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Ungebrochen optimistisch

Corona bremst zwar The smarter E Europe aus, aber die Weiterentwicklung nicht

Der Ausbau der Photovoltaik setzt sich unvermindert fort – Dellen sind vorübergehend. (Naturstrom)

Corona und 52-GW-PV-Deckel sind derzeit Belastungstests für den weiteren Ausbau der PV. (TÜV Rheinland)

Die europäische Leitmesse für Solarenergie wurde dieses Jahr coronabedingt abgesagt. (Solar Promotion)

Abnehmer von Solarstrom in Mengen sind bekannte Unternehmen. Der Trend setzt sich fort. (Ikea)

Freiflächen-PV-Kraftwerke sind globale Treiber der Entwicklung – doch brauchen sie viel Fläche. (GE Energy)

Floating-PV-Kraftwerke sind ein Trend, der Flächenknappheit übers Wasser auszuweichen. (Kyocera)

PV-Strom selber maximal nutzen wird über die E-Mobilität deutlich erweitert. (Bosch)

Die neue BAFA-Förderung zeigt Wirkung. Der Wärmemarkt kommt in Gang. (BAFA, Michael Rostek)

Die Digitalisierung zieht über Smart Meter in die Haushalte ein. (Pixabay)

Die Rolle der Solarthermie als Unterstützerin wird sich vermutlich nicht ändern. (Pixelio, Heike Hering)

Zum Zentrum der Eigenstromversorgung wird der Speicher. Der Markt wächst rasant. (EuPD Research)

 

Auch die europäische Leitmesse für Solarenergie und Sektorkopplung blieb in diesem Jahr vom Coronavirus nicht verschont. Die Messe fällt in diesem Jahr zwar aus, die Weiterentwicklung der Trends aber nicht. Wir stellen die Themenfelder der Photovoltaik, der Elektromobilität, der Eigenstromnutzung, der Digitalisierung und weitere vor.

Ende März gaben die Veranstalter bekannt, die Messe in diesem Jahr ausfallen zu lassen. Stattdessen ist die nunmehr dritte Auflage von The smarter E Europe jetzt auf den 9. bis 11. Juni 2021 terminiert. Doch auch wenn das Mega-Event mit rund 50 000 Besuchern aus 160 Nationen und 1400 Ausstellern aus 45 Ländern in diesem Jahr ausgebremst wurde – die Entwicklung in der Solarenergie und Sektorkopplung geht weiter. Wir werfen deshalb einen Blick auf die Trends, national und international.

Magische Zubaumarke

Auch im vergangenen Jahr wurde die magische 100-GW-Welt-Zubaumarke bei der Photovoltaik (PV) nicht geknackt. Optimisten hatten das prognostiziert. Allerdings lässt sich daraus kein Pessimismus ableiten, sondern vielmehr, dass auch in besonderen Situationen (z. B. dass China seinen staatlich subventionierten PV-Zubau 2019 zurückfuhr) die Zubausituation seit drei Jahren trotzdem stabil ist: Bei der Photovoltaik wurden 2019 laut Daten der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien (IRENA) 98 GW zugebaut. Der Wert ist also gleich geblieben zu 2018: Laut PV Market Alliance wurden 2018 weltweit 98 GW Photovoltaik- Leistung neu installiert, ein Gigawatt weniger als 2017.

Markttreiber der globalen Entwicklung

Markttreiber des weltweiten Photovoltaikmarktes sind die Photovoltaik (PV) Power Plants, also Großanlagen mit mehr als einem MW Leistung. Auch in Europa entstehen immer mehr Anlagen, die häufig über langfristige Direktlieferverträge, sogenannte Power-Purchase-Agreements, (PPA) finanziert werden. Einer der ersten Akteure in Deutschland ist hier der Düsseldorfer Ökostromanbieter Naturstrom. Die Düsseldorfer haben für mehrere Photovoltaik- Freiflächenanlagen langfristige PPA-Stromlieferverträge abgeschlossen.

Mit-Treiber solcher Entwicklungen ist ausgerechnet die Wirtschaft: Ob Coca- Cola, Ikea und Lidl oder Sony, Schneider Electric und die Telekom – Unternehmen aller Branchen (aktuell 796) beteiligen sich weltweit gemeinsam an der Science Based Targets Initiative. Diese hat sich, im Einklang mit den Ergebnissen des Paris- Abkommens, als wissenschaftsbasiertes Klimaziel gesetzt, die globale Erderwärmung auf 1,5 °C bzw. deutlich unter 2 °C zu beschränken. Mittlerweile haben viele Unternehmen erkannt, dass Erneuerbare Energien sich nicht nur günstig beziehen bzw. selbst erzeugen lassen, sondern dass sie auch image- und verkaufsfördernd wirken.

