nur die unmittelbar verkaufsbezogenen - also von der Produktentwicklung über die Fertigung, die Akquisitionsmaßnahmen und die Lieferung bis hin zum Service und der Nachbetreuung des Kunden, strikt an dessen Bedürfnissen (und nicht vornehmlich an den Belangen des anbietenden Betriebes bzw. seiner Mitarbeiter) ausgerichtet werden.

Kundenbeziehungen sind für kundenorientierte Betriebe und deren Mitarbeiter keine administrativen, nach bürokratischen Kriterien abzuwickelnden Vorgänge, sondern sie sind Dienstleistungen für den Kunden und damit Teil des betrieblichen Leistungsangebots.

Das Verkaufen beginnt für kundenorientierte Betriebe nicht mehr erst, wenn der Verkäufer den Kunden aufsucht oder dieser den Laden des Verkäufers betritt, und es endet nicht mehr, nachdem der Kunde "Ja" gesagt hat und der Umsatz sichergestellt ist. Verkaufen umfaßt im kundenorientierten Betrieb alles, was seine Attraktivität für seine Kunden in irgendeiner Weise mittelbar oder unmittelbar beeinflussen kann! Kundenorientierte Betriebe sind vollständig auf eine Rolle als Dienstleister am Kunden eingestellt.

Kundenorientierung ist letztlich auch Marktorientierung. Während es bei der Marktorientierung aber vor allem um die Einstellung des eigenen Leistungsangebots auf die generelle Nachfragesituation geht (z.B. Berücksichtigung der Wettbewerbsangebote, alternativer Produkte und Dienstleistungen, absehbarer Innovationen), steht bei der Kundenorientierung der individuelle Kunde im Mittelpunkt der Überlegungen.

Kundennutzen ohne Mehraufwand steigern

Die neue Perspektive der Kundenbeziehungen lenkt den Blick auf eine ganze Reihe von Möglichkeiten, für den Kunden nützlicher zu werden, ohne dafür mehr Geld ausgeben zu müssen. Es muß in vielen Fällen einfach nur anders gedacht und anders gehandelt werden. Da sind in erster Linie die Führungskräfte gefragt, die den Weg weisen, die organisatorischen Voraussetzungen schaffen und das neue Denken bei ihren Mitarbeitern fordern und fördern müssen. Aber auch die Mitarbeiter müssen lernen, daß der Nutzen der hergestellten Produkte oder der angebotenen Dienstleistungen für den Kunden letztlich von jedem einzelnen von ihnen abhängt.

Der Wert des Produktes oder der Dienstleistung für den Kunden erhöht sich durch kundenorientiertes Denken und Handeln, ohne daß deshalb für den Anbieter die Kosten steigen. Erwähnt seien beispielsweise die systematische Rückführung von Informationen aus Kundenschulungen, Service oder Reklamationen in die Entwicklung, die Fertigung oder die Serviceorganisation. Die Chance, Kundenbedürfnisse unmittelbar an der Quelle zu erfahren und als Vorgaben in den betrieblichen Leistungsprozeß einfließen zu lassen, wurde - und wird noch - von vielen Betrieben vernachlässigt. Damit verzichten diese Betriebe auf eine wichtige Möglichkeit zur kundenorientierten Steuerung ihres Leistungsprozesses.

Andere kundenorientierte Verhaltensweisen sind zum Beispiel die Einhaltung von Zusagen oder Vereinbarungen bezüglich Terminen, Kosten und Leistungen, die Erleichterung der Zusammenarbeit, zum Beispiel durch kundengerechte Kommissionierung oder Anlieferung von Waren, Bereitstellung von Kundenparkplätzen, aber auch die gelebte Wertschätzung des Kunden, die im Verhalten der Mitarbeiter und in der Art und Weise zum Ausdruck kommt, wie sie die Anliegen des Kunden behandeln. Da kommt es oft auf Kleinigkeiten an, deren Wirkung insgesamt aber die Atmosphäre schafft, die der Kunde schätzt und ihn an den Lieferanten bindet.

