IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 5/1997, Seite 56 ff.


SANITÄRTECHNIK


Wasserdicht ist Pflicht

Planungskriterien druckwasserhaltiger Schwimmbecken - Abdichtungssysteme

Teil 1

Druckwasserhaltige Schwimmbecken-Abdeckungssysteme gewinnen als Alternative gegenüber konventioneller Bauweise, wie z.B. wasserundurchlässiger Stahlbeton gemäß DIN 1045 und Kunststoff- bzw. Metallbecken, im Bäderbau immer mehr an Bedeutung. Da diese lukrative Marktnische nicht zuletzt wegen des unvermindert anhaltenden Bäderbooms permanent neue Abdichtungssysteme auf den Markt bringt, steigt bedauerlicherweise auch die Schadenshäufigkeit unverhältnismäßig, wie seriöse Versicherungsstatistiken zweifelsfrei dokumentieren.

Attraktives Schwimmbad im Hotel Revita, Bad Lauterberg.

Andererseits existieren praxisbewährte Systeme, bei denen man nicht erst das "Kristallkugel-Orakel" befragen muß. Daß funktionierende Qualitätsabdichtungen mit positiven Langzeiterfahrungen auch in hygienischer Hinsicht ihren Preis haben, versteht sich von selbst. Ebenso die Tatsache, daß einfache Beckenanstriche oder Durchdringungen ohne Klemmflanschverbindungen, auch wenn dieses bisweilen behauptet wird, weder fachgerecht noch auf Dauer druckwasserhaltige Dichtfunktionen haben, so daß einem Billigprodukte daher in der Regel teuer zu stehen kommen.

Allgemein

Die erwähnte Schadensnegativtendenz resultiert nicht zuletzt daraus, daß Architekten, Planer, Bauleiter sowie ausführende Fachfirmen mit den gewerkeübergreifenden Komplexen und schadensträchtiger Thematik nicht selten hoffnungslos überfordert sind. Erschwerend kommt noch hinzu, daß einige Abdichtungssysteme weder der überarbeitungsbedürftigen Abdeckungs-Norm entsprechen noch DIN-konform sind. Außerdem würdigen einige Systemanbieter die baustellenbedingten Verarbeitungsunzulänglichkeiten nicht ausreichend oder erheben utopische Forderungen, deren bauseitig zu erfüllende Voraussetzungen jenseits von Gut und Böse sind.

Modernes Freizeitbad mit hervorragend gelungenen Wasser-Attraktionen. 

Spätestens beim gerichtlichen Beweissicherungsverfahren, wenn die Stunde der Wahrheit zuschlägt, kommt für alle Beteiligten die Erleuchtung oder - besser gesagt - das böse Erwachen. Sachverständige und Richter haben dann die undankbare Aufgabe zu klären, ob Verstöße gegen die anerkannten Regeln der Technik vorliegen. Bei dieser teilweise bis an die Leidensgrenze gehenden Prozedur haben es alle besonders schwer, die solche Werkstoffe und Verarbeitungsverfahren gewählt haben, für die es noch keine Normenkriterien gibt bzw. noch keine ausreichende Praxiserfahrungen im Schwimmbadsektor vorliegen.

Hotel-Freibad in rustikalem Ambiente.

Weiterer Negativaspekt ist die (Un)Möglichkeit der späteren Mängelbeseitigung, die in der Regel nicht nur kostenaufwendig, sondern auch äußerst schwierig ist. Im Gegensatz zu Stahlbetonbecken, bei denen sich Undichtigkeiten sogar bei gefüllten Schwimmbecken durch äußere Hochdruckinjektionen relativ problemlos beheben lassen, gestaltet sich die nachträglich fachgerechte Abdichtung bei druckwasserhaltigen Systemen erheblich schwieriger.

Schwimmbad-Sanierung aufgrund von Bauschäden bzw. -fehlern.

Wasser hat bekanntlich einen spitzen Kopf und findet daher immer einen Weg, der jedoch unterhalb des Keramikbelages und der Abdichtung undefinierbar wird. Von daher sind auch bei Wasserfeuchtigkeit direkt an der Beckenaustrittsstelle keine konkreten Rückschlüsse auf den zu lokalisierenden Undichtigkeitsbereich möglich. Dieses hat zur Folge, daß in den meisten Fällen eine Komplettsanierung notwendig wird mit einem Schadenskostenvolumen, das mit Sicherheit erheblich über dem des Ursprungs-Erstellungsangebotes liegt und folglich schon manchen Versicherungsrahmen gesprengt hat.

Schäden an druckwasserhaltigen Schwimmbecken-Abdichtungen.

