IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 16/1996, Seite 96 f.



Biegen müssen Sie noch selbstÖ

Dipl.-Ing. Willy Stahl

Heinz S. schaut sich in seiner Werkstatt um. Hier eine 2-Meter-Handschwenkbiegemaschine, dort eine Motor-Tafelschere. Bisher war er ja ganz erfolgreich mit diesen Maschinen. Aber der Klempner vom Nachbarort hat ihm im letzten halben Jahr drei Aufträge weggeschnappt.

Wie Heinz S. so durch seine Werkstatt läuft, schießen ihm einige Gedanken durch den Kopf. Liegt es wohl daran, daß sein Wettbewerber im letzten Jahr eine 6-Meter-Maschine gekauft hat? Eigentlich nicht. Bei den Abdeckungen auf Garagen kommt er jetzt zwar im Preis nicht mehr mit, aber bei den meisten anderen Teilen sieht es anders aus. Viele Bleche sind kürzere Paßstücke. Dann müssen bei den großen Blechen immer zwei Mann die Maschine bedienen. Und selbst mit zwei Mann kann es schwierig sein, wenn die Bleche eine starke Randwelligkeit haben. Gar nicht dran zu denken, wenn er auch noch einen neuen LKW kaufen müßte, um die Bleche zur Baustelle zu transportieren. Auch auf der Baustelle ist der Transport nicht ganz einfach, und wenn er dann noch ein kerzengerades 6-Meter-Blech an einen welligen Holzbalken anpassen müßte. . . Nein, das kann die Lösung nicht sein.

Eigentlich, denkt sich Heinz S., würde eine 3-Meter-Maschine reichen. Solche Bleche können seine Leute noch gut transportieren, in der Werkstatt kann sie ein Mann alleine biegen und die Maschine selbst braucht nicht viel Platz.

Bild 1: Biegen einer Kehlrinne auf der Turbobend-Schwenkbiegemaschine.

Und dann kommt ihm eine verrückte Idee in den Sinn. Weshalb gibt es eigentlich keine Maschine, die so funktioniert, wie in Klempnereien gearbeitet wird? Es ist doch immer wieder das gleiche. Er selbst oder sein Vorarbeiter fährt auf die Baustelle. Dort vermißt er die Trauf- und Ortgangbleche, die Kehlen, Rinnen und Mauerabdeckungen. Er zeichnet sich die Bleche auf, schreibt die Maße hinzu und vermißt mit der Meterstabschräge die Winkel. Diese Skizze gibt er dann in die Werkstatt.

Nun beginnt das eigentliche Problem, denkt sich Heinz S. Genau an dieser Stelle verliert sein Betrieb nämlich am meisten Zeit. Da er vorwiegend im Hausbau beschäftigt ist, hat er auch nicht die großen Mengen. Mal ein Blech, mal fünf Bleche, das ist die Regel. Ständig wechselt die Form. Mal vier Traufbleche, dann sechs Abdeckungen, drei Putzstreifen. Er hat einfach nicht die Stückzahlen. Und dann ständig die wechselnden Maße und Winkel.

Mit seinen Hand-Maschinen braucht er einfach zu viel Zeit für die Anrißlinien. Und wenn die Anrißlinien endlich auf dem Blech sind, braucht er dennoch seinen Gesellen und einen Helfer, um die Teile zu biegen, denn rechts und links muß einer die Anrißlinien anpeilen.

Aber deswegen eine CNC-Maschine kaufen? Am Geld würde es nicht scheitern. Allein der Gedanke, daß nur einer seiner Mitarbeiter die Maschine richtig bedienen könnte, erzeugt bei Heinz S. ein kribbeln in der Magengrube. Aber er kann es sich doch nicht erlauben, einen seiner Mitarbeiter ständig in der Werkstatt zu lassen. Und was passiert, wenn dieser Mitarbeiter einmal krank wird oder im Urlaub ist? Nein, nein eine CNC-Maschine ist nichts für ihn.

