IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/1996, Seite 132 ff.


INTERVIEW


Grohe Gruppen Konzept

"Auf zu neuen Ufern"

Am 1. Januar 1996 wurden bei der Friedrich Grohe AG neue Programmarken eingeführt. Nachdem die Friedrich Grohe AG bereits 1993 die Programmarken Groheart und Grohetec eingeführt hatte, folgte nach Übernahme der Dal-Rost-Gruppe Ende 1994 die Erweiterung um zwei neue Programmarken zum 1. Januar 1996. Der Zusammenschluß der Firmen Grohe, Dal und Aqua Butzke verlangte eine neue Firmenstrategie, die über das Jahr 2000 hinaus wegweisend für die Gruppe sein soll. Peter Körfer-Schün, Vorstand Marketing und Vertrieb bei Grohe, führte in der Firmenzentrale in Hemer ein Gespräch mit IKZ-HAUSTECHNIK- Redakteur Volkmar Runte. Für 1996 sieht das Vorstandsmitglied der Grohe-Gruppe gute Chancen für das neue Konzept "Wassertechnologie" und rechnet mit Umsatzwachstum.

IKZ-HAUSTECHNIK: Herr Körfer-Schün, die neue Konzeption der Grohe-Gruppe basiert auf vier Säulen, könnten Sie unseren Lesern das neue Konzept einmal näher erläutern?

Körfer-Schün: Ausgangspunkt unserer Überlegungen war die Forderung nach Wettbewerbsvorteilen in immer enger werdenden Märkten. Einerseits sind in der SHK-Branche reine Armaturenspezialisten aktiv, andererseits Komplettanbieter, die alles anbieten was im Badezimmer gebraucht wird. Wir haben uns entschlossen, komplette sanitärtechnische Systeme von der Wasserzuführung bis zur Wasserabführung anzubieten.

Dieses umfassende Angebot im Systemverbund ist neu und darin liegt der Wettbewerbsvorteil. Der Systemverbund gliedert sich in vier Bereiche: In die Programmarken Groheart, Grohetec, Grohedal und Groheaqua.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Geschäftsbereiche werden durch diese Marken abgedeckt?

Körfer-Schün: Groheart umfaßt den Bereich der anspruchsvollen und exklusiven Armaturen im privaten Bad. Grohetec steht für die traditionellen technisch hochwertigen Armaturen für Bad und Küche. Grohedal deckt das Segment der Installations- und Spülsysteme für die moderne Badarchitektur ab. Die Marke Groheaqua steht für professionelle Wassermanagementsysteme, wobei diese Marke erst 1997/98 eingeführt wird.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was hat das Grohe-Management veranlaßt dieses Konzept zu entwickeln, Sie waren doch mit Grohepro schon am Ball?

"In engen Märkten Wettbewerbsvorteile erzielen"

Körfer-Schün: Die eingangs geschilderte Richtung für dieses Konzept war schon gegeben, bevor es zu Gesprächen mit der Dal-Rost-Gruppe gekommen ist. Grohepro, 1993 auf der ISH vorgestellt, war eigentlich die Antwort auf diese strategische Herausforderung und sollte mit einem ähnlichen Produktangebot verwirklicht werden. Doch sicherlich nicht in der Komplettheit wie dies jetzt erst durch den Systemverbund mit Grohedal und Groheaqua möglich wurde.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was bedeutet für Sie Grohe-Wassertechnologie - ein Begriff der von der Wassergewinnung bis zur Abwasserreinigung alles beinhalten könnte - im Zusammenhang mit der neuen Firmenpolitik?

Körfer-Schün: Sicherlich wäre auch die Bezeichnung "Grohe-Sanitärtechnik" inhaltlich zutreffend gewesen. Wir wollten aber unsere Idee mit einem neuen interessanten Begriff besetzen, der möglichst nah am Kompetenzanspruch liegt. Ein Anspruch der zum Teil erst noch mit Inhalt und Leben gefüllt werden muß, uns aber gleichwohl von inflationären Begriffswelten (z.B. Sanitärtechnik) wohltuend unterscheidet. An der Profilierung des Begriffes Wassertechnologie werden wir auch in der nächsten Zeit weiter hart arbeiten.

