IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/1996, Seite 110 ff.


KUNDENZUFRIEDENHEIT


Der Umgang mit schwierigen Kunden

Stefan Kemnitzer Teil 2

Im Schlußteil befaßt sich der Autor mit dem Thema: Wie ich es schaffe, mich positiv auf jeden Kunden in jeder Situation einzustellen. Schier unmöglich? Nein. Es ist leichter als man zunächst glauben mag. Es ist nur eine Frage der inneren Einstellung.

Haben Sie seit dem Durchlesen und dem Verarbeiten des 1. Teils dieses Artikels Ihre Erfahrungen gemacht? Haben Sie durch bewußtes Erleben der Gesprächssituationen Ihre typischen schwierigen Kunden herausgefunden? Kennen Sie nun den Knopf in Ihrer Wahrnehmung, der durch eine bestimmte Verhaltensweise oder Äußerung vom Kunden ausgelöst wird. Prima, dann haben Sie praktische Beispiele, mit denen Sie jetzt arbeiten können.

Bevor wir richtig loslegen, möchte ich Ihnen noch kurz beschreiben, was Ihr Lern- und Trainingsfeld sein wird, auf dem Sie sich in Zukunft bewegen können. Vergleichen wir diese Arbeit mit dem Einbau einer Heizungsanlage, die Sie das erste Mal einbauen. Ich nehme an, Sie werden sich zunächst einmal informieren, welche Einzelteile Sie für die gesamte Heizungsanlage benötigen. Dann machen Sie sich darüber Gedanken, welche Handgriffe Sie an welcher Stelle und zu welchem Zeitpunkt vornehmen werden und welche Dinge dabei neu sind. Alles in allem werden Sie auf einen schriftlichen Plan und auf Ihre gedanklich vorbereitete Vorgehensweise zurückgreifen, um keinen Fehler zu machen. Ganz ähnlich sollte die Vorbereitung und das Abarbeiten des Kundengespräches ablaufen. Auch hier können Sie sich einen Plan und eine Vorgehensweise vorbereiten. Nur geschieht das in der täglichen Arbeit sehr selten, weil man sich oft über die Zusammenhänge im menschlichen Miteinanderreden nicht im klaren ist.

Wie Sie inzwischen aus dem 1. Teil dieses Artikels wissen, ist das Gefühl der Auslöser für die Form dessen was und wie Sie etwas sagen. Nicht umsonst gibt es die kluge Aussage: "Im richtigen Ton kann man alles sagen. Im falschen Ton nichts. Das einzig heikle daran ist, den richtigen zu finden."

Zum einen hat der Mensch die Möglichkeit, aus seinem Wortschatz mit den verfügbaren Wörtern Formulierungen zu bilden. Zum anderen kann er diese Formulierungen so gestalten, daß sie entweder Aussagen oder Fragen ergeben. Das ist das Grund-Handwerkszeug, so wie es bei Ihnen vielleicht die Rohrzange und der Schraubendreher ist, mit dem Sie schon viele Situationen meistern konnten.

Rufen Sie sich jetzt eine Situation mit einem Kunden ins Gedächtnis, die Sie als unangenehm und schwierig empfanden. Wie hat sich der Kunde verhalten und was hat er getan, das bei Ihnen negative Gefühle auslöste? Nehmen wir als Beispiel, der Kunde hat zu Ihrem Produktangebot oder Vorschlag eine Meinung. Und auf diesem Standpunkt beharrt er, ohne auf Ihre weiteren Informationen einzugehen. Ich vermute, daß Sie in diesem Moment deshalb den Kunden unsympathisch finden, weil dadurch, daß er Ihre Informationen nicht aufnimmt und unbeweglich auf seinem Standpunkt beharrt, Sie sich als Mensch nicht akzeptiert und auch unmächtig fühlen, diese Situation zu ändern. Was können Sie tun?

Ganz einfach, wenn Sie glauben und sehen, daß Ihr Kunde Sie scheinbar nicht versteht und damit kein Verständnis für Ihre Argumente zeigt, dann zeigen Sie ihm doch, daß Sie seinen Standpunkt verstehen und drücken ihm Ihr Verständnis für sein Verhalten aus. Wie? Indem Sie folgende Formulierungen verwenden und die Beschreibung seiner Einstellung oder Gefühlslage möglichst genau anhängen (Tabelle 2).

Tabelle 2

Verständnis-Formulierungen

Ich kann (gut) verstehen, daß ...
Ich kann (gut) nachvollziehen, daß...
Ich kann (gut) nachempfinden, daß...
Ich kann mich (gut) in Ihre Lage hineinversetzen, daß...
Ich kann (gut) nachfühlen, daß...
Mir ist klar, daß...
Ich weiß, daß...
Es überrascht mich nicht, daß...

