IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/1997, Seite 92 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Gas-Infrarot-Strahlungsheizungen

Zeitgemäße Heizungssysteme

Dr.-Ing. Andreas Kämpf

Der Energiebedarf Deutschlands (alte und neue Bundesländer) im Sektor Industrie betrug im Jahr 1995 ca. 84,5 Mio. t SKE. Davon entfielen allein 11% (d.h. 9,52 Mio. t. SKE) auf den Bereich der Raumwärme, d.h. Beheizung von Produktions-, Lager- und Montagehallen. Zeitgemäße Heizungssysteme können diesen Bedarf in Zukunft deutlich reduzieren.

Moderne Hallenheizsysteme

Die Hauptforderung, die an moderne Heizsysteme heutzutage gestellt wird, ist die Schaffung optimaler Raumklimaverhältnisse bei geringst möglichem Energieeinsatz. Gerade in gewerblich genutzten Hallen, in denen Beschäftigte Tag für Tag eine gute Leistung erbringen sollen, ist das Schaffen von wärmephysiologisch optimalen Klimaverhältnissen eine zwingende Notwendigkeit. Die Arbeitsstättenrichtlinien (s.Tabelle) geben Raumtemperaturen in Abhängigkeit von der Tätigkeit vor.

Tabelle: Arbeitsstättenrichtlinie ASR 6 - Raumtemperaturen

Turn- und Freizeithallen

+ 20 °C

Ausstellungshallen

+ 15 °C

Verkaufsräume

+ 19 °C

Fertigungsräume sitzende Tätigkeit

+ 20 °C

Überwiegend sitzende Tätigkeit

+ 19 °C

überwiegend nicht sitzende Tätigkeit

+ 17 °C

leichte körperliche Arbeit

+ 17 °C

schwere körperliche Arbeit

+ 12 °C

In Industriehallen bzw. gewerblich genutzten Hallen wird hauptsächlich die Warmluftheizung, die Fußbodenheizung bzw. die Hoch- oder Niedertemperaturstrahlungsheizung eingesetzt. Die Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Heizsystem wird vor allem durch die Raumgeometrie, die Bauphysik oder die Nutzung der Halle festgelegt.

Aus energetischer Sicht ist die Gas-Infrarot-Strahlungsheizung für Großräume besonders interessant. Die Wärmeenergie wird bei diesen Systemen vor allem durch Strahlung auf den Menschen oder auf das Inventar übertragen, wo sie auf der Haut bzw. auf der Oberfläche absorbiert und in Wärme umgewandelt wird.

Thermische Behaglichkeit

Das wärmephysiologische Empfinden des Menschen wird durch die physikalischen Größen:

bestimmt, wobei die beiden letztgenannten Faktoren in modernen Industriehallen eher eine untergeordnete Rolle spielen. Entscheidend für die empfundene Raumtemperatur te ist die Kombination aus Lufttemperatur tL und Strahlungstemperatur bzw. der eingestrahlten Wärmemenge Is (W/m2). Nach Bedford kann die empfundene Temperatur durch folgenden Zusammenhang beschrieben werden:

te =tL + Is x 0.072 (°C)

Eine geforderte Raumtemperatur (empfundene Temperatur) kann somit aus unterschiedlichsten Kombinationen von Lufttemperatur und Strahlungsintensität resultieren. Anschaulich kann dies dargestellt werden, betrachtet man die Bedingungen an einem klaren Wintertag. Die Wärmeeinstrahlung der Sonne bewirkt auch bei Minusgraden ein Temperaturempfinden, das deutlich über der tatsächlichen Lufttemperatur liegt.

Die Strahlungsheizung arbeitet nach dem selben Prinzip. Werden in einer Industriehalle 19°C Raumtemperatur gefordert, so kann die Lufttemperatur 4 bis 5°C niedriger liegen. Die Strahlungsintensität, die den Aufenthaltsbereich beaufschlagt, kompensiert die niedrigere Lufttemperatur, so daß die empfundene Temperatur in der Halle 19°C Raumtemperatur entspricht.