Weitere Treiber global

Zu den weiteren Treibern, die national und international dem Ausbau der Photovoltaik Schub geben, zählt z. B. angesichts des Klimawandels auch für nördliche Breiten ein mittlerweile gar nicht mehr so exotisches Thema wie noch vor ein paar Jahren, das der Trinkwassergewinnung. Einem Viertel der Weltbevölkerung droht akuter Wassermangel. Möglicherweise werden es in Zukunft deutlich mehr sein, auch in neuen Regionen. Ein Baustein für die sichere und umweltfreundliche Trinkwasserversorgung der Zukunft sind Wasserentsalzungs- und -aufbereitungsanlagen mithilfe von Photovoltaik-Anlagen. Der dazu benötigte Druck kommt von leistungsstarken Pumpen, die das Salzwasser durch eine halbdurchlässige Membran pressen und damit in Trinkwasser umwandeln. Wassermangel wird ein zusätzlicher Treiber zum weltweiten Einsatz der Photovoltaik.

Freifläche wird zum Problem

Ein Problem der weiteren Ausdehnung von Photovoltaik wird für sie die Verknappung von Freifläche sein. Große PV-Kraftwerke nehmen leicht die Fläche von mehreren ha in Anspruch. Das Thema Flächenknappheit gewinnt an Bedeutung. Ein weiterer Trend, der daraus resultiert ist, Photovoltaik auf Wasserflächen zu verlegen – Floating-PV. Es gibt erste Projekte onshore auf herkömmlichen Seen, aber auch bereits Forschungsprojekte, die PV offshore z. B. in die Nordsee setzen wollen.

Photovoltaik: Mehr rausholen

Ein großes Thema aus ökonomischer, ökologischer und raumplanerischer Sicht wird also weiter sein, wie auf vorhandener Fläche mehr Solarstrom gewonnen werden kann als bisher. Auch vor dem Hintergrund der Knappheit von Freifläche gewinnen die Dachflächen Gewicht. Auch hier geht es darum, Wirkungsgrade weiter zu erhöhen durch technische Innovationen. Eine sind bifaziale PV-Module. Es handelt sich um Module, die die direkte Einstrahlung der Sonne auf der Vorderseite zur Stromerzeugung nutzen und auch indirektes Licht auf der Rückseite. Damit können bifaziale Module auf derselben Modulfläche einen höheren Ertrag erzielen als herkömmliche Module. Ein anderer Trend sind Halbzellenmodule. Die Ergebnisse bzgl. eines weiteren Effizienzgewinns auf gleicher Fläche gegen Vollzellen sind vielversprechend, namentlich bei Teilverschattung.

Anbrechende Post-EEG-Zeit

Auf Deutschlands Dächern zeichnet sich bei der Photovoltaik eine neue Ära ab. Die Zahl der Prosumenten – Menschen, die eine Photovoltaikanlage betreiben und einen Teil des Solarstroms vor Ort selbst ver-brauchen – stieg laut Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) in Deutschland von Februar 2019 bis Januar 2020 um fast 100 000.

Die Kombination von Photovoltaik und Elektromobilität schafft gerade für die Post-EEG-Zeit, beginnend für die ersten Anlagen ab dem 1. Januar 2021, neue Möglichkeiten. Ab dann läuft für viele PV-Altanlagen nach 20 Jahren die staatlich garantierte Einspeisevergütung aus. Mit Betriebskosten von älteren PV-Kleinanlagen von rund 5 ct/kWh, niedrigen Börsenstrompreisen und Strombezugskosten von rund 30 ct/kWh ist ein möglichst hoher Eigenverbrauch vielfach die attraktivste Lösung. Über ein Elektroauto als neuer Verbraucher sowie die Nachrüstung mit einem Speichersystem mit intelligentem Energiemanagement lässt sich der Anteil des selbstgenutzten PV-Stroms stark erhöhen, da das E-Auto dann auch in den Abendstunden geladen werden kann.

Nach einer aktuellen Analyse von Price waterhouseCoopers (PwC) „Energyfacts: Alte Photovoltaik-Anlagen – Ende der Förderung in Sicht“ können Eigentümer von durchschnittlich großen Dachanlagen auf Einfamilienhäusern mit etwa 6 kW Leistung und 935 Volllaststunden/ Jahr ab 2021 mit dem Stromverkauf an der Börse nur noch rund 163 Euro pro Jahr erlösen. Gleichzeitig könnten sie aber 533 Euro pro Jahr sparen, wenn sie den Strom selbst nutzen. Der finanzielle Vorteil fällt noch deutlicher aus, wenn die PV-Anlage mit einem Speicher kombiniert wird.

