IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 11/1996, Seite 67 ff.


KLEMPNERTECHNIK


Metalldach und -Außenwand in Klempnertechnik

Kleinformatige Deckelemente

Hartmut L. Plawer, Architekt Teil 3

Nach Doppelstehfalz-, Winkelstehfalz- und Leistentechnik in den vorangegangenen Teilen, beschäftigen wir uns in der dritten Folge mit kleinformatigen, metallischen Deckelementen, die vom Bauklempner traditionell an Dach und Außenwand aufgebracht werden. Wir verstehen darunter rauten-, rhomben- oder schindelähnliche Metallbauteile unterschiedlicher Formate und Abmessungen, die sich schuppenartig überdecken. Neben der Anwendung im Altbaubereich und bei Objekten des Denkmalschutzes werden sie auch bei Neubauten gelegentlich eingesetzt.

Bild 1: Rautendeckung in vorbewittertem Titanzink, wie hier bei einem schön renovierten Altbau, ergibt das klassische Erscheinungsbild des Gründerzeit-Bauwerkes
(Foto: Ockenfels GmbH).

Rauten, Rhomben, "Schindeln": Deck- und Bekleidungselemente nach natürlichen Vorbildern

Wie in so vielen Bereichen unseres Lebens und der modernen Technik orientieren wir uns zur Umsetzung bestimmter Bauideen häufig an Prinzipien und Vorbildern aus der Natur. So auch bei den hier vorgestellten Rauten und schindelähnlichen Deckelementen.

Im Tier- und Pflanzenreich ist das "Schuppenprinzip" öfter anzutreffen. Es schützt zum Beispiel Fische und Reptilien und ist typisches Merkmal bei Tannenzapfen und Hopfen - um nur einige zu nennen.

In der Frühzeit beginnender Bautätigkeit unserer Vorfahren wurden in manchen Gegenden in ähnlicher Weise flache Steinplatten zum Decken von Dächern eingesetzt. Perfektioniert wurde diese Deck- und Bekleidungsart später mit dem Aufkommen von Schiefer-, Dachziegel- und Holzschindeldächern, mit ausgeprägten regionalen Besonderheiten.

Mit der Zunahme metallgedeckter Dächer wurden auch metallische, kleinformatige Deckelemente entwickelt, die das Prinzip der Schiefer- und Schindeldeckung aufnahmen und in abgewandelter, weiterentwickelter Form fortsetzten.

Europa um die Mitte des 19. Jahrhunderts: Rautendeckung in Zink kommt in Mode

Wer sie zuerst ausführte, läßt sich heute nur sehr schwer nachvollziehen. Bekannt ist die Ausführung von Rautendeckungen in Zink jedoch etwa um die Mitte des vorigen Jahrhunderts. Dabei ist der Raum Aachen/Lüttich, vielleicht durch seine Zinkvorkommen und Walzwerke begünstigt, ebenso vertreten, wie andere westeuropäische Regionen.

In der Literatur werden auch Mittelgebirgsregionen angeführt, in denen Rauten als Wetterschutz aufgebracht werden, zum Beispiel bei Giebelflächen [1]. Bereits damals wurden unterschiedlich geformte Rauten in verschiedenen Größen angeboten. Die ausgezeichnete Witterungs- und Korrosionsbeständigkeit des Zinks hat dafür gesorgt, daß wir noch heute gelegentlich auf älteren Bauten Giebelflächen oder Gauben vorfinden, die mit der im vorigen Jahrhundert ausgeführten Rautendeckung ausgestattet sind.

Bild 2: Schornstein- und Giebeldetail in neuer "Spitzrauten"-Bekleidung, kombiniert mit Doppelstehfalzdach
(Foto: Rheinzink GmbH).

Verschiedene in der jüngeren Vergangenheit renovierte historische Gebäude, zum Teil mit großen Dachkuppeln, erhielten auch neue Rautendeckungen. Dabei wurde festgestellt, daß die alten Zink-Rautendächer durchschnittlich etwa ein Jahrhundert bis zu ihrer Erneuerung den Beanspruchungen von Wind, Wetter und atmosphärischer Korrosion standgehalten haben.

Rautendeckung heute, eine reizvolle und anspruchsvolle Aufgabe für den Fachmann

Die Rückkehr zu älteren, traditionellen Formen der Baukunst hat, besonders im Zeichen der Denkmalpflege, eine Wiederbelebung erfahren. Das neu erwachte Interesse an Zink-Rauten gilt natürlich in erster Linie der Wiederinstandsetzung erhaltenswerter historischer Bausubstanz. Einige Abbildungen dazu zeigt dieser Beitrag.

