Werbung

Probenahme birgt Tücken

Die „Z-Probe“ ist zur Beurteilung einer Trinkwasser-Installation in Bezug auf den Blei-Grenzwert nicht zulässig /UBA-Positivliste verspricht Sicherheit für den Fachbetrieb

Hat man als Fachhandwerker nur Produkte aus geeigneten Werkstoffen der UBA-Liste eingebaut, geht die Trinkwasserverordnung automatisch von der Einhaltung der Grenzwerte aus. Andreas Braun

Die UBA-Positivliste für metallene Werkstoffe in Trinkwasserinstallationen wurde am 10. April 2015 im Bundesanzeiger ­veröffentlicht. Sie findet sich im Anhang der „Bewertungsgrundlage für metallene Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser“ zum Download unter www.ikz.de/studien.

 

Grenzwertüberschreitungen von Blei in Trinkwasserinstallationen können viele Ursachen haben. Mitunter sind sie auch das Ergebnis einer nicht regelkonformen Beprobung, weiß Andreas Braun, Referent beim Zentralverband Sanitär Heizung Klima in Sankt Augustin. Im Interview mit der IKZ erklärt er, worauf Handwerker bei Verdachtsmomenten achten müssen und welche Sicherheit die vor wenigen Monaten veröffentliche UBA-Positivliste verspricht.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die UBA-Positivliste für metallene Werkstoffe in Trinkwasserinstallationen wurde am 10. April 2015 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Gerade zur rechten Zeit, so scheint es. Denn jüngste Praxisprobleme offenbaren ein Phänomen, mit dem Fachleute nicht unbedingt gerechnet haben: Grenzwertüberschreitungen von Blei im Trinkwasser – und das bei „Altanlagen“.
Andreas Braun: In der Tat liegen einem SHK-Landesverband rund 30 Schadensmeldungen aufgrund von Grenzwert­überschreitungen von Blei in Kindergärten vor. Die Installationen sind zum Teil schon mehrere Jahre alt und bestehen also vermutlich mindestens teilweise aus einem Werkstoff, der es genau aus diesen Gründen nicht auf die Positivliste des UBA geschafft hat.

IKZ-HAUSTECHNIK:
Und die Ursache?
Andreas Braun: … die sind ohne genaue Kenntnisse der Gegebenheiten vor Ort so einfach nicht zu benennen. Wie so oft wird es sich um eine unglückliche/ungünstige Kombination mehrerer Faktoren handeln. Zum einen war bei den untersuchten Anlagen die Trinkwasserzusammensetzung in Verbindung mit den eingesetzten und heute nicht gelisteten Werkstoffen ungünstig. Zum anderen könnte eine korrosionsseitig ungünstige Werkstoffkombination zu den Auffälligkeiten geführt haben. Es wurde aber auch die Vermutung geäußert, dass aufgrund spezieller Gegebenheiten vor Ort ungewöhnlich viele Bauteile aus Buntmetallen hintereinander verbaut waren. Hier ist es dann auch eine Frage der Summe aller Einzelbauteile, die eine erhöhte Abgabe zur Folge haben können.

IKZ-HAUSTECHNIK: Berücksichtigt denn das Regelwerk nicht, dass nicht nur Fittings, sondern eine Vielzahl von weiteren Bauteilen aus Kupferwerkstoffen eingesetzt werden?
Andreas Braun: Im Regelwerk geht man nach intensiven Untersuchungen an realen Objekten davon aus, dass der Anteil wasserberührter Oberfläche von Bauteilen nicht mehr als 10 % ausmacht – ermittelt wurden maximal 8 % im ungünstigsten Fall. Es wäre also im Falle dieser Kindergärten neben der Werkstoffauswahl auch zu prüfen, wie die Installationssituation vor Ort ist und ob es gegebenenfalls zu einer Häufung von Bauteilen aus Buntmetallen gekommen ist. Ein weiterer Sachverhalt sollte ebenfalls überprüft werden: Basieren die festgestellten Grenzwertüberschreitungen auf qualifizierten Probenahmen nach der Probenahmevorschrift des Umweltbundesamtes für die Elemente Blei, Kupfer und Nickel?

IKZ-HAUSTECHNIK: Diese Aussage irritiert etwas. Müssen wir denn nicht davon ausgehen, dass die Probenehmer wissen was sie tun?
Andreas Braun: Im Großen und Ganzen schon. Doch diese Probenahmevorschrift birgt auch Tücken. Von Kollegen in anderen Bundesländern weiß ich, dass einzelne Gesundheitsämter die in der Probenahmevorschrift aufgeführte „Z-Probe“ oder Zufallsprobe fälschlicherweise zur Beurteilung der Trinkwasser-Installation genutzt haben.

IKZ-HAUSTECHNIK: Und warum geht das nicht?
Andreas Braun: Das Ganze ist etwas komplizierter, als es aus der Sicht des Praktikers sein sollte. Diese Z-Probe oder auch Zufallsprobe dient lediglich der generellen Überwachung der Trinkwasserqualität in einem Mitgliedstaat der EU. Daher ist in der Probenahmevorschrift explizit aufgeführt, dass sie nicht zur Beurteilung einer Trinkwasser-Installation herangezogen werden darf. Dies wird aber oftmals „übersehen“.

