IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 3/1996, Seite 39 ff.


SANITÄR


Erfahrungen mit der DIN 1988

Technische Regeln für Trinkwasserinstallationen

Franz-Josef Heinrichs Teil 1

Seit Dezember 1988 ist die 5. Fassung der Technischen Regeln für Trinkwasserinstallationen DIN 1988 TRWI veröffentlicht und wird seitdem von Planern und Installateuren in der Praxis angewendet. Mit der DIN 1988 wurde ein umfassendes und einheitliches Regelwerk in acht Teilen und zwei Beiblättern geschaffen, das den gesamten Bereich der Trinkwasserinstallation für Gebäude und Grundstücke beinhaltet und gerade für den Installateur, der Anlagen plant, installiert, wartet und instandsetzt, als Nachschlagewerk unersetzlich ist.

Voraussetzung zur Einhaltung der Technischen Regel DIN 1988 ist zum einen, daß der Anwender die Norm besitzt, den Inhalt kennt, richtig interpretiert und zum anderen, daß er diese in der Praxis auch anwendet.

Für den Installateur tritt dabei das Problem auf, daß er bei Planung und Ausführung nicht nur diese Vorgaben beachten, sondern zudem die baulichen Gegebenheiten, die Kundenwünsche und den Preisrahmen in das Gesamtkonzept mit einbeziehen muß. Hierbei können durchaus Zielkonflikte entstehen, die partnerschaftlich mit den Beteiligten, jedoch ohne Einschränkung der Hygiene und Sicherheit in der Trinkwasserinstallation, gelöst werden können.

Wirtschaftliche Interessen von Herstellern für Anlagenkomponenten führen ebenfalls zu Interpretationen, die von den Vätern der Norm sicher nicht vorgesehen waren. Diese "innovativen Produkte" bringen die Installateure in eine Zwickmühle, wenn sie solche nicht normgerechten Produkte verwenden und den Nachweis, daß die verwendeten Materialien den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, nicht führen können.

Die DIN 1988 ist bereits sieben Jahre alt, und die ehemals neuen Anforderungen sind schon "altbewährt". Neue technische und hygienische Erkenntnisse, Weiterentwicklungen beispielsweise von Werkstoffen, Rohrverbindungssystemen, Anlagenkomponenten und Erfahrungen in der praktischen Anwendung mit der DIN 1988, zwingen Planer und Installateure, sich ständig aufgeschlossen gegenüber der Weiterentwicklung der anerkannten Regeln der Technik sachkundig zu machen.

Auf einige der wesentlichen Veränderungen aufgrund der Weiterentwicklungen soll im folgenden eingegangen werden.

Hygiene in der Trinkwasserinstallation

Besondere Aufmerksamkeit richtet sich seit einigen Jahren auf die Anforderungen der Hygiene in der Trinkwasserinstallation. Ziel ist, die Ausbreitung von Krankheitserregern in wasserführenden Trinkwassersystemen zu verhindern und die Gesundheit der Bevölkerung sicherzustellen.

Bezeichnend hierfür ist, daß sowohl der DVGW einen Fachausschuß "Hygiene in der Trinkwasserinstallation" als auch der VDI einen Richtlinienausschuß "Wasserhygiene in Gebäuden" ins Leben gerufen haben, die jeweils mit der Thematik und Erstellung von DVGW-Arbeitsblättern und VDI-Richtlinien beauftragt worden sind.

Tabelle 1: Anforderungen an Planung und Errichtung

Bauart des Trinkwassererwärmers

Inhalt (l)

Anforderungen - Planung/Errichtung

Dezentrale Durchfluß-
trinkwassererwärmer

3

Keine Maßnahmen erforderlich bei Leitungslängen mit einem Wasservolumen 3 Liter.

Speicher- u. zentrale Durch-
flußtrinkwassererwärmer

> 400

Am Warmwasseraustritt des Trinkwassererwärmers muß eine Temperatur von 60°C *) eingehalten werden können.

Vorwärmstufe

> 400

Erwärmung auf 60°C*) 1 x täglich.

*) Unter Berücksichtigung der Schaltdifferenz des Reglers darf eine Temperatur von 55°C nicht unterschritten werden.

