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Vertragliche Anforderungen beim Building Information Modeling

Projektspezifisch richtiges Handeln ist gefragt

Moderne Bauten müssen ganzheitlich betrachtet werden - von der Planung über die Umsetzung bis zum Betrieb. Bild: RWTH Aachen University, Lehrstuhl für Energieeffizientes Bauen E3D

BIM-Modell mit Ausbaustufen: Vom räumlichen 3-D- hin zum 6-D-Projekt für das Facility Management. Bild: Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB

Prinzipien der Vertragsgestaltung. Aber: Jedes Projekt erfordert einen spezifischen Schwerpunkt mit BIM und entsprechende Regelungen im Detail. Bild: Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB

BIM und HOAI sind keine Widersprüche. Bild: Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB

Schema - Management mit BIM. Bild: Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB

 

Building Information Modeling (BIM) ist eine neue Methode zur Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Immobilien. Sie basiert auf dem Einsatz von bauteilorientierten, dreidimensionalen Datenmodellen eines Gebäudes. In Deutschland soll der flächendeckende Einsatz von BIM vorangetrieben werden: Der Stufenplan Digitales Planen und Bauen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur aus 2015 gilt zwar in erster Linie für Infrastrukturprojekte, er kann aber auch in anderen Bereichen als Vorbild dienen.

BIM ermöglicht über den gesamten Gebäude-Lebenszyklus hinweg eine vollständige Betrachtung ohne Informationsbrüche. Die Beteiligten liefern mit fachspezifischer Software ihre virtuellen Modelle. Automatische Kollisions- und Qualitätschecks mit gesonderten Tools können frühzeitig Planungsmängel aufzeigen, um Ablaufstörungen und Fehler in der Ausführung zu reduzieren. Erst nach Abstimmung sämtlicher Partner und Gewerke beginnt die reale Umsetzung. Durch den Einsatz von BIM ergeben sich neue Formen der Zusammenarbeit. Diese können zwischen den Planungs- und Baubeteiligten mit vorhandenen Mitteln rechtssicher eingegangen werden. Auf was ist hier zu achten?

Gestaltung von BIM-Verträgen
Die Vereinbarung von BIM-Leistungen stellt besondere Anforderungen: Einerseits ist die Methode noch nicht im Markt etabliert, was eine detailliertere Beschreibung der Leistungsinhalte erforderlich macht. Andererseits können die angestrebten, kooperativen Prozesse nur mit einheitlich verabredeten, verbindlichen Standards für alle Projektbeteiligten erfolgen. Dafür müssen die etablierten Mus­ter für Einzelvertragslösungen ergänzt werden: In rechtlicher Hinsicht zum Beispiel durch „Besondere Vertragsbedingungen BIM“ (BIM-BVB), technisch durch verbindliche Auftraggeber-Informations-Anforderungen sowie einen individuellen BIM-Projektabwicklungsplan. Diese Dokumente sollten als einheitliche Anlage zu allen Projektverträgen beigefügt werden und dienen so als obligatorische, gemeinsame Arbeitsbasis. Musterhafte BIM-BVB sind im Buch „BIM und Recht“ veröffentlicht [1]. Sie berücksichtigen unter anderem Regelungen zur Aufgabenverteilung, zur Haftung und Versicherung oder zum Datenaustausch und -schutz. Vor allem Aufgaben der Koordination und Integration müssen klar definiert sein. Der Einsatz von BIM erfordert ferner die Festlegung geeigneter technischer Grundlagen als auch der interdisziplinären Zusammenarbeit der beteiligten Partner. Denn Ziel ist letztlich, BIM über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie einsetzen zu können.

