IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 1/1996, Seite 48 ff.


SANITÄR


Design oder Klassik

Heike Dressler-vom Hagen

"Design oder Klassik" das ist in diesem Beitrag weniger die Frage, die Shakespeare-like beantwortet werden soll. Es geht nicht um "Sein oder Nichtsein", sondern um eine Gegenüberstellung zweier ausdrucksstarker Badlösungen, die Trends nicht scheuen und sich dennoch, beide auf ihre Art, keiner Mode unterwerfen.

Klare Kontraste, Asymmetrie und Formenvielfalt: das Designbad.

 

Wagen wir eine Gegenüberstellung, die sowohl Kontraste offenlegen als auch Gemeinsamkeiten aufweisen kann. Eine eindeutige Definition beider Begrifflichkeiten können wir Duden und Lexikon entnehmen. Beide geben für den Begriff Design eine ähnliche Erläuterung: "Design" ist der Entwurf, das Modell, ein Muster.

Der Klassiker: Form, Farbe und Ausstattungsangebot bilden ein ästhetisches Ganzes.

Wohl weit mehr versteht die Sanitärbranche darunter. Hat sich der Begriff des Designs hier doch über die Definition als "Entwurf" hinaus qualifiziert und wird ein Designstück längst mit den Charaktereigenschaften von modern, innovativ, oft kompromißlos in seiner Ausführung bis hin zu wagemutig in seiner Erscheinung interpretiert.

Die Eckduschwanne "BetteCorner" - eine raumsparende Viertelkreislösung aus hochwertigem, glasierten Stahl/Email erhält ihre perfekte Abstimmung durch die glasklare Viertelkreisabtrennung mit zwei gebogenen Echtglasflügeln.

Die "Klassik", laut Duden als Epoche kultureller Höchstleistungen deklariert, wird des weiteren mit den Begriffen mustergültig und typisch erklärt, aber auch mit traditionell und herkömmlich. Sicher wäre es falsch, sich rein auf die Erläuterungen des Dudens zu beschränken, denn die Diskrepanz zwischen dem was die Fachwelt mittlerweile unter den Begriffen Design und Klassik präsentiert, geht doch teilweise über die lexikalischen Erläuterungen hinaus.

Arrangement "rund" ums WC: Jedes Detail perfekt in seiner Darstellungskraft wird vollkommen im Zusammenspiel. Komfort - das sind Details für die kleinen Dinge des Alltags. Exklusiv werden sie in ihrer Wirkung, wenn sie den Alltag vergessen lassen.

Was steht nun eigentlich in der Praxis hinter den Begriffen Design oder Klassik? Was kann der Endverbraucher darunter verstehen und wie soll der Installateur und Sanitärfachbetrieb die Zuordnungen vornehmen?

Die Quadratur des Kreises: Handtuchhalter aus der Serie "Lavillette" von Duravit.

Betrachtet man das insgesamte sanitäre Angebot von der Keramik bis zum Accessoire, fallen im Grunde genommen die zwei prägnanten und im folgenden beschriebenen Stilrichtungen auf: Moderne, innovative Entwicklungen, herausfordernd kreativ, häufig mit Unterstützung namhafter Designer auf der einen Seite und als Gegensatz die eher traditionell verwurzelten, zeitlosen und geschmackvollen, in sich stimmigen Entwürfe.

Badende können auf Wolken schweben: Die Kameraeinstellung von oben zeigt die drei symmetrischen Rundungen der "BetteCorner Sieger"-Badewanne.

Kommen wir nochmals zurück auf die lexikalischen Bedeutungen. Demnach stehen Designentwürfe im Grunde genommen am Anfang einer Karriere. Das Neue, Unbekannte, der kreative Umgang mit Formen und Farben, macht das Typische der Designmodelle aus. Was steht dann am Ende der Karriere? Möglicherweise die Klassik.

Die Eckbadewanne, mit symmetrischer Wolkenform im Innern, bietet ein komfortables Platzangebot. Perfekte Inszenierung: Podesterhöht wird die Badewanne zur stimmungsvollen Inszenierung.

Denjenigen Entwicklungen, die auf bewährte Formen zurückgreifen, seien es Repliken vergangener Stilrichtungen, seien es Details der Gestaltung, die in früheren Zeiten bereits erfolgreich waren, ist eine klassische Anmutung auf jeden Fall gewiß. Streng genommen beinhaltet der Begriff des Klassikers jedoch schon wieder eine weitere Auslegungsvariante, nämlich den "Erfolg" einer Linie. Diesen "Erfolg" müssen Designprodukte sich oft erst noch erarbeiten.

