IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/1996, Seite 154 ff.


RECHT-ECK


Abnahmeverweigerung

Strategie und Abwehrmaßnahmen

RA Friedrich-W. Stohlmann

Die SHK-Betriebe erleben es häufig, daß der Auftraggeber sich seiner Zahlungspflicht dadurch zu entziehen versucht, daß er die Abnahme der Werkleistung nach ß 640 BGB bzw. ß 12 VOB/B unterläßt oder solange wie möglich hinzieht. Bei einer entsprechenden Auftragshöhe können bereits einige Wochen Zahlungsverzögerung enorme Zinsgewinne zugunsten des Auftraggebers bringen mit der Folge, daß der Unternehmer seinen Überziehungskredit nicht rechtzeitig und fristgerecht abbauen kann.

Begriff und Bedeutung der Abnahme

Die Abnahme nach ß 640 BGB / ß 12 VOB/B ist eine Besonderheit des Werkvertrags bzw. Baurechts. Anders als bei der kaufvertraglichen Abnahmeverpflichtung nach ß 433 Abs. 2 BGB bedarf es neben der körperlichen Hinnahme der Sache zur Leistungserfüllung zusätzlich einer Willenserklärung des Auftraggebers, daß er das Werk als ordnungsgemäß und vertragsrechtlich billigt. Daher beinhaltet die Abnahme beim Werkvertrag die körperliche Entgegennahme des Leistungsgegenstandes verbunden mit einer ausdrücklichen oder stillschweigend erklärten Billigung, daß die Leistung als vertragsgemäß entgegengenommen wird. Diese Abnahmepflicht des Auftraggebers, im Sinne der genannten Bestimmungen, wird nach herrschender Meinung zu Recht als eine vertragliche Hauptpflicht angesehen.

Die Abnahme löst zwischen dem Besteller (Auftraggeber) und Werkunternehmer (Auftragnehmer) eine Reihe entscheidender Rechtswirkungen aus:

Soweit der Auftraggeber die Abnahme verweigert, obwohl der Unternehmer seinen Leistungspflichten nachgekommen ist, so kann es für den Unternehmer von größter Bedeutung sein, wenn er die oben genannten Abnahmewirkungen auf andere Art und Weise herbeiführen kann. Wäre der Unternehmer gezwungen, die Erfüllung der Hauptpflicht "Abnahme" durch den Auftraggeber im Klageweg durchzusetzen und nach Rechtskraft des Urteils nach ß 888 Zivilprozeßordnung zu vollstrecken, so käme dies bei normaler Prozeßdauer in der Regel viel zu spät. Soweit der Unternehmer sofort Zahlungsklage erhebt, so muß das Gericht inzidenter über die Abnahme entscheiden. Verzugszinsen könnten dann aber erst mit der Rechtshängigkeit der Klage geltend gemacht werden.

Lösungsmöglichkeiten

Vorab ist vom Auftragnehmer zu klären, ob der Auftraggeber die Abnahme endgültig verweigert oder nur eine vorübergehende Verweigerung vorliegt. Bei einer endgültigen, ernsthaften Verweigerung durch den Auftraggeber, z.B. mit dem Hinweis, daß die Werkleistung als völlig abnahmeunfähig von ihm zurückgewiesen werde, wird in der Rechtsprechung davon ausgegangen, daß die endgültige Abnahmeverweigerung die Fälligkeit der Zahlung auslöst und die Verjährung etwaiger späterer Gewährleistungsansprüche mit diesem Zeitpunkt beginnt.

Allen Überlegungen gemeinsam ist der richtige Ausgangspunkt, daß es Treu und Glauben widerspräche, wenn der Besteller sich seinen zahlreichen, mit der Abnahme verbundenen Pflichten, schlicht durch die einfache Erklärung entziehen könnte, er werde das Werk nicht abnehmen. Konsequenterweise müssen mit der Abnahmeverweigerung jedoch nicht nur Fälligkeit und Verjährungsbeginn eintreten, sondern sämtliche oben genannten Rechtsfolgen der Abnahme eintreten. Entscheidend dafür ist allein die Ernsthaftigkeit und Endgültigkeit der Abnahmeverweigerung.

Vorübergehende Abnahmeverweigerung

Eine vorübergehende Abnahmeverweigerung liegt vor, wenn der Besteller die Abnahme zwar gegenwärtig ablehnt, aber seine grundsätzliche Abnahmebereitschaft für einen späteren Zeitpunkt signalisiert.

