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Was ist mit dem schlafenden Riesen? Zum Status quo im Wärmemarkt

Obgleich die Energieversorgung ein „heißes“ Thema nicht nur in der Branche, sondern auch in der Öffentlichkeit ist, lässt sich bei genauerer Betrachtung feststellen, dass sich die Diskussionen fast ausschließlich mit der Situation der Stromversorgung befassen – der eigentliche Dauerbrenner Wärmemarkt kommt dabei wohl immer mehr zum Erliegen.

MAP-Antragseingänge 2010 zu 2009.

 

Nach Angaben des Bundesindustrieverband Haus-, Energie- und Umwelttechnik e.V. (BDH)  verzeichnen die gesamten Investitionen in Erneuerbare Energien nach einem Peak von 45% im Jahre 2008 nunmehr 21% in diesem Jahr. Aktuelle Marktzahlen zeigen, dass Solarthermie nun im dritten Jahr in Folge zurückgeht, ähnlich verhält es sich mit Biomasse. Lediglich die Wärmepumpe und die Brennwerttechnik scheinen sich halbwegs stabil zu halten.
Die momentane Energiediskussion beschäftigt sich in der Öffentlichkeit fast ausschließlich mit elektrischer Energie. Die Wärmeenergie scheint momentan kaum Thema irgendwelcher Debatten zu sein, obgleich vielen Akteuren bewusst war, dass es sich beim Wärmemarkt um einen schlafenden Riesen handelt, den es zu wecken gilt. Dies wurde in den letzten Jahren – nicht nur auf den Wärmekonferenzen des BDH stets ausgerufen und gefordert, sondern ist auch elementar für die Energiewende und die nachhaltige Reduzierung von CO2-Emissionen.

Kumulierte installierte Solarwärmeleistung in Deutschland. Bild: BSW-Solar

Die Wärmepumpe im Vergleich
Die Marktzahlen für erneuerbare Wärme stagnieren nicht nur, sondern brechen heute im dritten Folgejahr ein. Selbst der Primus Wärmepumpe, kann erst langsam wieder zulegen. Dabei zeigt sich die Luft-Wasser-Wärmepumpe mittlerweile als Zugpferd der Branche. Die Zahlen in den ersten fünf Monaten dieses Jahres zeigen im Vergleich zu 2010 bei den erdgekoppelten Wärmepumpenanlagen eine Stagnation, die die Branche – nicht zuletzt durch die als destruktiv wirkenden Veränderungen im Genehmigungserfahren – als schwierig betrachtet, wie Egbert Tippelt von Viessmann Deutschland bemerkt. Dies kann durchaus auch ein Indiz dafür sein, dass die Luft-Wasser-Wärmepumpe auf dem Vormarsch ist. Abgesehen davon liegt diese Wärmepumpentechnologie allein in der Hand des Heizungsbauers. Immer mehr Hersteller bieten verschiedene Varianten, wie Split-Geräte und Anlagen zur Außenaufstellung an.
Im vergangenen Jahr konnten im ersten Halbjahr etwa 8000 Stück Luft-Wasser-Wärmepumpen abgesetzt werden. Im gleichen Zeitraum dieses Jahres wurden schon knapp 11000 Stück ausgeliefert. Als eklatant machen sich auch die Zahlen der Antragseingänge beim BAFA, das für die Zuwendungen aus dem Marktanreizprogramm (MAP) der Bundesregierung zuständig ist, bemerkbar. Der Rückgang 2010 betrug im Vergleich zu 2009 nach Angaben des BWP mehr als 50%. Den Akteuren an der Front des Marktes ist das Verwaltungschaos und Informationsdesaster mit dem BAFA aus dem Sommer 2010 noch sehr präsent. Unzählige Stunden mussten viele Handwerker in Warteschleifen des BAFA verbringen – für Serviceleistungen ihrer Kunden gegenüber, wofür sie nicht bezahlt wurden. Viele ziehen sich diesen Schuh nicht mehr an und sind geneigt, die Auseinandersetzung mit dem BAFA zu umgehen.
Im Gesamtmarkt Wärmeerzeuger lässt sich nach Angaben des Bundesverbandes Wärmepumpe lediglich bei Gas-Brennwert ein Zugewinn von +2% verzeichnen und immer noch bei Niedrigtemperatur ein Zuwachs von +1%.  Öl-Brennwert –18%; Öl-Niedertemperatur –17%, Heizungs-Wärmepumpen – 6% und Festbrennstoffkessel sogar – 30%. Deutlicher Gewinner scheint allein die Lüftungsanlage mit WRG (+28% Zuwachs) zu sein, die beim BWP wohl ob dieser Eigenschaft der Wärmerückgewinnung (neben dem Einsatz in Passivhäusern) als Wärmeerzeuger geführt wird. Sicherlich mag dieser Anstieg auch mit der Verpflichtung zum Nachweis eines baulichen Feuchteschutzes sowie eines Lüftungskonzeptes für Neubau und Modernisierung seit der Neufassung der DIN 1946 Teil 6 im Jahre 2009 im direkten Zusammenhang stehen. Ein weiterer Gewinner sind die Flächenheizungssysteme mit +15%. Diese Entwicklung mag zum einen mit dem Anstieg von Niedrigtemperaturheizungen in Verbindung stehen, aber auch mit der Tatsache des Wärmekomforts im Wohnraum.


