IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/1996, Seite 57 ff.


HEIZUNG


Wärme, die aus dem Boden kommt

Dipl.-Ing. Herbert Fellinger

Fußbodenheizungen der heutigen Generation sind mit den Modellen von vor 20 Jahren nicht mehr zu vergleichen. Dies gilt für die Anschaffungskosten ebenso wie für Betriebs- und Wartungskosten, für die ökologisch sinnvolle Funktion ebenso wie für die größere Effektivität.

Abgesehen von der subjektiven Behaglichkeit lassen sich die Vorteile einer Fußbodenheizung auch sachlich darstellen. Zum Beispiel gibt es keine Stellprobleme für Möbel, keine Heizkörpernischen und damit keine zusätzliche Wärmedämmung an der Fassade. Schließlich - und das ist eines der wichtigsten Argumente - veranlaßt die geringe Oberflächentemperatur der Flächenheizung im niedrigen Temperaturbereich (maximal 50°C Vorlauftemperatur) immer mehr Bauherren, Fußbodenheizungen einzubauen. Diese geringen Vorlauftemperaturen sind ökologisch sinnvoll: Sie drängen gerade dazu, alternative Energiequellen wie Wärmepumpen und Sonnenkollektoren zu nutzen.

Fußbodenheizungen geben Wärme nahezu ausschließlich als Strahlungswärme ab. Die milde Strahlung, die vom gesamten Boden des Raumes ausgeht, bewirkt eine nahezu ideale Temperaturverteilung (Bild 1).

Bild 1: Prinzipielle Temperaturverteilung bei unterschiedlichen Beheizungssystemen.

 

Die optimale Oberflächentemperatur einer Fußbodenheizung liegt bei 23 bis 24°C. Als äußerster Grenzwert in Daueraufenthaltsbereichen, etwa Sitzecken oder Arbeitsflächen, gelten heute 29°C, um keine unbehagliche Fußwärme aufkommen zu lassen. Damit liegt die Oberflächentemperatur des Fußbodens nur um einige Kelvin höher als die Raumlufttemperatur. Der Grenzwert für Randzonen - etwa vor Fenstern, wo sinkende Kaltluft erwärmt werden muß - ist in der DIN 4725 Teile 2 und 3 mit einer maximalen Oberflächentemperatur von 35°C festgelegt.

Bei 29°C Fußboden-Oberflächentemperatur und 20°C Raumtemperatur liegt die spezifische Wärmeleistung einer Fußbodenheizung bei etwa 100 W/m2. In diesem Rahmen muß auch der flächenbezogene, spezifische Wärmebedarf des Gebäudes gehalten werden. Das Argument, Niedertemperatur-Heizungen sind wegen des größeren Aufwandes für die Wärmedämmung des Gebäudes relativ teuer, gilt seit der Einführung der neuen Wärmeschutzverordnung nicht mehr. Hier heißt es: "Bei Flächenheizungen darf der Wärmedurchgangskoeffizient der Bauteilschichten zwischen der Heizfläche und der Außenluft, dem Erdreich oder Gebäudeteilen mit wesentlich niedrigeren Innentemperaturen den Wert 0,35 W/(m2 · K) nicht überschreiten."

Der vereinfachte Nachweis durch das Bauteilverfahren verlangt diese Dämmung auch ohne Fußbodenheizung. Früher betrug dieser Wärmedurchgangskoeffizient 0,45 W/(m2 · K).

Gleichfalls vorteilhaft: Fußbodenheizungen weisen einen sogenannten Selbstregelungseffekt auf. Durch den Einfluß anderer Wärmequellen wie Beleuchtung oder Sonneneinstrahlung wird die Wärmeabgabe der Fußbodenheizung reduziert. Bei einer Anhebung der Raumlufttemperatur um 1K tritt eine unmittelbare Verringerung der Wärmeabgabe der Heizfläche von etwa 17%, bei 2K von etwa 30% und bei 3K von fast 50% auf. Hat die Raumluft die Temperatur der Heizfläche erreicht, kommt die Wärmeabgabe zum Stillstand (Tabelle).

Tabelle: Verringerung der Wärmeabgabe einer Fußbodenheizung bei zunehmendem Einfluß von Fremdwärme

Angenommene Temp. der Raumluft: + 19°C
Angenommene Temp. der Fußbodenoberfläche: + 25°C

Bei einem Temperaturanstieg der Raumluft infolge Fremdwärmeeinwirkung

verringert sich die Wärmeabgabe der Fußbodenfläche um etwa

Temperatur- differenz

z.B. von 19°C auf 20°C

von 19°C auf 21°C

von 19°C auf 22°C

von 19°C auf 25°C

17%

30%

50%

100%

1 K

2 K

3 K

6 K

Hohe Installationskosten gehören der Vergangenheit an: Das arbeitsaufwendige Biegen und Zusammenschweißen von Stahlrohren wurde durch das zeitsparende Verlegen von flexiblen Endlos-Kunststoffrohren abgelöst.