Darüber hinaus aber werden diese kleinformatigen Deckelemente auch bei Neubauten, zum Beispiel als Schornsteinkopf-Bekleidungen und bei Gauben, Giebelflächen, Attiken und Brüstungen eingesetzt. Ein bekannter Anbieter von Titanzink-Rauten argumentiert dazu wie folgt:

" . . . der Begriff Wetter-Bekleidung ist durchaus wörtlich zu verstehen, indem die noch heute anerkannten Vorteile einer leichten, vorgehängten Haut in Verbindung mit einer architektonischen Aufwertung und kleinteiliger Gliederung der Fassadenflächen gesehen werden . . . " [2].

Die handwerklich einwandfreie Ausführung einer Rautendeckung mit exakten Anschlüssen und Übergängen ist eine anspruchsvolle Aufgabe für den Fachmann. Nur mit Genauigkeit, Fingerspitzengefühl und Erfahrung wird ein gleichmäßiges Verlegebild und damit eine ansprechende "Optik" erzielt.

Bild 3: Ein Beispiel aus der Jahrhundertwende ist das renovierte König Karls Bad im Nordschwarzwald (Wildbad). Kuppel und Walmdächer sind in Rautendeckung wiederhergestellt
(Foto: Rheinzink GmbH).

Ausführungsarten, Formen, Zuschnitte

Technisch gesehen sind der Gestaltung von Rauten kaum Grenzen gesetzt. Aus wirtschaftlichen Gründen beschränkt man sich heute aber hauptsächlich auf zwei Grundformen: Quadratrauten und Spitzrauten. Wie aus dieser Bezeichnung schon zu erkennen ist, handelt es sich um quadratische oder parallelogrammförmige Zuschnitte, die natürlich mit den seitlich erforderlichen Falzzugaben ausgeführt werden (vergl. Zeichnung).

Die Tabellen 1 und 2 zeigen am Beispiel von Rheinzink-Rauten die wichtigsten Abmessungen und technischen Daten.

Tabelle 1: Quadratrauten

Nenngröße

Abmessung brutto
mm

Deckfläche
cm2

Anzahl
je m2

Lattenabstand in cm

250

200 x 200

306

33

11

333

283 x 283

665

15

16

400

350 x 350

1056

10

21

Tabelle 2: Spitzrauten

Nenngröße

Abmessung brutto
mm

Deckfläche
cm2

Anzahl
je m2

Lattenabstand in cm

200

168 x 288

188

53

11,0

250

223 x 381

360

28

16,5

285

263 x 449

520

20

21,0

Auch Sonderformen und -Abmessungen sind möglich

Außer serienmäßig vorgefertigten Rauten können bei Bedarf alle denkbaren anderen Größen und Formen handwerklich in der Werkstatt hergestellt werden. Es ist letztendlich eine Frage von auszuführendem Objekt, Zeit- und Materialaufwand. In besonderen Fällen kann es auch notwendig werden, Rauten nach einem alten Vorbild nachzufertigen. Dies ist eine Arbeit für Spezialisten. In der Bundesrepublik sind verschiedene Anbieter dafür bekannt. Oft sind derartige Sonderanfertigungen auch in Verbindung mit Zierteilen und Ornamenten auszuführen.

Bild 4: Kuppeldetail mit Ochsenauge, König Karls Bad; die regelmäßige Struktur der Spitzrauten wird deutlich
(Foto: Rheinzink GmbH).

Ausführung der Rautendeckung auf der Baustelle

Im Regelfall wird eine Unterkonstruktion aus Holzlatten oder vollflächiger Holzschalung, 24 mm dick, gewählt, wobei unter- oder hinterlüfteter Aufbau grundsätzlich von Vorteil ist. Werden besondere Ansprüche an mechanische Belastbarkeit und Geräuschdämmung gestellt, sollte nur eine vollflächige Holzschalung in Frage kommen.

Die Standardausführung mit einfach verfalzten, eingehängten Verbindungen ergibt eine regendichte Deckung bzw. Bekleidung. Allerdings darf eine Mindestneigung von 30° nicht unterschritten werden. In Gegenden mit hoher Schlagregenhäufigkeit empfiehlt sich der Einbau eines Unterdaches.

Bild 5: JVA - Haarlem (NL), Teilansicht der renovierten großen Dachkuppel; die segmentierten Felder, durch kräftige Wulstleisten getrennt, sind mit Titanzink-Quadratrauten gedeckt
(Foto: W. van den Berg).

Zur Befestigung der Rauten dienen einfache Hafte. Anzahl und Größe können, je nach Art der Raute, variieren. Die in den Tabellen dargestellten Fertig-Rauten werden mit je einem Haft pro Seite fixiert. Eine spezielle Aussparung in der Rückkantung sichert den richtigen Sitz.

