IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/1996, Seite 90 f.


DESIGN IN DER HEIZUNGSTECHNIK


Vom häßlichen Entlein zum stolzen Schwan

Dominik Schilling

"Es war einmal ein häßliches Entlein ...", so erzählte es uns schon Hans Christian Andersen in seinem Märchen. Auch Heizkessel waren einmal solch häßliche Entlein, die im Keller oder auf dem Dachboden versteckt wurden. Unansehnliche Kästen waren es mit kleinen Regelungseinheiten oben drauf. Zumeist dröhnten, brummten oder zischten sie noch. Doch diese Zeiten sind vorbei. Heute zeigen Heizungen auch äußerlich, daß in ihnen High-Tech steckt.

Bild 1: Designstudie der erwähnten Heizkessel-Generation von Diplom-Designer Dirk Schumann.

Gründe für diesen äußerlichen Wandel hin zum stolzen Schwan gibt es viele: Sicherlich spielen Marketing-Gesichtspunkte eine große Rolle - belegt doch heutzutage die Heizungstechnik ganze Anzeigenstrecken in Publikums-Zeitschriften. Ein weiterer, sicherlich ebenso wichtiger Aspekt liegt beim gewandelten Bauverhalten der Deutschen: Durch steigende Baupreise und Entwicklungen bei den Vorschriften verzichten immer mehr Häuslebauer auf einen Keller. Bevorzugte Aufstellorte für Heizungsanlagen - vor allem gasbetriebene - sind heute Hauswirtschaftsräume, Nischen im Flur oder auch Dachböden, die später gegebenenfalls ausgebaut werden sollen. Unförmige, laute Kessel verbieten sich hier nahezu von allein.

Bild 2a: Miniatur-Modelle der neuen Heizkessel ...

Diese Tendenz hin zum schönen, leisen Kessel hat die Industrie frühzeitig erkannt. Entwicklungsabteilungen beschäftigten sich mit kleineren, leiseren Heizungsanlagen; Designer wurden beauftragt, um optisch ansprechende Produkte zu entwerfen (Bilder 1 und 2a/2b).

Lebensgefühl und Klasse

Design - da denkt man schnell an teure aufwendig gestaltete Lifestyle-Artikel. Doch richtig verstanden gehört das Design zu unserem Leben wie das tägliche Brot. Denn Design ist eigentlich alles, was in greifbare Form gebracht ist. Denken Sie nur an renommierte Marken bei Haushaltsgeräten und Autos. Diese Produkte bestechen durch besonderes Design, sind leicht zu bedienen und vom Hersteller umweltgerecht gefertigt. Gutes Design vermittelt ein besonderes Lebensgefühl und besondere Klasse.

Bild 2b: ... mit hellgrauen Seitenteilen und trapezförmiger Gerätehaube.

In der Gestalt erst ist das Problem erledigt", sagte schon Hugo von Hofmannsthal. Übertragen auf die Heizungstechnik heißt dies: Das Problem, eine wirtschaftliche, moderne Heizungsanlage zu konstruieren, ist gelöst - doch erst durch ein ansprechendes Äußeres wird die Aufgabe erfüllt. Wer würde schon ein modernes Auto mit dem Äußeren eines Wagens der 70er Jahre kaufen?

Bild 3a: Nach dem Öffnen der Klappe . . .

Anfang der 90er Jahre hatte man diese Problematik auch bei einem Holzmindener Kesselhersteller aufgegriffen. In der Forschungs- und Entwicklungsabteilung stand die nächste Gerätegeneration auf dem Prüfstand. Zuvor hatte die Geschäftsführung entschieden, ein vollständig neues, nicht nur technisch führendes Heizkessel-Programm zu schaffen. Denn schon im Pflichtenheft wurde das neue Design als wesentlicher Bestandteil der neuen Gerätegeneration beschrieben. Nun setzten sich Produktmanager und Entwicklungs-Ingenieure des Gasgeräte-Herstellers mit dem Diplom-Designer Dirk Schumann zusammen.

Bild 3b: ... fällt der Blick auf die übersichtlich angeordneten Bedienelementen und die ...

Harmonisches Gesamtbild

Die neue Geräte-Generation sollte Zuverlässigkeit und High-Tech signalisieren und außerdem unverwechselbar sein. Alle Heizkessel der Produktlinie zusammen sollten ein harmonisches Gesamtbild darstellen. Unterschiedliche Leistungsgrößen, Proportionen und verschiedene Arten von Geräten mußten - optisch - "unter einen Hut" gebracht werden. Im Frühjahr 1995 war es dann soweit: Auf der Frankfurter ISH konnte eine komplett neue Produkt-Palette im neuen Design vorgestellt werden.

Bild 3c: . . . leicht zu öffnende Info-Klappe. Darunter . . .

Doch diese äußere Gestaltung ist nur Mittel zum Zweck. "Form follows function" - die Form paßt sich der Funktion an - war die oberste Maxime bei der Neukonstruktion. Alle Bauteile sind seither klar gegliedert und optimal zugänglich. Viel kreative Arbeit wurde in die modernen und übersichtlich angeordneten Bedienelemente investiert. Leicht verständlich, einfach zu handhaben und zuverlässig in der Praxis - das waren die Zielsetzungen. Das Ergebnis: Die Bedienoberfläche wurde ergonomisch und logisch überarbeitet und auf die wesentlichen Bedienelemente reduziert. Die Schwellenangst beim Nutzer konnte somit abgebaut werden.

Intelligente Lösung - auch für die Betriebsanleitung

Eine besonders intelligente Lösung wurde für die Begleitpapiere der Heizkessel gefunden: Werden sonst Unterlagen wie Bedienungsanleitung und Inbetriebnahme-Protokoll in Plastiktaschen an die Verkleidung geklebt oder einfach nur beigelegt, befinden sich diese Papiere gut geschützt und leicht zugänglich unter einer Info-Klappe in der Frontpartie der Heizkessel (Bilder 3a bis 3d).

Bild 3d: . . . finden sich - gut geschützt - die Begleitpapiere.

Die gesamte Steuerung und Regelung ist unter der trapezförmigen Frontabdeckung integriert. Zu Wartungszwecken läßt sich diese Gerätehaube leicht an den eingearbeiteten Griffschalen abnehmen. Dahinter liegen alle wichtigen Baugruppen für den Fachhandwerker leicht zugänglich.

Auch der Umweltaspekt wurde bei den fertigungstechnologischen Anforderungen von vornherein in die ästhetische Gestaltung mit einbezogen. "Die Verantwortung für die Umwelt fängt nicht erst bei der Produktion an", so die Geschäftsleitung, "sie beginnt bereits bei der Konzeption, der Auswahl und der Verarbeitung wiederverwertbarer Materialien. Einfach intelligente Heiztechnik verkörpert für uns den Anspruch, schon heute Produkte von morgen zu fertigen." So wurde aus dem häßlichen Entlein ein stolzer Schwan.


B i l d e r : Hydrotherm GmbH


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