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Wettbewerbsrechtliche Abmahnung:und was nun?

Plötzlich wird Ihnen eine "Abmahnung" zugestellt. Darin wird Ihnen unlautere Werbung vorgeworfen. Innerhalb einer sehr kurzen Frist sollen Sie eine sog. strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben, also erklären, das Ihnen vorgeworfene Verhalten nie wieder an den Tag zu legen oder andernfalls eine beträchtliche Vertragsstrafe zu zahlen. Wie sollen Sie sich jetzt verhalten: Die Abmahnung ignorieren oder die beigefügte Unterlassungserklärung abgeben? Wir klären auf.

 

Die wettbewerbsrechtliche Abmahnung dient dazu, Streitigkeiten über Unterlassungspflichten nach erfolgten Verletzungshandlungen ohne Inanspruchnahme der Gerichte zu regeln. Dazu teilt der Absender dem Adressaten mit, dass dieser sich wettbewerbswidrig verhalten habe. Die wettbewerbswidrige Handlung wird im Einzelnen bezeichnet. Der Adressat wird dazu aufgefordert, dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen und binnen einer bestimmten Frist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Meistens liegt der Abmahnung bereits eine entsprechend vorformulierte Unterlassungserklärung bei. Wird sie unterzeichnet, so hat sich die Inanspruchnahme der Gerichte (sieht man von weitergehenden Ansprüchen auf Auskunft und / oder Schadenersatz einmal ab) einstweilen erübrigt. Damit dient die Abmahnung zum einen dem Interesse des Absenders. Er erhält mit der Unterlassungserklärung nämlich ein Instrument an die Hand, das ihn vor der Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens des Adressaten schützt. Zum anderen dient die Abmahnung dem Interesse des Adressaten. Wird nämlich die strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, so erübrigt sich auch für ihn ein kostspieliges Gerichtsverfahren.

Folgen der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung
Wird die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, so muss der Adressat der Abmahnung das beanstandete Verhalten mit sofortiger Wirkung unterlassen. Tut er dies nicht, so wird die versprochene Vertragsstrafe fällig. Der Anspruchsberechtigte, der ursprünglich die Abmahnung versandt hat, hat nun zwei Möglichkeiten: Er kann zum einen die verwirkte Vertragsstrafe fordern. Zum anderen kann er wiederum abmahnen und diesmal eine strafbewehrte Unterlassungserklärung verlangen, in der eine noch höhere Vertragsstrafe gefordert wird. Beides kann auch nebeneinander geschehen. Der Anspruchsberechtigte muss sich also nicht zwischen der Vertragsstrafe und der neuen Abmahnung entscheiden. Dies zeigt, dass die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung weitreichende Folgen hat. Deshalb ist sorgsam zu prüfen, ob die Abmahnung überhaupt berechtigt war. Dabei stellen sich folgende Fragen:
• Wer darf eigentlich abmahnen?
• Und wofür muss der Abgemahnte überhaupt einstehen?
• Unterstellt, der Wettbewerbsverstoß ist gegeben: Muss dann die geforderte Unterlassungserklärung abgegeben oder kann auch eine eigenständige Unterlassungserklärung formuliert werden?
• Außerdem: Ist die in der Abmahnung gesetzte Frist bindend oder setzt sie den Adressaten unnötig unter Zeitdruck?
• Und schließlich: Was ist, wenn man von unterschiedlichen Absendern gleichlautende Abmahnungen erhält?