IKZ-HAUSTECHNIK: Könnte man sagen, daß durch diesen Begriff Wassertechnologie die gesamte Grohe-Gruppe eine perspektivische Öffnung erfahren hat?

Körfer-Schün: Dies ist ein ganz wesentlicher Punkt, denn bei der Umsetzung des Anspruchs Wassertechnologie stößt man zwangsläufig auf Produktlücken. Zunächst einmal gibt man dem Unternehmen eine Richtung und einen klaren Auftrag. Ordnet man unter dem Dachbegriff Wassertechnologie das Produktsortiment, so stellt man fest, daß Konzeptbestandteile auch Lücken aufweisen können. Für das Produktmanagement, die Forschung und Entwicklung hat dies eine disziplinierende und lenkende Wirkung. Sie fordert zu einer Systemschlüssigkeit auf und schafft nicht nur für die Techniker eine Leitidee an der man sich orientieren kann.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wassertechnologie ist ein Begriff der sehr gerne von Unternehmen der Wasseraufbereitung verwendet wird, denken Sie auch in diese Richtung?

"Systemtechnik erfordert den Fachhandwerker"

Körfer-Schün: Wir schließen zunächst einmal nichts aus, fangen aber mit dem Naheliegenden an.

IKZ-HAUSTECHNIK: Profitieren die Vertriebspartner Fachgroßhandel und Fachhandwerk von diesem neuen Konzept?

Körfer-Schün: Das Konzept stärkt die Fachvertriebsschiene, da es in seiner Komplexität nicht aus dem Baumarktregal verkauft werden kann.

Wassertechnologie braucht den Fachmann und ist kein Mitnahmeartikel. Wir haben somit in sehr viel stärkerem Maße ein fundiertes Konzept für die Fachvertriebsschiene geschaffen. Das schließt nicht aus, daß einzelne Grohe-Produkte gelegentlich in vertriebsfremden Absatzwegen auftauchen können.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie war es möglich, die sich in einigen Segmenten überschneidenden Produktangebote in die neue Linie einzubeziehen, mußten da nicht einige Bereiche Federn lassen?

Körfer-Schün: Dieses "Federn lassen" hat sich in sehr engen Grenzen gehalten, da die Geschäftsfelder von Grohe und der Dal-Rost-Gruppe sich nahezu überschneidungsfrei ergänzten. Wir haben lediglich bei Grohedal sanitäre Auslaufarmaturen herausgelöst und bei Grohetec eingebunden.

Bei den Fertigungseinrichtungen bleibt es bei den vorhandenen Kapazitäten an den vorhandenen Standorten. Das fertigungstechnische Know-how der elektronischen und selbstschließenden Armaturen bleibt bei Grohedal, auch wenn das Produkt über Grohetec vermarktet wird. Es gibt insofern keinen Aderlaß auf der Produktionsseite. Das Groheaqua-Sortiment bleibt von diesen Korrekturen praktisch unberührt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Produktüberschneidungen gibt es auch im Bereich von Grohetec und Groheaqua?

"10000 Schulungen in den Technika"

Körfer-Schün: Das stimmt. Diese eben erwähnte Bereinigung, die produktionsseitig keinerlei Einfluß hat, wurde als Schnitt bei Groheaqua nicht gemacht. Die Begründung liegt darin, daß Grohetec eher den Wohnbereich als Zielgruppendefinition hat. Die Schnittstelle zu Groheaqua ist der öffentlich-gewerbliche Bereich und dies drückt sich auch in der Beschaffenheit der Produkte aus.

Groheaqua wird den Bereich des professionellen Wassermanagements bis hin zur Gebäudeleittechnik mit seinen hochkomplexen elektronischen Systemen übernehmen.

IKZ-HAUSTECHNIK: In welchen Bereichen der Gruppe werden nach ihrer Einschätzung Synergieeffekte möglich sein?

