Werbung

Möglichkeiten und Grenzen bei Werbeaktionen Jede Werbeform ist gesondert auf ihre rechtliche Zulässigkeit zu prüfen

Die Unsicherheiten der Unternehmen in Bezug auf Telefonwerbung sowie sonstige Werbemaßnahmen sind erheblich. Dies liegt u.a. darin begründet, dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen immer wieder verändern, zuletzt mit dem Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen. Mit diesem Beitrag soll daher mehr Licht ins Dunkle gebracht werden, wobei sich der Verfasser auf die Telefon-, Telefax-, E-Mail-, Brief- und Briefkastenwerbung als besonders häufige Werbeformen beschränkt.

 

Telefonwerbung
Bei der Telefonwerbung differenziert das Gesetz danach, ob diese Werbeform gegenüber einem Verbraucher oder sonstigen Martkteilnehmern, also Unternehmen, durchgeführt wird.

Verbraucher
Telefonwerbung gegenüber einem Verbraucher ist unzulässig, wenn sie ohne dessen „vorherige ausdrückliche Einwilligung“
(§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG) vorgenommen wird.
Dies bedeutet: Eine Einwilligung muss zum einen vor dem Anruf erfolgt sein, sodass eine erst bei oder nach dem Gespräch erfolgte Zustimmung nicht ausreicht. Zum anderen muss die Einwilligung „ausdrücklich“ erklärt sein, was eine konkludente, also durch schlüssiges Handeln erteilte Einwilligung ausschließt.
Im Streitfall muss der Anrufer das Vorliegen einer Einwilligung beweisen, was praktisch nur durch Vorlage einer schriftlichen Einwilligung des Kunden möglich ist. Da für das Massengeschäft letztlich nur eine vom Unternehmer vorformulierte Einwilligungserklärung in Betracht kommt, gelten insoweit die von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe der AGB-Kontrolle.
Danach muss die Einwilligung in einer gesonderten „opt-in“-Erklärung erfolgen, auf die Werbung durch den Verwender beschränkt sein und den möglichen Inhalt der Werbung hinreichend konkretisieren.

Sanktionen
Im Falle eines Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG steht dem betroffenen Verbraucher ein Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch nach §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, dem Mitbewerber wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche nach §§ 8 Abs. 1, 9 UWG und den Wirtschafts- und Verbraucherverbänden Unterlassungs- und Gewinnabschöpfungsansprüche nach §§ 8 Abs. 1, 10 UWG zu.
Die davon ausgehende Abschreckung schien jedoch noch nicht auszureichen, um unzulässige Telefonwerbung einzudämmen, sodass der Gesetzgeber die Daumenschrauben angezogen und einen Bußgeldtatbestand geschaffen hat: Danach handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung mit einem Telefonanruf wirbt, sodass er mit einer Geldbuße bis zu 50 000 Euro belegt werden kann (§ 20 Abs. 1 u. 2 UWG).
Wichtig: Der werbende Unternehmer, der mit Telefonanrufen werben will, und damit eigene Mitarbeiter oder ein Call-Center beauftragt, darf die Auswahl der anzurufenden Verbraucher nicht den Mitarbeitern oder dem Call-Center überlassen. Es muss selbst festlegen, welche Verbraucher angerufen werden sollen und selbst dafür Sorge tragen, dass für alle anzurufenden Verbraucher eine vorherige ausdrückliche und den Anforderungen der Rechtsprechung genügende Einwilligung vorliegt.
Kein Entschuldigungsgrund wird auch in dem Einwand gesehen, die Liste sei von einem anderen Unternehmen gekauft worden.

