IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/1996, Seite 188 ff.


ENERGIESYSTEME


Solaranlagen zur Brauchwassererwärmung

Anlagenkomponenten, Installation, Inbetriebnahme, Betriebsverhalten

Klaus-Henning Terschüren Teil 2

Im ersten Teil wurde deutlich, daß bereits bei der Planung von Solaranlagen die Anlagenkomponenten eine wichtige Rolle spielen. Die Installation, die Auswahl von Regelungssystemen, die Anwendung von Frostschutzmitteln sowie die Inbetriebnahme und das Betriebsverhalten einer Anlage wird im folgenden beschrieben.

Anlagenschema

In Bild 4 ist das Schaltbild einer typischen Solaranlage zur Brauchwassererwärmung dargestellt, wie sie als Standardanlage im Ein- bis Mehrfamilienhaus (< 15 bis 30 m2 Kollektorfläche) installiert wird.

Bild 4: Anlagenschema einer Brauchwasser-Solaranlage.

Die zum Betrieb einer Solaranlage notwendigen Armaturen werden immer häufiger als Sicherheitsgruppe oder Installationseinheit vorgefertigt angeboten und sind zum Teil durch die DIN 4757 festgelegt (Bild 5). Der KW-Anschluß ist mit entsprechenden Sicherheits-, Prüf- und Absperrarmaturen gemäß DIN 1988 auszuführen. In keiner Anlage sollte ein thermostatischer Brauchwassermischer fehlen, der die WW-Temperatur auch bei Speichertemperaturen über 60°C auf 40 bis 60°C begrenzt (vorgeschrieben lt. Heizanlagenverordnung).

Komponenten der Sicherheitsgruppe

DIN 4757 schreibt für den Solarkreislauf folgende Armaturen vor:

Zusätzlich sind für den sicheren Betrieb und die Inbetriebnahme empfehlenswert:

Die Schwerkraftbremse verhindert Zirkulationen entgegen der Fließrichtung, wenn die Anlage steht und der Kollektor abkühlt. Ohne Schwerkraftbremse würde aufgrund der Schwerkraft kaltes Kollektormedium über den Rücklauf zum Wärmetauscher fließen, sich dort erwärmen und die Wärme zum Kollektor transportieren. Auf diese Weise könnte sich über Nacht der untere Speicherbereich stark abkühlen.

Bild 5: Solarinstallationseinheit

Die Schwerkraftbremse sollte zu öffnen sein, um eine einfache Funktionskontrolle von außen durchführen zu können. Ein Durchflußmesser ist unbedingt empfehlenswert, um bei der Inbetriebnahme den gewünschten Durchfluß über die Leistung der Pumpe (in der Regel 3- oder 4-stufig) einstellen und im Betrieb überwachen zu können. Eine Durchflußkontrolle aufgrund der Temperaturdifferenz zwischen Vorlauf- und Rücklaufthermometer ist sehr ungenau und bei geringer Sonneneinstrahlung nicht durchführbar.

Ein Entlüfter am obersten Punkt des Solarkreislaufes ist zum Befüllen notwendig. Er kann als Handentlüfter ausgeführt sein, bequemer ist jedoch ein automatischer Entlüfter. Letzterer sollte absperrbar sein, da sonst bei Dampfbildung im Kollektor der Schwimmer des automatischen Entlüfters öffnet und die Anlage Dampf verliert, eventuell sogar so weit leerkocht, daß eine Nachfüllung notwendig wird. Außerdem wird damit einer möglichen Leckage des Entlüfters im dafür sensiblen Dachbereich vorgebeugt.

Eine effektive, kontinuierliche Entlüftung der Anlage im Betrieb sollte vor der Pumpe erfolgen. Diese wird durch den Einbau von Luftabscheidern (Auftriebsluftabscheider, Zyklon-Luftabscheider, selbstentlüftende Umwälzpumpe) in Verbindung mit einem Schnellentlüfter erreicht.

Selbstverständlich ist, daß an den tiefsten Stellen der Anlage Entleerventile gesetzt werden. Zusätzlich ist darauf zu achten, daß ein Ventil zum Spülen so gesetzt ist, daß eine gründliche Spülung des gesamten Kreislaufes möglich ist.

Die Ausblas- und Ablaufleitung des Sicherheitsventiles muß in einen offenen Behälter münden, der in der Lage ist, den Gesamtinhalt der Kollektoren aufzunehmen. In der Praxis wird dieses oft vernachlässigt. Ein Sicherheitsventil bläst bei Anlagenenddruck (2,5 bis 10 bar, je nach Hersteller) Medium über 120°C ab! Ohne Abblasleitung besteht dann erhöhte Verbrühungsgefahr!