Der Waschtisch - ein Bildnis der Architektur. Losgelöst von Konventionen zeigt er bewußte Formenvielfalt.

Klassische Lösungen arbeiten bereits "auf der sicheren Seite" von anerkannter Schönheit und Ästhetik. Dennoch, ohne sich der Haarspalterei weiter hingeben zu wollen, bis ein klassischer Typ zum echten Klassiker wird, auch bis dahin ist ein weiter Weg. Und damit sind wir wieder bei anfänglichen Begriffserklärungen, die den Klassiker als allgemein anerkannten, "beispielhaften" Entwurf beschreibt.

Individualität par excellence. Die Herausforderung an persönliche Kreativität mit der Armaturenserie "Obina" von Dornbracht: Acht verschiedene Oberflächen und vier unterschiedliche Hebelformen erlauben vielfältige Badimpressionen im Stil moderner Sachlichkeit.

Haben wir uns vor einigen Ausgaben noch mit dem Thema Trend beschäftigt, sind diese Beispiele sicher keine typischen Durchschnittsbäder, dennoch sprechen beide Vorschläge einen großen Kundenkreis an. Oder besser gesagt, es sind zwei unterschiedliche Kundenkreise, an die sich die Beispiele richten. Daher wollen wir uns zu Anfang jedes dargestellten Badmilieus zunächst die für dieses Bad typischen Käufer vor Augen halten.

Formen- und Farbkontraste der Fliesen: "Loris" an der Wand und "Paco" auf dem Boden. Das Ergebnis: eine gelungene und ausdrucksstarke Darstellung von Design.

Design . . .

Die Zielgruppe und Käuferstruktur kann sicherlich so beschrieben werden: Jung und Junggeblieben. Dynamisch, modern, aber auch unkonventionell mit dem Hang zum Ausgefallenen und auf jeden Fall allen neuen Errungenschaften besonders aufgeschlossen. Bezeichnen wir sie auch als aktive, weltoffene Erfolgsmenschen, die sich nicht gern in bestehende Formen pressen lassen. In der Regel verraten schon Haus und/oder übrige Einrichtung den Designfreund oder Kunstliebhaber.

Design-Akzent: "Seca Mobila" - die elektronische Personenwaage als Stand- oder wandhängendes Modell.

Wie sieht nun die Antwort des Fachmannes auf Wünsche dieser Kunden aus. Bzw. wie könnte sie aussehen, um geschmacklich ins Schwarze zu treffen. Das Studiobeispiel zeigt es:

Aus dem Programm werksseitig vormontierter Duschkabinen "Riva" von Kermi: Die Echtglas-Schwingtür. Die Duschwanne "1930" von Hoesch besitzt vier Ablageecken.

Badbestimmend und zentrales Herzstück ist der Waschtisch. Mit ihm setzt sich ein interessantes Spiel der unterschiedlichen Formen in Szene. Als "neue programmatische Sichtweise vom Leben im Bad" bezeichnet der Hersteller Duravit die Serie "Lavillette", die nach einem Entwurf des Designers Dieter Sieger entstanden ist. Und fürwahr - die kontrapunktartige und dennoch harmonische Kombination von Kreis, Rechteck und asymmetrischem Keil präsentiert sich als optische Revolution, die sich bewußt vom Alltagseinerlei abhebt.

Komfort und Gestaltungsharmonie: Der Waschtischbereich mit zwei Standwaschtischen der Serie 1930
von Duravit.

Formstärke, Materialmix und Farbkombination verhelfen jedem noch so einfachen Badgrundriß zu neuer Ausdruckskraft. Und gerade in dieser Umsetzung bestätigt sich wiederum ansatzweise die Erläuterung des Dudens (wobei, um dies an dieser Stelle zu betonen, auf keinen Fall das Lavillette-Programm als Modell oder Entwurfslinie definiert werden soll. Diese Serie ist ausgereift und technisch perfekt auf die heutigen Bedürfnisse und Ansprüche an aktuellen Badkomfort zugeschnitten. "Modellhaft" jedoch ist der mutige, ungezwungene Umgang mit unterschiedlichen Formen).

Blickfang: Die Wandleuchte aus der Serie 1930 vor dem Hintergrund der stimmungsvollen Fliesenornamentik der Serie "Daliah".