Tabelle 2: Zirkulationssysteme/Begleitheizungen

In Großanlagen sind Zirkulationssysteme o. selbstregelnde Begleitheizungen einzubauen

Leitungsabschnitt

Wasser-
volumen

Zirkulationsleitung o. Begleitheizung

Stockwerks- u. Einzelzuleitungen

3 Liter

nicht erforderlich

Einzelzuleitungen

> 3 Liter

erforderlich

Durchgangsmischarmaturen bis Entnahmestelle

Warmwasservolumen ist aus 3 Liter zu begrenzen.

Zirkulationsleitungen und -pumpen sind so zu bemessen, daß im zirkulierenden Warmwassersystem die Temperatur um nicht mehr als 5 K gegenüber der Speicheraustrittstemperatur unterschritten wird.

Tabelle 3: Betrieb der Anlagen

Trinkwassererwärmer

Inhalt (l)

Betrieb/Temperatur

Kleinanlagen

400

Betriebstemperatur 60°C ist möglich.

Großanlagen

> 400

Temperatur von 60°C*) am Warmwasseraustritt des Trinkwassererwärmers muß eingehalten werden. Der gesamte Wasserinhalt von Vorwärmstufen ist mindestens 1 x am Tag auf 60°C*) zu erwärmen.

*) Unter Berücksichtigung der Schaltdifferenz des Reglers darf eine Temperatur von 55°C nicht unterschritten werden.

Bereits unmittelbar nach Herausgabe der DIN 1988 TRWI befaßte sich der DVGW-Fachausschuß "Trinkwassererwärmer" mit den gerade in Deutschland bekannt gewordenen Legionellenerkrankungen. Als Ergebnis wurde im März 1993 das DVGW-Arbeitsblatt W 551 "Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums in Trinkwassererwärmungs- und Leitungsanlagen" als Technische Regel veröffentlicht.

In diesem Arbeitsblatt wurden z.B. die in den Tabellen 1 bis 3 und den Bildern 1 bis 3 enthaltenen wesentlichen Planungs- und Ausführungsregeln aufgenommen.

Bild 1: Erläuterung Stockwerks- und Einzelzuleitung (Wasserinhalt 3 l).

Ergänzend zu diesen Regeln für "Neuanlagen" ist ein DVGW-Arbeitsblatt W 552 "Trinkwassererwärmungs- und Leitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Vermeidung des Legionellenwachstums; Sanierung und Betrieb" in Vorbereitung, das noch in diesem Jahr veröffentlicht wird.

Aufgrund von technischen und mikrobiologischen Untersuchungen werden betriebs-, bau- oder verfahrenstechnische Maßnahmen zur Sanierung kontaminierter Trinkwassersysteme erforderlich.

Bild 2: Kleinanlage ohne Zirkulation - Erläuterung der Fließwege.

Betriebstechnische Maßnahmen umfassen Trinkwassererwärmer und Leitungsanlagen, wobei der Betrieb gemäß "W 551" durchzuführen ist, allerdings ohne Unterbrechung der Zirkulationspumpen oder Begleitheizung.

Bautechnische Maßnahmen beinhalten einen Eingriff in das gesamte System oder Anlagenteile, wie z.B. Trinkwassererwärmer, Leitungen und Entnahmearmaturen.

Verfahrenstechnische Maßnahmen sind wiederkehrende oder permanente Desinfektionsmaßnahmen, wie z.B.:

- thermische Desinfektion;

- chemische Desinfektion oder

- UV-Entkeimung durch Bestrahlung.

Bild 3: Beispiel für eine Großanlage (TWE 400 l; Inhalt der Rohrleitung > 3 l).

Bemessung von Zirkulationssystemen

Für die Einhaltung der Anforderungen beider Arbeitsblätter hinsichtlich der Festlegung, daß im zirkulierenden Warmwassersystem die Warmwassertemperatur um nicht mehr als 5 K gegenüber der Austrittstemperatur des Trinkwassererwärmers unterschritten werden darf, kann das Berechnungsverfahren nach DIN 1988 Teil 3 Abschnitt 14 unter Umständen nicht genügen. In einem DVGW-Arbeitskreis wurde auf Veranlassung des ZVSHK ein thermodynamisches Berechnungsverfahren für Zirkulationssysteme als Ergänzung zur DIN 1988 Teil 3 erarbeitet, das als Entwurf vorliegt.

