IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 23/1996, Seite 48 ff.


SANITÄRTECHNIK


Sanierung von Rohrleitungen

Möglichkeiten und Grenzen*

Otto Wollrab

In zunehmendem Maße werden Verfahren zur Sanierung korrosionsbetroffenerTrinkwasserinstallationen angeboten. Insbesondere unter Berücksichtigungder augenblicklichen wirtschaftlichen Lage sollen sie dabei eine ernstzunehmendeAlternative zu der gegebenenfalls wesentlich kostenaufwendigeren generellenErneuerung derartiger Installationen darstellen.

1. Allgemeines

Ihre Einsatzbereiche sind dabei bevorzugt Rohrleitungen, bei denen aufgrunddes Fortschreitens der Korrosion und der Häufigkeit der auftretendenSchäden die Kosten der anfallenden Reparaturen in keiner Relationmehr zum Wert des eigentlichen Objektes, geschweige denn zur Höheder Prämieneinnahmen stehen.

Sanieren leitet sich vom lateinischen sanare ab und steht gleichbedeutendfür heilen, gesund machen. Soll eine korrosionsbetroffene Installationalso saniert werden, sind die die Korrosion auslösenden, begünstigendenund unterhaltenden "Keime", d.h. die Korrosionsprodukte zu beseitigenund zwar restlos und aus jedem Leitungsteil. Nicht beseitigte Korrosionsproduktekönnen insbesondere bei Stahlrohrinstallationen den lokal verstärktenWerkstoffangriff wieder aktivieren bzw. gegebenenfalls an anderer Stelleneu induzieren, wenn sie durch das fließende Wasser verschleppt werdenund diesbezüglich keine Schutzmaßnahmen getroffen werden. Gleichzeitigwerden außer den Korrosionsprodukten auch die schützenden Deckschichtenauf den Rohrwänden beseitigt, so daß anschließend dieblanken Rohrwände vorliegen. Sie gilt es gegen erneuten, lokal verstärktenAngriff zu schützen.

Korrodiertes Kupferrohr einer Trinkwasserinstallation....

 

...und mit Zitronensäure einwandfrei gereinigt.

Sowohl bei der Reinigung als auch bei den anschließend zu treffendenSchutzmaßnahmen ist den unterschiedlichen Werkstoffen (Kupfer, Stahl),als auch den jeweiligen Betriebsbedingungen (kalt, warm) Rechnung zu tragen.

2. Reinigung

Die Reinigung der Installationen erfolgt zur Zeit alternativ entwederdurch ein Ausbeizen der Korrosionsprodukte mit einer dem Werkstoff entsprechendenSäure oder durch Strahlen mit einem in seiner Körnung auf denWerkstoff und/oder die Installation abgestimmten Abrasivmaterial. Dabeikönnen sich insbesondere bei Kupferinstallationen Probleme bei derEntsorgung der dabei anfallenden Abfälle ergeben. Im unmittelbarenZusammenhang mit der Reinigung kann es bei bereits fortgeschrittenen Korrosionenlokal zu Wanddurchbrüchen führen. Diese Stellen sind nach Beendigungder Reinigungsarbeiten mit geeigneten Mitteln zu orten und auszubessern.

Aufgrund erhöhter Gehalte an Kieselsäure und Kupfer-I-Verbindungenblieben Reste der Korrosionsprodukte zurück.

2.1 Reinigung mit Flüssigkeiten

Maßgebend für die Auswahl der jeweils angewandten Säureist deren Lösungsvermögen hinsichtlich der zu beseitigenden Korrosionsprodukte.Bei der Reinigung von Kupferrohrinstallationen werden in der Regel 10-15%igewässerige Lösungen von Zitronen- oder Ameisensäure angewandt.Bei Stahlrohrinstallationen gelangen korrosionsinhibierte 10%ige Phosphor-oder Salzsäurelösungen zur Anwendung. Die Säuren werden,gegebenenfalls in erwärmtem Zustand, im Kreislauf durch die Installationgepumpt, wobei eine sich einstellende pH-Wert Konstanz im sauren Bereichals Kriterium der beendeten Reinigung angesehen wird.

Korrodiertes Stahlrohr. Die Korrosionsprodukte sind außerordentlichschwer löslich und lassen sich selbst mit Salzsäure nur sehrzeitaufwendig entfernen.