Effizient heizen

Die reduzierte Lufttemperatur bewirkt eine erhebliche Energieeinsparung für den Betreiber. Darüber hinaus wird die Luft für die Beschäftigten angenehm und frischer empfunden. Da die elektromagnetischen Wellen erst im Aufenthaltsbereich in Wärme umgewandelt werden, ist die Lufttemperatur über der Hallenhöhe nahezu konstant. Warmluftpolster im Dachbereich werden somit vermieden. Die Wärme ist schon kurz nach dem Einschalten der Geräte verfügbar, so daß lange Aufheizphasen vor Arbeitsbeginn in der Halle entfallen. Durch die Strahlungsheizung wird ein sehr hohes Behaglichkeitsgefühl bei niedrigsten Energiekosten geschaffen.

Gasinfrarotstrahlungsheizung

Die zwei wichtigsten Systeme von Strahlungsheizungen für gewerbliche Hallen, Kirchen und Sportstätten werden nachfolgend beschrieben.

Hellstrahler

Ein Funktionsschema eines modernen Hellstrahlers zeigt Bild 1. Hellstrahler werden durch einen vollvormischenden Gasinjektorbrenner direkt beheizt. Das Gas/Luft-Gemisch verbrennt an der Oberfläche einer Keramikplatte. Die Oberflächentemperatur beträgt etwa 900°C. Das Strahlungsgitter führt zu einer Erhöhung des Wirkungsgrades. Der Reflektor ermöglicht eine gezielte Wärmestrahlung in den unteren Halbraum. Neuartige Hellstrahler, sogenannte Kombistrahler, verfügen über einen geschlossenen wärmegedämmten Reflektor. Der Reflektor heizt sich dadurch auf eine Temperatur von ca. 300°C auf und emittiert langwellige Strahlung in den Aufenthaltsbereich der Halle. Das Abgaspolster innerhalb des Reflektors emittiert zusätzlich Gasstrahlung in den unteren Halbraum. Die Brennkammer des Strahlers liegt innerhalb der Reflektorhaube, so daß eine hohe Brennstoff-Luft-Vorwärmung erzielt wird.

Bild 1: Prinzipskizze eines Hellstrahlers.

Durch den Einsatz von verschiedenen Reflektoreinsätzen kann anwendungsbezogen der optimale Betrieb gewährleistet werden. Die Strahlung kann breit, konzentriert oder asymmetrisch in den zu beheizenden Raum gelenkt werden (Bild 2). Der Einsatz von asymmetrischen Reflektoren vermeidet bei Schräginstallation von Strahlern, daß Strahlungsenergie in den oberen Hallenbereich emittiert.







Bild 2: Strahlungsverteilung abhängig vom Reflektoreinsatz.

Die Abgase von Hellstrahlern dürfen aufgrund der fast schadstofffreien Verbrennung indirekt über die Raumluft abgeführt werden. In diesem Fall werden Dach- oder Wandventilatoren installiert, die für die notwendige Frischluftzuführung sorgen (s. DVGW-Arbeitsblatt G 638/I). Der Anlagewirkungsgrad von Hellstrahlern wird mit 95% angesetzt und ist damit von anderen gasbetriebenen Geräten kaum zu überbieten.

Bild 3: Hellstrahler in Kirchen.

Die vielfältigen Einsatzbereiche von Hellstrahlern zeigen die Bilder 3 bis 4. Mit Hellstrahlern steht nicht nur für gewerblich genutzte Hallen ein ausgezeichnetes Heizsystem zur Verfügung, sondern auch für die Beheizung von Kirchen, Arbeitsplätzen, Tribünen, Biergärten und Sportstätten etc..

Bild 4: Hellstrahler für die Tribünenbeheizung - Stadion Arena Amsterdam.