Sektorkopplung und Smart Meter

Aber nicht nur für die Post-EEG-Anlagen- Besitzer ist die sogenannte Sektorkopplung (Strom auch zu Wärme- und Verkehrszwecken zu nutzen) ein Trendthema. Die Kombination von PV, E-Mobilität und Solarstromspeicher sowie das Heizen mit Strom (Power to Heat, PtH) über Wärmepumpen und mithilfe von Heizstäben sind im Neubau ein hochaktuelles Thema.

Ein Baustein für die Sektorkopplung indes sind Smart Meter, internetfähige Stromzähler, bestehend aus einer Messeinrichtung sowie einem „Smart Meter Gateway“ für den Datenschutz und eine sichere Kommunikation.

Alles auf Digitalisierung

„Intelligente Messsysteme sind die Schlüsseltechnologie für die Digitalisierung der Energiewende“, sagt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Smart Meter Gateways sollen künftig neben der Übermittelung des Stromverbrauchs auch für den Verbrauch von Erdgas, Wasser oder Wärme eingesetzt werden. Außerdem ermöglicht die digitale Infrastruktur etwa das lastabhängig gesteuerte Laden von Elektrofahrzeugen und kann damit Kosten für einen sonst benötigten Netzausbau vermeiden.

Wechselrichter sind ein Abbild dieser Entwicklung. Sie sind heute Allrounder: Statt lediglich Gleichstrom in Wechselstrom umzuwandeln, analysieren und steuern sie neben PV-Anlagen auch Solarbatterien, PtH- oder Smart-Home-Lösungen. Sie verfügen über Schnittstellen zur digitalen Kommunikation und sind verknüpft mit Energiemanagementsystemen, die auch Elektrofahrzeuge integrieren.

Blick auf die Wärmewende

Anfang dieses Jahres legte die Bundesregierung eine ambitionierte Neuauflage der Förderung zum Einbau von Erneuerbare- Energien-Technologien im Wärmesektor bzw. des Austauschs alter, fossiler Feuerungen vor, indem sie von einem Standardzuschuss auf eine sehr attraktive Anteilsförderung umstellte. Die Investitionen in klimafreundliche Heizungen sind seit Januar 2020 stark gestiegen, berichteten die Bundesanstalt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sowie die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in einer gemeinsamen Erklärung Anfang April. Im ersten Quartal 2020 wurden 47 500 Förderanträge gestellt. Dies entspricht einer Steigerung von über 150 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Insbesondere die neu eingeführte Austauschprämie für Ölheizungen wird stark nachgefragt. Corona wird die Modernisierung ggf. verzögern, aber sicher nicht aufhalten.

Rolle der Solarthermie

Welche Rolle die Solarthermie im Rahmen der Wärmewende weiter spielen wird, bleibt abzuwarten. Die Markt-Entwicklung in den vergangenen Jahren war gefühlt beschränkt auf die Standard-Kollektor- Installation zur Unterstützung von Heiztechniken in Neubauten, die in der Hauptsache auf Erdgas-Brennwert setzen. Solarthermie-Anlagen wird nun ein pauschaler BAFA-Fördersatz von 30 % der förderfähigen Kosten für die beantragte Maßnahme zugestanden. Dieser bezieht sich auf Alt- und Neubau sowie auf den Austausch im Rahmen einer Ölheizung.

Gas-Brennwert-Kessel werden dann auch vom BAFA mit 20 % Zuschuss gefördert, wenn sie „Renewable Ready“ sind, also binnen 2 Jahren zu einer Gas-Hybridanlage aufgerüstet werden, was in der Regel Solarthermie sein dürfte. Geschieht dies nicht, muss der Zuschuss zurückgezahlt werden. Die Neuauflage der BAFA-Förderung könnte darin in der Menge wohl, aber nicht substanziell etwas an der Rolle der Solarthermie im Wohnsektor ändern, nur eine Unterstützung zu sein.

Autor: Dittmar Koop, Journalist für Erneurbare Energien und Energieeffizienz


 

The smarter E Europe
The smarter E Europe in der Messe München vereinigt vier Energiefachmessen unter einem Dach: Die Intersolar Europe – Fachmesse für die Solarwirtschaft, die EES – Elektrical Energie Storage – Fachmesse für Batterien und Energiespeichersysteme, die Power2Drive Europe – Fachmesse für Ladeinfrastruktur und Elektromobilität und die EM Power – Fachmesse für intelligente Energienutzung in Industrie und Gebäuden.

In diesem Jahr fällt die Messe coronabedingt aus. Der nächste Termin ist für den 9. bis 11. Juni 2021 vorgesehen. Allerdings fällt in diesem Jahr das Programm nicht gänzlich aus. So werden bspw. die Awards (The smarter E Award, Intersolar Award und EES Award) virtuell verliehen. Auch andere Aktionen gibt es online, z. B. Webinare. Es lohnt sich, immer mal wieder einen Blick auf die Homepage zu werfen (www.thesmartere.de).

 


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