Ihr Kunde sollte sich wohlfühlen

Können Sie sich vorstellen, daß ein Mensch sich wohlfühlt, wenn er sich gleichgültig bis herablassend behandelt fühlt? Wenn er den Eindruck hat, man halte ihn für unwichtig, lasse sich allenfalls herbei, ihm etwas zu verkaufen oder ihm einen Dienst zu erweisen? Glauben Sie, Ihnen gibt jemand freudig sein schwerverdientes Geld, wenn Sie ihn spüren lassen, daß Sie ihm nur notgedrungen eine Gegenleistung dafür bieten und auch nur, solange das Ihre Bequemlichkeit nicht stört? Vermutlich werden Sie sich für solche "Geschäftspartner" bedanken. Ausgebeutet werden Sie schon von den Politikern, da möchten Sie auf Lieferanten und Dienstleister, die Sie nur melken wollen, gern verzichten.

Der Kunde ist König. Wer das nicht kapiert, wird es künftig sehr schwer haben, wirtschaftlich zu überleben. Der Kunde ist aber kein absoluter Herrscher und normalerweise auch kein Tyrann. Die überwältigende Mehrheit Ihrer Kunden - also alle, die für Sie wirklich wichtig sind - erwartet nicht mehr, als die vernünftige Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse und ernsthaftes Eingehen auf ihre Wünsche. Allein das Empfinden des Kunden, er sei wichtig, er werde wertgeschätzt, man nehme seine Wünsche und Probleme ernst und tue alles, um ihn zufriedenzustellen, bewirkt bei ihm eine gewisse Sympathie für Sie, für Ihre Leistungen und für Ihren Betrieb.

Der moderne Kunde sollte als konstitutioneller Monarch betrachtet werden, mit dem eine Partnerschaft auf der Grundlage gegenseitiger Rechte und Pflichten möglich und anzustreben ist. Die Rolle des Leistungsanbieters ist dabei die eines Problemlösungshelfers. Sie sollten sich und Ihren Betrieb als Dienstleistungszentrum für Ihre Kunden begreifen; dem Kunden wird weder ein Produkt, noch eine Dienstleistung verkauft, sondern ihm wird auf möglichst umfassende Weise geholfen, seine Wünsche (besser) zu erfüllen, seine Aufgaben (besser) zu bewältigen und seine Probleme (besser) zu lösen.

Gemeinsame Verantwortlichkeit

Jeder Mitarbeiter eines Betriebes, ganz gleich in welcher betrieblichen Funktion er tätig ist, ist aus der Perspektive der Kundenorientierung gesehen Verkäufer. Denn er hilft an seinem Platz mit, die Kundenbedürfnisse zu erfüllen und trägt dadurch zur Attraktivität des Betriebes und seiner Leistungen für den Kunden bei. Kundenorientierung funktioniert nur, wenn jedem Mitarbeiter das bewußt ist und die Vorgesetzten dabei Vorbilder sind.

Eine stärkere Kundenorientierung kann deshalb nur gemeinsam erreicht werden, indem:

Wie Kundenorientierung erreichen?

Das Vorhaben, die Kundenorientierung eines Betriebes zu verbessern, erfordert intensive Kommunikation der Führungskräfte und Mitarbeiter. Als Zusatznutzen für den Betrieb können sich aus der gemeinsamen Arbeit ein gesteigertes Wir-Gefühl, verstärktes persönliches Engagement der Mitarbeiter für den Betrieb und reibungslosere Zusammenarbeit ergeben. Die erfolgreiche Verwirklichung des Vorhabens motiviert zugleich, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzumachen.

Auf der Grundlage der durch die vorstehende Checkliste - Erste Analyse angeregten Überlegungen wären für ein Projekt Kundenorientierung diese vier Aufgabenkomplexe zu bearbeiten (s. Kasten: "Projekt Kundenorientierung").

Projekt Kundenorientierung

1. Bestandsaufnahme

Was beeinflußt die Attraktivität unseres Betriebes und seiner Leistungen für den Kunden? Wo liegen unsere Stärken, wo haben wir Schwächen?

2. Handlungsmöglichkeiten

Was können die einzelnen Betriebsbereiche und Mitarbeiter zur Steigerung unserer Attraktivität für die Kunden tun? Wie kann die innerbetriebliche Zusammenarbeit kundenorientierter gestaltet werden?