Körfer-Schün: Für den Bereich des Vertriebs werden die Außendienstmitarbeiter die für Architekten, Planer und Betreiber zuständig sind, in einer Planungsberaterorganisation ab 1. Januar 1996 für Groheart, -tec und -dal, zusammengefaßt. Hier wird unter einer gemeinsamen Führung ein Synergieeffekt erzielt. Die Schlagkraft der Projektberatung im Vergleich zur alten Größenordnung wird etwa verdreifacht werden.

Bei den Schulungen werden wir unsere Technika in Hemer, Lahr, Herzberg, Porta Westfalica, Feuchtwangen und Leipzig für Kundendienstmonteure/Installateure aus allen drei Vertriebsorganisationen nutzen. Dadurch wird eine Kapazität von 10000 Schulungen pro Jahr etwa erreicht.

Den Kundendienstbereich fahren wir für die Gruppe durchgängig, das heißt für die Firmen Grohe, Dal, Aqua und für Eichelberg. Somit haben wir eine nationale Kundendienstorganisation für die gesamte Gruppe. Außer diesen drei hauptsächlichen Synergien beim Vertrieb gibt es natürlich auch bei der Produktion und der Forschung und Entwicklung eine enge Zusammenarbeit.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sehen Sie im Bereich der Technik ähnlich hohe Synergieeffekte und Zuwächse, z.B. bei Selbstschlußarmaturen, die ja nur einen Marktanteil von etwa 1% in Deutschland haben?

"Aufbruchstimmung statt Konkurrenzdruck"

Körfer-Schün: Die von Ihnen angesprochene Produktkategorie hat sicherlich heute noch eine geringe Bedeutung, der Synergieeffekt umfaßt jedoch das gesamte Paket und der stimulierende Einfluß unseres neuen Marktauftritts wird sich hier auswirken.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was sagen eigentlich die Mitarbeiter von Dal und Aqua zu dieser Umstrukturierung, denn immerhin war man bis vor kurzem noch Konkurrent von Grohe?

Körfer-Schün: Konkurrent war man zweifellos, aber da dies nur auf Teilgebiete zutraf, gab es keine Berührungsängste. Wir haben kürzlich eine große nationale Tagung mit dem kompletten Außendienst aller Firmen durchgeführt. Diese Veranstaltung hat gezeigt, daß die Mitarbeiter die Vorteilhaftigkeit eines solchen Gruppenkonzepts erkannt haben. Sie können mit Grohe-Wassertechnologie eine neue Botschaft zu ihren Kunden bringen und dies in einer Zeit enger werdender Märkte. Der Konkurrenzdruck ist einer Aufbruchstimmung gewichen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wird der Lieferservice der Gruppe durch ein Zentrallager gebündelt oder wird von den Standorten der Produzenten geliefert?

Körfer-Schün: Es wird von den Standorten der Produzenten geliefert, das heißt Groheart und -tec aus dem Logistikzentrum in Hemer, Grohedal vom Unternehmensstandort Porta Westfalica und Groheaqua aus Berlin.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie wird der Kundendienst ab ’96 organisiert?

Körfer-Schün: Durch den Synergieeffekt wird der Kundendienst eine andere Feldstärke erreichen. Gemessen am bisherigen Kundendienst von Grohe, wird er verdoppelt. Die Qualifikation der Kundendienst-Mitarbeiter wird auf Meister- beziehungsweise auf Technikerniveau liegen. Das gesamte Produktangebot bis hin zur Gebäudeleittechnik wird so aus einer Hand betreut.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie will Grohe die Konzeption der Eigenständigkeit der vier Produktanbieter halten und auf der anderen Seite zentral die Gruppe weltweit führen? Werden da nicht innovative Ansätze gebremst?