Ergebnis einer repräsentativen Befragung von privaten Haushalten zur Solarheizung.   Bild: BSW-Solar

Solarthermische Anlagen
Tragisch kann der Absturz der Solarthermie bezeichnet werden, der sich nun im dritten Folgejahr fortsetzt und nicht nur in der Branche für weitverbreitetes Kopfschütteln sorgt. „Die Solarthermie hat das Rennen mit der Photovoltaik beinahe verloren. Aufgrund der Degression im EEG hat sich bei Solarstrom eine Preisdynamik entfaltet, die bei der Sonnenwärme seit Jahren auf sich warten lässt“, sagt Heiko Schwarzburger. Der Ingenieur verantwortet das Solarressort beim Fachmagazin „Erneuerbare Energien“ aus Hannover. „Zwar pumpt der Bund immer mehr Geld in das Marktanreizprogramm, die Fördersätze haben sich jedoch seit Jahren nicht verändert oder wurden gar herabgesetzt. Stattdessen sollte man die Förderprämien periodisch absenken, um Kostendruck auf die Hersteller auszuüben. Denn gerade die Solarthermie hat das Potenzial, die Wärmepreise mittelfristig deutlich zu senken, wie es sich derzeit bei der Stromerzeugung durch Photovoltaik abzeichnet. Wenn die Politik nicht bald bei der Solarwärme mit effektiven Maßnahmen ansetzt, werden wir über kurz oder lang elektrische Heizungen bekommen, die sich aus Solarstrom speisen.“
Auf der Intersolar in München wurden bereits die ersten Lithium-Ionen-Akkus gezeigt, die solche Systeme puffern könnten und diese Entwicklung untermauern. Dann ist der Zug für die Solarthermie – zumindest in Deutschland – abgefahren. Sollte sich dieses Szenario verwirklichen, würde es mit der Solarthermie weiter bergab gehen. Dabei besitzt die Solarthermie enorme Vorteile und ist technisch auf einem sehr hohen Niveau ausgereift. Sicherlich ist der solarthermische Weg zur Trinkwassererwärmung und Heizungsunterstützung der klügere Weg, nicht zuletzt unter Berücksichtigung von Primärenergiebedarf, Recycling und vor allem hinsichtlich der Klimaschutzziele der Bundesregierung. Warum haben so scheinbar einfache Systeme wie eine solarthermische Anlage, die seit Langem schon in Komplett-Paketen verschiedenster Systemhersteller angeboten werden, es so schwer, sich durchzusetzen?