Fußbodenheizungen lassen sich allgemein in zwei Verfahrens-Gruppen einteilen: Naß- und Trockenverlegung.

Bei der Naßverlegung, die gewöhnlich eingesetzt wird, werden ausschließlich Heizestriche auf Dämmschichten ausgeführt. Der Estrich (Höhe > 65mm) muß die Heizrohre völlig umschließen, um eine rasche Wärmeübertragung zu gewährleisten. Um die Fließfähigkeit des Estrichs zu verbessern, empfiehlt es sich einen Plastifizierer zu verwenden.

Bild 2: Formplatte mit verlegten Heizrohren.

Früher wurden die Rohrschlangen oder Rohrspiralen auf Baustahlgewebe oder Trägerschienen verlegt und mit Rohrschellen oder speziellen Befestigungselementen fixiert. Heutzutage bieten namhafte Firmen komplette Systeme an. Dabei werden Formplatten verlegt, an deren Unterseiten die Wärme- und Trittschalldämmung bereits aufgebracht ist. Die Formplattenfolie selbst bildet die Feuchtigkeitssperre zwischen Estrich und Dämmung. Die Formplatte ist an der Oberseite mit Noppen versehen, die als Rohrhalterung dienen, zwischen denen die Kunststoffrohre aus Polybuten (PB) oder vernetztem Polyethylen (PE-X) zügig verlegt und exakt fixiert werden können. Ein sicherer Plattenverbund schließt Montagefehler aus. Zudem ermöglichen die Noppen eine Rohrverlegung im Rastermaß von 10 - 20 - 30 cm bzw. 7,5 - 15 - 22,5 - 30 cm (Bild 2) und gewähren den Schutz der Rohre vor mechanischer Beschädigung durch eine höhere Oberkante.

Auch der Randdämmstreifen, der den schwimmenden Heiz-Estrich vom Mauerwerk trennt, ist Bestandteil des Systems. Einerseits verhindert er die Schallübertragung vom Fußboden ins Mauerwerk, andererseits bildet er einen Puffer für den Estrich, der sich bei Heizbetrieb ausdehnt.

Die Kunststoffrohre werden in Rollen geliefert. Sie besitzen eine Lebensdauer von über 50 Jahren. Sie sind korrosionsfrei und sauerstoffdicht. Dies bedeutet ein Höchstmaß an Betriebssicherheit. Ebenfalls korrosionsfrei sind Messing-Verteilerstationen, die mit Ventilen für Vor- und Rücklauf als Aufputzstation oder zum Einbau in Unterputz-Verteilerkästen geeignet sind (Bild 3). Systemhersteller bieten hierzu Regelkomponenten für Einzelraum- bzw. Zonenregelungen an.

Bild 3: Fertig installierter Unterputz-Verteilerkasten.

Ideal als Fußbodenbeläge: Fliesen oder Terrakotta, Natur- oder Kunststein. Elastische Beläge wie PVC müssen ebenso wie deren Kleber durch den Hersteller als "für Fußbodenheizungen geeignet" ausgewiesen sein. Teppichböden sollten keinen zu hohen Wärmedurchlaßwiderstand haben. Als zulässige Höchstgrenze schreibt DIN 4725 Teil 4 einen Wärmedurchlaßwiderstand von 0,15 m2 · K/W vor. Handelsübliche Teppiche haben bei ca. 8 mm Dicke einen Wärmedurchlaßwiderstand zwischen 0,06 und 0,10 m2 · K/W. Holz ist als Belag auf Heizestrichen nur als Mosaik-Parkett geeignet, da Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen ein Quellen und Schrumpfen des Materials verursacht.

Bild 4: Schnitt durch einen Fußboden mit trockenverlegter Fußbodenheizung.

 

Die Trockenverlegung der Fußbodenheizung eignet sich zur Nachrüstung in Altbauten, wenn diese grundlegend saniert werden. Hier werden die Rohre innerhalb der profilierten Dämmschicht oder profilierten Holzspanplatten verlegt (Bild 4). Gegenüber Naßsystemen sind die Heizrohre also nicht vom Estrich umschlossen. Die dadurch bedingt ungünstigere Wärmeabgabe wird durch zusätzliche Wärmeleitbleche sowie einen niedrigeren Aufbau kompensiert. Durch die geringe Speichermasse wird eine gute Regelbarkeit erreicht. Bezüglich der Dämmung, Regelung und Auslegung gilt ebenso wie bei Naßsystemen die Anforderungen der Wärmeschutzverordnung und der DIN 4725. Die Verlegung der Rohre (PB oder PE-X) erfolgt in der Regel mäanderförmig.

Trockenestrich aus Holz- oder Gipsbaustoffen lassen sich auf der Dämmschicht gut verarbeiten. Die Gründe: geringe Bauhöhe, geringe Deckenbelastung, keine Baufeuchtigkeit, schneller Baufortschritt.


B i l d e r : Thyssen Polymer GmbH


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