IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 2/1997, Seite 57


RECHT-ECK


Ist das Umkleiden als Arbeitszeit zu werten?

RA F.-W. Stohlmann

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage zu befassen,ob das Umkleiden als Arbeitszeit zu bewerten ist.

Während des Umkleidens für die Arbeit erbringt der Arbeitnehmerregelmäßig die von ihm geschuldete Arbeitsleistungnicht. Wenn z.B. ein Koch sich für die Aufnahme seiner Arbeitumkleidet, so beginnt er erst mit der Aufnahme der Arbeit undnicht schon während des Umkleidens seine geschuldete Arbeitsleistung.

Anders ist es z.B., wenn ein Model in der Garderobe ihre Tätigkeitaufnimmt, da das Umkleiden Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistungist. Aus diesem Grunde ist die Frage, ob und inwieweit die Zeitdes Umkleidens zur Arbeitszeit zu rechnen ist, wenn sie nichtunmittelbar zur geschuldeten Arbeitsleistung gehört, bislangin der Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortetworden. Es ergibt sich folgendes Bild:

  1. Umkleiden für Tätigkeit als Krankenschwester wirddann als Arbeitszeit anerkannt, wenn die Arbeit vom Krankenhausträgerso organisiert ist, daß das Umkleiden als arbeitsvertraglicheVerpflichtung anzusehen ist, die nur am Arbeitsplatz erfülltwerden kann. Die Kleidung darf in der Regel nicht mit nach Hausegenommen werden.
  2. Anlegen von Sicherheitskleidung. Bei der Verpflichtung, Sicherheitskleidungzu tragen, wird das Anlegen der Sicherheitskleidung als vergütungspflichtigeArbeitszeit gewertet.
  3. Umkleiden für Tätigkeit als Flugpersonal. Das Umkleidenwir nicht als vergütungspflichtige Arbeitszeit gewertet.So jedenfalls das Landesarbeitsgericht Berlin.
  4. Die Zeit für Umkleiden und Waschen vor und nach der Arbeitist regelmäßig keine Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes.

Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr zu dieser Frage eingehendStellung genommen. Ein Koch, der nach der Betriebsordnung verpflichtetwar, Berufskleidung (Kochhose, Kochjacke etc.) zu tragen, machteunter dem Gesichtspunkt Arbeitsentgelt geltend, die Umkleidezeitzähle zu seiner Arbeitszeit. Eine Betriebsvereinbarung, inder eine Verkürzung der Arbeitszeit für das Umziehenvorgesehen war, hatte der Arbeitgeber gekündigt und durchauch eine vom Betriebsrat unterzeichnete "Mitteilung zurJahresarbeitszeit" ersetzt. Diese Mitteilung enthielt imBezug auf das An- und Ablegen der Berufskleidung keinerlei Angaben.

Das Bundesarbeitsgericht kommt unter Hinweis auf die verschiedenenFallgestaltungen in der vorliegenden Rechtsprechung zu dem Ergebnis,daß sich die Frage, ob und inwieweit die Zeit des Umkleidensim Betrieb zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zu rechnenist, nicht generell beantworten lasse. Vielmehr komme es auf dieVerhältnisse im Einzelfall an. Dabei sind, wenn - wie imzu beurteilenden Fall - das Umkleiden nicht ausdrücklichInhalt der Arbeitsleistung ist, sondern nur der persönlichenVorbereitung dient, in erster Linie die organisatorischen Gegebenheitendes jeweiligen Betriebes und konkreten Anforderungen an den Arbeitgebermaßgebend, wie sie sich aus den betrieblichen Regelungenund Handhabungen tatsächlich ergeben.

In dem zu entscheidenden Fall ist das Bundesarbeitsgericht davonausgegangen, daß die Umkleidezeit nicht als vergütungspflichtigeArbeitszeit zu behandeln sei. Für den Kläger beginneseine Arbeitszeit am konkreten Arbeitsplatz, d.h. für ihnin der Gastronomieabteilung. Daran ändere nichts, daßdie Beklagte als Arbeitgeberin verbindlich festgelegt habe, derKläger habe aus hygienischen Gründen die Berufskleidungfür Köche zu tragen.

Anmerkung:

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Sie trägt den Gegebenheitendes zu entscheidenden Falls ausreichend Rechnung und gibt vordem Hintergrund der kontroversen Rechtsprechung mehr Sicherheitbei der Beurteilung der Frage, ob die Zeit des Umkleidens zurvergütungspflichtigen Arbeitszeit zählt.

Die Frage, ob das Umkleiden und Waschen zur Arbeitszeit zählt,ist in vielen Branchen bereits im Tarifvertrag geregelt.


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]