IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 16/1996, Seite 92 ff.



Worauf’s beim Akkuwerkzeug ankommt

Arnold G. Stapel

Wer Akkumaschinen für seinen Betrieb anschaffen möchte, steht manchmal wie ein Verlorener im Dschungel. Worin unterscheidet sich ein Billigprodukt von einem Qualitätsprodukt? Was macht ein gutes Akkuwerkzeug aus?

Spannungsgeladen

Unter den ohnehin schon sehr beliebten Akkuwerkzeugen (sie machen inzwischen die umsatz- und wachstumsstärkste Gruppe der Elektrowerkzeuge aus) sind die 12-Volt-Modelle am beliebtesten. Jedes zweite im letzten Jahr verkaufte Akkuwerkzeug hatte 12 Volt und jedes fünfte eine noch höhere Spannung, Tendenz steigend. Doch wer glaubt, mehr Volt bedeute automatisch auch mehr Kraft, der irrt. Sonst müßten schließlich auch Maschinen für 230 Volt stärker sein als solche für 110 Volt.

Die meisten Akkuwerkzeuge sind jedoch so ausgelegt, daß die höhere Energie, welche die höhere Spannung liefert, auch in ein höheres Drehmoment umgesetzt wird. Das muß aber nicht automatisch so sein. Andererseits: braucht man wirklich mehr als 12 Volt? Selbst ein klassischer Akku-Bohrhammer für SDS-plus-Hammerbohrer begnügt sich mit 12 V - bietet dafür aber ein besonderes Akkupaket mit 4 Ah. Wenn es nicht gerade um Schlagbohrer geht oder vornehmlich hohe Drehmomente benötigt werden, um beispielsweise dicke Holzschrauben einzudrehen oder auch mal Farbe rühren zu können, genügt durchaus auch ein 9,6-V-Schrauber. In der Regel sind 9,6- und erst recht 7,2-Volt-Maschinen erheblich leichter und damit handlicher. Vom günstigeren Preis ganz zu schweigen.

Bild 1: Diese Akkuschlagbohrmaschine hat einen Pistolengriff bekommen. Sie leistet mit 12 V und 1,9 Ah-Akku (heute 2,0 Ah) 340 W.

Es kommt halt ganz darauf an, wieviel Kraftreserve man braucht und was der Hersteller aus dem Spannungspotential gemacht hat. Sieht man nur auf die verfügbare Energiemenge in Wattstunden (Wh) als Produkt aus Akkuspannung (V) und -kapazität (Ah), so bietet ein 12-Volt/ 1,4-Ah-Akku mit 16,8 Wh freilich 25% mehr als ein 9,6-Volt-Akku gleicher Kapazität. Für Handwerk und Gewerbe bieten sich heute freilich vor allem 12-Volt-Maschinen an, weil sie in Leistungsvermögen, Ausdauer und Handlichkeit angesichts des akkutechnisch Möglichen den sinnvollsten Kompromiß bieten.

Praktisch alle Akkuwerkzeuge arbeiten mit Nickel-Cadmium-Akkus (NiCd). Ernsthafte Alternativen sind auch vorerst nicht in Sicht. Zumal die NiCd-Technologie heute ausgereift erscheint - und ausgereizt. Ein Akkupack mag äußerlich aussehen wie er will, in seinem Innern stecken immer Rundzellen, die jeweils 1,2 Volt Spannung abgeben. Zusammengeschaltet kommen sie schließlich auf die Nennspannung, die auf dem Akku angegeben ist, also beispielsweise 7,2, 9,6, 12 bzw. 24 Volt.

Magnequench-Motor mit Turboeffekt

Wichtig ist die Zellenqualität. Hier gibt es große Unterschiede, die sich letztlich auch im Werkzeugpreis widerspiegeln. Gute Akkus haben beispielsweise gesinterte Elektroden bzw. hochwertige Sinter/Sinter-Zellen. Denn die durch das Sintern vergrößerten Elektrodenoberflächen haben einen geringeren elektrischen Widerstand.

Eine Akkuschlagbohrmaschine, die von der Energiemenge eines 2 Ah Akku profitiert, hat gegenüber einem Akku-Schlagbohrer mit 1,7 Ah Akku immerhin 15% mehr Durchhaltevermögen (Bild 1). Gerade bei Schlagbohrern und Bohrhämmern machen 2 Ah Sinn, weil diese Bohrvorgänge besonders viel Energie erfordern. Mehr als 2 Ah aber sind mit der derzeitigen Zellentechnologie nicht drin. Diese Grenze steckt die Chemie.