Vergütung von BIM-Leistungen
Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) weist Leistungsbilder und -phasen aus. Diese stehen der Anwendung von BIM nicht im Wege. Vielmehr sieht die HOAI methodenneutrale, funktional beschriebene Leistungserfolge vor. Sie definiert Grundleistungen, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Planungsaufgabe im Allgemeinen erforderlich sind, und deren Vergütung. Damit findet das zwingende Preisrecht auf BIM-Planungen Anwendung, wenn die herkömmlichen Grundleistungen mit BIM-Methoden erledigt werden. Ergänzend ist unter „Besondere Leistungen“ für die Leistungsphase 2 im Leistungsbild Gebäude und Innenräume die „3-D- oder 4-D-Gebäudemodellbearbeitung (Building Information Modeling, BIM)“ in die HOAI aufgenommen. Dies umfasst die über die herkömmlichen Planungserfolge hinausgehenden, zusätzlichen, BIM-spezifischen Leistungen. Nur auf sie finden die Mindest- und Höchstsätze der HOAI keine Anwendung. Derartige BIM-Leistungen können als „Besondere Leistungen“ für alle Leistungsphasen frei vereinbart und vergütet werden. Solche Zusatzleistungen sind etwa das Erstellen und Pflegen eines digitalen Raumbuchs, die digitale Mängelerfassung oder das IT-gestützte Berechnen von Lüftungsströmungen.
Im Vertrag muss genau beschrieben sein, was im jeweiligen Einzelfall eine „Besondere Leistung“ ist und in welcher Detailtiefe sie auszuführen ist. Planer sollten sich möglichst schon in die Leistungsbeschreibung aktiv einbringen, um vom Auftraggeber nicht unkritisch Wünsche zu übernehmen, die sie vielleicht gar nicht erfüllen können. Eine Erhöhung der Honorare kann auch im Rahmen der bestehenden Mindest- und Höchstsätze angestrebt werden. Begründet werden kann dies mit einer höheren Qualität der Planung und der Weiterverwertbarkeit der erzeugten Daten. Dementgegen kann aber beispielsweise die automatisierte Erstellung von Leistungsverzeichnissen den Aufwand für bereits bisher geschuldete Leistungen künftig reduzieren: Die Planung wird sich hier meist auf Plausibilitätsprüfungen der EDV-Ergebnisse beschränken. § 7 der HOAI erlaubt es dann, in Ausnahmefällen die Mindestsätze der HOAI zu unterschreiten. Das Verschieben von Leistungen zwischen den Leistungsphasen ist hingegen unproblematisch. Es steht den Vertragspartnern grundsätzlich frei, einzelne Leistungen gegenüber den Leistungsbildern der HOAI vorzuziehen, erst später zu liefern oder ganz auf sie zu verzichten. Geschieht dies, sind vorgezogene Leistungen auch vorgezogen zu bezahlen. Orientierung bieten dafür die im Markt etablierten Spiegelstrichlisten für die Bewertung von Teilleistungen.
Je nach Komplexität eines ­Bauwerks kann es für den ­Auftraggeber sinnvoll sein, sowohl einen Projektsteuerer als auch einen BIM-Manager zu engagieren. Letzterer berät zur Implementierung des BIM-Prozesses, überprüft die Einhaltung der BIM-Vorgaben während Planung und Ausführung und wirkt an der Übergabe des Datenmodells an den Nutzer mit. Ihm können BIM-Koordinatoren gegenüberstehen. Sie führen die fachspezifischen BIM-Planungen der projektbeteiligten Planer und ausführenden Firmen zusammen. Typischerweise liegt diese Aufgabe beim Objektplaner/Architekten. Die Fachplaner schulden eine Mitwirkung an den Prozessen. BIM verknüpft hier lediglich die verschiedenen Gewerke enger miteinander; die Abstimmungen werden durch softwaregestützte, automatisierte Prozesse unterstützt. Je nach Projekt können diese Koordinierungsaufgaben auch anderweitig übernommen werden. Für qualifizierte Planer eröffnen die Bereiche BIM-Management und -Koordination somit neue Geschäftsfelder.

