IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 13/1996, Seite 21 ff.


GAS


Gasinstallation

in Wohngebäuden

Prof. Dr.-Ing. Rudolf Rawe Teil 38

8. Abgasanlagen (Fortsetzung)

8.6.4 Schornsteinlose Luft-Abgas-Führung über Dach

Die Entwicklung der Luft-Abgas-Führung über Dach ging von den Niederlanden aus. Da dort Keller wegen des hohen Grundwasserspiegels nicht üblich sind, werden die Gasgeräte häufig im Dachgeschoß angeordnet. Die Abgase können somit unmittelbar ins Freie abgeleitet werden, ohne einen weiteren Brandabschnitt zu passieren.

Bild 1: Luft-Abgas-Führung über Dach/
senkrechte Dachdurchführung (für Neigungswinkel von 25° bis 50°).

Weil in diesen Fällen eine Brandübertragung in andere Wohnungen nicht zu befürchten ist, kann auf einen Schornstein verzichtet werden. Statt dessen erfolgt die Luft-Abgas-Führung über zwei konzentrisch angeordnete Rohre, die senkrecht (Bild 1) oder - was bei steileren Dächern oft vorteilhafter ist - waagerecht durch das Dach geführt werden (Bild 2). Das Doppelrohr leitet dem Gerät Verbrennungsluft aus dem Freien zu und führt gleichzeitig die Abgase nach außen ab.

Inzwischen findet diese Lösung, die in den Niederlanden weit verbreitet ist, auch in Deutschland immer mehr Beachtung. Sie bietet vor allem in Ein- und Zweifamilienhäusern häufig eine kostengünstige Alternative zum Schornstein. Darüber hinaus ist sie unter Umständen aber auch für Mehrfamilienhäuser interessant. In der Regel dürfen maximal drei raumluftabhängige Feuerstätten an einen gemeinsamen Schornstein angeschlossen werden. Deshalb kann es sich in Mehrfamilienhäusern anbieten, die oberste Feuerstätte mit einer Luft-Abgas-Führung über Dach auszustatten.

Bild 2: Luft-Abgas-Führung über Dach/
waagerechte Dachdurchführung (für Neigungswinkel von 25° bis 65°).

Für dieses System der Luft-Abgas-Führung stehen raumluftunabhängig arbeitende Gas-Umlaufwasserheizer, Gas-Kombiwasserheizer, Gas-Spezialheizkessel, Gaswärmezentren und Gas-Brennwertgeräte zur Verfügung. Die Doppelrohre sind auf die Wärmeerzeuger abgestimmt und werden mit diesen zusammen von den Geräteherstellern geliefert.

Die Geräte können nicht nur im Dachgeschoß aufgestellt werden, sondern auch in Räumen, bei denen sich über der Decke nur noch die Dachkonstruktion befindet (Bild 3) oder in denen die Decke zugleich das Dach bildet (Bild 4).

Bild 3: Luft-Abgas-Führung über Dach/
Installation in Räumen, in denen über der Decke nur noch das Dach liegt.

Bei der Aufstellung in Räumen, bei denen sich über der Decke nur noch die Dachkonstruktion befindet, muß die Luft-Abgas-Führung von der Oberkante der Decke bis zur Dachhaut mit nichtbrennbaren, formbeständigen, mineralischen Baustoffen verkleidet werden oder ein starres metallisches Schutzrohr erhalten. Wird sie durch eine Decke geführt, für die eine Feuerwiderstandsdauer vorgeschrieben ist, muß die Verkleidung bis zur Dachhaut die Feuerwiderstandsdauer der Decke haben.

Die vom Hersteller angegebene maximale Länge der Luft-Abgas-Führung muß eingehalten werden. Sie beträgt in der Regel ca. 4 m. Widerstände wie die Dachdurchführung, Bögen usw. verringern die maximal zulässige Länge.

Bild 4: Luft-Abgas-Führung über Dach bei Flachdächern.

Bei Gasfeuerstätten mit einer Nennwärmebelastung bis 30 kW genügt ein Mindestabstand der Mündung zur Dachfläche von 40 cm. Bei größeren Leistungen ist die Abgasführung mindestens 40 cm über First zu führen.