Wer dennoch mehr Kraft aus dem Werkzeug herausholen will, muß an der Motortechnik ansetzen. Hier läßt sich mit neuen Magnetwerkstoffen einiges tun, wie das Beispiel des Magnequench-Permanentmotors zeigt. Diese haben einen 20% höheren Wirkungsgrad, das heißt ein Fünftel mehr Löcher bzw. Verschraubungen pro Akkuladung und schaffen 30% mehr Drehmoment als die in Akkuwerkzeugen sonst üblichen Motoren gleicher Baugröße. Das kommt durch die höhere Energiedichte des Magnequench-Magnetwerkstoffs aus seltenen Erden, ein Patent der General Motors-Tochter Delco Remy (Autoelektrik). Damit ausgestattete Bohrschrauber und Blechbearbeitungswerkzeuge sind an dem Zusatz PP für "Power Plus" auf dem Typenschild zu erkennen.

Mittel- oder Pistolengriff?

Akku-Bohrschrauber mit Pistolengriff (Bild 1) neigen zur Kopflastigkeit, zum Vornüberkippen, gegen das die Hand anstemmen muß. Darum ist der Mittelhandgriff so beliebt (Bild 2). Da er unter dem Schwerpunkt sitzt, liegt die Maschine gut ausbalanciert in der Hand. Auch das Reaktionsmoment läßt sich damit gut abfangen. Ein Mittelhandgriff macht aber eigentlich nur Sinn, wenn man viel schraubt, d.h. keinen Vorschub braucht.

Wer hingegen mehr bohrt als schraubt, ist mit einem Pistolengriff besser bedient. Denn der erlaubt einen besseren Handansatz für die benötigte Vorschubkraft beim Bohren. Dazu muß am oberen Gehäuseende eine Griffmulde ausgebildet sein, damit man die Maschine so packen kann, daß Daumen und Zeigefinger seitlich anliegen. So ergibt sich ein für hohen Anpreßdruck ergonomisch günstiger geradliniger Kraftfluß vom Unterarm zum Schraubbit bzw. Bohrer.

Bild 2: Akkumaschine mit Mittelgriff.

Um die Kopflastigkeit auszuschalten und damit das Werkzeug bei allen Arbeitshaltungen - sei es horizontal, vertikal oder über Kopf - immer gleich gut in der Hand liegt, haben sich die Konstrukteure von Akkus etwas einfallen lassen: sogenannte Wendeakkus. Hierbei wird das Akkupack nicht, wie bislang üblich, von unten in den Handgriff geschoben, sondern seitlich aufgesteckt. In der hinteren Position wirkt es als Kontergewicht zur Kopflastigkeit bzw. gibt mehr Arbeitstiefe nach vorn frei (Bild 3).

Durch die Wendeakku-Idee ergab sich vor allem noch ein weiterer Ergonomieeffekt: Weil die Akkuzellen nun nicht mehr, wie sonst üblich, im Griff stecken, konnte dieser endlich ergonomische Idealmaße erreichen.

Damit sich ein Handgriff regelrecht in die Hand schmiegt, braucht’s nicht nur einen weichen, griffigen Belag, sondern auch eine greifgünstige Ausformung. Nicht umsonst findet der vibrationsdämpfende sogenannte Softgrip zunehmend Verbreitung.

Richtig geladen

Seit es die mikroprozessorgesteuerte Schnelladetechnik gibt, ist nicht nur der sogenannte Memory-Effekt kein Thema mehr, auch die Akkulebensdauer verdreifachte sich. Dennoch kann es nach wie vor nicht schaden, erst dann nachzuladen, wenn der Akku auch wirklich leer ist. Das bekommt seiner Chemie auf Dauer auf jeden Fall am besten. Ob das Ein-Stunden-Ladegerät oder der 15-Minuten-Schnellader, entscheiden der Geldbeutel, und wie schnell der Akku wieder voll sein muß bzw. wie viele Reserveakkus man sich leisten will.

Bild 3: Das Akkupack läßt sich von vorn und von hinten in den Griff einschieben und erweitert so den Spielraum nach vorn.