Es sei denn . . . Heinz S. setzt sich auf einen Hocker mitten in die Werkstatt. Es sei denn, die Maschine würde ganz anders arbeiten. Warum denkt eigentlich niemand darüber nach, wie die Klempner tatsächlich arbeiten? Wenn die Handskizze in die Werkstatt kommt, laufen doch ganz bestimmte Schritte ab. Erst überlegt er sich, aus welcher Bandbreite er das Profil herstellen kann. Manchmal muß er den Streifen auf Breite schneiden und errechnet sich dazu die Abwicklung. Manchmal kann er auch das restliche Material in einen Schenkel einfließen lassen. Dann rechnet sein Geselle die Meterstabschrägen in Biegewinkel um.

Die Profile, die er biegt, sind eigentlich immer wieder ähnlich. Sicher, die Winkel und Schenkelmaße ändern sich ständig, aber die grundsätzliche Form der Teile ähnelt sich doch sehr häufig.

Es müßte also eine Maschine geben, die alle Klempnerprofile schon kennt. Dort sollte man nur noch gewünschte Profile auswählen, die variablen Schenkelmaße und Meterstabschrägen eingeben, und die Maschine müßte dann ein Biegeprogramm daraus erstellen. Das würde auch bei seinen Leuten die Angst vor einer CNC-Maschine nehmen. Dann ist der Computer nämlich nicht mehr hinderlich, sondern verkürzt die Vorbereitung erheblich.

Bild 2: Variableneingabe in die Turbobend-Steuerung.

Damit auch einmal der Helfer alleine ein Blech biegen kann, müßte eine solche Maschine einen automatischen Hinteranschlag haben, der das Blech für jede Biegung positioniert. Dann würden auch alle Anrißarbeiten entfallen, und schon das alleine würde 30% Zeit einsparen. Das wäre ideal, dann könnte der Geselle auf der Baustelle weiterarbeiten. Doch woher weiß der Helfer, wie er das Teil biegen soll? überlegt Heinz S. Ganz einfach. Dann muß die Steuerung der Maschine dem Bediener bei jedem Schritt sagen, was er tun soll. Dann weiß er genau, wann er das Blech drehen oder wenden soll, wann er eine Wasserfalz biegen soll und ob er bei farbbeschichtetem Material das Blech mit der Farbe nach oben oder unten einlegen soll.

Und bevor mit dem Biegen begonnen werden kann, muß sich die Maschine automatisch auf die richtige Blechdicke einstellen. Damit hätte er sich auch die Reparatur im letzten Jahr sparen können, bei der an seiner Maschine eine Spindel gerissen ist, nur weil niemand jemals die Maschine auf die richtige Blechdicke eingestellt hat.

Wenn die Maschine schon all das weiß, dann könnte sie doch auch wissen, wie lange die Bearbeitung für ein Biegeteil dauert, damit die Kalkulation endlich einmal auf vernünftigen Zeiten aufbaut.

Und dann muß die Maschine natürlich auch noch schnell arbeiten. Wie heißt doch das Sprichwort: Zeit ist Geld. Doch bei den heutigen Marktpreisen trifft dies um so mehr zu. Jede gewonnene Stunde in der Werkstatt heißt, eine Stunde länger auf der Baustelle zu sein. Und bei den immer knapper werdenden Terminen ist das viel wert. Zudem ist es auch ein Unterschied, ob seine Mitarbeiter um 8.00 Uhr im Auto sitzen und noch ohne Stau zur Baustelle fahren können oder ob sie um 9.00 Uhr im Berufsverkehr stecken.

Sicher, Heinz S. hat sich bei seinen Träumen ertappt. RAS hat bei der Entwicklung der "Turbobend Schwenkbiegemaschine" nicht geträumt, sondern die Wünsche von Klempnern erfüllt.


B i l d e r :   RAS Reinhardt Maschinenbau GmbH, Sindelfingen


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