Im Anlagenschema Bild 4 liegen alle Armaturen im niedrigsten Temperaturbereich des Kreislaufes, dem Solarrücklauf. Damit wird auch bei hoher Speichertemperatur und hoher Einstrahlung erreicht, daß keine Überhitzung von Pumpe, Sicherheitsventil (SV), Membranausdehnungsgefäß (MAG) usw. stattfindet.

Bild 6: Frostschutz von wäßrigen Tyfocor L Mischungen in Abhängigkeit von der Konzentration.

Interessant ist die Anordnung von Sicherheitsventil, Membranausdehnungsgefäß und Schwerkraftbremse zueinander. Sie hat wesentlichen Einfluß auf das Stillstandsverhalten der Anlage (siehe dort). Die DIN 4757 fordert eine Ausdehnungsleitung zwischen den Kollektor(en) und Membranausdehnungsgefäß(en) mit mindestens DN 15, gegen unbeabsichtigtes Schließen ausreichend gesichert sowie eine unabsperrbare Sicherheitsleitung zwischen Kollektor(en) und Sicherheitsventil. Beide Forderungen sind in Bild 4 erfüllt. Dadurch, daß Sicherheits- und Ausdehnungsleitung direkt über den Solarrücklauf mit dem Kollektor verbunden sind, kann im Solarvorlauf vor dem Wärmetauscher ein Absperrorgan gesetzt werden. Der Speicher kann dann für Wartungs- und Reparaturzwecke von der Solaranlage getrennt werden, ohne daß der Kollektorkreis entleert werden muß.

Achtung: Schon kurzes Absperren der Sicherheitsleitung kann ein Platzen des Absorbers zur Folge haben, deshalb: Sicherheitsleitung unabsperrbar.

Stillstandsverhalten

Als Stillstand einer Solaranlage gilt der Zustand, wenn im Solarkreislauf keine Zirkulation stattfindet und damit dem Absorber keine Wärme entzogen wird. Stillstand tritt auf, wenn keine Wärmeabnahme mehr erfolgen kann (Speicher hat seine Maximaltemperatur erreicht), Pumpe oder Regelung ausfallen. Der erste Fall kann durch zusätzliche Wärmeabfuhr (z.B. über Nachheizwärmetauscher in das Heizungssystem) verzögert werden, Ausfall von Pumpe oder Regelung (Defekt, Stromausfall) sind damit aber nicht verhindert.

Das Stillstandsverhalten einer Solaranlage unterscheidet sich von dem einer konventionellen Heizungsanlage ganz wesentlich dadurch, daß bei bestimmten Zuständen Dampfbildung auftreten kann. Das ist von folgenden Faktoren abhängig:

Dampfbildung läßt sich bei hocheffizienten Kollektoren nicht verhindern. In Bild 3 ist neben der Stillstandstemperatur verschiedener Kollektoren die Siedetemperatur für Wasser/Tyfocor-L Gemisch 60 : 40 für verschiedene Drücke aufgetragen. Selbst bei 10 bar Anlagendruck könnte bei sechs von sechzehn Anlagen Dampfbildung im Absorber auftreten! Über das Stillstandsverhalten von Kollektoren oder Kollektorfeldern gibt es keine veröffentlichten Untersuchungen.

Anschaulich wird folgendes ablaufen:
Die Solarpumpe schaltet ab, der Kollektor heizt sich auf, bis am Absorber die Verdampfungstemperatur erreicht ist und an den heißesten Stellen Dampf entsteht. Da sich das Volumen bei der Verdampfung vertausendfacht, wird innerhalb kürzester Zeit der sich bildende Dampf den Absorber "leergedrückt" haben. Das aus dem Absorber entwichene Flüssigkeitsvolumen muß von dem Membranausdehnungsgefäß aufgenommen werden können. Dabei steigt der Druck der Anlage höchstens bis zum Öffnungsdruck des Sicherheitsventiles an. Die Absorbertemperatur steigt weiter bis zur Stillstandstemperatur, ohne daß die Flüssigkeit im Gesamtsystem weiter erwärmt wird.

Kollektor, Schwerkraftbremse und Membranausdehnungsgefäß sind im Anlagenschema (Bild 4) so angeordnet, daß die Flüssigkeitssäulen im Solarvor- und -rücklauf sich ausgleichen können, so daß im wesentlichen nur der Absorber mit Dampf gefüllt ist. Bei Abkühlung des Absorbers kondensiert der Dampf und die Anlage wird vom Membranausdehnungsgefäß rückbefüllt.