Technologische Entwicklung in der Heizungstechnik.   Bild: BDH

Und was macht die Biomasse?
Festbrennstoffkessel für Stückholz stagnieren ebenso wie für Pellets. Einige Zahlen zeigen Einbrüche sogar bis 30%. Woran dies liegen mag ist neben der Förderpolitik auch besonders in der nicht unendlichen Verfügbarkeit zu suchen. Denn es handelt sich zuallererst schließlich um den Rohstoff Holz für Heizungsanlagen, der ein weitgefragtes Wirtschaftgut wurde und sogar – man mag es kaum glauben – exportiert wird. Die Herkunft von Pellets – im Grunde Resthölzer aus der holzverarbeitenden Industrie, hat mittlerweile aus verschiedenen Gründen an Glaubhaftigkeit verloren, auch wenn Pressemeldungen wie „… Baumstämme aus Kanada für deutsche Pelletieranlagen“ der Vergangenheit angehören.
Die Gleichstellung in Sachen Primärenergieaufwand von Pellets im Vergleich mit Stückholz, welches in der Region um die Ecke im Wald geschlagen wird, sorgt auch beim Laien für Irritation und erzeugt neues Misstrauen gegenüber dem Begriff Biomasse. Dieses Misstrauen wird nachhaltig unterstützt, da für den Endverbraucher keinerlei transparente Versorgungsstrukturen im ökologischen Kontext sichtbar sind. Vielmehr droht hier aus Sicht vieler Bauherren und Modernisierer lediglich das Abdriften von der einen Monokultur in die andere. Das parallel hierzu der Begriff „Bio“ immer kritischer vom Endverbraucher betrachtet wird, tut sein Übriges.

Greift das EEWärmeG?
In diesem Zusammenhang muss auch die Frage gestellt werden, wie sich das vielgepriesene EEWärmeG in der Praxis bewährt hat. Der Bauingenieur und Energieberater Rolf Canters, Landessprecher für Baden-Württemberg vom Deutschen Energieberaternetzwerk e.V. (DEN),  resümiert hierzu: „Auf den Sektor Neubau ist bundesweit sicher der Einfluss da, auch wenn hier noch keine Zahlen vorliegen. Aktuelle Zahlen über die Förderung von Solarthermieanlagen belegen deutlich, dass Baden-Württemberg beim Solarwärmemarkt mit vorne liegt, sodass man durch die verbindliche Einführung des EEWärmeG in Bestandsgebäuden auch zu einem positiven Ergebnis kommen wird, wenn die offiziellen Zahlen vorliegen. Die Anforderungen und verschiedenen Möglichkeiten können dem Endverbraucher und Wohnungseigentümer einfach vermittelt werden und führen im Beratungsgespräch sehr schnell zur weiteren Erörterung von Solaranlagen – aber auch zur Stromerzeugung.“ Da in Baden Württemberg das EEWärmeG auch bei der Heizungserneuerung im Bestand wirkt, ist der Rückgang nicht ganz so gravierend wie im Bundesdurchschnitt.
Im Süddeutschen Raum ist die solare Entwicklung traditionell ausgeprägter, was zahlreiche Zahlen und Erhebungen belegen. Über die Mitte hinweg aber verebben die Erneuerbaren und lassen noch deutliche Lücken vor allem im Nord-Osten des Landes erkennen. Andere Marktakteure wollen in Baden-Württemberg aber auch einen Vorzieheffekt bemerkt haben, um den Anforderungen des EEWärmeG zu entgehen. Als einen der Hauptgründe für das Schwächeln des Solarthermiemarktes sieht aber letztendlich auch Rolf Canters den „politischen Willen“: „Als wesentliche Ursache ist hier die unstete Förderpolitik der Bundesministerien vor allem innerhalb der letzten zwei Jahre (Stichwort: BAFA) auszumachen. Mal gibt es einen Zuschuss für Biomasse und Solar, dann wieder gar keinen auf bereits installierte Anlagen, sodass die Verbraucher und das Handwerk sehr verunsichert sind.“ Ebenso natürlich Hersteller und Systemanbieter, deren perspektivischer Wunsch nach Planungssicherheit nachvollziehbar ist.