Im Gegensatz zu der zuvor erörterten endgültigen Abnahmeverweigerung ist bei der vorübergehenden Abnahmeverweigerung danach zu differenzieren, ob die Abnahmeverweigerung berechtigt war oder nicht. Denn im Falle der vorübergehenden Abnahmeverweigerung hat der Besteller zu erkennen gegeben, daß er an seinem Erfüllungsanspruch gegenüber dem Unternehmer nach ß 631 BGB festhalten will.

Sofern es sich um einen Vertrag handelt, der ausschließlich nach BGB-Vorschriften zu beurteilen ist, kann der Besteller die Abnahme berechtigterweise selbst dann verweigern, wenn das Werk nurmit geringfügigen Mängeln behaftet ist. Begründet wird dies in der Rechtsprechung im wesentlichen damit, daß nach der gesetzlichen Regelung des ß 631 BGB zu der vom Unternehmer geschuldeten Leistung die vollständige und mangelfreie Erstellung des Gesamtwerkes gehört. Erst wenn der Besteller sich durch Erklärung der Abnahme mit dem abgelieferten Werk als im wesentlichen vertragsgemäß einverstanden erklärt hat, soll der Besteller auf die Sekundärrechte nach ß 633 ff BGB verwiesen werden, wie z.B. Nachbesserung oder Minderung des Werklohns.

Die Berufung auf geringfügige Mängel ist allenfalls dann ausgeschlossen, wenn dieses Berufen auf Mängel treuwidrig ist. Dabei ist insbesondere abzuwägen, ob sich auf seiten des Bestellers die Abnahmeverweigerung als "Schikane" darstellt. Sofern es sich um einen Vertrag handelt, auf den die Vorschriften der VOB/B anwendbar sind, ist die Abnahmeverweigerung aufgrund von Mängeln gemäß ß 12 Nr. 3 VOB/B nur dann zulässig, wenn die Mängel wesentlich sind. Liegt also eine berechtigte vorübergehende Abnahmeverweigerung vor, so treten die Abnahmewirkungen nicht ein. Vielmehr verbleibt dem Besteller der ursprüngliche Erfüllungsanspruch nach ß 631 BGB. Der Unternehmer ist gehalten, seine Leistung vertragsgerecht zu erbringen.

Unberechtigte vorübergehende Abnahmeverweigerung

Bei der unberechtigten vorübergehenden Abnahmeverweigerung sieht das Gesetz mehrere Möglichkeiten vor, um zu verhindern, daß der Besteller aufgrund unberechtigter Weigerungen sämtlichen Folgen der Abnahme entgeht.

Kommt der Auftraggeber seiner Hauptpflicht zur Abnahme des Werkes entgegen ßß 294 - 299 BGB nicht nach, so gerät er in Annahmeverzug im Sinne des ß 293 BGB, ohne daß es eines Verschuldens bedarf. Dies hat zur Folge, daß die Haftung des Unternehmers nach ß 300 BGB auf die Fälle des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit vermindert wird.

Außerdem kann der Unternehmer nach ß 304 BGB Ersatz von Mehraufwendungen geltend machen. Hierzu zählen die Kosten im eigenen Betrieb für die Vorhaltung von Personal und Ausrüstungen oder Umorganisationen ebenso wie Feuer- oder Einbruchsversicherungsprämien oder Aufwendungen für Wachpersonal und Noterhaltungsmaßnahmen. Zwar ist der Unternehmer nicht verpflichtet, die sogenannten Bauleistungsversicherungen auch nach Annahmeverzug aufrechtzuerhalten, jedoch wird ihm dies regelmäßig aus zwei Gründen anzuraten sein: Zum einen besteht immer eine gewisse Unwägbarkeit, ob und ggf. wann Abnahmeverzug eingetreten ist. Zum anderen ist es höchst risikoreich, das Bauwerk völlig unversichert zu lassen, solange der Unternehmer wegen seines Zahlungsanspruches weder befriedigt noch gesichert ist.

Sollte das Bauwerk z.B. durch Brand oder Einbruch beschädigt werden, hätte der Unternehmer nur eine (unter Umständen wertlose) Forderung gegen den Besteller an Stelle einer Versicherungsleistung.