Die Abstimmung mit allen übrigen Elementen macht den Gesamtauftritt des Bades perfekt. Die Kombination und Anlage von Wanne, Dusche und Accessoires ist nicht zufällig, sondern löst die Badgestaltung bewußt asymmetrisch auf. Höhenunterschiede und eingezogene Mauersockel sind die Konsequenz, die vom herkömmlichen Badgrundriß abgrenzt. Vom Scheitel bis zur Sohle, oder vom Waschtisch bis zur Fliese wird das Spiel der prägnanten Formen und klaren Farben schnörkellos durchgeführt. Ein Badinterieur wird zur Philosophie seiner Besitzer und hat in seiner Konsequenz wiederum alle Chancen, einmal ein Klassiker zu werden.

Stilleben mit klassischer, verchromter Seca-Personenwaage mit großer Trittfläche und leicht ablesbaren Ziffern.

. . . oder Klassisch

Ein klassisches Beispiel und, um bei der korrekten Definition zu bleiben, sogar ein Klassiker erster Güte präsentiert sich in unserem zweiten Beispiel. Die Zielgruppe und Käuferschicht dieses Bades könnte wie folgt aussehen: anspruchsvoll, stilecht, Neuem aufgeschlossen und Traditionellem verbunden. Menschen mit großem Harmoniebedürfnis, die gleichfalls Wert legen auf Komfort und ein adäquates Ausstattungsangebot. Haus und/oder Einrichtung verraten den Ästheten.

Einfach ästhetisch: Das Zusammenspiel von wasserführenden Armaturen und den Accessoires.

Die Antwort auf Kundenwünsche in die Richtung "klassisch" (und Klassik) könnte so aussehen: Formensprache und Farbspiel des Bades wirken gefällig, überleben jeden Trend und zaubern einen sympathischen, rundum stimmungsvollen Auftritt.

Räumlich abgetrennt: WC und Bidet. Das Stand-WC hat einen aufgesetzten Spülkasten; für das Wand-WC wurde eine passende Drückerplatte entwickelt, die ebenfalls aus Keramik besteht. An der Wand: Der "Credo"-Ventilheizkörper.

Der Charme der 30er, in den 90ern wiederentdeckt, zieht sich durch perfekt aufeinander abgestimmte Elemente von der Keramik bis zu den Accessoires. Und damit beweist sich das zweite Badbeispiel nicht nur als klassische Lösung, sondern eben als echter Klassiker. Vorbild der Keramikserie "1930" von Duravit war der Waschtisch Dauphinois, der bereits in den dreißiger Jahren ein Markterfolg war. Die ausgewogene, harmonische Gestaltungsform war Zeichen der Bauhaus-Linie, vor dessen Hintergrund die Designer die Neuauflage ihrer zeitlosen Badkeramik schufen. Prägnant ist die achteckige Grundrißform der Elemente. Bei allem "traditionellen Design" steckt hier moderne Badtechnik hinter der Renaissance überlieferter Formensprache: z.B. braucht das WC mit 6 Litern 30 bis 50 Prozent weniger Wasser als seine klassischen Vorgänger. Zeitlos auch die gewählte Farbgebung der gesamten Keramikserie. 1930 gibt es in Weiß, einem (matten) Edelweiß sowie in den Farbtönen Manhattangrau oder dem (matten) Flanellgrau. Weitere Elemente wie z.B. die Accessoires, aber auch Badmöbel, vervollständigen heute die Programmlinie.

Stilecht und perfekt auf das Interieur abgestimmt: Die Armaturen der Serie "Madison" von Dornbracht.

Abstimmung und Harmonie sind der Schlüssel dieser ästhetischen Gestaltung. Ein Bad für jeden Tag, in dem man lebt, ohne anzuecken. Die Formen sprechen an, das traditionelle Design regt weniger zu Diskussionen als zum absoluten Wohlgefühl an. In seiner Klassik, Harmonie und Gefälligkeit ist es schön, edel und stilvoll, von der Keramik bis zu den effektvollen Fliesen im Wechsel von Uni und Jugendstildekoren. Ein Klasse-Bad, das Trends überlebt und noch in Jahren ein Klassiker sein wird, denn es bedient sich perfekt seiner typischen Elemente.

Wer beide Lösungen betrachtet, wird sich zunächst selbst, ganz privat, mit dem einen oder anderen Vorschlag identifizieren. Sodann aber auch an seine Kunden denken, die nicht selten das Besondere in der einen oder anderen Richtung suchen. Die beiden Bäder, im Fotostudio mit Unterstützung namhafter Hersteller realisiert, können nur (wertfreie) Vorschläge sein, wie "Design" und "Klassik" sich umsetzen lassen. Die Varianten sind vielfältig, ebenso unterschiedlich wie der persönliche Geschmack und die Ansprüche der Kunden. Eines ist jedoch beiden Lösungen gemeinsam: Die gelungene Kombination von Form, Farbe und technischem Know-how.