Aber schon bei der Anschaffung von Akkuwerkzeugen sollte man darauf achten, daß nicht jedes Werkzeug sein eigenes Ladegerät benötigt, sondern alle Akkus in ein und denselben Lader passen. Wichtig ist auch, daß die Akkus nicht falsch herum in den Lader bzw. ins Werkzeug eingesteckt werden können. Dafür sorgt beispielsweise ein verpolungssicherer 4-Finger-Kontakt, dessen Steckverbinder im Gegensatz zu den sonst gebräuchlichen Federkontakten zugleich breitere Kontaktflächen bieten.

Und die Handhabung?

Ein häufiger Kritikpunkt bei der Bedienung von Akkuschraubern ist der Umschalter für den Rechts/ Linkslauf. Es gibt immer noch viele Modelle, bei denen sich die Drehrichtung nicht per Daumendruck - und auch von Linkshändern - umschalten läßt, also ohne die andere Hand zu Hilfe zu nehmen.

Auch beim Akkuwerkzeug braucht man heute nicht mehr auf ein Schnellspannfutter zu verzichten. Freilich sollte es ein robustes, qualitativ hochwertiges echtes "Einhandfutter" sein, auch wenn sich das im Werkzeugpreis niederschlägt. Wer viel schraubt ist froh, wenn er das Bohrfutter schnell und einfach abnehmen und den Bit direkt in den Innensechskant der Abtriebswelle stecken kann. Denn so kommt man beim Schrauben dichter ’ran und kann gezielter ansetzen. Beim Arbeiten unter beengten Verhältnissen lassen sich dadurch außerdem wertvolle Zentimeter gewinnen.

Wertvoll ist auch eine möglichst breite Drehmomentvorwahl, ob elektronisch oder per Stellring (Rutschkupplung) ist dabei weniger wichtig als eine gute Abstufung, damit man das Werkzeug insbesondere bei "Serienverschraubungen" genau auf den Schraubfall einstellen kann. Hinzu kommen elektronische (Steuer-)Annehmlichkeiten wie Sanftanlauf und Quickstop gegen Nachlauf, die für Qualitätswerkzeuge aber heute selbstverständlich sind.

Verborgene Qualitäten

Doch nicht alle Qualitätsmerkmale, die zählen, sind von außen zu erkennen. Denn gerade im mechanischen Aufbau, in der Fertigungsqualität und nicht zuletzt in der Motorentwicklung, -isolierung und -kühlung gibt es große Unterschiede. Auf jeden Fall kann man auch hier davon ausgehen, daß Qualität ihren Preis hat. Gute Markenwerkzeuge sind dafür aber so konstruiert, daß sie nicht ständig an der Grenze ihrer Belastbarkeit arbeiten, sondern ausreichend Reserven besitzen. Beispielsweise haben sie Kugel- oder gar Nadellager und nicht nur Sinterlager, die letztlich nur simple Laufbuchsen sind. Das erste, woran man bei Elektrowerkzeugen denkt, sind die Kohlebürsten. Doch sie halten bei Akkumaschinen ein Werkzeugleben lang.

Viel kritischer ist die Wärmeabfuhr. Immerhin ist der Gleichstrommotor eines Akkuwerkzeuges eigentlich mehr ein Ofen als ein Motor. Denn fast die Hälfte der aufgenommenen Energie wird in Wärme umgesetzt. Darum hängt die Lebensdauer in hohem Maße von der Kühlung ab bzw. davon, wie gut die im Motor anfallende Hitze und ebenso die Wärmeentwicklung der Elektronik abgeführt werden. Das ist bei Akkuwerkzeugen besonders akut, da sie mit nur wenigen Ausnahmen ohne Lüfterrad auskommen müssen. Lüftungsschlitze können aber nicht beliebig viel und auch nicht an jeder Stelle angebracht werden, weil sonst Staub und sogar Späne in die Maschine gelangen könnten. Daher bleibt oft nur die Lösung, Geräteteile als Kühlkörper auszulegen. Wobei solide Metallteile wie z.B. Endlagerschilde, Motorlagerplatten und Getriebegehäuse aus Zinkdruckguß nicht nur die Wärmeabfuhr, sondern auch die mechanische Stabilität erhöhen. Ein reines Kunststoffinnenleben wie bei manchen Billigprodukten ist langer Lebensdauer sicherlich nicht förderlich.


B i l d e r :   Atlas Copco, Essen


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