Eine typische nach ß 304 BGB ersatzpflichtige Noterhaltungsmaßnahme liegt z.B. vor, wenn der Unternehmer im Winter Heizkosten trägt, um die Abnahmereife des Werkes zu erhalten. Schließlich bewirkt der Annahmeverzug, daß nach ß 644 Abs. 1 BGB die Vergütungsgefahr auf den Besteller übergeht, d.h. auch bei einer nunmehr eintretenden Verschlechterung oder einem Untergang des Werkes kann der Unternehmer die volle Vergütung verlangen, ohne zur Neuherstellung verpflichtet zu sein.

Wichtig ist insbesondere, daß der Unternehmer den Verzug des Auftraggebers herbeiführt, indem er dem Auftraggeber eine Frist zur Durchführung der Abnahme setzt. Gleichzeitig sollte in dem Fristsetzungsschreiben darauf hingewiesen werden, daß sich bei Verweigerung der Abnahme die Gegenseite in Verzug mit der Abnahme befindet und daher die entsprechenden Rechtsfolgen, wie zuvor genannt, eintreten.

Der Unternehmer sollte immer ausreichende Klarheit über den Zeitpunkt des Eintritts des Schuldnerverzuges bei einer entsprechenden Verweigerung der Abnahme durch den Auftraggeber haben, in dem er das bezugauslösende Schreiben per Einschreiben/Rückschein versendet oder aber per Boten zustellen läßt. Der Bote muß selbstverständlich den Inhalt des Schreibens kennen, um später vor Gericht bestätigen zu können, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt der Zugang dieses wichtigen Schreibens bewirkt wurde. Dabei reicht der Einwurf des Briefes in den Briefkasten des Auftraggebers.

Besonderheiten der VOB/B

Liegen dem Bauvertrag kraft individueller Vereinbarung die Bestimmungen der VOB/B zugrunde, so ist stets zu prüfen, ob die Abnahmewirkung nicht schon vor der Abnahmeverweigerung durch den Auftraggeber eingetreten ist. Dabei ist davon auszugehen, daß der Abnahmebegriff nach BGB und VOB identisch ist.

Achtung: Die VOB/B wird nur wirksam vereinbart, wenn mit dem Angebot auch der Text der VOB/B dem Auftraggeber übermittelt wurde.

Nach ß 12 Nr. 1 VOB/B kann der Auftragnehmer vom Auftraggeber die Abnahme innerhalb von zwölf Werktagen nach Fertigstellung seiner Leistung verlangen, sofern keine andere Frist vereinbart ist. Kommt der Auftraggeber dieser Frist nicht nach, so treten mit Fristablauf die gleichen Wirkungen ein, wie sie zuvor geschildert wurden.

Sobald der Auftraggeber sich mit der Abnahme in Verzug befindet, kann der Auftragnehmer nach Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung kündigen. Er hat dann nach ß 9 Nr. 3 VOB/B Anspruch auf Abrechnung nach den Vertragspreisen sowie auf eine angemessene Entschädigung nach
ß 642 BGB.

Weitergehende Ansprüche, wie z.B. Verzugszinsen gem. ß 686 BGB oder nach ß 16 Nr. 5 Abs. 3 Satz 3 VOB/B bleiben ausdrücklich unberührt. Eine weitere Besonderheit des ß 12 ist der Teilabnahmeanspruch. Gemäß ß 12 Nr. 2 a VOB/B hat der Auftragnehmer einen klagbaren Anspruch auf Teilabnahme für in sich abgeschlossene Teile der Werkleistung.

Eine weitere Eigenart der VOB ist darin zu sehen, daß eine förmliche Abnahme nach ß 12 Nr. 4 VOB/B von jeder Vertragspartei verlangt werden kann und zwar ist diese innerhalb von zwölf Werktagen nach dem Verlangen durch eine Partei durchzuführen. Erscheint der Auftragnehmer zum vereinbarten Abnahmetermin nicht, so kann gem. ß 12 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B der Auftraggeber die Abnahme in Abwesenheit des Auftragnehmers durchführen. Erscheint der Auftraggeber nicht zum Termin, so kommt er in Abnahmeverzug. Für den Fall, daß dieses Verhalten des Auftraggebers als endgültige oder vorübergehende Abnahmeverweigerung zu beurteilen ist, treten die entsprechenden und bereits zuvor erörterten Rechtsfolgen ein.