Man mag individuell zu dem einen oder anderen Vorschlag tendieren, dennoch - beide überzeugen, nur eben unterschiedliche Käufer. Sich auf diese einzustellen und hier gemeinsam mit der Industrie individuelle Angebote aufzuzeigen und dann natürlich auch zu installieren, ist wiederum eine Herausforderung, die unwillkürlich nach Designlinien und Klassikprogrammen verlangt.

Die Eckwanne "Larisa" von Hoesch: Ein bequemer Zweisitzer, hier mit angeformter Schürze. Unter den Ausbuchtungen kann sogar die gesamte Whirltechnik untergebracht werden.

Mag mancher aus seiner Praxis den Einwand bringen, daß Designstücke häufig nicht gerade Trends beschreiben und die Käufergruppe kleiner ist, so brauchen wir dennoch den Kontrast von Design und Klassik so nötig wie nie zuvor. Denn die Gegenüberstellung beider Einrichtungsstile, das Für und Wider, die Möglichkeit individuell auf unterschiedliche Kundenwünsche einzugehen und gleichzeitig die Suche nach weiterer Perfektion und neuen Lösungsalternativen in jeglicher Art, belebt den Markt, steigert das Interesse des Endverbrauchers an neuen Bädern und sichert damit auch Handel und Handwerk den Verkaufserfolg. Daher sei Dank dem Design (und den Designern) für die stete Suche nach dem Neuen. Es belebt den Markt ebenso wie die Klassik stets eine Formensprache pflegt, die uns auch in Zukunft erhalten bleiben sollte.


An der Produktion waren beteiligt:

"Design"

Wanne "Bette Corner Sieger", Duschwanne in Weiß mit Duschabtrennung "Bette Corner" Klarglas, Profile Weiß:
Bette GmbH & Co. KG
Heinrich-Bette-Str. 1
33129 Delbrück.

Waschtisch und WC in Weiß, Badmöbel Frontfarbe Calvados, Korpusfarbe Kobaltblau, Griffe in Chrom und Accessoires in Chrom Serie "Lavillette":
Duravit AG
Werderstr. 36
78132 Hornberg.

Waschtisch-, Wannen-, Duscharmatur und Duschgarnitur Serie "Obina" in Chrom:
Dornbracht
Köbbingser Mühle 6
58640 Iserlohn.

Badheizkörper "Rondo Arc" in Manhattan:
Bemm Ing. Bernd Müller GmbH
Postfach 100144
31101 Hildesheim.

Wandfliesen Weiß/Matt, Halb- und Volldecor Blau, Streuer graphisch Blau/Grau und Bordüre Blau Serie "Loris"; Bodenfliesen Blau und Weiß/Matt Serie "Paco":
Engers Keramik GmbH
Brucknerstr. 43
56566 Neuwied.

Badwebteppich "Scot" in Dunkelblau:
Nicol
Ostring 48 - 50
34277 Fuldabrück.

Elektronische Waage "Seca Mobila 812":
Seca Vogel & Halke
GmbH & Co., Hammer
Steindamm 9 - 25
22089 Hamburg.

Klassik

Waschtische, Stand-WC, Stand-Bidet in Pergamon und Ausstattungsaccessoires in Pergamin-Chrom Serie "1930":
Duravit AG
Werderstr. 36
78132 Hornberg.

Exklusivwanne "Larisa" mit Schürze und Duschwanne "1930" in Pergamon:
Hoesch Metall- und Kunststoffwerk
Postfach 100424
52304 Düren.

Waschtisch-, Bidet-, Wannen-, Duscharmatur und Duschgarnitur "Madison" in Chrom/Weiß:
Dornbracht
Köbbingser Mühle 6
59640 Iserlohn.

Duschabtrennung "Riva" Schwingtür und Badventilheizkörper "Credo" in Calypso:
Kermi GmbH
Pankofen Bahnhof 1
94447 Plattling.

Wandfliesen Grün/Marmoriert glänzend, Dekorfliese, Bordüren Grün/Beige, Ranke, Serie "Daliah", Bodenfliesen Grün/Marmoriert "Green Water":
Iga Architekturbaustoffe
Badstr. 38
74072 Heilbronn.

Mechanische Waage "Seca Magna 792":
Seca Vogel & Halke
GmbH & Co., Hammer
Steindamm 9 - 25
22089 Hamburg.


B i l d e r : Studio Casa, Münster


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