2.1.1 Kupferrohrinstallationen

Sofern die Korrosionsprodukte und die Deckschicht nicht in zu starkemMaße mit Kieselsäureausscheidungen aus dem Wasser durchsetztsind und keine zu großen Mengen von Produkten von Passivreaktionen(Kupfer-I-chlorid, Kupfer-I-oxid) vorliegen, lassen sich Kupferrohrinstallationensehr gut mit Säure reinigen. Da durch die Reinigung gleichermaßenauch die elektrisch leitenden Kohlenstoff-, Kupferoxid- und organischenPolysaccharidfilme entfernt werden, ist bei einer sofortigen Wiederinbetriebnahmeohne längere Stillstandszeit eine abermalige Induzierung von Lochkorrosion(Typ I) weitgehend auszuschließen. Die gereinigte Installation wirdanschließend mit Wasser gespült und kann ohne zusätzlicheprophylaktische Maßnahmen wieder genutzt werden.

Die erneute Deckschichtbildung erfolgt unmittelbar nach der Wiederinbetriebnahme,wobei auch die gereinigten Lochfraßstellen in die Deckschichtbildungeinbezogen werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daßauch die Deckschichtbildung die Folge einer (flächigen) Korrosiondarstellt. Weist die in der Regel 1 bis 1,5 mm dicke Rohrwand im Bereichlokal verstärkter Korrosion bereits eine signifikante Schwächungauf, kann die noch vorhandene Restwand als Folge der Deckschichtbildunggegebenenfalls zusätzlich so weit geschwächt werden, daßes zu Rohrbrüchen führt, die sekundär ursächlich jedochnicht in Zusammenhang mit Lochkorrosion stehen. Es empfiehlt sich daher,nach Beendigung der Reinigungsarbeiten die Installation einer Druckprüfungzu unterziehen, um auf diese Weise die latenten Schwachstellen vorzeitigzu erkennen.

Gesandstrahltes Kupferrohr.

Wurden bei der Reinigung geschlossene, d.h. aktive Korrosionszellen(Lucey-Elemente) nicht beseitigt bzw. zerstört, sei es durch zu kurzeReinigungszeit, zu geringe Säureanwendung, kieselsäure-, kupfer-I-chlorid-oder kupfer-I-oxidhaltige Korrosionsprodukte u.ä., ist darüberhinaus durch Reaktivierung dieser Bereiche auch ein erneutes Auftretenvon Lochkorrosion in Betracht zu ziehen.

Zitronen- und Ameisensäure sind organische Säuren. Solltendaher im Verlauf der Reinigungsarbeiten Leckagen auftreten, ist eine nachhaltigeSchädigung von Mauerwerk und Beton durch die austretende Säurenicht zu befürchten. Aufgrund nicht auszuschließender Rohrbrücheim Zusammenhang mit der Deckschichtneubildung wird bei sofortiger Inbetriebnahmeder Installation nach Beendigung der Reinigung, ohne zusätzliche weitereMaßnahmen, in der Regel keine Gewähr für die geleisteteArbeit übernommen.

Kupferrohr im Strahlverfahren gereinigt. Die aufgerauhte Oberflächebegünstigt nicht nur die Deckschichtbildung, sondern bietet auch einerBeschichtung optimale Haftmöglichkeiten.
REM-Vergrößerung 1000:1.

2.1.2 Stahlrohrinstallationen

Sowohl bei Installationen für Trinkwasser als auch für erwärmtesTrinkwasser aus Stahlrohr sind die Korrosionsprodukte im Gegensatz zu Kupferrohrenaußerordentlich schwer mit Säure zu entfernen. Das gilt selbstbei Anwendung der stark dissoziierten Salzsäure und obwohl deren Eisensalzesehr leicht löslich sind. Das liegt daran, daß selbst die Deckschichtenin der Regel mit einer schwerlöslichen Magnetitschicht unterlagertsind. Bei den z.T. sehr voluminösen Korrosionsprodukten wechseln sichhäufig leicht lösliches Eisenoxidhydrat mit schwerlöslichenund säurebeständigen Schichten von Magnetit oder Wüstitab. Sie weisen vielfach eine kuppelförmige Strukturierung auf, haftendem Untergrund fest an und widersetzen sich Lösungsversuchen gegebenenfallsüber einen Zeitraum von mehreren Tagen. Das gilt insbesondere wenndie Korrosionsprodukte mit ausgeschiedener Kieselsäure durchsetztsind. Die Reinigung läßt sich durch Erhöhung der Temperaturund Zwangsumwälzung nur unwesentlich beschleunigen. Sofern die natürlicheZinkzehrung noch nicht beendet ist, d.h. sich noch eine restliche Zinkschichtauf der Rohrwand befindet, wird sie nach Beseitigung der aufliegenden Deckschicht,trotz Zinkinhibierung der Säure erfahrungsgemäß mit abgelöst,gleichermaßen wie daran anschließend auch die Stahlrohrwandangegriffen werden kann.