Wer kann abmahnen?
Abmahnen kann nur der, der berechtigt ist, den in Rede stehenden Wettbewerbsverstoß zu verfolgen. Das sind zunächst einmal die Mitbewerber der Adressaten. Hierzu zählen alle Unternehmen, die gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Abnehmerkreises abzusetzen versuchen, mit der Folge, dass die beanstandete Wettbewerbshandlung das andere Unternehmen beeinträchtigen, also in seinem Absatz behindern oder stören kann. Dies wiederum setzt voraus, dass sich die beteilig­ten Unternehmen auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen oder aber zumindest betätigen wollen. Ein „sachlich relevanter Markt“ ist dabei dann anzunehmen, wenn die angebotenen Waren oder Dienstleistungen für den Nachfrager als austauschbar angesehen werden können. Ein „räumlich relevanter Markt“ bedeutet, dass sich die Absatzgebiete decken oder überschneiden. Bei Ladengeschäften für den täglichen Bedarf ist deshalb meist der örtliche Einzugsbereich entscheidend. Der „zeitlich relevante Markt“ ist anzunehmen, wenn die Unternehmen bereits aktuell oder aber in absehbarer Zeit ihre Waren oder Dienstleistungen anbieten. Nur die bloß abstrakte Möglichkeit eines Marktszutritts reicht dagegen nicht aus. Neben diesen Mitbewerbern sind aber auch diverse Wettbewerbs- oder Verbraucherverbände zur Abmahnung berechtigt, so etwa die Wettbewerbszentrale oder die Verbraucherzentrale.

Wer darf abgemahnt werden?
Abgemahnt werden darf zunächst derjenige, der den Wettbewerbsverstoß selbst begangen hat. Allerdings sieht das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb auch eine weitreichende Haftung des Unternehmers für seine Mitarbeiter und Beauftragte vor. Der Unternehmer haftet deshalb auch für seine Arbeitnehmer, Auszubildenden, Praktikanten, Volontäre, freiberufliche und sons­tige Mitarbeiter. Außerdem für sämtliche Personen, die in die geschäftliche oder betriebliche Organisation eingegliedert sind und deren Tätigkeit dem Unternehmen tatsächlich zugute kommt. Dazu zählen Handelsvertreter, Vertragshändler, Franchisenehmer, Kommissionäre, Einkaufs­agenturen, ja sogar Werbeagenturen oder Laienwerber. Da der Inhaber des Unternehmens sich hinter solchen von ihm abhängigen Personen nicht verstecken können soll, haftet er auch dann, wenn er die Zuwiderhandlung dieser Personen nicht einmal gekannt hat oder aber nicht einmal hat verhindern können. Er kann sich also nicht darauf berufen, er habe von der Zuwiderhandlung nichts gewusst oder der entsprechenden Person in dem fraglichen Bereich Entscheidungsfreiheit eingeräumt. Deshalb kann eine Abmahnung gegen einen Unternehmensinhaber also schon dann begründet sein, wenn der Unternehmensinhaber einen Dritten zum Vertrieb seiner Produkte eingeschaltet hat und der Dritte sich dabei (ohne dass der Unternehmensinhaber davon überhaupt Kenntnis hatte) wettbewerbswidriger Methoden – beispielsweise irreführender Behauptungen – bedient hat. Nicht muss der Unternehmensinhaber dagegen für solche Personen einstehen, die lediglich vorgeben, für den Unternehmensinhaber gehandelt zu haben. Wird in solchen Fällen gleichwohl abgemahnt, ist die Abmahnung also unberechtigt.