Dunkelstrahler

Bei den direkt befeuerten Dunkelstrahlern dient ein U-förmig ausgebildetes Rohr als Strahlfläche. Der Brenner ist an einem Rohrende in einem Gehäuse montiert. Hier sind auch die Regel-, Steuer- und Überwachungseinrichtungen für den Betrieb untergebracht. Der Strahlbrenner erzeugt eine "weiche" Flamme, die relativ weit in das Rohr hineinreicht. Das Sauggebläse erzeugt einen Unterdruck, der die Verbrennungsprodukte durch das Strahlrohr transportiert. Anschließend müssen die Abgase durch entsprechende Abgasleitungen direkt aus der Halle geführt werden.

Bild 5: Dunkelstrahler mit Parabolreflektor.

Das Vor- und Rücklaufrohr der Dunkelstrahler ist bei herkömmlichen Geräten waagerecht nebeneinander angeordnet. Da somit einem "heißen" Rohrsegment stets ein "kaltes" Rohrsegment im Rücklauf gegenüberliegt, ist die Strahlungsverteilung quer zur Strahlerachse asymmetrisch. (Die Strahlungswärmeübertragung wird durch die vierte Potenz der absoluten Temperatur bestimmt.) Diese ungleichmäßige Strahlungsverteilung gestaltet eine optimale Projektierung mit Dunkelstrahlern schwierig.



Bild 6: Neue Doppeldüse für den Hellstrahler.
 
 
 
 
 
 
 
100% Leistung
 
 
 
 
 
 
 

 

50% Leistung

Ein Dunkelstrahler, der die oben genannten Nachteile ausschließt, zeigt Bild 5. Die U-förmigen Strahlrohre liegen nicht waagerecht nebeneinander, sondern übereinander in einem Reflektorgehäuse. Der Reflektor wurde so ausgelegt, daß die Strahlung gleichmäßig in den unteren Halbraum emittiert wird. Im Brennpunkt des Reflektors sitzt das untere heiße Strahlungsrohr, das durch ein darüber angeordnetes Winkelprofil eine zusätzliche Erwärmung des oberen Strahlungsrohres vermeidet. Die übereinanderliegenden Rohre garantieren in Verbindung mit dem optimierten Reflektor eine gleichmäßige, symmetrische Einstrahlung in den Aufenthaltsbereich der Halle. Der Reflektor des modernen Dunkelstrahlers ist wärmegedämmt ausgeführt, wodurch der Strahlungswirkungsgrad des Dunkelstrahlers zusätzlich gesteigert wird.

Das System Dunkelstrahler hat in den letzten 10 Jahren an Bedeutung gewonnen. Bedingt durch die direkte Abgasabführung über Abgasanlagen und eine maximal zulässige Oberflächentemperatur von 500°C können diese Gasinfrarotstrahlungssysteme auch in niedrigen Hallen mit geringem Raumvolumina eingesetzt werden.

Regelung

Die Anforderungen an die notwendige Regelungsanlage ergeben sich aus der Benutzercharakteristik, der Raumgröße, der Temperaturgenauigkeit sowie der Art der Beheizung (Teil- oder Vollraumbeheizung). Die Regelung von Gasinfrarotstrahlungsheizungen kann einstufig, zweistufig oder modulierend erfolgen. Für Anlagen, bei denen hohe Anforderungen an den Regelungskomfort gestellt werden, empfiehlt sich eine zweistufige Regelung. Diese Regelung deckt den Bereich 100% bis 50% der Wärmeleistung ab. Ist die Wärmeanforderung noch geringer, kann durch Gruppenabschaltung bestimmter Strahler die Leistung der Anlage weiter gesenkt werden. Jede der beschriebenen Regelungen arbeitet mit einem speziellen Fühler, der sowohl die Luft- als auch die Strahlungstemperatur erfaßt.

Zum Standard einer zeitgemäßen Heizung gehört ein Temperaturregelsystem, das beliebige Temperatursollwertvorgaben, ein flexibles Festlegen von Schaltzeiten der Heizungsanlage sowie die Anpassung der Leistung an beliebige Betriebsbedingungen, z.B. Nachtabsenkung, Einzelplatzbeheizung etc., ermöglicht. Mikroprozessorgesteuerte Regelungsanlagen erlauben die zentrale Steuerung und Überwachung komplexer Heizungsanlagen sowie die individuelle Anpassung an jede Heizungsaufgabe.

