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Solarenergiewandler als Gebäudebestandteil - Neben den Aufdachanlagen werden fassadenintegrierte Solaranlagen immer attraktiver

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg will zusammen mit Partnern aus Bauindustrie und IT im Projekt SolConPro die Voraussetzungen dafür schaffen, dass thermische und photovoltaische Solarenergienutzung schon bei der Planung als Bauteil einfach in Gebäude integriert werden können.

Ansicht des Gebäudes aus südwestlicher Richtung, Originalzustand und geplante photovoltaische Belegung.

24 m² CIGS-Module (rot markiert) sind in das Trapezblechdach eines Teststands des Fraunhofer ISE in Freiburg integriert.

Dr. Tilmann E. Kuhn ist Physiker, seit 1996 mit Solarenergie befasst und derzeit Leiter der Gruppe „Solarfassaden” am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg.

 

In einer Studie haben das Karlsruher Institut für Technologie KIT und das Fraunhofer ISE errechnet, dass in Städten die für Bauwerkintegrierte Photovoltaik (BIPV) zusätzlich ökonomisch nutzbare Fassadenfläche im Mittel etwa 10% der ökonomisch nutzbaren Dachfläche beträgt. Generell gilt, je höher ein Gebäude ist, desto wichtiger wird die Fassadenfläche, um den Energiebedarf überhaupt decken zu können. Insbesondere bei Nullenergiehäusern sind deshalb die Effizienz und die optimale Auslegung einschließlich elektrischer Verschaltung wichtig. BIPV soll nicht nur schön sein, sondern auch einen signifikanten Beitrag zur Stromversorgung liefern.
Damit die Potenziale realisiert werden können, muss von Anfang an im Gesamtsystem gedacht und geplant werden. Wichtigstes Markthemmnis ist die mangelhafte Integration der verschiedenen Planungsschritte im Bauprozess. Um diese Situation zu verbessern, kann auch BIM – Building Information Modeling – hilfreich sein, das immer mehr Bedeutung gewinnt.
Solarenergienutzung ist zwar für Handwerker und Anlagenbauer längst Routine geworden. Doch Architekten und Fachplaner zögern oft, die Erneuerbaren Energien von Anfang an in die Planung aufzunehmen. Der Grund liegt darin, dass herkömmliche Bauteile wie Türen und Dächer in den einschlägigen CAD-Programmen aus Bibliotheken einfach hinzugefügt werden können. Die Solarkomponenten haben hingegen nicht nur andere Normen zu erfüllen, sondern sind auch komplexer in ihren Wechselwirkungen zum Gesamtsystem.

SolConPro – Integration von Solartechnik in Bauprozesse

Den Trend zur Vernetzung von Bauteilen in einer elektronischen Planungsumgebung will das Projekt SolConPro (www.solconpro.de) mit dem Know-how der Solarenergie so kombinieren, dass Planer Module und Kollektoren als multifunktionale Bauteile mit wenigen Mausklicks in ihre Gebäudeplanung einbinden können. Neben dem Fraunhofer ISE als Koordinator sind die Ed. Züblin AG und das Institut für Numerische Methoden und Informatik im Bauwesen an der Technischen Universität Darmstadt Partner in diesem Projekt. Es läuft noch bis März 2018 und wird vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert. Die Ergebnisse des Projekts werden nicht nur Planung und Installation solarer Komponenten, sondern aller Arten von multifunktionalen Bauteilen für die Gebäudehülle erleichtern.
Die Aufgabe des Instituts ist dabei, die Funktionalität der Solarkomponenten in die BIM-Systematik zu „übersetzen“. Es reicht nicht, z.B. die technischen Daten von Modulen einzupflegen. Die Frage ist, wie man komplexe Zusammenhänge wie Abschattung und Verschaltung so aufbereitet, dass für jede mögliche Integration in ein beliebiges Gebäude die Eigenschaften korrekt wiedergegeben werden.