Einwandfrei beschichtetes Stahlrohr. Die Beschichtung weist eine ausreichendeDicke auf. Die unterschiedliche Wellung der unteren und der oberen Hälfteist fertigungsbedingt.

Nach beendeter Reinigung soll gespült, überschüssigeSäure neutralisiert, gespült, anschließend die Rohrwandoberflächepassiviert und wieder gespült werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen,daß aufgrund der extremen zeitlichen Verzögerung des Lösungsvorgangesgegebenenfalls bereits vor Beendigung der Reinigung eine pH-Wert-Konstanzvorgetäuscht werden kann, der Reinigungseffekt also unvollständigist. Darüber hinaus kann sich das zwischen den einzelnen Magnetitschichtenbefindende voluminöse Eisenoxidhydrat verstärkt mit Säureanreichern. Diese derart in die Korrosionsprodukte eingedrungene Säureläßt sich weder durch anschließendes Spülen oderNeutralisieren eliminieren, so daß bei Verwendung von Salzsäureund der daraus resultierenden Chloridanreicherung das Korrosionsrisikobei nicht entfernten Korrosionsprodukten sogar noch wesentlich gesteigertwird.

Insbesondere bei Verwendung von Salzsäure kann bei Rohrbrüchen,die im Verlaufe der Arbeiten auftreten, sowohl die Gebäudesubstanzals auch Einbauten und Inventar durch austretende Säure schwer undgegebenenfalls irreparabel geschädigt werden.

Trotz ungleichmäßiger Beschichtung des Kupferrohres istauch die obere Hälfte ausreichend geschützt.

Ungeachtet dessen wird auch bei einer einwandfreien Reinigung der Installationdurch Ausbeizen ein sog. "schwarzes" Rohr erhalten. Da in Hausinstallationendas Wasser überwiegend stagniert, wird daher nicht nur die Deckschichtneubildungdeutlich erschwert, sondern es besteht gleichermaßen auch die akuteGefahr einer erneuten Induzierung von lokal verstärkter Korrosion.Aufgrund gegebenenfalls anhaftender lokaler Anreicherungen, insbesondereKupfer, kann die Korrosion darüber hinaus deutlich begünstigtwerden. (Nach DIN 2440 darf der Zinküberzug u.a. bis zu 0,1 % Kupferenthalten. Dieses Kupfer kann sich im Verlaufe der natürlichen Zinkzehrung,aber auch beim Ablösen der Zinkschicht beim Ausbeizen mit Säureauf der Rohrwand anreichern. Insbesondere bei nicht normgerecht verzinktenRohren mit unterschiedlich dicken Zinkschichten besteht dabei die Gefahreiner Bildung unterschiedlicher Potentiale).

Trotz der Passivierung im Anschluß an das Ausbeizen sind alsoauf jeden Fall prophylaktische Maßnahmen zu treffen. Dabei sind einekontinuierliche Phosphat/Silikat-Impfdosierung oder eine Beschichtung derRohrwände (siehe Teil 3) in Erwägung zu ziehen. Im Falle einerImpfdosierung ist zu berücksichtigen, daß die Ausbildung einerwirksamen Schutzschicht auch hier ein überwiegend fließendesWasser erfordert. Eine derartige Maßnahme ist daher nur bei zirkulierendemWasser erfolgversprechend. Es ist ferner zu berücksichtigen, daßeine derartige hausintern betriebene Dosieranlage einer ständigenWartung bedarf.

Extrem unterschiedlich dicke Beschichtung eines Kupferrohres. IhreDicke beträgt in der oberen Hälfte stellenweise weniger als 0,1mm.

