IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/1996, Seite 144 ff.


LÜFTUNG


Adiabatisch kühlen - auch ohne konventionelle Kälteanlage

Dipl.-Phys. Gaby Kühnemann

Wegen der umweltschädigenden Wirkung muß künftig auf den Einsatz von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) verzichtet werden. Die Suche nach Alternativen hat in der Luft- und Klimatechnik zu einer Rückbesinnung auf ein bekanntes physikalisches Prinzip geführt: der Verdunstungskühlung. Dieser Vorgang, bei dem die Luft durch Wasseraufnahme bei gleichem Druck und bei gleichem Wärmeinhalt abkühlt, wird auch als adiabatische Luft-Zustandsänderung bezeichnet. Die vorliegende Arbeit beschreibt das Prinzip und nennt seine Einsparvorteile.

Selbst Lebewesen nutzen die adiabatische Kühlung für ihre zweite Kühlstufe: Kann über die Oberfläche nicht genügend Wärme abgeführt werden, wird die Haut durch Transpiration befeuchtet. Durch die Verdunstung wird dann die Oberfläche gekühlt. Ein weiteres Beispiel für die adiabatische Kühlung ist der Vorgang bei Regenbeginn - hier kühlt sich die Luft sofort um einige Grade ab. In Klimageräten oder Rückkühlwerken entsteht der gleiche Effekt durch das Verdunsten von Wasser durch Versprühen. Auf dieser Basis wird z.B. in Gebäuden mit hoher Wärmeabstrahlung - zumindest von der Temperatur her - eine Abkühlung erzielt, auch wenn sich der Wärmeinhalt der Luft nicht ändert.

Bild 1: Anlagenschema für ein Anwendungsbeispiel.

Kühlung durch Fortluftbefeuchtung

Die in der Klimatechnik neue adiabatische Kühlung ist energetisch nur unter der Bedingung sinnvoll, daß zur Raumkühlung nicht die dem Raum zugeführte Zuluft, sondern die aus dem Raum abgeführte und als Fortluft vorgesehene Luft befeuchtet und damit annähernd bis auf Kondensationstemperatur abgekühlt wird. Diese relative "Kälte" wird über ein Kreislaufverbundsystem (ohnehin vorhandene Wärmerückgewinnung) aufgenommen und auf die wärmere Außenluft übertragen. Diese adiabatische Kühlung kann deshalb auch als "indirekte adiabatische Befeuchtungskühlung" bezeichnet werden.

Tabelle 1: Beispielrechnungen bei mittleren Feuchtewerten

Kühlfall
Nr.

Monat

mittlere Außenluft-
feuchte
[g/kgtrL.]

maximal anzunehmende Außenluft-
temperatur
[°C]

Temperaturerhöhung durch Ventilator auf
[°C]

gekühlte Zuluft
[°C]

Abluft nach DIN 1964
[°C]

adiabatisch gekühlte Fortluft
[°C]

Kühlleistung je 1000 m3/h
rL= 1,2 kg/m3
[W/1000 m3/h]

1

März/Dez.

4,3

25

27

16,4

23,2

13,7

3594

2

April/Nov.

5,3

26

28

17,4

23,6

14,8

3590

3

Mai/Okt.

7,0

27

29

18,9

24

16,3

3450

4

Juni/Sept.

8,7

28

30

20,2

24,4

17,8

3337

5

Juli/Aug.

9,3

30

32

21,3

25,2

18,6

3674

6

max. Temp

12,0

32

34

23,4

26

20,7

3651

7

max. Feuchte

15,0

26

28

23,6

26

22,6

1500

Durch den Einsatz von hocheffizienten Gegenstrom-Schicht-Wärmetauschern (GSWT) erreichen kreislaufverbundene Wärmerückgewinnungssysteme einen Temperaturaustauschgrad von 80%. Dasselbe Wärmeaustauschersystem, mit dem im Winter die Wärme der Fortluft auf die Außenluft übertragen wird, setzt im Sommer die Abkühlung der Fortluft voll zur Kühlung der Außenluft ein (Bild 1). Für viele schon bekannte Anwendungsfälle kann somit auf den Einsatz einer Kältemaschine mit hohem Primärenergiebedarf und mit umweltgefährdendem FCKW verzichtet werden. In jedem Fall kann sie jedoch drastisch verkleinert werden. Die Kühlleistung ist dabei weniger von der Temperatur als von dem Feuchtegehalt der Fortluft abhängig. In Tabelle 1 sind die möglichen Kühlleistungen bei mittleren Feuchten und maximal anzunehmenden Temperaturen der Außenluft aufgelistet. Die Tabellenwerte basieren dabei auf einem Befeuchtungswirkungsgrad des Wabenbefeuchters von 85%. Bei höheren Befeuchtungswirkungsgraden kann die Zulufttemperatur noch weiter um bis zu 1,5 K gesenkt werden. Der Primärenergieaufwand zur Überwindung der luftseitigen Widerstände für Wärmetauscher und Befeuchter beträgt etwa 150 W je 1000 m3/h. Daraus ergibt sich die Mindestleistungszahl der adiabatischen Kälteerzeugung über das GSWT-System:

LZmin = 1500/150 = 10.

