IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 14-15/1996, Seite 41 ff.


SANITÄRTECHNIK


Glasklare Lösung für besondere Fälle

Glasrohre bewähren sich in der Abwassertechnik

Ulrich Poestgens

Im Druckzentrum der Frankfurter Societäts-Druckerei sorgen Glasrohrleitungen für die problemlose Entsorgung der Entwickler- und Fixiererchemikalien aus der Druckplatten-Herstellung.

Nachdem insbesondere durch die Auflagensteigerungen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die von der Societäts-Druckerei gedruckt wird, die alten Räumlichkeiten in Frankfurt aus allen Nähten zu platzen drohten, entschloß sich die Frankfurter Societät, den traditionellen Stammsitz an der Mainzer Landstraße zumindest mit der eigentlichen Druckerei zu verlassen.

Sechs zwölf Meter hohe Rotationsdruckmaschinen, die zusammen 110 Meter lang sind, machen die Societäts-Druckerei zu einer der leistungsfähigsten europäischen Offset-Zeitungsdruckereien.

Vor den Toren Frankfurts sollte ein modernes Druckzentrum errichtet werden, daß auch zukünftigen Anforderungen gewachsen sein würde und Erweiterungspotential besäße. Außerdem böte ein günstig gewählter Standort außerhalb des Frankfurter Stadtgebietes auch Vorteile bei der Verkehrsanbindung.

Standort

Den geeigneten Standort fand die Frankfurter Societät in Mörfelden. Ein 76.000 m2 großes Areal bot reichlich Platz für das geplante Druckzentrum und für zukünftige Erweiterungen. Die günstige Verkehrsanbindung an die Autobahnen A3 und A5 sowie zum Flughafen Frankfurt waren weitere Argumente für dieses Gelände.

Heute steht in Mörfelden eine der modernsten und leistungsfähigsten Offset-Zeitungsdruckereien Europas. Investitionen von über 300 Millionen Mark ermöglichen es der Societäts-Druckerei heute, mit sechs Rotationsmaschinen pro Stunde bis zu 210000 Zeitungen mit einer Stärke von 64 Seiten zu drucken. Dazu gehören neben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auch die Ausgaben der regionalen Tageszeitungen. Ergänzt wird der Zeitungsdruck durch die Akzidenzdruckerei, die hochwertige Zeitschriften druckt.

Die "Boresist"-Glasrohre verlaufen innerhalb eines doppelten Bodens zwischen den Tanks für Entwickler und Fixierer sowie den drei Anlagen zur Druckplattenherstellung. So sind sie vor Beschädigungen geschützt und stören andererseits nicht als Stolperfalle den Betriebsablauf (kleines Bild).

Bei der Herstellung einer Tageszeitung ist Zeit der wichtigste Faktor. Je später der Redaktionsschluß liegt, desto aktueller kann die jeweilige Ausgabe berichten. Bei einer überregionalen Zeitung wie der FAZ kommt noch hinzu, daß ein möglichst später Redaktionsschluß natürlich die Möglichkeiten der Berichterstattung über Ereignisse und Entscheidungen aus den USA und Fernost deutlich erweitert.

Technik führt zu Aktualität

Ein später Redaktionsschluß bedeutet aber auch, daß der eigentliche Druck möglichst schnell und ohne Unterbrechungen durch eventuelle technische Probleme erfolgen muß. Denn schließlich will der Leser seine Tageszeitung auch möglichst früh in der Hand haben. Modernste Rotationsmaschinen tragen hierzu ihren Teil ebenso bei wie die modernen Möglichkeiten der Datenübertragung.

In direkter Nähe zur Redaktion erfolgt die Satzherstellung nach wie vor im Stammhaus der Societätsdruckerei in Frankfurt. Dadurch sind Änderungen des Inhalts bis zur letzten Sekunde vor Redaktionsschluß jederzeit möglich. Die fertig gesetzten Zeitungsseiten werden dann via Datenübertragung nach Mörfelden übermittelt, wo die Druckplatten hergestellt werden.

Die Zeiten, in denen Setzer Zeile für Zeile in Blei gießen mußten und Bilder noch im Fotosatz verarbeitet wurden, sind damit längst vorbei. Auch in der Druckplattenherstellung kommen heute computergesteuerte Anlagen zum Einsatz, die eine schnelle und vor allem wesentlich zuverlässigere Arbeit ermöglichen.