3. Maßnahmen

Welche Vorgaben sollen künftig eine kundenorientierte Aufbau- und Ablauforganisation sowie kundenorientiertes Mitarbeiterverhalten gewährleisten?

4. Kontrolle

Wie soll die Einhaltung der Vorgaben überwacht und wie soll dafür gesorgt werden, daß sie im Hinblick auf ertragreiche Kundenbeziehungen ständig optimiert werden?

Die Aufgabenkomplexe sollten von den Mitarbeitern und ihren Vorgesetzten selbst bearbeitet werden. In kleineren Betrieben sollte der Chef sich mit allen seinen Mitarbeitern zusammensetzen und nach einer kurzen Einführung (Warum wir kundenorientierter werden müssen) die vier Aufgabenkomplexe gemeinsam mit ihnen bearbeiten.

In größeren Betrieben kann so vorgegangen werden: Als erstes wird - ebenfalls nach einer Einführung in die Aufgabenstellung - die Bestandsaufnahme von allen gemeinsam vorgenommen. Sie kann ggf. von den Mitarbeitern einzelner Abteilungen um spezifische Punkte ergänzt werden. Die Arbeitsergebnisse bilden die Grundlage für die Erarbeitung von Handlungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Kundenorientierung. Sie sollte zunächst in fachlich getrennten Gruppen erfolgen, anschließend fachübergreifend, um Lösungen für Schnittstellen zu finden. Von den erkannten Handlungsmöglichkeiten ausgehend werden anschließend von allen Mitarbeitern gemeinsam (oder wenigstens jeweils denjenigen, die bei der Verwirklichung einzelner Maßnahmen kooperieren müssen) die durchzuführenden Maßnahmen spezifiziert und geplant. Zuletzt legen alle gemeinsam die Modalitäten der Kontrolle fest.

Die Ergebnisse der Gespräche, also inwiefern müßten wir (noch) kundenorientierter werden (Bestandsaufnahme), was könnten wir insgesamt tun (Handlungsmöglichkeiten), was wollen wir tun (beschlossenen Maßnahmen) und wie wollen wir das überwachen und ggf. optimieren (Kontrolle), müssen zu Papier gebracht und für jeden Mitarbeiter zugänglich aufbewahrt werden. Die beschlossenen Maßnahmen sowie die Kontroll- und Optimierungsverfahren können zudem in Stellenbeschreibungen, Arbeits- und Verfahrensanweisungen aufgenommen werden und so Bestandteil des QM-Systems werden.

Um ein Maximum an Engagement der Mitarbeiter zu erreichen und ihre Erfahrungen sowie ihr Wissen optimal für die Erreichung der Arbeitsziele zu mobilisieren, müssen die Arbeitsgespräche moderiert werden. Das bedeutet, daß die Gesprächsleiter die Gruppen zu selbständiger Arbeit an der jeweiligen Thematik führen und darauf verzichten, ihnen lediglich die eigene Sicht der Dinge zu verkünden.

Die Moderationsmethode ist ein hervorragendes Instrument zur Führung effektiver, effizienter und zugleich die Teilnehmer motivierender Arbeitsgespräche - nicht nur bei der Verbesserung der Kundenorientierung. Deshalb erhalten Sie demnächst in der IKZ-HAUSTECHNIK eine praktische Anleitung dazu.


* Der Autor, Dipl.-Kfm. Manfred R.A. Rüdenauer, ist seit mehr als 20 Jahren Berater, Trainer und Coach auf den Gebieten Kommunikation, Führung, Verkauf und Personalentwicklung.


1 Im Rahmen unserer Beratungs- und Schulungstätigkeit verwenden wir natürlich wesentlich detailliertere Checklisten, um dem Potential an kundenorientierten Verbesserungen auf die Spur zu kommen.


L i t e r a t u r :

[1] Tominanga, M.: Die kundenfeindliche Gesellschaft. Econ-Verlag, Düsseldorf 1995.

[2] Ogger, G.: König Kunde - angeschmiert und abserviert. Droemer-Knaur, München 1996.


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