8.6.5 Luft-Abgas-Führung bei Geräten der Art D

Die im Rahmen der Wärmeschutzverordnung 1976 erstmals vorgeschriebenen "fugendichten" Fenster erschwerten die Luftversorgung von Feuerstätten in Wohnungen. Wegen der luftseitig bedingten erhöhten Druckverluste konnte der Schornstein die Aufgabe, für eine sichere Luftzufuhr und Abgasabführung zu sorgen, nicht mehr in allen Fällen erfüllen. Es lag deshalb nahe, zur Überwindung der luftseitigen Druckverluste, Geräte mit Ventilator einzusetzen. Der Ventilator soll dabei auf keinen Fall die Abgasabfuhr übernehmen; diese erfolgt allein durch den thermischen Auftrieb der heißen Abgase. Dadurch ist immer ein Unterdruck im Schornstein gewährleistet.

Bild 5: Verbrennungsluftführung bei Gasgeräten der Art D3.1.

Die Möglichkeiten, ein solches System bei allen denkbaren Zuständen mit Unterdruck im Schornstein zu betreiben, hat das Gaswärme-Institut, Essen, im Rahmen eines vom DVGW in Auftrag gegebenen Demonstrationsvorhabens aufgezeigt. Inzwischen ist das System als neue Möglichkeit für die Aufstellung von Gasfeuerstätten in das gasfachliche Regelwerk eingeführt worden. Die Geräte der Art D haben keine Strömungssicherung. Ihr besonderer Vorteil liegt darin, daß bis zu fünf Gasfeuerstätten an einen gemeinsamen Hausschornstein angeschlossen werden können. Dies ist möglich, weil der Geräteventilator die Aufgabe übernimmt, für die sichere Verbrennungsluftzufuhr zu sorgen.

Gasgeräte der Bauart D haben eine geschlossene Verbrennungskammer; alle unter Überdruck stehenden Teile sind verbrennungsluftumspült. Die Geräte werden in raumluftabhängiger und -unabhängiger Betriebsweise angeboten.

Geräte der Bauart D3.1 arbeiten raumluftabhängig. Sie entnehmen die Verbrennungsluft dem Aufstellraum, und zwar unmittelbar vor dem Anschluß an den Schornstein. Bei diesem Prinzip kann auf die verbrennungsluftumspülte Abgasleitung kurz vor dem Schornsteineintritt verzichtet werden, da im Abgassystem an dieser Stelle durch den Schornsteinzug bereits Unterdruck herrscht. Für die Aufstellung gelten die Regeln zum Verbrennungsluftverbund, die in den DVGW-TRGI ’86 erläutert werden.

Bild 6: Verbrennungsluftführung bei Gasgeräten der Art D3.2.

Geräte der Bauart D3.2 arbeiten raumluftunabhängig. Bei ihnen wird die Verbrennungsluft dem Brenner über eine separate Leitung direkt von außen zugeführt. Die abgasführenden Teile sind von Frischluft umspült, so daß bei einer undichten Abgasleitung keine Gefährdung eintreten kann. An den Aufstellraum werden keine besonderen Anforderungen gestellt.

Regelungen für die Aufstellung von Gasgeräten der Art D legen die DIN 3368 Teil 6 und das Arbeitsblatt G 637/I fest. Die Anforderungen an den Schornstein sind in DIN 18160 Teil 1, geregelt.

8.7 Abgasabführung über Lüftungsanlagen

Wohnungen in mehrgeschossigen Häusern haben häufig ein innenliegendes Bad und WC. Für diese Sanitärräume wird nach dem Baurecht eine wirksame Entlüftung verlangt, deren Ausführung in DIN 18017 geregelt ist. Dabei wird zwischen natürlicher Lüftung mit Einzelschachtanlagen ohne Ventilator (DIN 18017 Teil 1) und Lüftungsanlagen mit Ventilator (DIN 18017 Teil 3) unterschieden.

Bild 7: Kölner Lüftung

8.7.1 Einzelschachtanlagen ohne Ventilator nach DIN 18017 Teil 1

Bei der Lüftung nach DIN 18017 Teil 1 unterscheidet man zwischen reinen Abluftanlagen (Berliner Lüftung) sowie kombinierten Zu- und Abluftanlagen (Kölner und Dortmunder Lüftung). Wenn der Abluftschacht mindestens den Anforderungen an Schornsteine mit begrenzter Temperaturbeständigkeit entspricht, dürfen über ihn laut DVGW-TRGI auch die Abgase eines Gas-Wasserheizers (Durchlauf-, Umlauf-, Kombi- oder Vorratswasserheizer) sowie eines Gas-Raumheizers abgeführt werden.

Die Kölner und Dortmunder Lüftung können darüber hinaus dazu beitragen, die Verbrennungsluftversorgung raumluftabhängiger Feuerstätten in Wohnungen mit fugendichten Fenstern sicherzustellen.

