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Optimaler Schallschutz erfordert abgestimmtes Gesamtkonzept

Angegebene Normschallpegeldifferenz-Werte sind oft nicht umsetzbar. Was bei der Planung und Installation einer Wohnraumlüftungsanlage beachtet werden sollte

Die zunehmende Lärmbelastung in Städten und Verkehrszentren hat auch Einfluss auf die Gebäudesanierung (in Bezug auf den Schallschutz) und die darin eingesetzte Wohnraumlüftungstechnik. Bild: pixabay.com

Bei der Montageposition von z. B. dezentralen Lüftungsgeräten müssen die Raummaße berücksichtigt werden, da Schallausbreitung und Nachhalleffekte in größeren Räumen intensiver auftreten als in kleineren Räumen. Bild: psdesign1

Im Rahmen der Installation einer dezentralen Lüftungsanlage mit hohem Schallschutzgrad sollte eine Fachplanung durchgeführt werden, welche Bauphysik, die technischen Spezifikationen und den daraus resultierenden Wirkungsgrad der Lüftung berücksichtigt. Bild: pixabay.com

Michael Merscher, Geschäftsleitung der Lunos Lüftungstechnik GmbH für Raumluftsysteme. Bild: Lunos

 

Dezentrale Lüftungssysteme sollen neben einer effektiven Lüftung des Wohnraums möglichst so gut wie keine Eigengeräusche erzeugen und die Übertragung von Außenlärm weitgehend verhindern. Dies sind keine leichten Aufgaben vor dem Hintergrund steigender städtischer Lärmbelastungen und zunehmend dichterer Bebauung. In der Praxis ist dabei zu beachten, dass eine Anlage mit einer in den Herstellerunterlagen angegebenen hohen Schallpegeldifferenz diesen Wert eventuell nur bei einem vergleichsweise niedrigen Volumenstrom und in Abhängigkeit von der optimalen Montageposition erreichen kann. Umso wichtiger ist daher bei der Entscheidung für ein dezentrales Lüftungssystem eine ausführliche Fachberatung im Vorfeld, die neben den Produkteigenschaften auf entscheidende Faktoren wie Raumparameter oder Bausubstanz beruht.

Laut Statistischem Bundesamt leben 77 % der deutschen Bevölkerung in dicht und mittelstark besiedelten Gebieten – Tendenz steigend: Aufgrund des ohnehin schon hohen Bebauungsgrads und des sinkenden Angebots an freien Flächen für Neubauten wird immer häufiger Wohnraum in bereits eng besiedelten Stadtteilen sowie in der Nähe von Flughäfen, Bahnhöfen und an stark lärmbelasteten Verkehrsknotenpunkten geschaffen. Kommt es dabei zum Einbau dezentraler Lüftungsanlagen, müssen diese besonders gute Schallschutzeigenschaften aufweisen, damit möglichst wenig Außenlärm eindringt, der die Wohnqualität mindert. Durch bautechnische Maßnahmen, wie den Einsatz spezieller Dämmstoffe, sollen ihre Eigengeräusche auf ein behagliches Maß reduziert und hereingetragener Schall beim Austausch mit der Außenluft nahezu eliminiert werden. Der optimale Betrieb ist jedoch neben den technischen Eigenschaften abhängig von Bauphysik, Raumgröße, Wand- und Deckenkonstruktion sowie Art und Ausrichtung der Fens­ter und Türen. Dies wird jedoch zu selten berücksichtigt – u. a. auch deshalb, weil es mit der DIN 4109 beispielsweise zwar allgemeine Empfehlungen für den Schallschutz für Wohngebäude gibt, diese aber lediglich Mindestanforderungen zur Vermeidung von Gesundheitsgefahren regelt.

Hoher Schallschutz oft nur bei niedrigem Volumenstrom realisierbar
Hauptaufgabe von Lüftungsgeräten ist die Versorgung mit frischer Luft für den hygienischen Mindestluftwechsel und ein angenehmes Wohnklima. Die erforderliche Luftmenge lässt sich z. B. erhöhen, indem mehrere Geräte installiert oder Geräte mit größerem Volumenstrom beziehungsweise höherer Luftleistung eingesetzt werden. Damit dieser Austausch kaum hörbar ist, sind in den Lüftungsanlagen schallhemmende Komponenten verbaut. Jedoch stehen Luftleistung und Schalldämmung in einer direkten physikalischen Abhängigkeit: Bei höheren Volumenströmen muss eine größere Einströmfläche für die Luftmenge bereitgestellt werden. Das hat zur Folge, dass die Gerätegröße gegebenenfalls schnell ansteigt, wodurch wiederum mehr Schall hindurchgelangen kann. Ein absolut schalldichtes System oder Gerät würde dagegen die Lüftungsfunktion vermindern beziehungsweise sogar ganz verhindern. Möchte der Nutzer also die vom Hersteller angegebenen Höchstwerte – z. B. beim Volumenstrom – realisieren, so ist dies in den meisten Fällen nicht in Kombination mit den maximal möglichen Schallschutzwerten (beispielsweise in Bezug auf die VDI-Richtlinie 4100) umsetzbar. Im Umkehrschluss lassen sich die maximal erreichbaren Schallwerte nur bei einem sehr niedrigen Volumenstrom erzielen und nicht beim maximal möglichen oder nach Norm erforderlichen Luftvolumenstrom. Häufig kommt es aber dazu, dass diese Relation von Herstellerseite aus nicht deutlich kommuniziert wird und lediglich der höchstmögliche Schallschutzpegel angegeben ist. Die individuellen Gegebenheiten wie Wandstärken oder notwendige Volumenströme lassen die theoretisch erreichbaren Maximalwerte oft schlicht nicht zu. In der Praxis führen sie immer wieder zu Problemen und großen Austausch- beziehungsweise Nachrüstaktionen, da z. B. die tatsächlichen Wandstärken der Gebäude nicht zu den Wandstärken bei Maximalwertangabe der Geräte passen.
Auch kommt es vor, dass Schalldämmungen in Geräten an Stellen verbaut sind, bei denen Feuchtigkeit, Kondensat und Schmutz zu unhygienischen Verhältnissen führen und eine Reinigung zudem schwierig bis unmöglich ist. Es ist daher ratsam, auf technisch ausgereifte Systeme zu setzen, welche auch im praktischen Einsatz und unter realen Bedingungen keine Probleme verursachen und die notwendigen Geräteeigenschaften tatsächlich auf Dauer gewährleisten. Geräte, welche im Vergleich zu anderen Systemen am Markt besonders hohe Schallpegeldifferenzwerte versprechen, sollten genau auf die damit verbundenen Einsatzkriterien hin untersucht werden, bevor eine Planung vorgenommen wird.

Bauphysik beeinflusst Schallschutzleistung der Lüftung
Neben diesem Zusammenhang beeinflussen weitere Faktoren wie die Bauphysik die tatsächlichen Schallwerte der Lüftung. Bei der Montageposition und -höhe etwa müssen die Raummaße berücksichtigt werden, da Schallausbreitung und Nachhalleffekte in größeren Räumen intensiver auftreten als in kleineren. Erfolgt die Installation an einer besonders ungüns­tigen Stelle – beispielsweise in einer Ecke –, kann es dazu kommen, dass der Schall aufgrund des geringen Abstands zu Abstrahlflächen mit anhaltend hohem Pegel in weitere Richtungen reflektiert wird. Auf diese Weise kommt es zu einem Anstieg von Schallwerten, die sich zu einer deutlich hörbaren Geräuschkulisse addieren können. Vor diesem Hintergrund sollten Geräte einen Abstand von mindes­tens 30 cm sowohl nach oben als auch seitlich zu Wandecken haben (Lüfter in einer Raumecke werden bis zu 9 dB lauter als bei einer Positionierung direkt auf einer freien Wand). Auch spielen die Größe und die Beschaffenheit bzw. Ausstattung eines Raumes eine Rolle bei der Entwicklung und Wahrnehmung des Schalls. So kann eine Schallquelle in einem kleinen schallharten Raum, wie z. B. einem gefliesten Badezimmer, deutlich lauter wirken als in einem großen Wohnzimmer, das durch Teppiche, Gardinen und Polstermöbel diverse schallabsorbierende Flächen aufweist.
Schalloptimierte Lüftungen verlieren zudem ihren Zweck, wenn andere Fassadenbauteile sehr viel Schall in die Wohnung tragen. Werden beispielsweise Fens­ter mit unzureichendem Schallschutz eingebaut – z. B. Schallschutzklasse 2 oder schlechter –, helfen Lüftungskomponenten mit hoher Geräuschdämmung nur bedingt, da der Lärm weiterhin durch die Fens­ter dringen wird und die Geräusche der Lüftung gegebenenfalls überlagert. Die Bewohner können die Lärmquelle nicht mehr richtig zuordnen und gehen schlimmstenfalls von der Lüftung als Störfaktor aus.

Absolute Werte ersetzen keine individuelle Fachplanung
Dies zeigt, dass die Lüftung nur einen Baustein im Schallschutzkonzept für Wohnhäuser darstellt und von einer isolierten Betrachtung abzuraten ist. Vielmehr sollten die Schallschutzwerte für die jeweiligen Lüftungsszenarien genau ermittelt und dementsprechend auch angegeben werden. Dabei dürfen nicht etwa die absoluten und technisch möglichen Werte einzelner Komponenten als Basis dienen, da diese nur unter ganz bestimmten Vorrausetzungen eingehalten werden können. Stattdessen sollte die tatsächliche Schallschutzleistung in Bezug auf die jeweiligen Volumenströme unter Berücksichtigung der Wandstärke und Bausubstanz an den Fachplaner kommuniziert werden. Idealerweise lassen Hersteller die tatsächliche Leistung von unabhängigen Instituten durch Zertifikate bestätigen. Das vermittelt vor dem Kauf einen hohen Grad an Transparenz in Bezug auf die Schallschutzeffizienz. Ausgehend davon lässt sich dann entscheiden, ob z. B. die Installation mehrerer Geräte dabei hilft, einen höheren Schallschutz zu erzielen, ohne Abstriche bei der Luftleistung machen zu müssen. Wichtig ist, dies im Rahmen einer Fachplanung abschließend zu klären, in der alle Parameter der Wohnung und sämtliche geplanten haustechnischen Anlagen Berücksichtigung finden. Nur so kann ein gut abgestimmtes Schallschutzkonzept für den gesamten Wohnraum realisiert werden.

Fazit
Abweichend von – beziehungsweise ergänzend zu – der allgemeinen Normengrundlage muss eine Betrachtung und Auslegung des Lüftungssystems passend zur Bauphysik und den jeweiligen Ansprüchen der Kunden erfolgen. Der Mindestschallschutz – wie der Name bereits sagt, eine Minimalregelung ohne Komfortanspruch – erfüllt oftmals nicht die Erwartungshaltung der späteren Nutzer. Deshalb sollten die Hersteller darauf achten, Angaben über ihre Geräte nicht als allgemeingültig zu präsentieren, sondern diese in Abhängigkeit von speziellen Lüftungsszenarien zu kommunizieren, um falsche Erwartungen beim Anwender zu vermeiden. Nur unter Berücksichtigung der angesprochenen Einflussfaktoren im Rahmen der Schalluntersuchung kann eine sinnvolle Geräteauswahl erfolgen.

Autor: Michael Merscher,
Geschäftsleitung der Lunos Lüftungstechnik GmbH für Raumluftsysteme

www.lunos.de

 

 

Nachgefragt
IKZ-HAUSTECHNIK: Im Artikel erwähnen Sie die bei Herstellern mitunter vorhandenen Zertifikate, die dem Planer bzw. Handwerker in Bezug auf die Schallschutzeffizienz eine gewisse Sicherheit bieten sollen. Werden die dahinter stehenden Geräteeinsatzkriterien der Laborprüfung ihrer Erfahrung nach auch durch die Hersteller direkt offen kommuniziert? Oder stehen hier eher die erzielten Werte im Fokus?
Michael Merscher: Es stehen eher die Werte im Fokus. Dies resultiert aus den Anforderungen der Kunden. Oft sind es schon Fachplaner, welche sich mit den Geräten auseinander gesetzt haben und nur noch spezifische Gerätedaten benötigen, um diese in eine Gesamtkalkulation einzusetzen.
Es ist jedoch auch so, dass diese Werte oft nicht korrekt interpretiert werden oder eben die Geräteeinsatzkriterien nicht beachtet werden. Hier muss zukünftig eine viel größere Aufklärung stattfinden, wie z. B. überhaupt die angegebenen Werte der Geräte erreicht werden können. Hier stellen sich dann Fragen wie z. B.: Was muss beim Geräteeinsatz/-Einbau beachtet werden? Welche Randbedingungen müssen eingehalten werden (z. B. weitere Bauelemente in der Wand o. ä.)?.
Wir (Lunos) bieten frei verfügbar eine Auswahl an Informationsmaterial mit einfachen Erklärungen zum Schallverhalten und Randbedingungen sowie Einsatzgrenzen. Wir kommunizieren auch ganz offen wo Grenzen liegen und bieten keine Auslegungen an, welche diese Grenzen überschreiten. Wir sagen ganz klar, dass ein System nicht einsetzbar ist oder unter welchen Bedingungen es nur möglich wäre, als später dem Kunden Probleme zu bereiten.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie unterstützen Sie das Fachhandwerk bzw. den Fachplaner bei der objektbezogenen Schallschutzplanung?
Michael Merscher: Wir bieten eine eigens von uns entwickelte Softwarelösung zur überschlägigen Ermittlung bestimmter Schallwerte. Ebenso gibt es Unterlagen zu Einbausituationen und damit verbundenen zu erwartenden Schalländerungen bzw. Schallsituationen. Wünscht ein Kunde eine spezifische Beratung, liefern wir z. B. überschlägige Berechnungen zum individuellen Bauvorhaben für jeden Raum inklusive notwendiger Informationen rund um unsere Produkte. Wir wählen bereits das passende System mit allen ggf. benötigten zusätzlichen Komponenten (additiver Schallschutz zum Standardsystem) aus. Zudem sind unsere Partner mit einem hochwertigen Mess­equipment ausgestattet, um z. B. vor Ort die Schalldämmeigenschaften prüfen und nachweisen zu können.

IKZ-HAUSTECHNIK: Besteht im Nachgang noch eine Möglichkeit zur nachträglichen Schalldämmung?
Michael Merscher: Bei den meisten Geräten ja. Es gibt Ausnahmen, diese sind aber sehr speziell und werden auch so kommuniziert. Im Allgemeinen kann sogar in mehreren Stufen der Geräteschall (Eigengeräusch) und der Schalldurchgang durch das Gerät beeinflusst werden. Es können schallabsorbierende Elemente in Geräte integriert oder spezielle Innenhauben bzw. Außenblenden nachträglich eingesetzt und/oder kombiniert werden.

 


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