Große Anlagen würden nach diesem System sehr große Ausdehnungsgefäße benötigen. Hier wird zur Bemessung des Ausdehnungsgefäßes lediglich die Volumenvergrößerung herangezogen. Bei Pumpenstillstand wird der Wärmeträger über das Sicherheitsventil in den Vorratsbehälter abgelassen und über eine Druckhaltepumpe nachgespeist, sobald der Druck wieder absinkt. Ab welcher Größenordnung diese Technik wirtschaftlicher ist, müßte im einzelnen nachgerechnet werden.

Auslegung des Membranausdehnungsgefäßes

Das Ausdehnungsgefäß erfüllt drei Funktionen:

  1. Flüssigkeitsaufnahme infolge Wärmeausdehnung im Solarkreis,
  2. desgleichen infolge Dampfbildung im Kollektor,
  3. Aufnahme der Flüssigkeitsvorlage.

Der Berechnungsgang für die Gefäßgröße erfolgt wie aus der Heizungstechnik bekannt:

1.
Ve = VG x n
V
e = Ausdehnungsvolumen (l)
VG = Gesamtwärmeträgerinhalt der Anlage (l)
nP 0,09 für 40% Tyfocor 60% Wasser mit DT = 120 °C

2.
VD = VA
VD = Dampfvolumen (l)
VA = Absorbervolumen (l)

3.
VV = VG x 0,01
VV = Flüssigkeitsvorlage (l)
VN = Nennvolumen (l)/Gefäßgröße (Bruttoausdehnungsgefäß)

Pe = Anlagendruck (bar) >Sicherheitsventil-Schließdruck = Ansprechdruck - 20%<
P0 = Gefäßdruck (bar)

Alle Drücke sind als Überdruck in der Gleichung einzusetzen!

Der Nutzeffekt N sollte ca. 50% nicht überschreiten, da sonst eventuell die Gefäßmembran überdehnt wird (z.B. Sicherheitsventil 4 bar, Vordruck 1,3 bar, Nutzeffekt 45%).

Der Vordruck muß bei größeren Höhen auf die statische Anlagenhöhe erhöht werden (z.B. H = 20 m, P0 = 2 bar).

Beispielrechnung:

5 m2 Kollektor, Absorbervolumen VA = 5,8 l
20 m Rohrleitung, ø 18 x 1 : 20 x 0,2 l = 4,0 l
Wärmetauscher und sonstige Volumina = 1,6 l

Gesamtwärmeträgerinhalt der Anlage VG = 11,4 l

Sicherheitsventil 4 bar, Pe = (4 - 0,8) bar = 3,2 bar, Gefäßvordruck P0 = 1,3 bar

Die Wahl der nächstfolgenden Gefäßgröße:
18 l Membranausdehnungsgefäß.

Die Membranausdehnungsgefäße müssen nach der Dampfkesselverordnung bauartzugelassen sein.

Konzentration des Frostschutzmittels

Als Frostschutzmittel kommen physiologisch unbedenkliche Propylenglykole/Wassergemische zum Einsatz. Zusätzlich sind Korrosionsschutzinhibitoren enthalten.

Propylenglykole haben schlechtere wärmetechnische Eigenschaften als Wasser: Eine Konzentrationserhöhung von 40% auf 70% Tyfocor L würde eine Verringerung der spezifischen Wärme um über 15% bedeuten, d.h. der Volumenstrom müßte, um auf die gleiche Leistungsfähigkeit zu kommen, um 15% erhöht werden!

Zugleich erhöht sich die Viskosität um den Faktor 2! und die Wärmeübergänge im Absorber und Wärmetauscher verschlechtern sich. Bild 6 zeigt, daß bereits bei 37% Tyfocor L ausreichend Frostschutz besteht. Unterhalb -20°C würde die Mischung zwar gefrieren, der entstehende Eisbrei hätte jedoch keine Sprengwirkung und ist damit unkritisch. Eine Konzentration von 40% (V/V) Tyfocor L sollte wegen der notwendigen Korrosionsschutzinhibitoren nicht unterschritten, aufgrund des Leistungsabfalls in der Anlage aber auch nicht überschritten werden.

Spülen, Druckprüfen und Befüllen

Nach der Erstellung der Anlage sollte eine Spülung erfolgen, um eventuelle Feststoffe (Metallspäne, Verpackungsreste, Holzmehl usw.) und Montagehilfsmittel zu entfernen. Eine vollständige Spülung wird erreicht, wenn die Spülwasserzufuhr über den Spülhahn am Membranausdehnungsgefäß (Bild 7) und der Abfluß über das Entleerventil am Solarrücklauf (SR) erfolgt. Bei geschlossener Schwerkraftbremse würde das Rohrnetz mit Kollektor und Wärmetauscher, bei geöffneter Schwerkraftbremse der Rest (Pumpe, Durchflußmesser) gespült werden.