Bild 2: h,x-Diagramm für feuchte Luft bei 1013 mbar.

Der Verlauf der Fortluft-Abkühlung der in Tabelle 1 aufgeführten Fälle durch Befeuchtung ist im h,x-Diagramm für feuchte Luft bei 1013 mbar Luftdruck (Bild 2) nachvollziehbar. Die Fälle 1 bis 7 verlaufen entlang der dicken Linien. Tabelle 2 zeigt auf, wieviele Stunden im Jahr bestimmte Feuchtewerte der Außenluft auftreten.

Anwendungsbeispiel

Das Beispiel eines Verwaltungsgebäudes soll näher betrachtet werden. Bild 3 zeigt den Wärmerückgewinnungsaustauscher in der Fortluft. Im Winter wird der Fortluft hier die Wärme entzogen, über das Wärmeaustauschersystem auf die zu erwärmende Außenluft übertragen und damit die für das Gebäude notwendige Frischluft erwärmt. Selbst bei einer Außentemperatur von -10°C wird die Luft auf +17°C erwärmt - und das ausschließlich mit der Wärme, die der Fortluft entzogen worden ist. Das ist Recycling von Energie - ohne Wärmepumpe!

Bild 3: Wärmeaustauscher in der Fortluft zur Wärmerückgewinnung

Zusätzlich ist diese Anlage mit einer adiabatischen Befeuchtungskühlung ausgestattet. Dabei wird der Fortluftstrom durch einen einfachen Wabenbefeuchter bei geringem Wasserverbrauch mit Kreislaufwasser befeuchtet, wodurch sich diese Luft abkühlt. Diese dabei entstehende "Kälte" wird über das vorhandene Wärmeaustauschersystem auf die zu kühlende Außenluft übertragen. Die Luft wird dabei von 32°C schon auf 23,5°C abgekühlt - ohne Nutzung einer Kältemaschine.

Tabelle 2: Jahresstunden im jeweiligen Feuchtebereich

Kühlfall Nr.

Außenluftfeuchte
[g/kgtrL.]

Jahresstunden im jeweiligen Feuchtebereich
[h/a]

1

0 . . . 4,3

2517

2

4,3 . . . 5,3

1459

3

5,3 . . . 7,0

1656

4

7,0 . . . 8,7

1440

5

8,7 . . . 9,3

1568

6

9,3 . . . 12,0

100

7

12,0 . . . 15,0

20

Im speziellen Fall des Verwaltungsgebäudes einer Sparkasse in Krefeld wird die notwendige Frischluft durch ein hocheffizientes Kupfer-Wärmeaustauschersystem (Bild 4), das in die zentrale Luftaufbereitung integriert wurde, von -10°C auf 15°C erwärmt. Auch diese Anlage ist mit einer adiabatischen Kühlung ausgestattet. Die dabei entstehende "Kälte" wird auch hier über das vorhandene Wärmeaustauschersystem auf die zu kühlende Außenluft übertragen. Der übrige Kältebedarf wird über acht Modul-Glycolkühler gedeckt. Die speziellen Gegenstrom-Schicht-Wärmeaustauscher ermöglichen hier eine Rückkühlung von insgesamt 720 kW auf einer Grundfläche von nur 18 m2. Selbst bei extremen Außentemperaturen von 32°C werden für die Rückkühlung nur maximal 5% Primärenergie benötigt.

Technische Daten:

Frischluftbedarf: 99650 m3/h
Fortluft über WRG: 90350 m3/h
Eingesparte Heizleistung: 824 kW
Eingesparte Kältemaschinenleistung: 265 kW

Bild 4: In die zentrale Luftaufbereitung integriertes Kupferwärmeaustauschersystem.

Kühlung durch Außenluftbefeuchtung

Wenn die Fortluft stark wärmebelastet und wärmer als die Außenluft oder stark mit Feuchte belastet ist, ist es günstiger, wenn ein separater Außenluftstrom adiabatisch befeuchtet wird. Eine Ausführung, bei der der Wärmeaustauscher mit Befeuchter und einem Schubventilator außerhalb des Fortluftstromes installiert wird und somit wahlweise auf Fortluft oder Außenluft umgeschaltet werden kann, hat sich hierbei als sehr zweckmäßig erwiesen. Mit dieser Anordnung ist die jeweils tiefste adiabatisch erreichbare Temperatur schaltbar.


Bilder: GEW-GmbH
Erstveröffentlichung in: elektrowärme international, Nr. 4/1992


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