Beckenkonstruktion

Bei Becken mit höheren Wassertemperaturen, wie z.B. in Bewegungs-, Thermal - und Therapiebädern, und bei stark aggressiven Heil- und Mineralwässern, wie Meer- und Solewasser o.ä. (siehe auch DIN 4030 "Beurteilung betonangreifender Wässer, Böden und Gase"), lassen sich wegen der zusätzlichen thermischen und chemischen Stahlbetonbelastung auch Beckenkonstruktionen mit zusätzlichen druckwasserhaltigen Abdichtungssystemen, z.B. nach DIN 18195, Teil 7 "Bauwerksabdichtungen gegen von innen drückendes Wasser, Bemessung und Ausführung", verwenden. Hierbei kann die äußere konstruktive Beckenschale entsprechend den örtlichen Gegebenheiten aus Stahlbeton DIN 1045 oder bei statischen Problemen auch aus Leichtbeton DIN 4219, Teil 1 sein, wobei jedoch wasserundurchlässiger Stahlbeton aus Sicherheitsgründen anzustreben ist. Um die innere druckwasserhaltige Beckenauskleidung gegen evtl. mechanische Beschädigungen zu schützen, gibt es folgende Möglichkeiten, die rechtzeitig mit dem Anbieter des Abdichtungssystems abzuklären sind:

a) hohlraumfreie 1/2-Stein Vormauerung DIN 4031 mit resistentem Mörtel

b) Beton DIN 1045 mit Zusatzstoffen und korrosionsbeständiger Bewehrung

c) Zementmörtelschicht, z.B. Torcretier- bzw. Spritzbeton o.ä.

d) Keramikauskleidung direkt auf der Abdichtung im Dünnbettverfahren DIN 18157, Teil 1 - 4 mit entsprechender Haftgrundierung

Die Ausführungsarten c) und d) sind besonders in Bereichen von lotrechten und schrägen Flächen nicht ganz unproblematisch und setzen spezielle Anwendungserfahrungen voraus. Grundsätzlich ist darauf zu achten, daß Abdichtungssysteme und Oberflächenbeläge in der Lage sind, auftretende Belastungen, wie z.B. temperaturbedingte Längenänderungen des Stahlbetons oder evtl. Schwind- bzw. Spannungsrisse schadlos aufzunehmen oder abzubauen.

Anforderungen

Die Wahl des zweckmäßigsten Abdichtungssystems ist außerdem abhängig von den zusätzlich zu erwartenden physikalischen, mechanischen, thermischen und chemischen Belastungen und ist letztlich auch eine Frage der Investitions- und Folgekosten auch durch andere Nebengewerke. Ihre Dichtigkeit und Dauerhaftigkeit hängt nicht nur von dem verwendeten Dichtungsmaterial ab, sondern gleichbedeutend von der fachgerechten Verarbeitung bzw. Ausführung, insbesondere in Randzonen- und Durchdringungsbereichen.

Praxisferne Schreibtischplanung einer Schwimmbad-Verrohrung.
1 Rinnensiebablauf,
2 Flex. Übergangs- und Anschlußstück,
3 Metallwanddurchführung mit Klebeflansch, Mauerkragen und Festflansch,
4 Isolierung,
5 Metallbodendurchführung mit eingeschw. Siebplatte und Dichtkragen,
6 GF-Bogen mit Übergangsnippel,
7 GF-T-Stück mit Red- u. Übergangsnippel,
8 GF-Rohr.
I Beton,
II 2. Mörtellage,
III 1. Mörtellage zum ausrichten und befestigen der Druckrohrleitungen,
IV verdichteter Untergrund.

Druckwasserhaltende Abdichtungs- und Nachfolgearbeiten sind daher besonders sorgfältig, gewissenhaft und handwerksgerecht ohne Sicherheitskompromisse auszuführen, denn nachträgliche Abdichtungen entsprechen vom Arbeits- und Kostenaufwand her - wie bereits erwähnt - in der Regel einer kompletten Beckensanierung.

Überlaufrinnen - Anschlußdetails
a Rinnenstein bzw. -ablauf,
b Keramische Auskleidung im Mörtelbett,
c Stahlbeton DIN 1045 wasserundurchlässig,
d Kappilarbrechender Sperrmörtel z.B. mit Epoxidharz auf Haftbrücke,
e Abflußrohr mit Steckmuffenanschluß und Montageaussparung,
f Abflußrohr mit erweiterter Ablauföffnung zur Aufnahme von Maßtoleranzen.

Um unvorhergesehene Überraschungen auszuschließen, ist es besonders für solche Abdichtungssysteme, für die es noch keine Norm gibt, sinnvoll, Referenzanlagen des Systemanbieters zu besichtigen und evtl. Nutzungseinschränkungen sowie bauseits zu erbringende Vorleistungen vor Auftragsvergabe gemeinsam mit allen betroffenen Gewerken zu klären. Hierzu gehören z.B.:

Falsch konzipierte Beckenköpfe für Therapiebecken.

 

Bei einer Forderung nach rißfreiem Untergrund ist größte Vorsicht geboten, da dieses bauphysikalisch in der Regel nicht möglich ist. Das gleiche gilt auch für extrem niedrige Restfeuchteforderungen hinsichtlich von Bauwerkstoffen, die sich direkt unter druckwasserhaltigen Abdichtungen befinden, d.h. im Auflageuntergrund. Außerdem sind druckwasserhaltige Abdichtungen grundsätzlich im gesamten Beckenbereich einschl. Beckenkopf herzustellen.

Bedauerlicherweise werden immer wieder in der Fachliteratur und in Firmenprospekten Abdichtungen lediglich im Beckenkopfbereich gezeigt. Dieses ist grundsätzlich falsch, da es fachtechnisch nicht möglich ist, das Eindringen von Wasser hinter der Abdichtung zu verhindern, da bekanntlich Wasser auch in wasserundurchlässigen Stahlbeton, DIN 1045, bis 5 cm eindringen darf. (Fortsetzung folgt)


L i t e r a t u r :

DIN 18 195 "Bauwerksabdichtungen" Saunus, C: "Planung von Schwimmbädern", Krammer-Verlag, Düsseldorf.


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