Körfer-Schün: Die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der jeweiligen Geschäftseinheiten bleiben unangetastet. So wird zum Beispiel die Entwicklungskompetenz der elektronischen Auslaufarmaturen wie bisher bei Grohedal bleiben und somit die Innovationskraft erhalten. Geplante Projekte müssen möglicherweise an einer anderen Stelle der Gruppe verfolgt werden. Die Divisionalisierung ist gewünscht und ich sehe keinen Nutzen in einer Zentralisierung. Um das Know-how und die Kapazitäten zu koordinieren und eine Stoßrichtung vorzugeben, wurden entsprechende Lenkungsinstrumente geschaffen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Grohe ist nach Ihren Aussagen der weltweit größte Exporteur von Sanitärarmaturen. Gab es da nicht kartellrechtliche Probleme?

"Wassertechnologie, die neue Botschaft"

Körfer-Schün: Solche Probleme gab es nicht, da wir nirgends eine beherrschende Marktposition haben.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die Prognosen Anfang 1995 ließen auf einen Umsatzzuwachs um 100 Mio. DM hoffen. Das hat sich so nicht realisieren lassen. Wo liegen die Gründe für dieses Nullwachstum?

Körfer-Schün: Wenn wir von Nullwachstum reden muß man wissen, daß Grohe in Deutschland und Europa entgegen dem Markttrend wächst. Die negativere Entwicklung kommt überwiegend aus dem dollarabhängigen Überseegeschäft. Die Hauptverursacher sind der Mittlere Osten und die USA, wo die gewünschten Umsatzzuwächse nicht erzielt werden konnten. Diese Faktoren führten zu der leicht negativen Tendenz. Bei der Vielzahl der Absatzregionen und der Breite des Umsatzes, ist immer ein gewisses Risiko einzukalkulieren. Insgesamt sind wir mit dem Ergebnis zufrieden, da wir uns besser entwickelt haben als der Gesamtmarkt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Birgt dieses Konzept Wassertechnologie nicht auch ein erhöhtes Risiko? Würde ein Komplettanbieter die konjunkturellen Risiken nicht besser auffangen können?

Körfer-Schün: Ich glaube daß der Wettbewerbsvorteil bei einer so klaren Botschaft, wie Wassertechnologie, immer größer ist als die damit verbundenen Risiken. Aus einer anderen Produktkombination kann ich keine zusätzliche Risikominimierung erkennen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Diese Konsolidierung auf dem hohen Niveau von 1994 bedeutet das für 1996 leichtes Wachstum oder wird eine Konsolidierungsphase bis 1997 notwendig sein?

"Aus der Stagnation zu neuem Wachstum"

Körfer-Schün: Wir haben für 1996 unter der Annahme eines weiter stagnierenden Marktes ein Wachstum von 5% eingeplant.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie haben als Umsatzziel 1,5 Mrd. DM genannt, um am Weltmarkt operieren zu können. Wann glauben Sie diese Grenze zu erreichen?

Körfer-Schün: Diese Größenordnung haben wir uns für 1997 vorgenommen, angesichts der derzeitigen Marktschwäche wird es allerdings schwer werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Ist der Standort Deutschland in dem jetzigen Umfang gesichert oder wird die Investition in Thailand und anderen ausländischen Niederlassungen Arbeitsplätze in Frage stellen?

Körfer-Schün: Die Investition in Thailand, die 1996 ihren Abschluß finden soll, wird als Einstieg in den südostasiatischen Markt getätigt. Die derzeitig bescheidene Marktposition in dieser Region soll erheblich ausgebaut werden und dies läßt sich nur mit einer Investition vor Ort durchsetzen. Es sind dort andere Marktsegmente gefragt. Bei Importzöllen von etwa 40 Prozent können wir über die europäischen Produktionsstätten diese Märkte nicht gewinnen. Es geht nicht darum, in Deutschland etwas abzuziehen, was dann in Thailand produziert wird. Vielmehr geht es darum, daß dort etwas produziert wird, was hier ohnehin nicht produziert werden könnte und dies bedeutet internationale Wettbewerbsfähigkeit.

Wir sind nicht in der Lage, langfristige Garantien abzugeben, aber der Standort Deutschland ist nicht in Frage gestellt. Dies gilt im übrigen auch für alle anderen denkbaren ausländischen Produktionsstätten. Zur Zeit planen wir in Portugal.


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