Hierbei werden drei Bemessungsverfahren unterschieden, die die hygienischen, wirtschaftlichen und betriebstechnischen Gesichtspunkte berücksichtigen, und zwar:

- ein Kurzverfahren für kleine Anlagen (z.B. Ein- und Zweifamilienhäuser), bei dem keine Berechnungen durchgeführt werden müssen, da in der Regel auch eine differenzierte Bemessung zu keinen anderen Ergebnissen führen würde,

- ein vereinfachtes Verfahren für alle Anlagengrößen mit dem Ziel, einen Rechengang zu erhalten, der ohne großen Aufwand genügend genaue Ergebnisse für den Entwurf und die Ausführung liefert, und

- ein differenziertes Verfahren für alle Anlagengrößen mit dem Ziel, vor allem für große Anlagen eine zuverlässige Bemessung und Einregulierung des Zirkulationssystems zu erhalten.

Bild 4: Trinkwassererwärmer mit Ladegrenze zur Aufhebung des Totraumes.

Auslegung der Trinkwassererwärmer

Für eine hygienische Warmwasseraufbereitung sind die Bauart und die Größe des Trinkwassererwärmers von entscheidender Bedeutung.

Trinkwassererwärmer müssen eine ausreichend große Reinigungs- und Wartungsöffnung haben, damit die Behälterinnenflächen und die Heizregister gereinigt werden können. Innenliegende Heizflächen sind so anzuordnen, daß der gesamte Behälterinhalt einschließlich des Bodens erwärmt wird.

Temperaturschichtungen im Speicher sind zu vermeiden. Durch außerhalb angeordnete Wärmetauscher mit Ladepumpe ist bei konstruktiv günstig angeordneten Kalt-, Warm- und Zirkulationsanschlüssen am Trinkwassererwärmer eine gleichmäßige Erwärmung des Speicherinhaltes ohne Temperaturschichtungen und Vermeidung von Totzonen gegeben.

Die Größenbestimmung von Trinkwassererwärmern erfolgt für Wohngebäude nach DIN 4708 Teil 2. Für andere Gebäudearten gibt es keine Normen, sondern Erfahrungswerte über Gleichzeitigkeiten, die meist - herstellerbezogen - unterschiedlich sind oder aus Fachbüchern für Planung und Ausführung entnommen werden können. Diese angenommenen Erfahrungswerte beinhalten Gleichzeitigkeitsangaben mit enormen Sicherheitszuschlägen, die meist zu überdimensionierten Trinkwassererwärmern führen. Diese Auslegung stellt zwar den Kunden zufrieden, weil er immer genügend Warmwasser zur Verfügung hat, jedoch ist ein überdimensionierter Speicher sicher nicht wirtschaftlich. Das stellt der Kunde meistens nicht fest.

Insbesondere bei größeren Trinkwassererwärmungsanlagen mit mehreren Speichern und unterschiedlichen hydraulischen Betriebsverhältnissen können Überdimensionierungen zur Stagnation und zu nicht ausreichenden Wassererneuerungen in einzelnen Speichern führen, die, da überdimensioniert, auch nicht festgestellt werden.

Im Hinblick auf das Legionelleninfektionsrisiko ist ein Überdimensionieren des Trinkwassererwärmers zu vermeiden.

Da das Verbraucherverhalten oftmals auch sehr unterschiedlich ist, wird es in der Praxis sehr schwierig sein, ohne konkrete Vorgaben eine bedarfsgerechte Größenbestimmung, die zum einen zu jeder Zeit eine ausreichende Warmwassermenge bereitstellt und zum anderen ein Überdimensionieren vermeidet, durchzuführen.

Membranausdehnungsgefäße - MAG-W - vor Trinkwassererwärmern

Membranausdehnungsgefäße werden seit Jahren in Trinkwasserinstallationen mit unterschiedlichen Funktionsaufgaben eingebaut. Während der Einbau in Verbindung mit Druckerhöhungsanlagen, z.B. als Steuerbehälter, entsprechend der DIN 1988 Teil 5 geregelt und unumstritten ist, wird der Einbau zur Druckstoßdämpfung oder vor Trinkwassererwärmern zur Vermeidung von Wasserverlusten durch tropfende Sicherheitsventile kritisch betrachtet. Zur Aufnahme des Ausdehnungswassers bei der Aufheizung des Trinkwassers kann in der Regel das Wasser, das aus Sicherheitsgründen aus der Abblaseleitung des Sicherheitsventiles während der Beheizung austritt, ohne größeren Aufwand der Gebäudeentwässerung zugeführt werden.