Welche Meinung bildet sich bei Ihnen, mit diesen Formulierungen in Zukunft für alle und jede Äußerung des Kunden nicht nur Verständnis aufzubringen, sondern sie ihm gegenüber auch noch auszudrücken? Ich denke, daß es für einige von Ihnen eine hilfreiche Veränderung in ihrem Gesprächsverhalten sein wird. Anderen werden diese Worte vielleicht nur sehr schwer über die Lippen kommen. Wie sagt ein alter Spruch: "Was man selbst nicht hat, kann man auch nicht geben." Das bedeutet für die tägliche Arbeit in der Gesprächsführung, daß Sie in Zukunft nicht mehr zu-hören dürfen, sondern vielmehr hin- oder hinein-hören müssen, was Ihnen Ihr Kunde mit seinen Worten noch für Informationen mitteilt.

Ein gutes Beispiel für das richtige hin-hören ist die Situation der Reklamation: Ein Kunde kommt mit einer Reklamation zu Ihnen und beschwert sich bei Ihnen. Sie möchten diesmal anders reagieren als früher und bringen folgende Verständnisformulierung: "Ich kann gut nachempfinden, daß Sie in dieser Situation so verärgert reagieren." Die Antwort des Kunden lautet dann aber: "Herr XY, ich bin gar nicht verärgert. Ich bin einfach nur enttäuscht, weil ich mir die Leistung von Ihnen ganz anders vorgestellt habe." Was ist in dieser Situation passiert? Scheinbar haben Sie die Gefühlslage des Kunden, die sich in Form der Stimmlage, des Tempos und der Lautstärke äußert, falsch interpretiert. Was könnte nun die Folge sein? Ihr Kunde zweifelt daran, ob er auch menschlich bei Ihnen an der richtigen Adresse ist. Der Grund: Wie wir uns im 1. Teil dieses Artikels bewußt gemacht haben, ist die Basis für Sympathie die gleiche Gefühls-Wellenlänge (Bild 1).

Bild 1

Kunde

Sachliche Information

Ergebnis:
Vertrauen
Gefühlsinformation

Ergebnis:
Sympathie

Handwerker

Ihre Aufgabe: Machen Sie sich bewußt, daß das, was Sie als schwierig empfinden, nur zum Ausdruck kommende Gefühle sind und damit auch besprochen werden können. Jeder Mensch handelt nach seiner inneren Gefühlslage. Nur wer sich seiner Gefühle bewußt ist, kann von ihnen nicht beherrscht werden. Wenn Sie das trainieren und beherrschen, sind Sie in der Lage, Ihre Kunden so wahrzunehmen, wie sie sich in dieser Situation verhalten. Sie werden erfahren, daß Ihr Problemkunde zwar in dieser Situation

• rechthaberisch,
• unentschlossen,
• aggressiv,
• mißtrauisch,
• ungeduldig,
• besserwisserisch,
• emotional,
• verschlossen,
• zögernd,
• ablehnend,
• negativ,
• ...

ist; zusätzlich werden Sie dabei auch erfahren, was diesen Kunden dazu bringt, sich so zu verhalten. Sie erkennen die Ursache für sein Verhalten.

Warum kann es für Sie von Vorteil sein, die Ursache seines Verhaltens zu erfahren? Einen Vorteil kennen Sie schon. Er besteht darin, daß Sie sich besser auf das Problem des Kunden einstellen können, wenn Sie sich durch Ihre eigenen negativen Gefühle nicht blockieren lassen. Ein weiterer Vorteil wird sein, daß sich dieser Kunde trotz seiner negativen Art von Ihnen verstanden fühlt und Sie deshalb mit ihm im Gespräch zu einem Ergebnis kommen.

Wie können Sie nun zu diesem angestrebten Ergebnis kommen und wie gelingt es Ihnen, auch etwas über die Ursache seines Verhaltens zu erfahren? Jetzt kommt die 2. Art von Formulierungen zum Einsatz: die der Fragen. Sie fragen einfach Ihren Kunden nach den Informationen, die Sie brauchen, um mit ihm zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen. Das bedeutet, daß Sie Ihre Fragen in einer ganz bestimmten Form stellen:

• Sie stellen sogenannte Informationsfragen (W-Fragen), also Fragen die immer eines der Fragewörter enthalten, die mit W beginnen, z.B.: was, wie, welche, woran, weshalb, wodurch u.a.,

• nur die Frage "warum" sollten Sie vermeiden. Denn diese Frage ist schon seit frühester Kindheit bei den meisten Menschen mit negativen Gefühlen verbunden. Oft bewirken sie, daß man sich verhört und unter Druck gesetzt fühlt. Als Antwort erhalten Sie deswegen auch in der Regel nur Begründungen, Rechtfertigungen und Ausreden, die Sie aber auf dem Weg zu einem gemeinsamen Ergebnis nicht weiterbringen. Deshalb verwenden Sie statt "warum" besser "welche Gründe..." oder "aus welchen Gründen..."