Anschlüsse im Trauf-, First- und Seitenbereich bedingen bei sorgfältiger Ausführung einen hohen Arbeits- und Zeitaufwand. Am Tiefpunkt (Traufe, Fußpunkt) und seitlich wird mit halben Rauten gearbeitet, deren Umschlag in einen exakt ausgerichteten Saum- oder Fußstreifen einzuhängen ist.

Bild 6: Dachdetail eines Schlosses am Thuner See (CH); das von 1852 stammende Gebäude wurde völlig renoviert. Im Vordergrund erkennen wir schuppenförmig geprägte Schindeln, dahinter flache Deckelemente und Verzierungen
(Foto: Walser AG).

Je nach Örtlichkeit können für die Seitenanschlüsse auch spezielle, über- oder unterdeckende Einhangprofile notwendig werden. Innen- und Außenecken erfordern zur Verbesserung der Dichtigkeit und auch aus optischen Gründen durchlaufende Eckprofile. Wenn im Fassadenbereich an Fenster angeschlossen werden muß, geschieht dies durch Verwendung zargenartiger Einhangprofile

Im Dachbereich liegende Durchdringungen, zum Beispiel Schornsteinköpfe, Dachfenster oder Luken von Dachausstiegen, werden in Doppelstehfalztechnik angeschlossen. Bild 2 zeigt eine derartige Lösung. Ein solcher "Kragen" oder Eindeckrahmen (letzterer wird auch systemkonform angeboten) ist dann seinerseits in die eigentliche Deckung einzufalzen. Dabei werden Nackenblech und Seitenprofil unter die Dachhaut geführt, während das Brustblech - wie üblich - oberhalb davon liegt. Grundsätzlich ist für alle derartigen Anschlüsse größte Sorgfalt und genaue Arbeit Voraussetzung für ein befriedigendes Ergebnis.

Bild 7: Gaubendetail des Schloßdaches von Bild 6. Im Gegensatz zu den Schuppenblechen wurden hier horizontal orientierte, streifenförmige Deckelemente mit Wulstprofilierung eingesetzt, die sich optisch an die Kleinteiligkeit schindel- bzw. pfannenähnlicher Elemente anlehnen.
(Foto: Walser AG).

Zusammenfassung

Kleinformatige Deckelemente in Rautenform sind eine interessante Alternative im Bereich metallischer Bedachungen und Außenwandbekleidungen. Sie ermöglichen die Ausführung von Dächern mit einer Mindestneigung von 30° bis hin zu vertikalen Flächen, zum Beispiel im Giebel-, Attika- und Brüstungsbereich. Auch ganze Außenwandflächen sowie Türme, Kuppeln und "Tonnen" werden in Rautendeckung ausgeführt. Um im flacher geneigten Bereich - zum Beispiel bei Kuppel- oder Tonnendächern - Regendichtigkeit zu erlangen, wird hier abschließend auch in Doppelstehfalztechnik mit zusätzlichen Dichtungsstreifen gearbeitet.

Bild 8: Außenbekleidung im Bereich eines Terrassengeschosses; Spitzrauten in vorbewittertem Titanzink
(Foto: Rheinzink GmbH).

Im Prinzip gelten die Fachregeln für die Ausführung von Metallbedachungen sowie die Verlegeempfehlungen der Hersteller, um funktionssichere und handwerklich einwandfreie Deckungen zu erhalten.

Das Aussehen von in Rautendeckung ausgeführten Dächern und Kuppeln ist durch den feingliedrigen Raster dieser kleinformatigen Deckelemente bestimmt. Wie aus den Bildbeispielen ersichtlich ist, wirkt sich die regelmäßige Lineatur der in zwei Richtungen diagonal verlaufenden Kanten der Deckelemente vorteilhaft auf das Gesamtbild des Bauwerkes aus.

Verlegeschema Rheinzink Spitzrauten auf Holzlatten; Einzeldarstellung Quadratraute, Spitzraute
(Zeichnung: Rheinzink GmbH).

Die Ausführung der Rautendeckung stellt an den Handwerker und sein fachliches Können hohe Ansprüche. In Zweifelsfällen sollten Fachbetriebe, denen Erfahrung auf diesem Gebiet fehlt, nicht zögern, den Beratungs- und Vorfertigungsservice führender Hersteller anzusprechen und - bei Gelegenheit - Schulungsmöglichkeiten und praxisorientierte Fortbildungskurse wahrzunehmen. (Fortsetzung folgt)


L i t e r a t u r :

[1] Rheinzink - Anwendung in der Architektur, Rheinzink GmbH, Datteln, 1993

[2] Quadrat- und Spitzrauten "vorbewittert" Technische Information, Rheinzink GmbH, 1990


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]