Innovative Gasdüse für Hellstrahler

Hellstrahler werden vorwiegend druckgeregelt in ein oder zwei Stufen betrieben. Um ein Gerät im Leistungsbereich von 100% auf 50% zu betreiben, ist ein Düsendruckbereich von 4:1 erforderlich. Üblicherweise werden Düsendrücke von 40 mbar bis 10 mbar bzw. 60 mbar bis 15 mbar verwendet. Die Luftansaugung muß so ausgelegt sein, daß das Gerät bei beiden Drücken eine hygienische Verbrennung aufweist. Damit ergibt sich bei 100%-Betrieb zwangsläufig ein erhöhter Luftüberschuß, verbunden mit einer Wirkungsgradverschlechterung und schlechtem Zündverhalten bei niedrigen Temperaturen.

In vielen gewerblichen Hallen ist heutzutage nur noch ein Gasversorgungsdruck von ca. 20 mbar verfügbar. In diesen Hallen ist kein zweistufiger Betrieb (100% bis 50%) der Strahler möglich, da der Druckbereich für eine hygienisch einwandfreie Verbrennung nicht ausreicht.

Um diese Nachteile auszuschalten hat das Unternehmen GoGaS eine neue Düse entwickelt, die nachfolgend erläutert wird.

Die Leistungsregulierung wird nicht wie bisher über eine Druckänderung sondern bei gleichem Druck über veränderbare Düsenquerschnitte vorgenommen. Eine herkömmliche Gasdüse wird durch eine Doppeldüse ersetzt. Der Einsatz von Doppeldüsen ist in der Technik bekannt. Entscheidend für den Einsatz bei Hellstrahlern ist, daß die eine der beiden Düsenbohrungen unter einem bestimmten Winkel zur Injektorachse angebracht ist. Das hat zur Folge, daß die Luftansaugung für beide Betriebsarten (100% bis 50%) gezielt beeinflußt werden kann.

Zum Zünden des Hellstrahlers sind beide Düsenquerschnitte frei und es strömt Gas bei einem bestimmten Druck aus (Bild 6). Die Strahlerleistung beträgt 100%. Durch Verschließen einer Düse fließt nur noch aus der Nebendüse Gas aus. Die Leistung beträgt jetzt nur noch 42% der Nennwärmebelastung bei gleichbleibendem Düsendruck. Durch entsprechende Anordnung der Düsenbohrungen kann die Luftzahl exakt angepaßt werden, so daß der Wirkungsgrad über dem gesamten Regelbereich konstant ist. Die neue Doppeldüse ermöglicht die Regelung des Strahlers von 100% auf 42% bei einem Düsendruck von 18 mbar.

Mit der neuen Doppeldüse ist die Luftansaugung durch Variation des Winkels der Düsenbohrung optimierbar.

Planung und Installation

Die Planung, d.h. die Ermittlung des Wärmebedarfes, die Strahlerauslegung sowie die Installation müssen vom Fachmann durchgeführt werden. Der Wärmebedarf einer Strahlungsheizung ist systembedingt immer niedriger als der Wärmebedarf einer Warmluftheizung oder eines konventionellen Heizungssystems. Die Anordnung der Strahler richtet sich nach den baulichen Gegebenheiten innerhalb des Raumes. Der Abstand zu Personen muß so gewählt werden, daß die Strahlungsintensität nicht unangenehm empfunden wird. Planung und Installation von Hell- und Dunkelstrahlern werden detailliert im DVGW-Arbeitsblatt G 638 Teil 1 und 2 beschrieben.


B i l d e r : GoGas Goch GmbH & Co., Dortmund


L i t e r a t u r :

[1] Nagorski, R.; Brüggemann, R.: Interne Aufzeichnungen

[2] DVGW-Merkblatt G 638 I: Heizstrahler-Anlagen, Installation und Betrieb


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