IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 9/1996, Seite 99 f.



Unternehmensplanung/CIM

Im Handwerk leichter zu realisieren als in der Industrie

Computer Integrated Manufakturing, kurz CIM genannt, ist in aller Munde. Jeder redet darüber und nur wenige wissen wirklich Bescheid. Woher auch, handelt es sich bislang bei dem Begriff CIM um eine Philosophie, die in der Industrie noch umgesetzt werden will. Doch woran man sich an höheren Orten der produzierenden Wirtschaft noch die Zähne ausbeißt, ist der Handwerker schon einen großen Schritt weiter.

Erinnert man sich an die fünfziger Jahre, so hat dort schon einmal ein ähnlicher Prozeß stattgefunden. Damals lautete eine Zauberformel "Marketing", derer sich in Deutschland auch nicht so recht und sofort Anhänger finden ließen. Ehe sich das Instrument "Marketing" zu einer allgemeinverständlichen Unternehmensstrategie in der Industrie entwickeln konnte, vergingen Jahre und folgten endlose Interpretationen. Redet man nun heute über CIM, ist der Mittelstand und das Handwerk erst mal um einige Nasenlängen näher dran, eine hochtechnologisierte Strategie für seine Unternehmensführung zu nutzen, als die Industrie.

Was bedeutet CIM für das Handwerk?

Der Versuch, eine allgemeine Erklärung für "Computer Integrated Manufacturing" (Computerunterstütztes Fertigen) zu finden, ließe sich auf die kurze Formel bringen: "Verwendung aller erfaßbaren Daten zum Nutzen eines Unternehmens". Computerunterstützte Fertigung, um es in die Nähe des Handwerks zu bringen, muß folglich so interpretiert werden, auch eine Dienstleistung muß "gefertigt" werden. Die Umsetzung hierhin fordert im wesentlichen drei grundlegende Elemente:

- Ein betriebsdichtes Computernetz.

- Sich untereinander verstehende, auf jeden Arbeitsplatz und Bereich anwendungsfähige EDV-Programme.

- Ausgebildete Fachkräfte in den eingesetzten EDV-Systemen.

Um so kleiner der Aufgabenbereich eines Betriebes, desto leichter ist eine durchgehende Datenverknüpfung zu realisieren. Die allgemeine Büroorganisation mit der Auftragsbearbeitung, Angebot, Rechnungserstellung und anderen Elementen der täglichen Datenerfassung kennt heute fast jeder. Das Thema CAD dürfte auch schon vielen Handwerkern kein großes Geheimnis mehr sein.

Das Schaubild zeigt den Zusammenfluß der Daten aus allen dargestellten Bereichen. Schnittstellen untereinander ermöglichen die Übergabe. Kommt das Paket aus einem Haus, kann man davon ausgehen, daß hier eine einheitliche Benutzerführung vorliegt, die zu einer einfachen Verständigung unter den einzelnen Benutzern des Systems beiträgt. Das Schaubild macht auch deutlich, wie ein Betrieb im modularen Aufbau die Aufgaben seiner EDV dynamisch entwickeln kann. Das System wächst mit dem Betrieb
(Bild: PDS).

Noch vor einigen Jahren war an die Verknüpfung dieser Anwendungen noch gar nicht gedacht, heute haben sich fast alle, auf das Handwerk ausgerichteten Softwarehäuser, mehr oder weniger so organisiert, daß eine beschriebene Unternehmensstrategie unter "CIM" möglich ist. Sei es durch die Bereitstellung von Paketen, in der alle Applikationen von der Auftragsbearbeitung über die Personalverwaltung/Personaldatenerfassung bis zur Planung (CAD oder Berechnungsprogramme) enthalten sind, oder aber durch die Kooperation mit entsprechenden Partnern.

Die Strategie für den Handwerksunternehmer besteht in der Zusammenführung seiner Daten aus allen Bereichen, um daraus Erkenntnisse aus der bestehenden Auftragsbearbeitung zu ziehen und für die Zukunft auszuwerten. Handwerker, die mit einem solchen System arbeiten, entwickeln darüber eine besondere Sensibilität und einen erweiterten Blick für die Bewegungen am Markt, da sie sich ständig mit der Zahlenwelt ihres Unternehmens beschäftigen.

