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Wege aus dem Modernisierungsstau Mini-Contracting für Einfamilienhäuser

Angesichts der Klimaschutzziele gibt es bisher nur eine unzureichende Sanierungsrate im Wohngebäudebestand. Die energetische Modernisierung der ca. 11 Mio. Einfamilienhäuser wird durch Finanzierungs- und Informationshemmnisse behindert. Diese führen dazu, dass Modernisierungen aufgeschoben bzw. suboptimale Maßnahmen durchgeführt werden. So werden weiterhin Niedertemperaturkessel eingebaut, der Bereich der Solarthermie vielfach vernachlässigt. Ein Weg, die Modernisierungsrate zu erhöhen und gleichzeitig die Effizienzpotenziale stärker zu erschließen, ist das sogenannte Mini-Contracting für Einfamilienhäuser, das bereits von mehr als 40 Energieversorgern in Zusammenarbeit mit SHK-Betrieben angeboten wird.

Beim Mini-Contracting geht es vor allem um die Modernisierung von Heizungsanlagen für Ein- und Zweifamilienhäuser. Bild: IWO

Das Fachhandwerk ist der Ansprechpartner in Sachen Heizungsmodernisierung. Bild: EWE

Erwartungen der Handwerksbetriebe.

Bewertung von Mini-Contracting.

 

In einem vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung geförderten Forschungsprojekt hat sich das Bremer Energie Institut mit Mini-Contracting-Dienstleistungen befasst.* Das Ziel des Forschungsprojekts bestand darin, fundierte Anstöße zur Weiterentwicklung vorhandener Contracting-Dienstleistungen für Einfamilienhäuser zu geben. Im Fokus der Weiterentwicklung standen Fragen der größeren Marktdurchdringung, der verstärkten Einbindung regenerativer Ener­gien und der Erhöhung der Energieeffizienz.

Was ist Mini-Contracting?

Unter „Contracting“ wird ein Instrument verstanden, bei dem die Planung, die Durchführung, die Investition, die Ener­gielieferung und der Betrieb einer Energieumwandlungsanlage nicht vom Gebäudeeigentümer, sondern von einem anderen Akteur vorgenommen wird. Nicht immer werden alle diese Leistungen von allen Contracting-Anbietern bzw. bei allen Objekten angeboten. In manchen Fällen kommen jedoch auch weitere hinzu, z.B. eine garantierte Energieeinsparung. Für die Eigen­tümer ergeben sich beim Contracting eine Reihe von Vorteilen, z.B. die Abnahme von Risiken und Liquiditätsvorteile.

Beim Mini-Contracting geht es vor allem um die Modernisierung von Heizungsanlagen für Ein- und Zweifamilienhäuser. Bisher handelt es sich fast immer um Energieliefer- oder Anlagen-Contracting, bei dem – im Unterscheid zum Einsparcontracting bei großen Gebäuden – keine Garantie für eine bestimmte Einsparung gegeben wird. Ein wesentlicher Unterschied und gleichsam großer Vorteil zu Contracting-Angeboten für Mehrfamilienhäuser besteht darin, dass bei selbstgenutzten Einfamilienhäusern kein Problem bezüglich der Kostenumlage auf die einzelnen Mieter besteht.

Durch Recherchen konnten rund 40 Anbieter identifiziert werden, die Mini-Contracting anbieten und darüber Auskunft geben. Es handelt sich mit wenigen Ausnahmen um Energieversorgungsunternehmen, die diese Dienstleistungen auf lokalen Märkten anbieten (Stadtwerke). Die Kundenzahlen dieser Anbieter bezüglich ihrer Mini-Contracting-Angebote streuen stark. Die meisten Mini-Contracting-Kunden hat die EWE Energie AG (Oldenburg). Ende 2011 hatte sie bereits über 12000 Kunden unter Vertrag. Weitere Akteure sind z.B. die Stadtwerke Neuss und „DEW21“ (Dortmund) mit jeweils mehreren Tausend Kunden. Die meisten anderen ausgewerteten Anbieter berichten über einige Zehn bis einige Hundert Kunden, wobei ca. 60% der ausgewerteten Anbieter bis zu 100 Mini-Contracting-Kunden aufweist. Da es neben den ausgewerteten Anbietern noch weitere geben dürfte, kann die Zahl der bestehenden Mini-Contracting-Verträge auf etwa 25000 bis 30000 abgeschätzt werden.

