IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 10/1997, Seite 80 ff.


SANITÄR-/HEIZUNGSTECHNIK


Die Rohr-Einfriertechnik

Eine zeitsparende Reparatur- und Montagehilfe

Rudolf Rath

Was tun, wenn Reparatur- oder Änderungsarbeiten an einer Trinkwasser- oder Heizungsanlage vorzunehmen sind, aber eine Unterbrechung des Betriebs der Anlage oder das Entleeren der Rohre nur mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden oder sehr zeitaufwendig sind? Dabei ist vielleicht nur ein Heizkörper auszutauschen, eine Strangarmatur zu erneuern, ein Rohrabzweig herzustellen o.a. Für diese Fälle gibt es eine elegante Möglichkeit: Mittels punktuellen Einfrierens des Wassers in einer Leitung oder in mehreren Leitungen zugleich, auf die nachstehend eingegangen wird. Die Beschreibung dessen erfolgt produktspezifisch anhand zweier auf unterschiedlichen Verfahren beruhender Methoden.

1. Die Einfriermethode mit Kohlensäure

Hierbei kommen ein relativ einfaches Werkzeug und eine Kohlensäureflasche zum Einsatz. Mit der in Bild 1 gezeigten Einrichtung kann Wasser in Rohrleitungen aus Metall und aus Kunststoff eingefroren werden [1]. Der sich dabei im Rohr bildende Eispfropfen widersteht einem Druck bis 500 bar.


Bild 1: Rohreinfriergerät im Werkzeugkoffer, geeignet für Rohre von 10 bis 60 mm Außendurchmesser (1/8" bis 2"). Daneben ist ein Anwendungsbeispiel zu sehen. (Bild: REMS-Werke, Waiblingen)

1.1 Kohlensäure, Kohlensäureflasche

Auch wir verwenden hier die "ungenaue" Bezeichnung Kohlensäure, weil sie bei dieser Art der Einfriertechnik eingeführt ist. Genau genommen ist es aber Kohlendioxid (CO2), ein farbloses, nicht brennbares, in kleinen Konzentrationen ungiftiges Gas. Wie jeder wahrscheinlich weiß, wird es dem Bier beim Zapfen und vielen Mineralwässern beim Abfüllvorgang zudosiert.

Da seine Dichte etwa 1,5 mal so groß ist wie die von Luft, sammelt es sich in Vertiefungen, z.B. in allseitig begrenzten Schächten und in Räumen, deren Fußböden unter Erdgleiche liegen und verdrängt dabei die Luft. Dort besteht, bei unzureichender Belüftung, Erstickungsgefahr. Deshalb darf diese Einfriertechnik nur in gut belüfteter Umgebung angewandt werden.

Bei über 50 bar in Stahlflaschen abgefüllt, ist CO2 flüssig. Wird die flüssige Kohlensäure auf Atmosphärendruck entspannt, geht sie bei -79°C unmittelbar in den festen Zustand über - es entsteht eine weiße Masse, Kohlensäureschnee genannt.

Die Kohlensäure ist beim örtlichen Handel erhältlich. Ob die Entscheidung zugunsten einer Eigentums- oder einer Leihflasche fällt, hängt davon ab, wie oft bzw. in welchen Intervallen die Einfriertechnik zum Einsatz kommt. Aus wirtschaftlichen Gründen sollte man sich für eine möglichst große Flasche entscheiden. Eine 10-kg-Flasche reicht z.B. für ca. 130 Einfrierungen eines Stahlrohrs 1/4" und für 10 Einfrierungen eines Stahlrohres 1 1/2", je Einfriermanschette (Durchschnitt), ausgehend von einer Wassertemperatur im Rohr von 20°C. Eine Zwischenkontrolle des Flascheninhalts ist nur durch eine Gewichtskontrolle möglich.

Da die Kohlensäure den Einfriermanschetten in flüssiger Form zugeführt werden muß, dürfen nur Flaschen mit einem Steigrohr (Tauchrohr) eingesetzt werden.

1.2 Werkzeug

Der Werkzeugkoffer (Bild 1) enthält alles für das Einfrieren von Flüssigkeiten in Rohren erforderliche Zubehör:

- Die 10 Paar Einfriermanschetten passen für Rohre von 10 bis 60 mm Außendurchmesser (1/8" bis 2"). Sie sind elastisch und passen sich dadurch der Rohrwand in einem gewissen Toleranzbereich gut an. Aufgrund ihrer schmalen Form sind sie auch an engen Stellen einsetzbar. Die Spannschrauben fallen in Offenstellung nicht hinaus.

- Das Flaschenanschlußstück mit T-Verteiler enthält eine Drosselscheibe; ein Druckminderer ist nicht erforderlich.

- Die beiden Hochdruckschläuche sind flexibel, knickfest und bruchsicher. Ihre Länge von je 2,5 m erlaubt einen großen Arbeitsradius. Außerdem sind sie durch das Ankoppeln eines weiteren Schlauchs verlängerbar.