Effizienzstruktur Heizungsanlagenbestand in Deutschland 2009.   Bild: BDH

Politische Rahmenbedingungen
Dass eine Vielzahl von Branchenvertretern die Politik verantwortlich macht, wurde auch im Rahmen des vergangenen Forums Solarpraxis in Berlin heftig thematisiert. Carsten Kuhlmann vom BDH erklärt, dass der Stopp des MAP im vergangenen Frühjahr 15% des Marktvolumens gekostet hat. Da offensichtlich aber keine nachhaltige und zielorientierte Förderpolitik für Solarwärme besteht, ist es illusorisch, von einer ähnlich wie bei der PV bestehenden Degression zu träumen, um eine Preisdynamik zu erhoffen. Dr. Thomas Volz, Bosch Thermotechnik, scheint auf die Politik hier nicht mehr zu zählen und zieht ein durchaus selbstkritisches Resümee für die Branche,  indem er fordert: „Entweder die Kosten halbieren oder den Solarertrag verdoppeln.“ Das ist eine klare Aussage und klingt nach einer Selbstverpflichtung, um als Hersteller in die Offensive zu gehen.
Raoul von der Heydt, von Phönix Sonnenwärme, zählt wohl nach wie vor auf die Politik und fordert eine intelligent gemachte und sozial abgefederte Solarverpflichtung. Dies könnte zweifellos eine Maßnahme sein, die die Solarthermie vor dem Rückfall in den Nischenmarkt retten kann. Andere Hersteller fordern beispielsweise lange schon eine Prämie für Solarwärme. Sicherlich ein Ansatz, welcher dem Namen „Umweltprämie“ auch gerecht werden würde. Warum also nicht auch eine Abwrackprämie für ineffiziente Heizungsanlagen, deren es noch viel zu viele gibt.


Marktentwicklung Wärmeerzeuger in Deutschland 2000 – 2010.   Bild: BDH

Und da ist ja noch das Handwerk
Oder ist diese Technik gar nicht so ausgereift, hat sie ihre Tücken im Detail und in der Komplexität des Anschlusses an die Heizungsanlage bzw. der Integration in die Anlagensystemtechnik? Sicherlich ein Ansatz, aber keineswegs ein wesentlicher Grund, auch wenn die Photovoltaik im Montageprozess allein deutlich einfacher zu installieren ist, was sich natürlich auch besser kalkulieren lässt. Der Großteil der Montagearbeiten kann durch angelernte Monteure erfolgen, während bei solarthermischen Anlagen eine deutlich höhere Fachkompetenz verlangt wird. Auch möchte man bei solarthermischen Anlagen lieber einen Handwerker aus der Nähe, wohingegen bei einer PV-Anlage oft allein der Preis zählt. Hohe Fachkompetenz wird sehr oft und allzu leicht und voreilig dem Heizungshandwerk abgesprochen, was nicht schwer fällt, da das Handwerk keine Stimme hat, die sich zur Wehr setzt. Letztendlich aber ist der Handwerker in den meisten Fällen vor Ort ein wesentlicher Entscheidungsträger, denn bevor er den Auftrag verliert, baut er die Heizung eben ohne Solaranlage ein oder anstelle eines Pelletkessels doch eine Gas-Brennwertanlage. Schlupflöcher gibt es trotz EEWärmeG genug – der Praktiker weiß das. Dem Handwerksmeister geht es nämlich nicht um Quartalszahlen eines für ihn diffusen Marktes, sondern schlicht um die pünktliche Bezahlung seiner Löhne, Betriebskosten, Beiträge und nicht zuletzt der Bedienung der staatlichen Finanzkassen, Kammern, Innungen usw., die fleißig und stetig am handwerklichen Mittelstand melken.