Was empfinden Sie bei der Vorstellung, Ihre Kunden zukünftig in jeder Situation, zu jeder Wahrnehmung und zu jeder Äußerung zu hinterfragen?

Sie werden vielleicht sagen: "Eine völlig ungewohnte Vorstellung. Das ist doch nicht normal. Was werden meine Kunden von mir denken." Was kann ich Ihnen dazu nur sagen: "Sie haben vollkommen recht." Denn der Mensch ist ein Gewohnheitstier und empfindet das, was die Mehrzahl seiner Artgenossen tut, als normal und beurteilt deswegen auch das, was die Mehrheit tut, als richtig, auch wenn es, wie es das tägliche Leben zeigt, zu vollkommen unbefriedigenden Ergebnissen führt. Nicht umsonst haben zwei weise Menschen einmal folgende zwei weise Aussagen getroffen:
"Lieber geht der Mensch zugrunde, als daß er seine Gewohnheiten ändert." und
"Nur wer gelernt hat, sich selbst zu kontrollieren, kann nicht von anderen kontrolliert werden."

Kehren wir zurück zu Ihren täglichen Gesprächen mit Ihren schwierigen Kundentypen. Trainieren wir unsere eigenen Formulierungsmöglichkeiten, indem wir uns für bestimmte verschiedene Kundenverhaltensweisen, die entsprechenden Aussagen- und Frage-Formulierungen überlegen. Gewöhnen Sie sich zusätzlich zu dem bisher Gesagten auch an, daß Sie bei den weniger lauten und gesprächsaktiven Kunden, Ihre Wahrnehmungen in sogenannte Ich-Aussagen verpacken. Beispiele:
• kritisch, ablehnend, negativ, zweifelnd
"Ich höre aus Ihren Worten, daß Sie eventuell noch Zweifel haben. Welche Informationen wünschen Sie noch von mir, damit Ihre Zweifel beseitigt sind?" oder "Ich sehe, daß Sie der Sache noch ablehnend gegenüberstehen. Was für Dinge sind im Moment noch für Ihre ablehnende Haltung verantwortlich?" oder "Ich finde, daß Sie die Angelegenheit noch ziemlich negativ betrachten. Was hindert Sie im Moment noch daran, sich der Angelegenheit gegenüber etwas aufgeschlossener zu zeigen?"
• unentschlossen, zögernd, unsicher, zurückhaltend
"Ich habe das Gefühl, daß Sie noch unentschlossen sind. Was kann ich noch dazu beitragen, damit Sie selbst eine Entscheidung treffen können?" oder "Ich sehe, daß Sie noch zögern. Was würde passieren, wenn Sie es trotzdem einfach täten?"

• besserwisserisch, rechthaberisch, eingebildet, geltungsbedürftig
"Ich sehe, Sie sind von Ihrer Meinung überzeugt. Was könnte Sie dazu veranlassen, auch einmal eine andere Meinung kennenzulernen?" oder "Ich höre aus Ihren Worten, daß Sie von Ihrem Standpunkt sehr überzeugt sind. Was müßte geschehen, damit Sie Ihren Standpunkt verlassen?"
• aggressiv, unfreundlich, unhöflich, rücksichtslos, ungeduldig
"Ich sehe, Sie wollen schnell zu einem Ergebnis kommen. Wie sollte das Ergebnis aus Ihrer Sicht aussehen?" oder "Ich habe das Gefühl, Sie legen auf große Höflichkeitsfloskeln keinen Wert. Wie möchten Sie, daß unsere Zusammenarbeit ablaufen soll?"

Welche Vorstellungen lösen diese Vorschläge aus? Prüfen Sie sie auf die Einstellungen, die eventuell dahinter verborgen sein könnten. Von meiner Seite habe ich Ihnen nun ein Grund-Handwerkszeug beschrieben und an die Hand gegeben, bei dem es jetzt in Ihrer Hand liegt, welche Ergebnisse Sie damit erarbeiten. Machen Sie sich immer bewußt, daß jedes Gespräch, das Sie mit Ihrem Kunden führen, aus einem
• wahrnehmen = hin-hören und hin-sehen,
• Gefühl erkennen,
• Gefühl zum Ausdruck bringen,
• Gefühl hinterfragen
besteht. Haben Sie die innere Ruhe und Ausgeglichenheit und können Sie diese Reihenfolge in Ihrer Gesprächsführung in Form von Ich-Aussagen und W-Fragen umsetzen, so wird es für Sie in der Zukunft keine schwierigen Kunden mehr geben.


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