Rufnummerunterdrückung
Um bei einer unerlaubten Telefonwerbung den Anrufer oder seinen Arbeitgeber identifizieren zu können, bedarf es einer Kenntnis der Telefonnummer des Anrufers. Da unseriöse Anrufer darauf mit der Rufnummerunterdrückung reagiert haben, hat der Gesetzgeber das Telekommunikationsgesetz geändert. Danach gilt im Kern: Wer vorsätzlich oder fahrlässig die Rufnummeranzeige unterdrückt oder solches veranlasst, handelt ordnungswidrig, sodass ihm eine Geldbuße bis zu 10 000 Euro droht.
Das Problem ist jedoch, dass der Angerufene bei einer Rufnummerunterdrückung gerade nicht selbst feststellen kann, von welchem Anschluss der Anruf getätigt wurde.
Bedeutsamer ist daher die mit der Regelung erzielte indirekte Wirkung: Wer Mitarbeitern die Anweisung gibt, die Rufnummer zu unterdrücken, weiß, dass er damit eine Ordnungswidrigkeit begeht und muss damit rechnen, dass dies nach außen dringt.
Auch werden sich Mitarbeiter einer entsprechenden Weisung widersetzen, wenn sie dann selbst ordnungswidrig handeln.Nicht zuletzt weiß der Verbraucher, der einen solchen Werbeanruf erhält, dass er es mit einem unseriösen Unternehmen zu tun hat, und wird daher von einem Vertragsabschluss absehen.

Ausdehnung des Widerrufsrechts
Bei Verträgen zwischen einem Unternehmen und einem Verbraucher über Waren oder Dienstleistungen, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen
werden, handelt es sich um sog. Fernabsatzverträge. Zu den Fernkommunikationsmitteln gehören auch Telefonanrufe, sodass auch telefonisch abgeschlossene Verträge den Vorschriften über Fernabsatzverträge unterliegen, wozu u.a. das Widerrufsrecht bzw. das Rückgaberecht gehören.
Allerdings besteht dieses Widerrufsrecht nicht bei den im Gesetz (§ 312 Abs. 4 BGB) genannten Fällen. Bei diesem Ausnahmekatalog hat der Gesetzgeber angesetzt und geregelt, dass das Widerrufsrecht für Fernabsatzverträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten sowie zur Erbringung von Wett- und Lotterie-Dienstleistungen in Fällen, in denen der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat, nach wie vor besteht, also gerade nicht ausgeschlossen ist.
Nicht entscheidend ist, ob der Telefonanruf vom Verbraucher oder vom Unternehmer ausgeht und ob im letzteren Fall die vorherige ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers vorliegt.

Sonstige Marktteilnehmer
Werbeanrufe bei sonstigen Marktteilnehmern, also Unternehmen, sind weniger streng geregelt als bei Verbrauchern.
Der Schutz vor individueller Telefonwerbung wird deshalb geringer angesehen, weil nicht der Schutz der Privatsphäre, sondern der Schutz der unternehmerischen Betätigung betroffen ist. Wer einen Telefonanschuss zu unternehmerischen Zwecken unterhält, so die Überlegung, rechnet mit Anrufen potenzieller Geschäftspartner und solcher Personen, die zu ihm mit Blick auf seine unternehmerische Tätigkeit auch in deren eigenen Interesse in Verbindung zu treten wünschen, sodass der Anruf auch im konkreten Interessenbereich des Angerufenen liegen kann.
Zulässig ist Telefonwerbung daher auch dann, wenn lediglich eine sog. mutmaßliche Einwilligung vorliegt.
Ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls vor dem Anruf ab. Es ist zu fragen, ob aufgrund konkreter Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden an dem Anruf vom Anrufenden zu vermuten ist, was sich sowohl auf den Inhalt als auch auf die Art der Werbung (Telefonanruf) bezieht.
Ein solches sachliches Interesse kann vorliegen bei bestehender oder angebahnter Geschäftsbeziehung, bei Äußerung eines Interesses an solchen Angeboten (und sei es auch nur Dritten gegenüber) oder bei entsprechender Branchenüblichkeit.

Faxwerbung
Bei der Werbung unter Verwendung von Faxgeräten wird – anders als bei der Telefonwerbung – nicht zwischen Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern unterschieden. Zulässig ist eine solche Werbung ausschließlich bei Vorliegen einer vorherigen ausdrücklichen Einwilligung des Adressaten. Fehlt eine solche Einwilligung, ist die Werbung unzulässig. Auf eine mußmaßliche Einwilligung kann sich der Werbende nicht berufen.