Alles eine Frage des Preises?
Die Frage des Preises für Technologien zur Nutzung Erneuerbarer Energien ist in der Regel viel zu kurz gegriffen, wenn sie sich allein auf die sogenannte Amortisationszeit bezieht. Den Aufwand der Montage in Relation mit den Energieersparnissen durch Solarerträge zu setzen fasst zu kurz – insbesondere in unserer Zeit, wo Schlagwörter wie CO2-Reduzierung, Energieeffizienz und Energieeinsparung die Runde machen. Denn die Frage lautet in der Tat: Was soll gespart werden, Geld oder Energie? Da unterscheidet sich die Energie natürlich in ihren erneuerbaren und nicht-erneuerbaren Energieträgern. Was die Unendlichkeit Erneuerbarer Energien betrifft, steht Solarenergie und Windenergie an erster Stelle. Die Konsequenz lautet: je mehr Erneuerbare Energien (unendlich), desto weniger nicht-erneuerbare Energien (endlich) werden benötigt.
Matthias Hüttmann von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e. V. (DGS) spricht diesbezüglich von einer ganz anderen Sichtweise. Er stellt den „solaren Wertverlust“ ins Zentrum einer Annäherung, sich konsequent und ganzheitlich – volkswirtschaftlich und vor allem ökologisch – mit der sogenannten Wirtschaftlichkeitsberechnung von solarthermischen Anlagen auseinanderzusetzen. Er weist auf die Diskrepanz hin, die sich insbesondere im Zusammenhang von Inflation und Kaufkraftentwicklung auf den Wertverlust bezieht, der sich langfristig ergibt, wenn man eben nicht in eine solarthermische Anlage investiert. Denn diese solaren Wärmeverluste müssen anderweitig komprimiert werden – nach wie vor leider viel zu oft noch fossil. Dies scheint ein Betrachtungsansatz zu sein, der in Zukunft sicher öffentlicher zu diskutieren ist, um nicht nur Geld, sondern auch Energie einzusparen und dabei CO2 nachhaltig zu reduzieren.
„Wir hoffen, dass die Politik endlich anerkennt, dass die EE im Wärmemarkt verstärkt zum Einsatz kommen müssen“, fordert der Hauptgeschäftsführer des BDH, Andreas Lücke, „hier müssen die Weichen klar und konsequent gestellt werden, um nicht nur die Energiewende, sondern auch die ambitionierten Klimaschutzziele der Bundesregierung zu schaffen.“

Autor: Frank Hartmann


 

Was treibt der schlafende Riese Wärmemarkt - oder: Wie wirkt das EEWärmeG?
Zu der aktuellen Entwicklung im deutschen Wärmemarkt sprach IKZ-ENERGY-Redakteur Frank Hartmann mit Karl-Heinz Stawiarski, Geschäftsführer des Bundesverband Wärmepumpe e.V. (BWP).

IKZ-ENERGY: Herr Stawiarski, wie sehen Sie die Entwicklung des EEWärmeG in der Praxis?
Stawiarski: Leider führten die Anforderungen des EEWärmeG in der Praxis nicht zu einer verstärkten Anwendung erneuerbarer Heizungstechnologien, die eine Vollversorgung von Gebäuden leisten können - wie Wärmepumpen oder Pelletheizungen. So lag der Absatz von Wärmepumpen 2008 mit einem Marktanteil von über 10% am höchsten. Das EEWärmeG trat erst 2009 in Kraft, seitdem sind die Absatzzahlen rückläufig (8,6% in 2009, 8,3% in 2010). Auch bei Biomasse-Heizungen zeigt sich ein ähnlicher Trend. Vergleicht man die Anteile von Heizungswärmepumpen im Neubau, lassen sich ebenfalls keine positiven Auswirkungen messen: Hier fiel der Anteil von 23,9% in 2009 auf 23,4% in 2010.
Bislang ist das EEWärmeG mit dem MAP die einzige Maßnahme der Bundesregierung für den Ausbau der erneuerbaren Wärme. Wir sind der Meinung, dass wir weitere Modelle benötigen – wie etwa eine haushaltsunabhängige Förderung –, um den Modernisierungsstau effektiv aufzulösen und den Anteil erneuerbarer Wärme entsprechend den ambitionierten Zielen der Bundesregierung zu steigern.

IKZ-ENERGY: Wo besteht hier Nachbesserungsbedarf?
Stawiarski: Die verschiedenen Technologien sollten gleich behandelt werden, wenn es um den Nachweis der Nutzungspflicht geht. Hier verstehen wir nicht, warum der geforderte EE-Anteil unterschiedlich ist, das führt zu Wettbewerbsverzerrungen. Außerdem werden die Nutzungspflichten nur unzureichend überprüft. Das ist Ländersache. Hier sind Optimierungen erforderlich, um die effiziente Anwendung des Gesetzes zu gewährleisten.
Als ein Teil des EEWärmeG bietet auch das MAP noch Optimierungspotenzial: Der Zickzack-Kurs verunsichert die Verbraucher und behindert die Investitionsbereitschaft. Hier ist eine Verstetigung der Förderung zu konstanten Bedingungen erforderlich. Außerdem muss die finanzielle Unterstützung aufgestockt werden, um wirklich zu Inves-
titionen zu motivieren.