Typisierend kann man die angebotenen Dienstleistungen wie folgt beschreiben:

  • Es geht vornehmlich um die Modernisierung von Heizkesseln und Nebenanlagen in Bestandsgebäuden.
  • Technisch geht es nicht um Individuallösungen wie bei großen Nichtwohngebäuden. Demzufolge ist der Transaktionsaufwand gerade bei den Unternehmen mit großen Kundenzahlen aufgrund gut strukturierter Abläufe und Verträge gering.
  • Der häufigste Energieträger ist Erdgas.
  • Aus Sicht der Anbieter geht es vor allem darum, eine langfristige Kundenbindung herzustellen.
  • Die Abrechnung erfolgt entweder über die erzeugte Wärme (Messpunkt Wärmemengenzähler) oder über den Gasverbrauch (Messpunkt Gaszähler). Bei der Abrechnung über die Wärmemenge liegen die Abgas-, Betriebsbereitschafts- und Abstrahlverluste des Heizkessels im Risikobereich des Contractors. Die übrigen Energieverluste wie Transmissions- und Lüftungswärmeverlust, Warmwasserbereitung; Verteilungs- und Übergabeverluste sowie die Gewinne aus Einstrahlung und internen Quellen gehen in beide Abrechnungsformen ein. Da bei Brennwertgeräten die Effizienz des Geräts meist hoch ist und ein Wärmemengenzähler die Anlage verteuert, wird nicht selten auf diesen verzichtet.
  • Kombinationen von Gas mit Solarthermie werden bereits angeboten, vereinzelt auch andere regenerative Energien eingesetzt.
  • Eine bestimmte Energieeffizienz oder eine garantierte Einsparung wird bisher nicht versprochen.
  • Die Dienstleistungen zielen im Wesentlichen auf eine Übernahme der Anfangsinvestition ab (Gebrauchsüberlassung der neuen Anlage gegen Entgelt), wobei die Wartung fast immer, Reparaturen dagegen nicht immer inkludiert sind.
  • Die Vertragslaufzeiten betragen meist 10 Jahre.
  • Es erfolgt eine starke Zusammenarbeit mit dem Heizungshandwerk, wobei diese Betriebe meist im Auftrag des Energieversorgers tätig werden.

Es ist davon auszugehen, dass im Falle von Mini-Contracting-Dienstleistungen eine bessere Energieeffizienz erzielt wird als bei der normalen Heizungsmodernisierung. Dies beruht auf verschiedenen Bausteinen. In der Summe dürften diese dazu führen, dass im Falle von Mini-Contracting die Energieeffizienz etwa 2 bis 5% höher liegt als ohne Mini-Contracting.

Grundlagen für die Weiterentwicklung

Zur Ermittlung von Ansatzpunkten für eine Weiterentwicklung wurden unter anderem fünf Befragungen durchgeführt. Die Befragungen der Handwerker wurden durch das Bremer Energie Institut, die Befragungen der Kunden durch das Marktforschungsunternehmen „Konkret“ aus Bremen durchgeführt. Bei den Handwerkern wurden zwei Gruppen unterschieden:

Betriebe, die in 2009 mehr als drei Anlagen im Mini-Contracting verkauften („aktive Handwerker“) und andere, die zwar einen Rahmenvertrag mit dem Contracting-Anbieter haben, aber in 2009 nur bis zu drei Mini-Contracting-Anlagen vertrieben. Aus den Befragungen der Handwerksbetriebe, die aktiv die „Wärme plus“-Dienstleistung der EWE unterstützen, ergibt sich, dass mehr als 80?% ihre Erwartungen als erfüllt ansehen. Für sie bringt diese Dienstleistung folgende Vorteile:

  • 66% der aktiven Handwerker gewannen durch das Mini-Contracting-Angebot neue Kunden; davon mehr als die Hälfte mehr als 6 Kunden pro Jahr.
  • 60% gaben an, dass die Dienstleistung den Kunden den entscheidenden Impuls zur Durchführung der Modernisierung gegeben habe.
  • Durch den Wartungsvertrag kommen die Handwerker regelmäßig zu den Kunden, was eine gute Gelegenheit zur Anbahnung weiterer Aufträge bietet.
  • Das Inkassorisiko nimmt ab; Auftraggeber ist der Energieversorger, nicht der einzelne Hauseigentümer.

Bei den „passiven“ Betrieben zeigte sich, dass diese in der Regel kleiner sind als die „aktiven“ Betriebe. Im Wesentlichen werden von ihnen jedoch die gleichen Vorteile bzw. Erwartungen an die Dienstleistung geäußert. Wichtig in den Augen aller Handwerksbetriebe ist, dass sie weiterhin den Kundenkontakt haben, dass bei der Wahl der Heizkessel große Freiheit besteht und dass durch die Dienstleistung insgesamt eine Unterstützung ihrer Aufgaben erfolgt.

Contracting – eine vielfach unbekannte Dienstleistung

Sowohl bei Sanierern als auch bei Sanierungswilligen (hier und in der Abbildung Planer genannt) ist Mini-Contracting relativ unbekannt, jedoch zeigten sich bei Erläuterung mehr als zwei Drittel interessiert. Für eine Nutzung von Mini-Contracting sprechen laut Befragung, dass „alles in einem Paket geboten wird, auch ein guter Service“ (67%). Des Weiteren nennen die Befragten die „Finanzierungsmöglichkeit“ (29%), ein „günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis“ (16?%) sowie die inkludierte „Wartung durch den Contractor“ (16%) als Vorteile.