Wenn jedoch aus baulichen Gründen, z.B. fehlende Entwässerungsmöglichkeit, oder ökologischen Gründen der Auftraggeber (Wassersparen) das Tropfwasser des Sicherheitsventils nicht entwässert werden kann oder soll, kann ein MAG-W eingesetzt werden. Hier hat sich der Einbau von MAG-W in der Kaltwasserzuleitung innerhalb der Sicherheitsgruppe des Trinkwassererwärmers ergeben.

Die Anforderungen an MAG-W sind in der Norm DIN 4807 Teil 5 aufgestellt, die in Kürze veröffentlicht wird.

Hierbei sind die hygienischen Anforderungen in Form von entsprechenden Prüfungen dadurch sichergestellt, daß in jeder Betriebssituation, auch bei Verlust des Gasvordruckes, eine ausreichende Durchströmung gewährleistet ist. Weitere Anforderungen der Gas- und Wasserseite, wie z.B. der Korrosionsschutz, sind ebenso festgelegt wie die deutlich sichtbare Unterscheidung zu Heizungsgefäßen, in denen eine Beschriftung "Für Trinkwasser geeignet" vorgeschrieben und ein Schutzanstrich in grüner Farbe empfohlen werden.

Membranausdehnungsgefäße, die den Anforderungen der künftigen DIN 4807 Teil 5 entsprechen, werden ein DIN/DVGW-Prüfzeichen erhalten.

Wärmedämmung von Warmwasser- und Zirkulationsleitungen aufgrund der Heizungsanlagenverordnung vom 22. März 1994, ß 8 "Brauchwasseranlagen" Abs. 1

Für Warmwasserleitungen (Brauchwasserleitungen) in Wohnungen bis zur Nennweite DN 20, die weder in den Zirkulationskreislauf einbezogen noch mit elektrischer Begleitheizung ausgerüstet sind, kann von den Wärmedämmanforderungen des ß 6 Abs. 1 abgewichen werden, wenn deren Erfüllung nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist.

Auf Anfrage des ZVSHK haben sich für die Durchführungsverordnungen der Länder die zuständigen Stellen der ARGE-Bau "Haustechnische Anlagen" und die Fachkommission Bauaufsicht wie folgt geäußert:

"Die Fachkommission Bauaufsicht ist aufgrund der Empfehlung der ARGE-Bau und der vorliegenden gutachtlich nachgewiesenen Untersuchungen über den baulichen Aufwand und die damit verbundenen Kosten einhellig der Auffassung, daß bei den in ß 8 Abs. 1 Satz 2 HeizAnlV abgewichen werden kann, weil deren Erfüllung nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist."

Eine formelle Antragstellung bei den Behörden für ein Abweichen von der Regelung ist rechtlich nicht als Ausnahme ß 11 oder Härtefall ß 12 zu beurteilen und muß deshalb nicht gestellt werden.

Mit diesen eindeutigen Aussagen der ARGE-Bau Haustechnische Anlagen, der Fachkommission Bauaufsicht und der Obersten Baubehörden der Länder ist sowohl eine materielle wie auch eine formelle generelle Befreiung gegeben, und es bedarf keiner Zustimmung der Baubehörde.

Dieser Sach- und Rechtsstand überläßt die Regelung dem Anwender der Verordnung, d.h. insbesondere dem Planer und dem Installationsunternehmen, eigenverantwortlich darüber zu entscheiden, ob und inwieweit die Voraussetzung für eine Abweichung gegeben sind. Mit dem Auftraggeber können hinsichtlich der Ausführung der Wärmedämmung entsprechende Vereinbarungen getroffen werden, damit ein eventuell nach der Ausführung geforderter Nachweis der "Unverhältnismäßigkeit der Kosten" vermieden wird. (Fortsetzung folgt)


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