2.2 Strahlverfahren

Nach vorhergegangenem Trocknen der Installation und Demontage von Armatureno.ä. werden die Korrosionsprodukte einschließlich der Deckschichtenim Luftstrom gestrahlt. Dabei gelangen entweder Über- oder Unterdruckverfahrenzur Anwendung. Als Abrasivmaterial wird dabei in der Regel Korund verwendet:Körnung und Strömungsgeschwindigkeit der Luft werden dem jeweiligenWerkstoff, der Beschaffenheit der Korrosionsprodukte und den Querschnittender Rohre angepaßt.

Als Kriterium der beendeten Reinigung gilt eine sich einstellende Druckkonstanzdes Luftstromes.

Nicht beseitigte Korrosionsprodukte eines Kupferrohres führtenzum Abheben der Beschichtung.

2.2.1 Kupferrohrinstallationen

Sowohl die Korrosionsprodukte als auch die Deckschichten lassen sichin der Regel problemlos entfernen, wobei auch verstärkte Kieselsäureausscheidungenund vorliegendes Kupfer-I-chlorid bzw. Kupfer-I-oxid den Reinigungsprozeßnicht beeinträchtigen. Gleichzeitig werden auch Kohlenstoff-, Kupferoxid-und organische Polysaccharidfilme mit beseitigt, so daß, analog demAusbeizen mit Säure, bei einer Wiederinbetriebnahme ohne längereStillstandszeiten eine Neuinduzierung von Lochkorrosion weitgehend ausgeschlossenwerden kann.

Hinsichtlich eventuell auftretender Probleme und der Gewährleistunggilt weitgehend das unter Abschnitt 2.1.1. Gesagte.

Verbliebene Korrosionsprodukte einer Stahlrohrleitung wurden infolgeeiner zu geringen Schichtdicke nach der Wiederinbetriebnahme sofort reaktiviert.Die überdeckende Beschichtung platzte ab.

2.2.2 Stahlrohrinstallationen

Sowohl die Korrosionsprodukte als auch die Deckschichten lassen sichbei konsequenter Anwendung, im Gegensatz zum Ausbeizverfahren, besser entfernen.Sofern die natürliche Zinkzehrung bereits abgeschlossen ist, werdenauch lokale Kupferanreicherungen weitgehend mit beseitigt. Bei extrem hartenKorrosionsprodukten, beispielsweise bei lokal verstärktem Angriffauf der Rohrsohle als Folge längerer Stillstandszeiten bzw. zwischenzeitlicherEntleerung im Zeitraum zwischen der Erstbefüllung und der Inbetriebnahme,kann die Beseitigung der Korrosionsprodukte jedoch problematisch werden.Das gleiche gilt für Rohrenden in den Fittings, die sich im "totenBereich" des Luftstromes befinden oder bei nicht genutzten Gewindegängen,insbesondere bei Muffen. Hier empfiehlt sich eine Wiederholung des Reinigungsprozessesmit umgekehrter Strömungsrichtung.

Hinsichtlich eventuell auftretender Probleme gilt weitgehend das unterAbschnitt 2.1.2 Gesagte.

Verbliebene Korrosionsprodukte auf den Gewindegängen eines Tempergußfittingswurden nach dem Auftrennen durch die Luftfeuchte eines Büroraumesbereits reaktiviert.

3. Beschichtung

Zur Vermeidung lokal verstärkter Korrosion und zur Begünstigungder Deckschichtneubildung nach erfolgter Reinigung der Installationen werdenkontinuierliche Impfdosierung mit Phosphat-/Silikatlösungen propagiert.Da die Bildung einer Deckschicht u.a. von der Strömung des durchfließendenWassers abhängig ist, ist bei Stahlrohren eine derartige Maßnahmejedoch nur bei Installationen mit nur geringem Stillstand erfolgversprechend(siehe auch Abschnitt 2.1.2). Alternativ dazu stehen Kunststoffbeschichtungender Rohrinnenwände nach erfolgter Reinigung.

Bei Beschichtungsverfahren wird in der zuvor gereinigten und gegebenenfallsgetrockneten Installation reaktives flüssiges Epoxidharz eingebracht.Dies geschieht entweder mittels Druckluft oder Unterdruck, oder die Installationwird vollends mit Epoxidharz gefüllt.