Checkliste zur Konfliktbewältigung

Für den Unternehmer empfiehlt sich im Falle der Abnahmeverweigerung durch den Besteller folgendes Vorgehen:

  • Zunächst ist zu prüfen, ob eine vorübergehende oder eine endgültige Abnahmeverweigerung durch den Besteller vorliegt.
  • Bei unberechtigter vorübergehender Abnahmeverweigerung können sämtliche Abnahmewirkungen herbeigeführt werden, indem der Unternehmer den Besteller in Schuldnerverzug nach ß 284 ff BGB setzt. Hierzu sollte unverzüglich eine Mahnung ausgesprochen werden, sofern diese nicht ausnahmsweise nach ß 284 Abs. 2 BGB entbehrlich ist (Schriftform!).
  • Bei berechtigter vorübergehender Abnahmeverweigerung bleibt dem Auftragnehmer nur, die Mängel so schnell wie möglich zu beseitigen oder eine entsprechende Einigung (beispielsweise über eine Minderung des Werklohnes oder Verschiebung der Restarbeiten) mit dem Auftraggeber herbeizuführen.
  • Bei der endgültigen Abnahmeverweigerung treten zwar die oben genannten Rechtsfolgen ein. Es empfiehlt sich aber dennoch, auch hier eine endgültige Inverzugsetzung mit der Abnahme herbeizuführen.

Außerdem enthält die VOB/B die sogenannte fiktive Abnahme im Sinne des ß 12 Nr. 5 Abs. 2. Diese führt sämtliche Wirkungen einer "echten" Abnahme herbei. Sie knüpft unabhängig von der inneren Einstellung des Auftraggebers allein an äußere Ereignisse (Fristablauf, Ingebrauchnahme) an, gleichgültig, ob der Auftraggeber die Werkleistung billigen will oder nicht. Voraussetzung ist allerdings, daß weder eine Abnahme nach ß 12 Nr. 1 noch nach Nr. 4 VOB/B verlangt wurde. Die fiktive Abnahme ist von der konkludenten Abnahme zu unterscheiden. Letztere kann der Auftraggeber durch schlüssige Handlungen herbeiführen, wie z.B. die vorbehaltlose Bezahlung der Restvergütung oder den beanstandungslosen Einzug in ein fertiggestelltes Bauwerk. Aus diesen Darlegungen ist schon zu erkennen, daß die Vereinbarung der VOB/B für den Unternehmer für den Bereich der Abnahme erhebliche Vorteile aufweist.

Risikominimierung durch entsprechende Vertragsgestaltung

Durch sorgfältige Vertragsgestaltung können Probleme bei der Abnahme wirksam verhindert werden. So empfiehlt es sich beispielsweise, folgende Spätestfrist mit dem Auftraggeber zu vereinbaren:
"Nach Abschluß der Arbeiten meldet der Unternehmer dem Besteller schriftlich die Abnahmebereitschaft. Der Besteller wird danach innerhalb von zehn Werktagen schriftlich die Abnahme erklären oder unter schriftlicher Darlegung der Gründe die Abnahme verweigern.
Verstreicht die Zehntagesfrist, ohne daß eine der beiden vorgenannten Erklärungen beim Unternehmer eingeht, so gilt das Werk mit Fristablauf als mangelfrei abgenommen."

Gelegentlich wird der Auftraggeber versuchen, trotz Weigerung der Abnahme das Werk gleichwohl für seine Zwecke in Gebrauch zu nehmen. Hier sollten Abnahmefiktionen, ggf. auch ohne vorangegangene Meldung der Abnahmebereitschaft vereinbart werden. Bei Maschinen und Anlagen wäre folgender Text empfehlenswert:
"Das Werk gilt als abgenommen, wenn der Besteller es, außer zu Testzwecken, in Gebrauch nimmt oder sonst nutzt."

Bei Bauwerken:
"Das Werk gilt als abgenommen, wenn der Auftraggeber wesentliche Teile bezieht, die Produktion aufnimmt oder das Werk sonst über bloße Testzwecke hinaus nutzt."

Die Abnahme ist als Zäsur zwischen Leistungserfüllung und Beginn etwaiger Gewährleistungsansprüche von erheblicher Bedeutung für den Unternehmer. Er sollte stets auf schnelle Durchführung der Abnahme nach Erstellung seiner Leistung drängen.


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