- Jedes der beiden Griffstücke hat eine Injektordüse. Sie injizieren das Kältemittel ohne Eingriffe des Bedieners bedarfsgerecht, sowohl während der Einfrierphase als auch danach zur Aufrechterhaltung des Eispfropfens während der Arbeiten.

- Soll nur mit einer Manschette gearbeitet werden, also nur ein Rohr eingefroren werden, ist mit der Verschlußmutter der freie Stutzen des T-Verteilers zu verschließen.

Als Zubehör sind erhältlich:

- T-Verteilstück zum Aufschrauben auf eines der Enden des Flaschenanschluß-T-Verteilers, wenn mit drei Einfriermanschetten gleichzeitig gearbeitet werden soll,

- Griffstück mit Injektordüse,

- Hochdruckschläuche,

- Doppelnippel als Schlauchkupplung.

1.3 Einfriervorgang

Da Wasser in Rohren nur dann einfrieren kann, wenn keine Strömung herrscht, ist unbedingt für stehendes Wasser zu sorgen, z.B. durch das Verhindern von Wasserentnahme, durch das Abstellen der Pumpe, das Schließen des Heizkörperventils o.a. Außerdem soll der Rohrinhalt vor dem Einfrieren auf Raumtemperatur abgekühlt sein.

Zur Vorbereitung des Einfriervorgangs sind bei senkrechtstehender Kohlensäureflasche an das Flaschenventil der T-Verteiler, daran die Hochdruckschläuche und daran die Griffstücke anzuschrauben. Sodann werden die zu den Rohren passenden Einfriermanschetten ausgewählt, den Rohren angelegt und mit den Klemmschrauben festgezogen. Jetzt sind die Griffstücke bis zum Anschlag in die Bohrungen der Manschetten einzuschieben.

Sobald das Flaschenventil geöffnet wird, strömt flüssige Kohlensäure zu den Griffstücken, entspannt sich in den Injektoren und bildet dadurch in den Einfriermanschetten Trockeneis mit einer Temperatur von -79°C. Diese Kälte wird auf das Wasser in den Rohren übertragen*, das von der Rohrwand zur Mitte hin einfriert. Nach einer gewissen Zeit bildet sich an den Manschetten und in deren unmittelbaren Nähe auch an den Rohraußenwänden Reif. Das ist das Zeichen, daß sich ein Eispfropfen gebildet hat und mit der Reparatur- oder Änderungsarbeit begonnen werden kann. Arbeiten mit offener Flamme dürfen erst in einem Abstand größer als 60 cm von den Einfrierstellen erfolgen. Während der gesamten Dauer der Arbeit muß der Einfriervorgang aufrechterhalten werden; die Kohlensäurezufuhr pendelt sich dabei selbständig bedarfsgerecht ein.

Die Einfrierzeiten sind sowohl vom Rohrdurchmesser als auch vom Rohrwerkstoff abhängig (z.B. Stahlrohr 1/4": 1 Minute, Stahlrohr 1 1/2": 16 Minuten). Die Betriebsanleitung gibt hierüber detailliert Auskunft.

Sobald die Arbeit abgeschlossen ist, ist das Flaschenventil zu schließen. Mit dem Abbau der Einfriervorrichtung ist noch solange zu warten, bis sich der Druck in den Schläuchen abgebaut hat und die Griffstücke und Manschetten abgetaut sind.

Frage: Wo bleibt die zu Trockeneis gewordene Kohlensäure? Antwort: Sie erwärmt sich am Rohr und geht - ohne daß dabei eine Schmelzflüssigkeit entsteht - unmittelbar vom festen in den gasförmigen Aggregatzustand über und sinkt zu Boden.

2. Die Einfriermethode mittels einer Kältemaschine

Das Bild 2 zeigt eine steckerfertige (220 Volt) Rohreinfriervorrichtung mit einem hermetisch geschlossenen Kältemittelkreislauf, Gewicht 27,5 kg. Damit lassen sich Kupferrohre von 10 bis 42 mm Außendurchmesser und Stahlrohre von 1/4" bis 1 1/4" einfrieren [2]. Da bei dieser Einfriermethode keine Kältemitteldämpfe anfallen, ist sie überall anwendbar, also auch in Schächten und in Räumen, die unter Erdgleiche liegen.

Bild 2: Rohreinfriermaschine, geeignet für Kupferrohre von 10 bis 42 mm Außendurchmesser und für Stahlrohre von 1/4" bis 1 1/4". (Bild: Rothenberger, Kelkheim)

2.1 Wirkungsweise der Kältemaschine

Die Arbeitsweise ist mit der eines Kühlschranks vergleichbar: Der Verdichter (Kompressor) saugt den Kältemitteldampf aus den beiden Kältezangen an und verdichtet ihn auf den Kondensatordruck, wobei es zu einem erheblichen Temperaturanstieg kommt. Im Kondensator (= Wärmeübertrager) gibt der Kältemitteldampf Wärme an die Umgebung ab und wird dadurch flüssig. Zur Unterstützung des Abkühlvorgangs und zur Kompressorkühlung schaltet sich, in Abhängigkeit von der Temperatur der Umgebungsluft, ein Ventilator zu. Das nun flüssige Kältemittel strömt durch die beiden Schläuche zu den Kühlzangen, passiert dort ein Drosselorgan und entspannt sich infolgedessen auf den Verdichter-Ansaugdruck. Dabei verdampft das Kältemittel, wobei es eine Temperatur von -30°C erreicht und der Umgebung, also dem Rohr und dadurch dem Wasser, Wärme entzieht. Die eigentliche Kälteerzeugung findet hier statt, und der Kreislauf beginnt von neuem.

