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Clever geht auch in günstig

In einem Experiment fütterten Wissenschaftler der eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa eine selbstlernende Heizungssteuerung mit Daten aus dem vergangenen Jahr und mit der aktuellen Wettervorhersage. Ergebnis: Die Steuerung konnte das Verhalten des Gebäudes einschätzen und vorausschauend handeln.

Blick auf UMAR-Forschungseinheit des NEST-Gebäudes von Empa in der Schweiz: Ein Zwischengeschoss mit zwei Testzimmern, die um eine gemeinsame Wohnküche gruppiert sind. Bild: Zooey Braun, Stuttgart

Blick auf eins der beiden 18 m2 großen Studentenzimmer, links angrenzend die gemeinsame Wohnküche. Die Fensterfront ist nach Ostsüdost ausgerichtet und fängt die Vormittagssonne ein. In dem Kühlungs-Versuch des Sommers vergangenen Jahres konnten mit der KI erstaunliche Komfortgewinne bei gleichzeitiger Energieeinsparung eingefahren werden. Bild: Zooey Braun, Stuttgart

Eine der Wohnungen wurde mit einer selbstlernenden Heiz- und Kühlsteuerung ausgerüstet. Blick auf das Leitungssystem, das in der Decke installiert und eigentlich verkleidet ist. Bild: Zooey Braun, Stuttgart

 

Fabrikhallen, Flughafenterminals oder Bürohochhäuser werden vielfach schon heute mit automatisierten, „vorausschauenden“ Heizungen bestückt. Diese arbeiten mit speziell für das Gebäude berechneten, vorprogrammierten Szenarien und sparen den Betreibern eine Menge an Heizenergie. Doch für einzelne Wohnungen und Privathäuser ist eine solche Einzelprogrammierung zu teuer.

Keine spezielle Programmierung
Einer Gruppe von Empa-Forschern gelang im letzten Sommer erstmals der Beweis, dass es auch einfacher geht: Die intelligente Heiz- und Kühlsteuerung muss nicht unbedingt programmiert werden; sie kann ebenso gut selbst aus den Daten vergangener Wochen und Monate sparen lernen. Programmierende Fachleute sind nicht mehr nötig. Mit diesem Kniff ist die Spartechnik laut der Forscher bald auch für Familien und Singles verfügbar.

Der Versuchsaufbau
Das entscheidende Experiment fand im Empa-Forschungsgebäude NEST statt. Die Forschungseinheit „UMAR“ (Urban Mining and Recycling) besitzt eine große Wohnküche und ist symmetrisch von zwei Studentenzimmern eingerahmt. Beide Zimmer sind je 18 m2 groß. Die gesamte Fensterfront ist nach Ostsüdost – zur Vormittagssonne – ausgerichtet. In der UMAR-Einheit läuft Wasser durch eine Deckenverkleidung aus Edelstahl und sorgt für die gewünschte Raumtemperatur. Die Heiz- und Kühlleistung lässt sich für die einzelnen Räume über die jeweilige Ventilstellung berechnen.

KI versus Thermostat
In den beiden Schlafzimmern sollte die Temperatur tagsüber die Marke von 25 °C, nachts die Marke von 23 °C nicht überschreiten. Ein herkömmliches Thermostatventil besorgte die Kühlung in einem Zimmer. Im anderen Zimmer arbeitete die experimentelle Steuerung. Die künstliche Intelligenz (KI) war mit Daten der letzten zehn Monate gefüttert worden – und sie kannte die aktuelle Wettervorhersage von MeteoSchweiz.

Mehr Komfort mit weniger Energie

Das Ergebnis fiel laut Empa überaus deutlich aus: Die intelligente Heiz- und Kühlsteuerung hielt sich deutlich genauer an die Komfortvorgaben und brauchte hierfür rund 25 Prozent weniger Energie. Dies lag vor allem daran, dass am Vormittag, wenn die Sonne in die Fenster schien, vorausschauend gekühlt wurde. Das mechanische Thermostat im Zimmer gegenüber reagierte hingegen erst dann, wenn die Temperatur durch die Decke ging. Zu spät, zu hektisch und mit voller Leistung. Im November 2019, in einem kühlen Monat mit wenig Sonne, viel Regen und Wind, wiederholten die Forscher das Experiment. Nun ging es um die Heizenergie in den beiden Zimmern. Die Ergebnisse sind noch offen, man rechnet aber mit ähnlichen Erfolgen.

Ausblick: Feldversuch geplant
Mittlerweile wird bereits der nächsten Schritt vorbereitet: „Um das System im realen Umfeld zu testen, haben wir einen größeren Feldversuch in einem Mehrfamilienhaus mit 60 Wohnungen geplant. Wir werden vier dieser Wohnungen mit unserer intelligenten Heiz- und Kühlsteuerung ausrüsten“, sagt Projektleiter Felix Bünning. „Ich glaube, dass neue, auf ‚Machine-Learning’ basierende Regler eine riesige Chance sind. Mit dieser Methode können wir mit relativ einfachen Mitteln und den gesammelten Daten eine gute, energiesparende Nachrüstungslösung für bestehende Heizungen konstruieren.“

 


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