Muss die geforderte straf­bewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden?
Wie bereits erwähnt, liegt der Abmahnung oft schon eine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung bei. Unterzeichnet man diese, so wird sich der Abmahnende damit zufrieden geben (müssen). Schließlich hat er die Unterwerfungserklärung ja selbst gefordert. Allerdings ist oft zu beobachten, dass Abmahner mit den Unterwerfungserklärungen mehr wollen, als ihnen das Gesetz gewähren würde, sie also in einem Gerichtsverfahren zugesprochen bekämen. Dazu einige Beispiele: Regelmäßig wird die Vertragsstrafe beziffert angegeben, also ein konkreter Geldbetrag genannt, der bei einer Zuwiderhandlung gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung, also dem Fortsetzen der beanstandeten Wettbewerbshandlung, zu zahlen sein soll. Damit muss sich der Abmahnende jedoch nicht abgeben. Er kann vielmehr die Vertragsstrafe offenlassen, durch einen Höchstbetrag begrenzen („bis zu 5600,00 Euro“) und es dem Abmahnenden überlassen, innerhalb jenes Rahmens die für eine Zuwiderhandlung angemessene Strafe zu bestimmen, wenn auch vorbehaltlich der Überprüfung der Angemessenheit durch das anzurufende Gericht.
Welcher Höchstbetrag angemessen ist, hängt dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Weiterhin wird oft der Verzicht auf die „Einrede des Fortsetzungszusammenhangs“ gefordert. Dies soll dem Abmahnenden die Möglichkeit eröffnen, für mehrere Zuwiderhandlungen jeweils die versprochene Vertragsstrafe fordern zu können. Auch hierauf muss sich der Abgemahnte nicht einlassen. Er darf diese Formulierung streichen. Allerdings ist dies gleichwohl keine Garantie dafür, die Vertragsstrafe nur einmalig zahlen zu müssen, wenn mehrmals verstoßen wird. Weiter empfiehlt sich anstelle von Unterlassungserklärungen, in denen das beanstandete Verhalten nur ganz abstrakt beschrieben wird, eine Formulierung zu wählen, die das beanstandete Verhalten so konkret wie möglich bezeichnet. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es für die Wirksamkeit der Unterlassungserklärung nicht darauf ankommt, ob auch die Kosten der Abmahnung anerkannt oder erstattet werden. Im Gegenteil: Reicht die Unterlassungserklärung dem Abmahnenden aus, werden aber seine Kosten nicht erstattet, so kann er nur noch insoweit ein Gerichtsverfahren anstrengen. Dieses ist mit deutlich geringeren Prozesskosten verbunden als wenn ohne Unterlassungserklärung auch noch in der Sache selbst vor Gericht gestritten werden müsste.

Muss die Frist beachtet werden?
Dies hängt davon ab, ob die gesetzte Frist angemessen ist. Das lässt sich nur nach Lage des Einzelfalles bestimmen. Wenn es darum geht, dass eine wettbewerbswidrige Werbung nur irgendwann wiederholt wird, muss dem Abgemahnten Zeit zum Überlegen und zum Einholen anwaltlichen Rats gelassen werden. In diesen Fällen wird regelmäßig eine Zeit von einer Woche bis zehn Tagen genügen. Dabei ist immer auf die Zeit ab dem Zugang der Abmahnung abzustellen. Ist die Sache allerdings besonders eilbedürftig, so kann sogar eine Frist von wenigen Stunden noch angemessen sein. Auf eine Fristverlängerung muss sich der Abmahnende deshalb nur einlassen, wenn der Abgemahnte nachvollziehbare Gründe anführt. Hat der Abmahnende eine zu kurze Frist gesetzt und gewährt er keine Fristverlängerung, so heißt dies aber noch lange nicht, dass die Abmahnung unwirksam ist. Vielmehr wird lediglich statt der unangemessen kurzen Frist eine angemessene Frist in Lauf gesetzt. Geht dem Abmahnenden innerhalb dieser angemessen langen Frist eine ausreichende Unterlassungserklärung zu, so kann er sich folglich nicht auf eine Verfristung berufen.

Verhalten bei mehrfachen Abmahnungen
Wird ein bereits abgemahnter Verletzer beispielsweise durch einen weiteren Mitbewerber wegen derselben Wettbewerbshandlung erneut abgemahnt, so ist er nach Treu und Glauben verpflichtet, den Zweitabmahner klar und umfassend darüber aufzuklären, dass er bereits wegen derselben Verletzungshandlung dem Erstabmahner eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat. Sonst läuft der Zweitabmahner Gefahr, eine unnötige und aussichtslose Klage zu erheben. Um dem Zweitabmahner eine möglichst sichere Beurteilung zu ermöglichen, ist es deshalb dem Abgemahnten zuzumuten, ihm, dem Erstabmahner, den Inhalt der Unterwerfungsklärung einschließlich der Höhe der Vertragsstrafe mitzuteilen.