Beispiel Planung einer Sanierung

Gallus Cadonau von der Solar Agentur Schweiz hat zusammen mit dem Büro Fent Solare Architektur ein außergewöhnliches Projekt mitten in der Züricher Altstadt realisiert: Für die Sanierung eines Wohnhauses zum Nullenergiehaus war das Ziel, aus der BIPV 14000 kWh Jahresertrag zu erreichen. Typische Fragen waren: Wie sollen die Module elektrisch verschaltet werden, welche Wechselrichter sollen installiert, wo sollen die Kabelverläufe realisiert werden?
Hier griff Wendelin Sprenger auf die ganze Bandbreite der Erfahrungen am Institut zurück1): Das physikalische Wissen um die Vorgänge in der einzelnen Solarzelle flossen zusammen mit den praktischen Erfahrungen der Kraftwerksplaner und -betreiber in die Wahl der Wechselrichter und die Verschaltung der Module ein. Nur weil die Simulation der fassadenintegrierten Photovoltaik bis hinunter zur Zellebene ging, war die Anlage am Schluss energetisch so optimal, dass die bilanzmäßige Null erreicht wurde.
Das zeigt: So wie für eine Klimaanlage ein SHK-Fachingenieur gebraucht wird, muss der Solarteil von PV-Fachleuten gemacht werden. Und: Beide müssen im Gesamtsystem denken.
Auf dem Dach des Fraunhofer ISE wurden CIGS-Module ins Trapezblechdach über einem Teststandlager integriert. Die 24 m2 aktive PV-Fläche ist um 5° geneigt und mit einer Abweichung von 1° West nach Süden ausgerichtet. Im Rahmen des BMBF-geförderten Forschungsprojekts Solarvalley-BIPV wurde dafür eine umfangreiche Ertrags- und Wirtschaftlichkeitsanalyse erstellt2). Daraus ergeben sich 947 kWh/kWp spezifischer Ertrag und ein typischer Jahresenergieertrag von 1938 kWh.
Da zu den Modulen bereits das Dacheindeckungsmaterial gehört, sind keine weiteren Unterkonstruktionen nötig, sodass keine zusätzlichen Materialkosten für die Montage anfallen. Eine Lebenszyklusanalyse zeigt für alle vier Szenarien (Modulpreise zwischen 0,6 bis 1,2 Euro/W) eine positive Wirtschaftlichkeit, wenn die Einsparung an Dacheindeckungsmaterial berücksichtigt wird.
Fazit und Ausblick
Für die Umstellung unseres Energiesystems auf erneuerbare Energiequellen stellen Gebäude ein wichtiges Potenzial dar. Neben den Aufdachanlagen werden fassadenintegrierte Solaranlagen immer attraktiver, da die PV-Kosten drastisch gesunken sind. Wenn man Solarkomponenten als Bauteil in Euro pro Quadratmeter bewertet und den Zusatznutzen durch Strom oder Wärme berücksichtigt, dann lassen sich oft 10 Jahre Amortisationszeit realisieren.

Autor: Dr. Tilmann E. Kuhn

Alle Bilder: Fraunhofer ISE


Das SolConPro-Projekt
Ziel des SolConPro-Projekts ist es, solare und andere multifunktionale Bauteile mit wenigen Mausklicks in den standardisierten BIM-Prozess einzugliedern. Das ist zum einen eine Softwarefrage. Eine mindestens ebenso große organisatorische Herausforderung ist es, im Bauprozess Wege zu finden, zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Beteiligten die Modelle aufzusetzen und mit verteilten Verantwortlichkeiten zu pflegen.
Das Institut entwickelt qualitätsgesicherte Simulationsmethoden für Planer, die die multifunktionalen Eigenschaften von innovativen Komponenten und solaren Energiewandlern für die Gebäudehülle berücksichtigen. Übergeordnetes Ziel ist eine »Plug and Play«-Integration von Systemen der Technischen Gebäudeausrüstung und für Fassadenkomponenten in existierende Planungsumgebungen im Sinne eines digitalen, interaktiven Produktkatalogs. So wird die Schwelle niedriger, energieaktive Komponenten schon bei der Planung einzubinden. Das kann den Energiebedarf bei energetischer Sanierung nachhaltig senken und auch bei Neubauten die Bereitschaft fördern, die Gebäudehülle immer mehr zur Energiegewinnung zu nutzen.

 


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