IKZ-HAUSTECHNIK: Woran könnte dies liegen?
Andreas Braun: Nun ja, wahrscheinlich liegt es an der Überlastung einzelner Überwachungsstellen:  Diese Z-Probe benötigt ja der Staat und ist als Zufallsprobe mit unbekannter Stagnationszeit einfach zu ermitteln. Im Gegensatz dazu sind die Probenahmen zur Beurteilung der Trinkwasser-Installation mit einer genau festgelegten Stagnationszeit von zwei bzw. vier Stunden und nur nach vorherigem Spülen der Installation doch deutlich aufwendiger.


IKZ-HAUSTECHNIK: Was heißt das jetzt für den Installateur? Muss er zum Chemiker mutieren, um fachgerechte von nicht fachgerechten Probenahmen unterscheiden zu können? Was raten Sie ihm, wenn ihm die Ergebnisse einer Probenahme vorgelegt werden.
Andreas Braun: Auch wenn es sich vielleicht banal anhört: Man sollte erst einmal in dem Ergebnisbericht nachsehen, ob dort von einer Z-Probe, S-0, S-1 oder S-2 Probe die Rede ist. Die Z-Probe darf wie ausgeführt gar nicht zur Beurteilung der Installation herangezogen werden – die anderen Proben schon, wenn sie richtig durchgeführt wurden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Und was heißt in diesem Zusammenhang „richtig“?
Andreas Braun: Als erstes sollte man sich den Probenahmenzeitpunkt genau ansehen: Ich traue keiner Stagnationsprobe (S-1 oder S-2), die morgens um 08:00 Uhr entnommen wurde! Oder können Sie sich vorstellen, dass jemand morgens zwischen 04:00 Uhr und 06:00 Uhr die Stagnation eingeleitet, sprich das Spülen beendet hat? Danach sehe ich mir die S-0 Probe genauer an. Diese wird entnommen, nachdem man an der Probenahmestelle einen vollständigen Wasserwechsel herbeigeführt hat. Denn diese Wasserqualität ist der Beginn der Stagnationszeit. Doch wenn bereits die Ergebnisse dieser S-0 Probe leicht erhöhte Blei-, Kupfer- oder Nickelwerte aufweist, war die Spülung nicht ausreichend oder aber das Wasser aus dem Netz vorbelastet. Das weiß der Probenehmer vor Ort jedoch nicht – erst wenn er die Ergebnisse sieht.

IKZ-HAUSTECHNIK:
Ist das denn wirklich so wichtig?
Andreas Braun: So ist es leider. Denn wenn z. B. die Bleiwerte bereits in der S-0-Probe 6 µg/l aufweisen würden, fehlte nicht mehr viel bis zum Grenzwert von 10  µg/l. Daher ist in einem solchen Fall immer zu prüfen, ob diese 6 µg/l bereits vom Versorger „frei Haus“ angeliefert wurden oder ob ein unzureichender Wasserwechsel zu Beginn der Stagnationszeit erfolgte. Dann wären auch die S-1 und S-2 Proben zu verwerfen.
Das hieße, die gesamte Probenahme wäre also hinfällig und auch nicht abzurech-
nen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Das hört sich ja alles ganz schön komplex an. Was wäre denn dann Ihr Rat an einen betroffenen Fachhandwerker?
Andreas Braun: Er könnte einen groben Check der Analyseergebnissen auf Plausibilität durchführen, wie ich ihn vorhin beschrieben habe. Bestehen Zweifel an der Qualität der Probenahme, sollte er sich in jedem Fall an seinen Fachverband und den Ansprechpartner des zuständigen Gesundheitsamtes oder den Hersteller seines Vertrauens wenden. Denn die Konsequenzen einer möglichen Grenzwertüberschreitung können ja bis zu einer Rückbaupflicht führen! Und hier schließt sich dann der Kreis: Hat man als Fachhandwerker nur Produkte aus geeigneten Werkstoffen der UBA-Lis­te eingebaut, geht die Trinkwasserverordnung  automatisch von der Einhaltung der Grenzwerte aus. Hält man sich nicht an diese Liste, passiert bis zum 10. April 2017 nichts, so lange die Grenzwerte eingehalten werden. Erst anschließend – und das ist neu – ist schon der Einsatz nicht gelisteter Werkstoffe bei der Neuerrichtung für den Betreiber eine Ordnungswidrigkeit.

IKZ-HAUSTECHNIK:
Wenn ich Sie richtig verstehe, dient also die Positivliste des Umweltbundesamtes dem Fachhandwerker dazu, bei der Abnahme der Installation nicht von Grenzwertüberschreitungen überrascht zu werden.
Andreas Braun: Sie bringen es auf den Punkt. Denn unabhängig davon, ob Brüssel später einmal die Positivliste einkassieren sollte oder nicht: Wir müssen die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung einhalten. Und genau hierbei hilft uns diese Liste, weil man beim Einsatz von Produkten aus gelisteten Werkstoffen schon zu Beginn der Arbeiten eine hohe Wahrscheinlichkeit hat, dass es bei der Übergabe nicht zu bösen Überraschungen kommt. Und falls dies doch der Fall sein sollte, kann man uns zumindest nicht grob fahrlässiges Handeln vorwerfen. Denn man hat ja nicht nur die a. a. R. d. T. eingehalten, sondern bereits den Stand der Technik berücksichtigt. Daher sollten wir aus Handwerkersicht die Liste des Umweltbundesamtes begrüßen, weil sie uns, richtig eingesetzt, vor Regressforderungen schützt.

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: