IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/1996, Seite 24 ff.


HEIZUNG


Neue Ein- und Zweifamilienhäuser ohne Pumpenwarmwasserheizungen?

Dipl.-Ing. Hans-Peter Sproten*

Ein provokanter Titel in einer SHK-Fachzeitschrift, aber - hätten Sie mit dem Lesen dieser Zeilen begonnen, wenn die Überschrift einmal mehr "Wärmeschutz- oder Heizungsanlagen-Verordnung" geheißen hätte? Zugegeben, dies ist eine herausfordernde Überschrift für den klassischen SHK-Markt, aber - bedenkt man die nachfolgend aufgeführten Fakten, wird deutlich, daß Veränderungen dringend nötig werden.

Neubauten werden, abgesehen von den sicherlich nie zu vermeidenden Ausführungsmängeln bei der Wärmedämmung, nach "neuer" Wärmeschutzverordnung erstellt. Daraus ergibt sich folgendes:

Der Dämmungsaufwand ist hoch.

Die Anlagentechnik ist, aufgrund der sich ergebenden Wärmebedarfswerte von ca. 50 W/mē, heizleistungsseitig niedrig.

Die Auslegungen der Wärmeerzeuger erfolgen nach dem Warmwasser (TWW)-Bedarf.

Die Anlagentechnik für die (TWW)-Bereitung spielt für die Auswahl des Heizungssystems die entscheidende Rolle.

Der Einsatz von Pumpenwarmwasserheizungsanlagen (PWW) wird z.T. fragwürdig.

Finanzielle Förderungen für Wärmepumpen und Solartechnik verdrängen ebenfalls die PWW.

Mit Umsatzrückgängen auf dem Heizungssektor ist zu rechnen.

Aus den Forderungen nach "luftdichter" Bauweise gemäß Wärmeschutzverordnung resultiert:
- Die technische Notwendigkeit zum Einsatz von mechanischen Lüftungsanlagen im Wohnungsbau ist gegeben.
- Ein hoher finanzieller Aufwand für PWW und Lüftung, als aufwendige Anlagenkonzeption, ist am Markt nicht durchsetzbar.

Die Wärmeerzeuger (WE) für TWW und Heizung stellen sich wie folgt dar:

Die Wirkungsgrade der (WE) sind ausgereizt.

Es besteht ein hoher sicherheitstechnischer Standard.

Ein langfristig störungsfreier Betrieb, z.T. auch ohne enge Wartungsintervalle, ist möglich.

Es besteht der Trend zu einer relativ teuren Anlagentechnik.

Hauptsächlich die vorgenannten Gegebenheiten beeinflussen den klassischen Pumpenwarmwasserheizungs (PWW)-Markt in zunehmender Weise. Wir müssen uns als Branche kurzfristig die Frage stellen, wie der Neubaumarkt zumindest heiztechnisch zu halten ist. Die Strategie, über möglichst langlebige, hochwertige und somit im Verhältnis zu teuren Anlagen, Marktfelder zu belegen, muß bezweifelt werden. Wärmeerzeugungsmöglichkeiten mit anderen Energieträgern bedeuten hier harte Konkurrenz.

Kennzeichnend dafür ist die regional häufig vorhandene Situation, daß Gasanschlüsse für den Neubaubereich des Einfamilienhauses - ein aus Sicht der Gasversorgungsunternehmen (GVU) wenig lukrativen Bereich - stark diskutiert werden. Ein Elektroanschluß gehört zum Standard und somit ergibt sich die Gefahr, daß die wenigen kW Heizleistung elektrisch abgedeckt werden. Die TWW- Bereitung erfolgt daher über - Elektrodurchlauferhitzer. Die Beantwortung der Frage, inwiefern die SHK-Branche hier überhaupt noch zum Zuge kommt, wird durch eine novellierte Handwerksordnung, die ungeahnte Möglichkeiten für andere, nahestehende Branchen bietet, sicherlich nicht erleichtert.

Es darf keinesfalls geschehen, daß Heizungstechnik noch anspruchsvoller, noch teurer und aufwendiger wird. Im Gegenteil: Die Branche - und hier sind vor allem die Hersteller gefordert - sollte, um PWW in Neubauten überhaupt noch einsetzbar machen zu können, die entsprechenden Vorteile, die sicherlich vorhanden sind, vorzeigen. Gut gemeinte Einzelaktionen wie z.B. "55/45" o.ä. sind dazu nicht geeignet. Es ist entsprechender Einfluß auf die Politik zu nehmen, um endlich auch einmal den Kunden, Umweltverbänden, Verbraucherzentralen und Planern klar zu machen, daß elektrische Alternativen zwar im Investitionsbereich Vorteile bieten, bei den Verbrauchskosten, der Umweltentlastung und Behaglichkeit in Gebäuden jedoch in der Regel schlecht abschneiden. Der Einstieg, über die Argumentation einer komfortablen TWW-Bereitung PWW zu verkaufen, ist dabei verstärkt ins Auge zu fassen. Das Anspruchsdenken der Kunden in diesem Bereich ist selbst bei Niedrigenergiehauserbauern vorhanden.Weitere Unterstützung ist nun auch von den Partnern gefragt, die Öl und Gas verkaufen. Langfristig spürbar sind auch sie von Umsatzrückgängen betroffen. Dies sollte - sofern möglich - umgesetzt werden:

- Einsparung des Schornsteins
- Einsparung überflüssiger Überprüfungen von Feuerungsanlagen, die mittlerweile höchsten sicherheitstechnischen Anforderungen gerecht werden, durch den Schornsteinfeger.
- Lösungen im "Ölbereich"
- Fortfall des Schornsteins
- Ergänzung fehlender Konstruktionen im kleinen Leistungsbereich der Wärmeerzeuger
- Weitgehende Wartungsfreiheit der Anlagentechnik inkl. WE
- Reduzierung der elektrischen Leistungsaufnahme von Pumpen, Ventilatoren etc.
- Durch allgemein anerkannte Regeln der Technik gesicherte, einfache Verlegetechniken von Rohren, Leitungen, Kanälen ohne weitere überzogene Anforderungen an Wärme- und Schallschutz
- Kompatibilität verschiedener Komponenten wie z.B. Wärmeerzeuger/Abgasanlagen, Rohrleitungen und deren Verbindungen
- Wohnungslüftung als verbindliche, preiswerte Technik
- Überwindung einer Ablehnung von Lüftungssystemen durch Branche und Kunden

Diesen Anforderungen müssen wir uns stellen, wollen wir den Wohnungsbau vor allem im Ein- und Zweifamilienhaus auch weiterhin als unseren Markt bezeichnen.


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