Bild 8: Berliner Lüftung

Bei der Kölner Lüftung (Bild 7) sind die innenliegenden Sanitärräume jeweils an einen separaten Be- und Entlüftungsschacht angeschlossen. Die Zuluftschächte münden in einen Querkanal im Keller, der nach zwei gegenüberliegenden Gebäudeseiten hin offen ist und für einen Druckausgleich im System sorgt. In Sanitärräumen mit Kölner Lüftung kann problemlos eine Gasfeuerstätte installiert werden, wenn der Zuluftschacht einen ausreichenden Querschnitt aufweist.

Auch bei der Berliner Lüftung (Bild 8) verfügt jeder innenliegende Sanitärraum über einen separaten Entlüftungsschacht. Die Zuluft wird hier jedoch nicht durch einen Schacht zugeführt, sondern strömt über Gitter bzw. rund 2 cm breite Schlitze oben und unten an der Tür (gekürztes Türblatt) aus den umliegenden Räumen der Wohnung nach. Auf diese Weise sollen Zugerscheinungen vermieden werden, die bei der Kölner Lüftung auftreten können. Für die Verbrennungsluftzufuhr einer Gasfeuerstätte ist dieses System jedoch weniger geeignet, da bei fugendichten Fenstern die Nachströmung beeinträchtigt werden kann. Hier sind die entsprechenden Vorschriften für den Raumluftverbund zu beachten.

Bild 9: Dortmunder Lüftung

Eine Kombination der dargestellten Systeme ist die Dortmunder Lüftung (Bild 9). Die Zuluftversorgung erfolgt wie bei der Kölner Lüftung über einen Querkanal; die Luftöffnungen werden jedoch im Flur (möglichst hinter den Heizkörpern) angesetzt, um Zugbelästigungen zu vermeiden. Die Entlüftung entspricht den anderen Systemen.

Verbrennungsluftversorgung

Grundsätzlich müssen bei der Aufstellung einer raumluftabhängigen Gasfeuerstätte in Räumen mit Einzelschachtentlüftung ohne Ventilator die Vorschriften für die Mindestgröße des Aufstellraumes und für die Verbrennungsluftzufuhr beachtet werden. Bei der Kölner Lüftung kann die Öffnung im Zuluftschacht unter bestimmten Voraussetzungen als Verbrennungsluftöffnung ins Freie (nach Abschnitt 5.2.2 der DVGW-TRGI ’86) herangezogen werden (Bild 10). Die Verbrennungsluftversorgung gilt als gesichert, wenn dem Aufstellraum durch den Zuluftschacht das gleiche Verbrennungsluftvolumen zuströmt wie durch eine Verbrennungsluftöffnung direkt ins Freie mit 150 m2 freiem Querschnitt. Dies kann gegebenenfalls durch Messungen nachgewiesen werden. Andernfalls darf der Zuluftschacht nur anteilmäßig als Verbrennungsluftöffnung angesetzt werden. Die einwandfreie Verbrennungsluftversorgung ist dann durch zusätzliche Maßnahmen sicherzustellen.

Bild 10: Abgasabführung über Abluftschächte (nach DVGW-TRGI ’86).

Ist die Zuluftöffnung mit einer Einrichtung ausgestattet, die den Luftstrom drosseln oder absperren kann, muß durch eine Sicherheitseinrichtung gewährleistet sein, daß die Gasfeuerstätte nur betrieben werden kann, wenn der Schacht vollständig geöffnet ist.

Bei der Berliner bzw. Dortmunder Lüftung muß die Verbrennungsluftzufuhr grundsätzlich über die verschiedenen in den DVGW-TRGI ’86 genannten Möglichkeiten (z.B. Verbrennungsluftverbund) sichergestellt werden.

Aufstellung und Abgasanschluß

Grundsätzlich müssen die Gasfeuerstätten in dem belüfteten Raum aufgestellt sein (Bild 10). Werden zwei Gasfeuerstätten (siehe oben) mit jeweils eigenem Verbindungsstück an den Abluftschacht angeschlossen, so muß der Anschluß des Gas-Raumheizers stets unterhalb des Anschlusses der anderen Gasfeuerstätte angeordnet werden. Die Abgasrohre müssen oberhalb der Abluftöffnungen eingeführt werden. Die Austrittsöffnungen der Strömungssicherung müssen unterhalb der Abluftöffnungen liegen, damit eventuell austretendes Abgas über die Abluftanlage abgeführt werden kann.

Werden Geräte mit größerer Leistung angeschlossen, so übernimmt deren Strömungssicherung einen Teil der Abluftabführung, so daß die Abluftöffnung auf 70 cm2 verringert werden kann (vgl. Bild 10).

(Fortsetzung folgt)


B i l d e r : Information Erdgas, Essen.


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