Verbliebene Korrosionsprodukte auf einem Stahlrohrende wurden reaktiviert.Die Korrosion unterwanderte die Beschichtung. Es kam zu Abplatzungen. REM-Vergrößerungen20:1.

In den beiden erstgenannten Fällen sollen nach dem Aushärtender Masse die Rohrwände in relativ kurzer Zeit mit einer zusammenhängendenKunststoffschicht belegt sein. Im letztgenannten Fall besitzt die Masseoffensichtlich eine erheblich längere Topfzeit. Dabei beginnt derAushärtungsprozeß, mutmaßlich infolge Katalyse, zunächstan den metallischen Rohrwänden. Nach Erreichen einer ausreichendenDicke wird die überschüssige Masse dann abgelassen.

Wichtige Voraussetzung für eine einwandfreie, die Rohrwand festund dauernd anhaftende Beschichtung ist die restlose Beseitigung sämtlicherKorrosionsprodukte und der gesamten Deckschicht. Verbleibende Reste vermögenentweder das Haftvermögen entscheidend zu verringern und/oder insbesonderebei Stahlrohrinstallationen erneut lokal verstärkte Korrosion zu induzieren.Bei einer Reinigung der Installation im Ausbeizverfahren ist eine anschließende,gründliche Trocknung auf jeden Fall erforderlich. Verbleibende Feuchtigkeitunterbindet das Haftvermögen. Bei Stahlrohrinstallationen enthaltennicht beseitigte Korrosionsprodukte u.U. neben freier Feuchte aus dem Reinigungsprozeßauch noch schwer zu beseitigende Hydratfeuchte. Dies kann einen Beginnerneuter Korrosion unmittelbar nach der Beschichtung, d.h. gegebenenfallssogar vor der Wiederinbetriebnahme zur Folge haben.

Beschichtetes Kupferrohr einer Warmwasserinstallation. Aufgrund desmangelhaft aufgerauhten Untergrundes löste sich die Beschichtung nacheinem Jahr....

 

...und dendritenartig beginnende flächige Korrosion unter derabgelösten Beschichtung. REM-Vergrößerung 1000:1.

Eine einwandfreie, fest anhaftende Beschichtung setzt eine griffige,gut aufgerauhte Rohrwandoberfläche voraus. Dies kann gegebenenfallsbei einem Ausbeizen der Installationen nicht immer gewährleistet werden.Um einen umfassenden Schutz zu erreichen, sollte die Beschichtung weitgehendgleichmäßig, von ausreichender Dicke und weitgehend poren- undblasenfrei sein. In der Praxis zeigt sich, daß eine mehr oder wenigerstark gewellte Beschichtung offensichtlich nicht zu vermeiden ist. Beiwaagerechten Rohren ist dabei in der Regel deutlich zwischen oberer undunterer Hälfte zu unterscheiden. Eine Mindestschichtdicke von 0,3bis 0,5 mm sollte dabei aber auf jeden Fall eingehalten werden. Minimaldickenvon < 0,1 mm, die darüber hinaus noch mit Blasen durchsetzt sind,können keine Schutzwirkung bringen.

Sofern sie nicht entsprechend behandelt wurden, sind Kunststoffe durchlässig(permeabel) für Gase. Dabei ist als Gas, neben Sauerstoff, Kohlendioxid(und Stickstoff) auch Wasserdampf zu verstehen. Die Intensität derDurchlässigkeit ist u.a. abhängig von der Art und der Schichtdickedes Kunststoffes sowie von dem Konzentrationsgefälle der Gase undder Temperaturdifferenz zwischen dem Rohrinneren und der äußerenUmgebung. Insbesondere bei Installationen für erwärmtes Trinkwasserliegt aufgrund der erhöhten Temperaturen ein entsprechend höhererWasserdampfdruck vor, so daß es bei nicht ausreichendem Haftvermögendes Kunststoffes zu Wasserdampfkondensationen im Grenzbereich der wesentlichkälteren Rohrwand und der Beschichtung führen kann. Die Folgesind Ablöseeffekte der Beschichtung und des weiteren Korrosionen,die bei Kupfer flächiger Natur sind. Bei Stahl ist jedoch lokal verstärkteKorrosion nicht auszuschließen.

Bemerkenswert gleichmäßige Beschichtung eines Kupferrohresder Warmwasserinstallation. Die Beschichtung haftet auch nach fünfjährigerBetriebszeit der Rohrwandung fest an.