Der Betrieb des Handwerkers ist in seinen Strukturen und Aufgaben in der Regel recht überschaubar. Die Grundlagen zu einer CIM-Strategie sind also gegeben. Ein mittelständisches Unternehmen kann mit horizontalen Anwendungen unter Berücksichtigung von Lösungsanalysen in ein solches System übergehen. Dabei beschreibt CIM für den Handwerker einen vollständigen Integrierungsprozeß aller Informationen, die für ihn notwendig sind, um das Ziel seines Unternehmens zu erreichen.

CIM ist nicht nur ein Schlagwort, vor allen Dingen dann nicht, wenn mittelständische und größere Handwerksbetriebe zu diesem Instrument greifen.

So wird die Sache rund

Betriebe, die bisher mit der herkömmlichen Stempeluhr ihre Personalzeiten erfassen und errechnen, haben auch hier die Möglichkeit, über die EDV zu einer sich immer enger schließenden CIM-Strategie zu gelangen.

So bietet zum Beispiel ein süddeutsches Unternehmen ein Zeitsystem für den PC an. Die Lösung besteht im Grunde genommen aus einem Karten-Lesegerät, der Software und einem PC. Das Zeitsystem, so verspricht der Hersteller, läßt sich mit einer Schnittstelle an Lohn- und Gehaltsprogramme und durch den Export der Personaldaten an Textprogramme, Datenbanken und Tabellenkalkulationen anbinden.

Die aufwendige Auswertung der Stempelkarten dürfte jedem Sachbearbeiter ein Greuel sein. Jeder Lohnbuchhalter weiß über den Ärger mit der Belegschaft zu berichten, die allein durch Fehler in der Auswertung entstanden sind. Das System erfaßt Fehlzeiten, merkt sich nach Ihrer Eingabe von wann bis wann der Mitarbeiter im Urlaub ist und erledigt für die Lohnbuchhaltung alles weitere automatisch. Das gilt auch für Überstunden und die Errechnung von Zuschlägen.

Eine schnelle Übersicht gibt das Programm auf einzelne Fehlzeiten und alle mit der Zeiterfassung in Verbindung stehenden Eckdaten. Dabei spielt es keine Rolle, in welchem Periodenmodus dies geschieht, ob wöchentlich, monatlich oder jährlich.

Vorgehensweise "Transparent"

Im allgemeinen ist ein Mittelstands- oder Handwerksbetrieb nicht in der Lage, solch eine Strategie eigenständig aufzubauen. Es ist daher ratsam, mit einem einschlägigen Beratungspartner zusammenzuarbeiten. Sicher ist ein Berater nicht gerade preiswert, aber immerhin oft doch billiger als es selbst zu versuchen. Die Vorgehensweise in der Verbindung mit einem Berater läßt sich so beschreiben:

- Der Berater sollte unabhängig arbeiten und frei sein. Er hat die Aufgabe, aus den Problemstellungen des Betriebes ein Konzept zu entwickeln.

- Er muß einen Projektverlauf hinsichtlich der Zeitabläufe und Aufgaben dem Kunden transparent darlegen können.

- Der Berater muß die Soft- und Hardware in den Betrieb einführen, mit den Lieferanten die Verhandlungen führen und dem Betrieb Kompetenzen aufbauen.

- Es darf von dem Berater zu dem Betrieb keine Abhängigkeit entstehen.

- Der Berater ist dann zu entlassen, wenn die Kompetenzen selbständig mit dem System umgehen können.

Die drei Problemstellungen

Das Thema beinhaltet drei markante Problemstellungen, sie liegen in dem Problem des Erkennens und der Dokumentation der echten Abläufe und Durchflüsse in einem Unternehmen. Die Einsatztiefe möglicher Anwendungen, also die genaue Spezifikation der Lösungen mit der Definition der Vorteile und der technologischen Umstände. DV-typische Probleme, wie Vernetzung, Produktvielfalt oder Mensch- und Maschine-Kommunikation. Ansonsten gilt für jeden Betrieb "learning by doing!"


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