Bild 7: Temperatur-Differenz-Steuerung, Anwendungsbeispiel Resol E1/D: FKY = Kollektorfühler;
FRY = Speicherfühler; FMY = Meßfühler; P = Pumpe.

Anschließend ist eine Dichtigkeitsprüfung mit dem 1,3fachen des Gesamtdruckes durchzuführen. Nach dem Spülen und der Dichtigkeitsprüfung ist die Anlage vollständig zu entleeren; besonders lange waagerechte Rohre sollten mit Luft leergeblasen werden.

Dann ist sofort zum Schutz vor Korrosion mit Wasser-Frostschutzgemisch in vorher angesetzter Konzentration zu befüllen, auch wenn die Anlage erst zu einem späteren Zeitpunkt in Betrieb geht.

Bei einem mit Wasser abgedrückten Kollektor, der anschließend nicht vollständig entleert und nicht befüllt wird, besteht durch Restwasser erhöhte Frostgefahr!

Die Anlage sollte etwa 0,5 bar über dem Vordruck des Ausdehnungsgefäßes befüllt werden. Damit ist gewährleistet, daß Volumenverluste durch Abscheiden der Restluft aus dem System innerhalb der ersten Betriebstage sicher ausgeglichen werden können.

Mit Hilfe des Durchflußmessers ist dann der Durchfluß zu kontrollieren und über die Leistungsstufen der Pumpe auf etwa Nenndurchfluß (40 l/h pro m2 Kollektorfläche) einzustellen. Vor dem endgültigen Abschluß der Montage muß der Entlüfter am Kollektorvorlauf abgesperrt werden.

Einige Betriebe führen das Spülen, Druckprüfen und Befüllen seit kurzer Zeit in einem Arbeitsgang durch:

In einem Behälter wird das Frostschutz-Wassergemisch angesetzt und mittels einer starken Pumpe (Gartenpumpe) aus dem Behälter über den Spülhahn in die Anlage gepumpt. Der Rückfluß erfolgt über das Entleerventil am Solarrücklauf und einem zwischengeschalteten Mikrofilter in den Kanister. Nach kurzer Zeit ist die Flüssigkeit mehrfach durch das System gepumpt worden, und die Fremdstoffe sind im Mikrofilter aufgefangen. Nach der Druckprüfung kann dann der Anlagendruck eingestellt werden. Bei dieser Art der Befüllung kann ganz auf einen Entlüfter am höchsten Punkt verzichtet werden.

Regelung

Ein gutes Betriebsergebnis wird eine Anlage nur dann bringen, wenn auch die Regelung hinreichend genau arbeitet. Mängel in der Genauigkeit einer Regelung oder ungünstig positionierte Fühler können bei den temperaturempfindlichen Solarsystemem leicht zu ganz erheblichen Effektivitätseinbußen führen.

Gut bewährt haben sich einfache Temperaturdifferenzregler (Bild 7): Die Temperatur des Absorbers im oberen Drittel und die Temperatur des Speichers in Höhe des Solarwärmetauschers werden verglichen. Liegt die Temperatur des Absorbers um DT = ca. 7°C höher als die des Speichers, schaltet die Regelung die Pumpe ein. Mit einer Hysterese von ca. 1,5 bis 2°C wird die Pumpe ausgeschaltet. Bei Erreichen der gewünschten Speichermaximaltemperatur schaltet die Regelung die Pumpe aus. Sinnvoll, wenn auch meist relativ teuer, ist eine Temperaturanzeige des Reglers. Damit hat der Anlagenbetreiber die Möglichkeit, das Anlageverhalten zu kontrollieren und Störungen gegebenenfalls schnell zu erkennen.

Zirkulationsanschluß

Heute übliche Zirkulationsleitungen führen zu größeren zusätzlichen Wärmeverlusten, die durchaus die Größenordnung der gesamten Speicherverluste erreichen können. Dazu kommt bei Solaranlagen, daß das in den Speicher zurückgeführte Wasser innerhalb kurzer Zeit die Speicherschichtung zerstört hat. Welchen Einfluß verschiedene Schaltungsvarianten der Zirkulation auf den solaren Deckungsgrad einer Anlage haben, wird z.Z. noch untersucht. Generell werden folgende Maßnahmen die Zirkulationsverluste verringern:

(Schluß)


B i l d e r : Solvis Energiesysteme GmbH + Co. KG


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]