Auch bei Kaltwasserinstallationen kann es zu Ablöseeffekten führen,wenn die Beschichtung auf einer Restzinkschicht erfolgt. Zink ist deutlich"unedler" als Stahl oder Kupfer, reagiert also erheblich stärkermit Wasserdampf, Sauerstoff und Kohlendioxid als diese. Es wird daher sehrschnell mit einem Oxid-/Karbonatbelag überzogen und die Beschichtungverliert ihren Haftgrund.

Für die einwandfreie Ausführung der Beschichtungen wird seitensder damit betrauten Firmen in der Regel eine fünfjährige Gewährleistunggeboten.

Mangelhafte Beschichtung eines Stahlrohres durch zu niedrige Arbeitstemperaturen.Als Folge davon wurden insbesondere in der oberen Rohrhälfte z.T.zu geringe Schichtdicken erzielt.

4. Schlußfolgerung

Die Sanierung von Hausinstallationen durch Ausbeizen, Sandstrahlen und/oderBeschichten stellt kein Allheilmittel dar und ist auch nicht in jedem Fallund in jeder Form anwendbar. Sie kann aber, insbesondere dann wenn ausKostengründen, gleich welcher Art, eine Neuinstallation nicht zurDiskussion steht, als Alternative zur Neuinstallation stehen. Dabei istjedoch auf eine konsequente Einhaltung nachfolgender Voraussetzungen füreine einwandfreie Ausführung zu achten.

a) Die restlose Beseitigung der Korrosionsprodukte und der Deckschichtensowie bei Stahlrohrinstallationen eventuelle noch vorhandener Zinkreste.

Abdrücken der Installationen nach der Reinigung, um Leckstellenfestzustellen.

b) Das gilt insbesondere für Kupferrohrinstallationen, die nachder Reinigung ohne zusätzliche Beschichtungen wieder in Nutzung gehen.

c) Stahlrohrinstallationen sind bei Strahlverfahren in beiden Richtungenzu reinigen, um Korrosionsprodukte aus Bereichen der Fittings, die sichim "Strömungsschatten" befinden, zu entfernen.

d) Schaffung einer griffigen, gut aufgerauhten und trockenen Rohrwand,wenn zusätzlich zur Reinigung eine Kunststoffbeschichtung aufgebrachtwerden soll.

e) Die Kunststoffbeschichtung ist unter Berücksichtigung von Strömungsgeschwindigkeitender Luft und Arbeitstemperaturen weitgehend gleichmäßig undin ausreichender Dicke (mindestens 0,3 bis 0,5 mm) aufzubringen. Sie sollweitgehend frei von Blasen und Poren sein.

f) Es sollten nur Installationen saniert werden, bei denen eine derartigeMaßnahme erfolgversprechend und sinnvoll ist. So ist die gleichzeitigeSanierung einer Installation für erwärmtes Trinkwasser, wennlediglich die Trinkwasserinstallation für kaltes Wasser von Korrosionbetroffen ist, genau so widersinnig wie die Sanierung einer von Außenkorrosionzerstörten Installation.

g) Sowohl die Reinigungs- als auch die Beschichtungsarbeiten solltenüberwacht werden. Renommierte Sanierungsunternehmen bieten dazu alskostenlose Serviceleistung Überwachungen mit Videoaufzeichnungen durchEinsatz eines Endoskopes an. Bei größeren Objekten sollten darüberhinaus an kritischen, mit dem Endoskop nicht einsehbaren Stellen, auswechselbareProbestücke eingebaut, nach der Sanierung demontiert und untersuchtwerden. Die Probestücke sind der Installation von Beginn der Arbeitenzu entnehmen und mit Verschraubungen versehen wieder einzubauen.

h) Für Reinigung und Beschichtung von Kunststoff werden Gewährleistungenvon fünf Jahren gegeben. Insbesondere bei Installationen fürerwärmtes Trinkwasser sollte aufgrund der Gasdurchlässigkeitder Beschichtungen und nicht auszuschließender daraus resultierendernegativer Beeinträchtigungen vor Ablauf der Gewährleistung einezusätzliche Untersuchung vorgenommen werden.


* Vortrag zur Vds-Fachtagung "Verhütung vonLeitungswasserschäden", 4. Juni 1996 in Köln.


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