Zusammenfassung
Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung schlicht zu ignorieren, ist der falsche Weg. Ebenso falsch kann es sich aber erweisen, unter dem Zeitdruck der gesetzten Frist schlicht die geforderte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen und dann auch noch die Kosten des Abmahnenden anzuerkennen. Vielmehr muss auch bei einer der Sache nach berechtigten Abmahnung sorgsam geprüft werden, ob der Abmahnende überhaupt zum Ausspruch der Abmahnung berechtigt war, ob man selbst für das beanstandete Verhalten einstehen muss und ob nicht die Abgabe einer alternativen Unterlassungserklärung mit weniger weitreichenden Folgen möglich ist. Diese Prüfung (und natürlich auch die Prüfung, ob die Abmahnung der Sache nach berechtigt ist) sollte aber nicht dem „Hausanwalt“ übertragen werden. Vielmehr bedarf es des Rates von Experten, die über entsprechende Erfahrungen und Kenntnisse der einschlägigen Rechtsprechung zu den einzelnen Fragen verfügen. Denn ist erst einmal eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, so gilt dasselbe wie bei jedem Vertrag: Man muss sich hieran festhalten lassen.


Irreführende Werbung im Bereich des Handwerkes – Beispiele aus der Praxis

Unrichtige Angaben über Befähigung und Qualifikation
• Wer nur über die berufliche „Qualifikation“ als Tischlermeister verfügt, handelt irreführend, wenn er für die handwerkliche Tätigkeit Trockenbau wirbt. Das gilt auch, wenn diese Tätigkeit dem Tätigkeitsbereich verschiedener Handwerke unterfällt, jedoch nicht deutlich darauf hingewiesen wird, dass die beworbene Leistung ausschließlich für und im Zusammenhang mit der dem werbenden Handwerker erlaubten Tätigkeit (Innenbau) angeboten wird (BGH GRUR 1993, 397 – Trockenbau).
• Wer handwerkliche Leistungen anbietet, die wesentlich zum Berufsbild des Maler- und Lackiererhandwerks gehören, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein, handelt ebenfalls wettbewerbswidrig (OLG Hamm, WRP 1999, 455).
• Eine KG darf sich in der Werbung nicht als „der erfahrene Meisterbetrieb“ bezeichnen, wenn ihr persönlich haftender Gesellschafter nicht die Meisterprüfung bestanden hat, sondern nur in ihrem Betrieb ein Meister tätig ist (OLG Düsseldorf, GRUR 1973, 33).

Unrichtige Angaben über die Art und Weise der Herstellung oder Erbringung

• Irreführend ist es, mit handwerklichen Bezeichnungen für fabrikmäßig oder industriell gefertigte Erzeugnisse zu werben. Dass ein sachkundiger Leser die Unwahrheit schon aus dem Preis ersieht, schließt die Irreführung nicht aus. Die Wörter „nach Maß“ sind für sich allein mehrdeutig, da es handwerkliche Maßarbeit und industrielle Maßkonfektionen gibt. Für diese darf nur dann mit dem Zusatz, dass „nach Maß“ angefertigt wurde, geworben werden, sofern die Werbung deutlich erkennen lässt, dass keine handwerks-, sondern konfektionsmäßige Arbeit angeboten wird (BGH GRUR 1957, 274 – nach Maß; BGH GRUR 1961, 425, 428 – Möbelhaus des Handwerks).

Irreführende Unternehmensbezeichnungen
• Wirbt eine KFZ-Reparaturwerkstätte mit der Angabe „Karosserie- und Lackierabteilung“, so erwartet der Verkehr einen unter fachmännischer Leitung stehenden Meisterbetrieb (OLG GRUR, WRP 1988, 555, 557).
• Irreführend ist es weiter, wenn bloße Reparaturwerkstätten als „Fabrik“ bezeichnet werden. Der Verkehr erwartet nämlich die Neuherstellung und nicht die bloße Reparatur (OLG Celle, WB 1969, 1103).
• Auch ein Handwerksbetrieb darf nicht als „Fabrik“ bezeichnet werden. Handwerksmäßig ist nämlich ein Betrieb, der sich nach seiner inneren Gestaltung im Rahmen des Handwerksüblichen hält, wofür die Mitarbeit des Inhabers und die Verwendung gelernter Hilfskräfte typisch sind. Für die Fabrik ist dagegen die weitgehende Arbeitsteilung kennzeichnend (OLG Hamm, BB 1954, 74; OLG Hamm, BB 1944, 74; OLG Hamm, NJW 1954, 1935).


Autor: Dr. Jan-Felix Isele, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V.

www.mittelstands-anwaelte.de

 


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