Elektronische Post
Unter elektronischer Post versteht man
E-Mail, SMS und MMS. Für die Zulässigkeit einer solchen Werbung gelten grundsätzlich die zur Faxwerbung dargestellten Voraussetzungen.
Im Gegensatz zur Faxwerbung sieht das Gesetz jedoch in § 7 Abs. 3 UWG eine Ausnahme vor, wenn:

  1. Ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat.
  2. Der Unternehmer diese Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleitungen verwendet.
  3. Der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
  4. Der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Diese vier Vorausetzungen müssen allesamt vorliegen. Ist nur eine von ihnen nicht gegeben und greift infolgedessen die Ausnahmeregelung des § 7 abs. 3 UWG nicht ein, stellt die Nutzung der elektronischen Postadresse für Zwecke der Werbung eine unzulässige Werbung dar.

Briefwerbung

Briefwerbung ist an den Empfänger persönlich adressiert. Eine solche Werbung ist grundsätzlich auch ohne Einwilligung des Adressdaten, sei er nun Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer, zulässig.
Eine Ausnahme gilt dann, wenn die Briefwerbung einen erkennbar entgegen stehenden Willen des Empfängers missachtet. Ein solcher Wille des Empfängers kann sich für den Absender aus einer ausdrücklichen Erklärung des Adressdaten (z.B per Brief oder Telefonanruf) oder dessen Eintragung in die Robinsonliste des Deutschen Direktmarketing-Verbandes ergeben, zumal auch Nichtmitgliedern dieses Verbandes die Kenntnisnahme des Inhalts der Robinson-Liste möglich und zumutbar ist.
Unzulässig kann Briefwerbung dann sein, wenn ein Werbebrief als Privatbrief getarnt ist, sodass der Empfänger erst nach näherer Kenntnisnahme des Inhalts den eigentlichen, nämlich geschäftlichen Zweck des Briefs erkennen kann. Der Werbezweck eines Briefes muss daher zumindest nach dem Öffnen des Bries sofort und unmissverständlich erkennbar sein.

Briefkastenwerbung

Der Einwurf von nicht adressiertem Werbematerial (Prospekte, Handzettel, Kataloge) in den Briefkasten des Empfängers ist auch ohne Einwilligung des Adressaten, sei er nun Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer, grundsätzlich zulässig, da die damit verbundene Belästigung geringfügig und damit nicht unzumutbar ist (vgl. § 7 Abs. 1 Satz UWG).
Unzulässig ist die Briefkastenwerbung jedoch dann, wenn sie einen erkennbar entgegenstehenden Willen des Empfängers missachtet. Dieser Wille kann z.B. durch Aufkleber „Keine Werbung“ deutlich gemacht werden.
Wie weit der entgegenstehende Wille des Adressaten reicht, ist ggf. durch Auslegung des Sperrvermerks zu ermitteln. Hat sich der Empfänger lediglich den Einwurf von „Werbesendungen und Prospekten“ verbeten, ist damit nicht auch der Einwurf von Gratisblättern mit redaktionellem Teil untersagt.

Besser vorher informieren

Wie die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen, ist jede Werbeform gesondert auf ihre rechtliche Zulässigkeit zu prüfen, wobei die Telefax-Werbung einer besonders restriktiven Regelung unterliegt. Um keine (kostenträchtigen) Abmahnungen zu riskieren, empfiehlt es sich daher, sich vor einer beabsichtigten Werbemaßnahme über deren Zulässigkeit ausreichend zu informieren.

Autor: Prof. Dr. Ulrich Dall, Essen, ist seit 1993 als Rechtsanwalt auf wirtschaftsrechtlichem Gebiet tätig. Sein Leistungsspektrum erstreckt sich auf die Beratung (insbesondere Vertragsgestaltung) sowie die bundesweite Prozessführung (einschließlich Schiedsverfahren) in den Bereichen Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Wettbewerbsrecht und Arbeitsrecht.
Seine umfangreichen Erfahrungen bringt Prof. Dr. Dall auch in seine Vortrags- und Lehrtätigkeit ein. Im März 2002 wurde er zum Professor ernannt und ist Herausgeber mehrerer Gesetzeskommentare.

 


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