Gegen Contracting-Modelle sprechen aus der Sicht der Sanierer und Planer insbesondere die „lange Vertragslaufzeit“, eine „hohe Bindung“ (30%) und die „hohe Abhängigkeit vom Contractor“ (26%). Daneben werden „hohe Kosten“ (19%), der „Fremdbesitz der eigenen Heizanlage“ (10%) sowie „undurchsichtige Verträge“ (7%) als Nachteile genannt.

Bezüglich der Wege der Entscheidungsfindung für eine Heizungsmodernisierung zeigten die Befragungen, dass der am häufigsten genutzte Informationskanal der Heizungsinstallateur ist (für 75% der Befragten). An zweiter Stelle folgen Freunde/Bekannte. Die beiden gefragtesten Informationen seitens der Hauseigentümer sind der Preis und der Energieverbrauch. Speziell bei den Mini-Contracting-Kunden schlägt der Sachverhalt, dass keine eigene Anfangsinvestition erforderlich ist, das Preisargument. Wichtig für sie ist ferner der gebotene Service.

Bei den Gründen der Heizungsmodernisierung ist zwar für alle von Bedeutung, dass die bisherige Anlage sehr alt war bzw. ist und man Energie sparen bzw. Energiekosten sparen möchte. Speziell bei den Mini-Contracting-Kunden war ein häufiger Sanierungsgrund, dass die alte Heizung akut defekt war. Fehlende eigene finanzielle Mittel und das Erleben eines Schadens machen einen Teil der Kunden empfänglich für Dienstleistungen, bei denen schnelle Reparaturen garantiert werden bzw. diese sogar im Preis enthalten sind.

Sowohl bei Sanierern als auch bei Planern ist Mini-Contracting relativ unbekannt.

Weiterentwicklung – aber wie?

Zentrale Aufgaben für die Weiterentwicklung von Mini-Contracting bestehen darin, die Energieeffizienz noch stärker zu steigern, verstärkt regenerative Energien einzubinden und das Marktvolumen zu vergrößern. Dass bei der Modernisierung eines 25 Jahre alten Heizkessels ein energieeffizienterer Kessel zum Einsatz kommt, ist bekannt. Allerdings bestehen durchaus Effekte der Effizienzsteigerung, die durch Mini-Contracting zumindest mit beeinflusst werden. Diese Einspareffekte kommen durch das Vorziehen einer Modernisierung, effizientere Technik, hochwertige Bauausführung, individuelle Einstellung und regelmäßige Wartung zustande.

Um die Energieeffizienz bei der Anwendung von Mini-Contracting noch mehr zu steigern, sollten die folgenden Möglichkeiten genutzt werden:

  • Feuerungsanlagen: Einsatz ausschließlich von Brennwertgeräten,
  • Verwendung hocheffizienter Markengeräte (Abweichung nur auf Kundenverlangen),
  • Verwendung besonders energieeffizienter Komponenten wie Speicher und Umwälzpumpen,
  • hydraulischer Abgleich der Anlage,
  • regelmäßige, umfassende Wartung,
  • Überprüfung der Brennwertnutzung im praktischen Betrieb,
  • Garantie einer quantifizierten Energieeinsparung,
  • Abrechnung der Energie am Ausgang des Heizsystems,
  • Schulung und Zertifizierung der beteiligten SHK-Fachbetriebe.

Außerdem sollte die Nutzung regenerativer Energien im Rahmen eines Mini-Contracting-Angebots grundsätzlich vorgesehen werden. Gerade dafür ist es allerdings wichtig, dass eine staatliche Förderung durch Mini-Contracting-Dienstleistungen in Anspruch genommen werden kann. Derzeit ist das nicht der Fall.

Zur Erhöhung des Marktvolumens von Mini-Contracting empfehlen sich verschiedene Maßnahmen:

  • Beseitigung von Hemmnissen, die bislang in vielen Fällen bezüglich der Nutzung von Förderungen bestehen, wenn die Anlage durch einen Contractor betrieben wird (KfW-Förderung, BAFA-Förderung, Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen),
  • Vergrößerung der Bekanntheit der Dienstleistung,
  • stärkere Standardisierung der Dienstleistung,
  • zusätzliche Leistungen, beispielsweise ein Monitoring des Energieverbrauchs,
  • zielgruppenspezifische Angebote mit unterschiedlichen Gewichtungen der zentralen Elemente: Sicherheit, Komfort und Risikoabnahme (auch in Bezug auf Einsatz Erneuerbarer wie Pellets), Finanzierungsalternativen, Qualität…,
  • eine nachhaltige Einbeziehung des Handwerks.

Insgesamt werden gute Chancen gesehen, Contracting-Dienstleistungen für Einfamilienhäuser so weiterzuentwickeln, dass dieses Instrument in verstärktem Maß genutzt wird und dabei zu einer höheren Ener­gieeffizienz und zu einer stärkeren Nutzung Erneuerbarer Energien führt.

*) Weitere Förderer und Partner waren das VdZ – Forum für Energieeffizienz, die EWE Energie AG und der Zentralverband Sanitär Heizung Klima.

Autor: Dr.-Ing. Klaus-Dieter Clausnitzer, Fachbereichssprecher Energieeffizienz, Bremer Energie Institut

www.bremer-energie-institut.de

 


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