BIM: Haftung, Urheberrecht und Vergabe
Ohne die ständige periodische Überprüfung, ob die geforderten Zusammenhänge zwischen den Gewerken die gewünschte Funktionalität im Gebäude erreichen, entsteht kein mangelfreier Bau. BIM verspricht hier eine Reduzierung der Haftungsfälle und sorgt für Transparenz. Auch bei engerer Kooperation im Planungs- und Ausführungsprozess haftet jeder Beteiligte nur für seine eigenen Leistungen. Gesonderte Haftungsregelungen sind nicht erforderlich. Wichtig ist jedoch, die Verantwortlichkeiten, Zuständigkeiten, Projektabläufe, technischen Voraussetzungen und die Planungsziele vertraglich zu bestimmen. In Ermangelung allgemeiner Standards müssen diese Definitionen derzeit noch für jedes Projekt individuell festgelegt werden. Neue Nutzungsarten des BIM-Modells, die der Auftraggeber vorsieht, sind vertraglich ebenfalls zu benennen. Denn „Besondere Leistungen“ mit BIM müssen gegebenenfalls auch separat versichert werden – Grundleistungen sind durch die üblichen Berufshaftpflichtversicherungen abge­deckt.
Ohne vertragliche Ausgestaltung der Datenhoheit, der Vertraulichkeit (Know-how-Schutz), der Zugriffsrechte und des ­Datenschutzes kann kein BIM-Planervertrag geschlossen werden. BIM-Datenmodelle fallen grundsätzlich – ­ebenso wie herkömmliche Planungen – unter den urheberrechtlichen Werkschutz. Dieser setzt jedoch eine gewisse Gestaltungshöhe voraus, die bei Planungen der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) in der Regel nicht erreicht wird. Ausnahmen sind nur gegeben, wenn sich die TGA in der äußeren Gestaltung des Bauwerks niederschlägt. Allerdings kann die kooperative Planungsmethode mehr Fälle der geschützten Miturheberschaft erzeugen (§ 8 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, UrhG). Vertragliche Regelungen sind daher unumgänglich.
In Übereinstimmung mit der Vergabe-Richtlinie der Europäischen Union sieht die deutsche Vergabeverordnung seit dem 18. April 2016 in § 12 vor: „Der öffentliche Auftraggeber kann im Rahmen der Vergabe von Bauleis­tungen und für Wettbewerbe die Nutzung elektronischer Mittel für die Bauwerksdatenmodellierung verlangen.“ Damit ist für öffentliche Auftraggeber der Weg frei, BIM-Leistungen einzufordern. Entscheidend für die Arbeit mit der BIM-Methode ist hier die Auswahl geeigneter Projektbeteiligter. Der öffentliche Auftraggeber kann demzufolge BIM-bezogene Eignungs- und Zuschlagskriterien festlegen. Zu beachten bleibt jedoch das Gebot produktneutraler Ausschreibung. Dies wird in der Regel dazu führen, dass öffentliche Projekte mit offenen BIM-Standards („open BIM“) realisiert werden. Der Planer hat bei der Verwendung digitaler Bauteilbibliotheken darauf zu achten, letztlich produktneutrale Ausschreibungsunterlagen zu erstellen.

Fazit und Ausblick
BIM wird die Planung, den Bau und Betrieb von Gebäuden grundlegend verändern: Die verschiedenen Gewerke müssen im Sinne einer integralen Planung früher und enger kooperieren. Dies eröffnet qualifizierten Betrieben neue Geschäftsfelder. Auch Auftraggeber werden BIM häufiger einfordern. So will zum Beispiel die Deutsche Bahn über ihre DB Station & Service AG bereits ab 2017 alle Projekte nur noch mit BIM planen (lassen) und das Bundesumweltministerium schreibt für Projekte oberhalb von fünf Millionen Euro eine Prüfung des BIM-Einsatzes vor.
Aller Anfang ist schwer. Trotzdem sind keine gesetzlichen Änderungen für den erfolgreichen Einsatz von BIM vonnöten: Es besteht kein zwingender Bedarf, die HOAI-Leistungsbilder und -Vergütungssätze im Hinblick auf BIM-Planungsprozesse anzupassen, noch dazu, da die Europäische Kommission den Fortbestand des zwingenden Preisrechts infrage stellt. Somit ist entscheidend, mit den vorhandenen gesetzlichen Instrumenten klare vertragliche Vereinbarungen abzuschließen, die ein ganzheitliches, sicheres und fehlerfreies Planen, Bauen und Betreiben von Immobilien ermöglichen.

Literatur:
[1] „BIM und Recht“, Prof. Dr. Klaus Eschenbruch (Hrsg.) / Prof. Stefan Leupertz (Hrsg.),
1. Auflage 2016, Werner Verlag

Autor: Dr. Jörg L. Bodden, Rechtsanwalt, ­Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Düsseldorf

 

 

 

VDI-Fachkonferenzen „BIM in der Gebäudetechnik“ und „BIM im Hoch- und Infrastrukturbau“

Die beiden parallel stattfindenden Veranstaltungen fokussieren sich mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten auf Rahmenbedingungen, Methoden und Strategien zur BIM-Implementierung. Sie finden am 16. und 17. Mai 2017 in Düsseldorf statt. Umrahmt werden sie von drei Spezialtagen: Am 15. Mai finden „BIM für Bauherren“ sowie das „Praxisseminar BIM in der TGA“ statt, der dritte Spezialtag am 18. Mai behandelt „HOAI im Dialog durchsetzen“. Nähere Informationen unter: www.vdi-wissensforum.de/suche/?q=BIM

 


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