IKZ-ENERGY: Wie sehen Sie die Unterschiede zwischen dem bundesweiten und dem EWärmeG Baden-Württemberg?
Stawiarski: Einer der großen Unterschiede zum bundesweiten EEWärmeG ist, dass das EWärmeG in Baden-Württemberg auch für den Bestand einen verpflichtenden EE-Anteil vorschreibt. Allerdings gilt das EWärmeG nur für Wohngebäude. Ein Nachteil des EWärmeG ist, dass es nur im Fall des Austauschs der zentralen Heizungsanlage greift – dann müssen 10% EE-Anteil nachgewiesen werden. Beim Austausch von Etagenheizungen oder Einzelöfen ist das z.B. nicht der Fall. Leider haben auch die Wärmegesetze auf Landesebene bislang nicht den gewünschten Effekt erzielt, die energetische Sanierung spürbar voranzutreiben.

IKZ-ENERGY: Welche Strategien verfolgt der BWP, um die WP stärker zu positionieren?
Stawiarski: Der BWP treibt die Marktdurchdringung der Wärmepumpe voran. Wir leisten Aufklärungsarbeit bei Politik, Wissenschaft, Fachwelt und Endkunden. Daneben setzen wir uns für optimale Marktbedingungen für die Wärmepumpe ein, aber auch für Verbesserungen in der Genehmigungspraxis, insbesondere für Erdwärmesonden. Darum haben wir kontinuierlich die relevanten Verordnungen, Gesetze und Normen im Blick und stehen mit der Politik im ständigen Kontakt. Darüber hinaus sorgen wir u.a. mit unseren Veranstaltungen wie dem „Forum Wärmepumpe“ für die brancheninterne Vernetzung, organisieren Marketing-Kampagnen und leisten Pressearbeit.

IKZ-ENERGY: Wie sehen Sie die Situation von Nahwärmenetzen mit EE, und welche Möglichkeiten sehen Sie für die Wärmepumpe in dezentralen Nahwärmenetzen?
Stawiarski: Nahwärmenetze sind eine zusätzliche Möglichkeit, um den Einsatz von EE im Wärmemarkt weiter auszubauen. Besonders in Ballungsgebieten haben diese Vorteile vor zahlreichen kleinen einzelnen Heizungsanlagen. Eine Wärmepumpe eignet sich hervorragend zum Einsatz in sogenannten „kalten“ Nahwärmenetzen, wo die Wärmequelle für mehrere Gebäude geteilt wird, die Gebäude aber eigene Wärmepumpen nutzen, um die gewünschte Nutzwärme zu gewinnen. Wegen der geringen Temperaturen in den Leitungsnetzen spart man dabei auch noch Dämmmaterial. Hier gibt es bereits umfangreiche Projekte wie etwa eine Wohnanlage in Köln-Niehl mit rund 400 Wohneinheiten. Es gibt aber auch kleinere Nahwärmenetze, in denen eine größere Wärmepumpe 5 oder 6 Einfamilienhäuser mit Wärme versorgt.
Darüber hinaus eignen sich Hochtemperatur-Wärmepumpen unter bestimmten Bedingungen auch für den Einsatz in „normalen“ Nahwärmenetzen. Hier laufen derzeit erste, vielversprechende Pilotprojekte z.B. in Norwegen.
Strom wird immer effizienter erzeugt und stammt zu einem immer größeren Anteil aus erneuerbaren Energiequellen. Auch die viel gepriesenen Mini-Blockheizkraftwerke produzieren gerade in der kalten Jahreszeit viel Strom. Hier liegt es nahe, im Wärmebereich ebenso wie in der Mobilität für die Zukunft auf einen möglichst flächendeckenden Einsatz von Strom zu setzen – mit effizienten Wärmepumpen. Hier sollten wir alle sinnvollen Lösungen nutzen, um langfristig klimafreundlich und wirtschaftlich zu heizen. Wärmepumpen in Nahwärmenetzen sind dafür ein vielversprechender Baustein.

IKZ-ENERGY: Herr Stawiarski, vielen Dank für dieses Gespräch.

 


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