So stehen in Mörfelden drei moderne Offset-Plattenstraßen zur Verfügung, die zusammen mehr als 700 Druckplatten pro Stunde belichten können. Die Druckplatten durchlaufen dabei drei Stationen: Die Doppelbelichtung, den Entwicklungsautomaten und einen pneumatischen Abkantautomaten. Für besondere Formate stehen darüber hinaus noch ein Panorama-Plattenbelichter und ein zugehöriger Abkanter sowie zwei vollautomatische Plattenstanzen bereit.

Chemietransport mit Tücken

Trotz des Einsatzes dieser leistungsfähigen Technik verbarg sich bis zum Neubau des Druckzentrums Mörfelden hier jedoch eine kostspielige und zeitraubende Störquelle: Die Entsorgung der Entwickler- und Fixierchemikalien aus der Druckplattenherstellung.

Im Keller der Druckerei werden die verbrauchten Chemikalien in großen Sammelbehältern aufgefangen.

In der Frankfurter Druckerei erfolgte die Ableitung dieser Chemikalien zu zentralen Sammelbehältern über Kunststoffleitungen. Da nicht immer ein ausreichendes Gefälle eingehalten werden konnte, setzten sich - besonders über arbeitsfreie Tage hinweg - immer wieder Flüssigkeitsreste in den Leitungen ab, die auskristallisierten und die Leitungen verengten beziehungsweise verstopften. Dieser Prozeß wurde durch die Oberflächenstruktur des Kunststoffes zusätzlich begünstigt. Nur durch wöchentliche, aufwendige Spülungen der Haustechniker konnten diese Verstopfungen wieder entfernt werden. Störungen des Betriebsablaufes und natürlich Kosten für die Reinigung waren die Folge.

Und ab durch die (Glas)-Röhre

Im neuen Druckzentrum Mörfelden sorgen heute Glasrohrleitungen für einen reibungslosen Betriebsablauf. Sie bieten einerseits die erforderliche chemische Resistenz gegenüber den Chemikalien. Andererseits verhindert die spiegelglatte, porenfreie Oberfläche der Glasrohre Ablagerungen so wirkungsvoll, daß in den bisher zwei Betriebsjahren keine einzige Reinigung des Systems notwendig war - obwohl auch hier nicht immer die notwendigen Gefälle eingehalten werden konnten und die Flüssigkeiten zeitweilig in den Rohren stehenbleiben. Dadurch konnte das System seinen dritten großen Vorteil gegenüber herkömmlichen Leitungssystemen bis heute noch gar nicht ausspielen: Seine Durchsichtigkeit, die es erlaubt, Verstopfungen schnell sowie ohne großen Aufwand zu orten und dann zu entfernen.

Innerhalb von Technikschächten verlaufen die Glasrohre zusammen mit zahllosen weiteren Versorgungsleitungen von der Druckplattenherstellung im zweiten Stockwerk bis in den Keller des Druckereigebäudes.

Zu sehen ist von der gläsernen Problemlösung allerdings nichts. Allein zwei Behälter mit den Aufschriften "Entwickler" und "Fixer" verweisen überhaupt darauf, daß in der Druckplattenherstellung diese Chemikalien zum Einsatz kommen. Alle Leitungen, sowohl für die Zuleitung frischer als auch für die Ableitung verbrauchter Chemikalien, verlaufen in diesem Bereich innerhalb eines doppelten Bodens und sind somit nicht nur unsichtbar, sondern bilden auch keine Stolperfallen, die die Betriebssicherheit beeinträchtigen könnten.

Die Sammel-Tankanlage für die verbrauchten Chemikalien befindet sich im Kellerbereich der Societäts-Druckerei. Zur Ableitung der Flüssigkeiten aus der im zweiten Stockwerk gelegenen Druckplattenherstellung wurden insgesamt 360 Meter Leitungen mit einem Durchmesser von DN 50 sowie DN 80 verlegt. Diese verlaufen in Technik-Schächten zusammen mit anderen Versorgungsleitungen ebenfalls unsichtbar für Besucher und die meisten Mitarbeiter. Und das ist auch besser so. Denn obwohl die Rohre sich während der bisherigen zwei Betriebsjahre als gute Vorbeugung gegen Ablagerungen und damit verbundene Verstopfungen bewährten, haben sich stellenweise doch dünne Schichten von Entwickler und Fixierer abgelagert, die mit ihrer schmutzig braunen oder grünlichen Farbe keinen besonders schönen Anblick bieten.


B i l d e r :   Punctum, Wiesbaden.


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