2.2 Aufbau und Einsatz

Die beiden Kühlzangen sind mit der Kältemaschine mittels 2,5 m langer, diffusionsdichter Spezialschläuche unlösbar verbunden. Zum Transport der Einrichtung können die Schläuche aufgerollt und samt der Kühlzangen in der dafür vorgesehenen Gehäuseaussparung verstaut werden.

Da die Kälte von den Kühlzangen auf die Rohre einzig durch Leitung übertragen wird, ist für einen guten Kontakt zwischen beiden Teilen zu sorgen. Verunreinigungen und Farbe sind deshalb zu entfernen. Aus dem gleichen Grund sollen/können die Kühlzangen nur an Rohrstellen angesetzt werden, die gerade und nicht deformiert sind.

Der an dem halben Rohrumfang anliegende, allein Kälte übertragende Teil der Kühlzangen - gegenüberliegend greift die Spannvorrichtung an - paßt nur auf Kupferrohr DN 40 und Stahlrohr 1 1/4". Um Rohre kleineren Durchmessers einfrieren zu können, werden passende Reduziereinsätze benötigt, die als Zweier-Sets erhältlich sind. Dort befinden sich auch 20 Stück Spezial-Kontaktvliese. Denn erst je ein zwischen Kühlbacke/Reduziereinsatz/Rohr faltenlos eingelegtes Vlies-Blatt, vorher in Wasser getränkt, gewährleisten einen schnellen Kühleffekt.

Als Zubehör gibt es sog. Isoliermanschetten, die um die Kühlzangen gelegt und mittels Klettverschluß gesichert werden können. Damit wird verhindert, daß Zugluft (= Wärmezufuhr) den Einfriervorgang verzögert und während der Dauer des laufenden Kühlbetriebs unnötige Stromkosten entstehen. Mit dieser elektronisch geregelten Anlage ist es nämlich durchaus möglich, die Rohrabsperrung mittels Eispfropfen kontinuierlich über Stunden oder Tage aufrechtzuerhalten.

Zur Kontrolle der Rohrtemperatur ist ein digital anzeigendes Thermometer vorhanden. Das Anzeigeinstrument sitzt in dem Gehäuse des Geräts, der Thermofühler in der Spannbacke. Hieran kann auch abgelesen werden, ob die Kühlzangen nach beendeter Arbeit und abgeschalteter Kühleinrichtung soweit abgetaut sind, daß sie von den Rohren gelöst werden können.

2.3 Einfriervorgang

Natürlich kann auch bei diesem System das Wasser in den Rohren nur dann einfrieren, wenn keine Strömung herrscht. Und auch hier ist zu warten, bis das Wasser auf Raumtemperatur abgekühlt ist. In der Zwischenzeit können die Stellen, an denen die Eispfropfen gesetzt werden sollen, gereinigt, die Kühlzangen und die Reduziereinsätze mit dem vorgeschriebenen Kontakt-Vlies bestückt und den Rohren angelegt werden.

Der Eingriff in das Rohrsystem darf erst vorgenommen werden, wenn die in der Betriebsanleitung angegebene Einfrierzeit und -temperatur (abhängig von Rohrwerkstoff und -durchmesser) erreicht sind. Arbeiten mit offener Flamme können in einem angemessenen Abstand von den Einfrierstellen ohne weiteres durchgeführt werden.

Ist die Arbeit beendet, wird das Gerät abgeschaltet. Die Kühlzangen und die Schläuche müssen erst abtauen, bevor sie abgenommen werden können. Anschließend sind sie von dem Öl, das mit dem Kältemittel in die Leitung gelangt, zu befreien und zu reinigen.

3. Sicherheitshinweise

Jeder Einfriervorrichtung liegt eine Betriebsanleitung bei, die auch ausführliche Sicherheitshinweise enthält. Sie ist gewissenhaft zu beherzigen. Bei einer unsachgemäßen Handhabung bestehen Gefahren für den Benutzer der Einfriervorrichtung.


* Weil diesbezüglich der Begriff Kälteübertragung üblich ist, wird er auch hier benutzt. Richtig ist, daß auch bei der Einfriertechnik Wärme von einem Ort höherer Temperatur zu einem Ort tieferer Temperatur übertragen wird.


L i t e r a t u r :

[1] Betriebsanleitung zu dem Rohr-Einfriergerät Eskimo. REMS-Werke Maschinen- und Werkzeugfabrik, 71306 Waiblingen.

[2] Betriebsanleitung zu dem Rohr-Einfriergerät Rofrost Electronic. Rothenberger Werkzeuge, 65779 Kelkheim.


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]