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Kühlung und Klimatisierung – Status quo und Ausblick

Rahmenbedingungen – Kältemittelemissionen – Handlungsempfehlungen

Kühlung und Klimatisierung lassen den Energiebedarf in Büros und Wohnungen ansteigen.Bild: Priska Ketterer / SNF

Bild 1: Endenergieverbrauch und Jahresgesamtkosten für die Klimatisierung unterschiedlicher Gebäudekonzepte an den Standorten Frankfurt am Main (FfM

Tabelle 1: Ausgewählte Ziele der Energiewende2).

Bild 2: Gesamtemissionen verschiedener Klimakälteanlagen für die Standorte Frankfurt (FM und FE) und Hamburg (HM). Für die Berechnung der indirekten Emissionen der Stromerzeugung wurde ein Emissionsfaktor von 583 g/kWh

zugrunde gelegt. Die jährliche Kältemittel-Leckagerate beträgt gemäß Treibhausgasberichterstattung im Rahmen des Kyoto-Protokolls bei Kaltwassersätzen 4 %, bei VRF-Systemen 7 %.

 

Im Dezember 2015 verhandelten die Staaten in Paris über ein weltweites Klimaschutzabkommen. Denn die Zeit drängt, den Anstieg der globalen Temperatur auf 2 °C zu begrenzen. Zentraler Ansatzpunkt ist, die Emissionen von Treibhausgasen zu verringern. Auch die Klimatisierung von Gebäuden trägt auf zwei Weisen zum Klimawandel bei: Zum einen indirekt mittels der energiebedingten Emissionen für den Antrieb der Anlagen, zum anderen direkt mittels der Emission von Kältemitteln. Gleichzeitig sind das zwei „Hebel“, um die Klimatisierung von Gebäuden klimafreundlich zu machen.

Politischer Rahmen: Energie
Die Bundesregierung hatte 2010 ein Energiekonzept beschlossen, das 2011 nach den Reaktorunglücken in Fukushima zur „Energiewende“ wurde: Sie wirkt sich nicht nur auf die Stromerzeugung aus, die auf Erneuerbare Energien umgestellt werden soll, sondern auf das ganze Energiesys­tem – und betrifft damit alle Menschen in Deutschland.
Weniger Aufmerksamkeit genießen die Energiewende-Ziele, die die Energie­nachfrage betreffen (Tabelle 1). Zum Beispiel soll der Gebäudebestand bis 2050 (nahezu) klimaneutral werden. Schon bis 2020 sollen der Primärenergieverbrauch um 50 % und der Stromverbrauch um 10 % sinken.
Diese Ziele wirken sich auch auf die Gebäudeklimatisierung aus: Sie hat mit 0,3 % zwar nur einen kleinen Anteil am End­energieverbrauch in Deutschland; jedoch stieg der Verbrauch für Klimatisierung seit 2008 um fast 20 % auf 31 PJ.1) Sollen der Primärenergiebedarf von Gebäuden und der Stromverbrauch sinken, erschweren steigende Energieverbräuche, diese Ziele zu erreichen.
Die Energiewende führt dazu, dass die Erzeugungsspitzen an Photovoltaik-(PV-) Strom im Stromnetz wachsen werden. Weil der Bedarf an Klimatisierung und die PV-Stromerzeugung etwa zeitgleich liegen, stellt sich aus der Perspektive des Energiesystems die Frage: Soll dieser „überschüssige“ PV-Strom verstärkt für die Klimatisierung von Gebäuden genutzt werden, anstatt PV-Anlagen zu drosseln? Experten sind der Ansicht, dass dieser Strom besser für andere Bereiche zu nutzen und zu speichern ist, die noch auf Erneuerbare Ener­gieträger umsteigen müssen, zum Beispiel Wärmeprozesse in der Industrie oder der Verkehr.

Politischer Rahmen: Kältemittel
In der Gebäudeklimatisierung werden überwiegend teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW) als Kältemittel eingesetzt (siehe Kasten), die aufgrund ihres hohen Treibhauspotenzials durch die EU-Verordnung Nr. 517/2014 (F-Gas-Verordnung) geregelt werden. Anlagen mit fluorierten Treibhausgasen müssen regelmäßig auf Dichtheit geprüft werden, deren Installation und Wartung ist zertifiziertem Personal vorbehalten. Verantwortlich für das verordnungsgemäße Funktionieren ist der Betreiber der jeweiligen Anlage. In einigen Kälteanwendungen werden Kältemittel, die einen bestimmten GWP-Wert übersteigen, verboten. Dies trifft z. B. auf Monosplit-Klimageräte mit einer Füllmenge < 3 kg ab dem 1. Januar 2025 zu, wenn das Kältemittel einen GWP-Wert > 750 aufweist. Zusätzlich wird die HFKW-Menge, die dem europäischen Markt zur Verfügung steht, stufenweise bis 2030 um 79 % abgesenkt. Die Folge sind unter anderem steigende Preise für HFKW-Kältemittel sowie Versorgungsengpässe, insbesondere für Kältemittel mit hohen GWP-Werten.

Den Bedarf an Klimakälte verringern
Um den Heizenergiebedarf von Gebäuden zu senken und möglichst effektiv zum Klimaschutz beizutragen, hat sich das Prinzip bewährt, erst die Wärmenachfrage weitestgehend zu verringern und den verbleibenden Rest möglichst effizient und mit Erneuerbaren Energien zu versorgen. Ähnliches gilt für die Klimatisierung. Das kann bei guten Gebäudekonzepten so weit gehen, dass eine aktive Kühlung ohne Komfortverlust wegfallen kann. Solche Konzepte umfassen viele unterschiedliche Maßnahmen.
Am grundlegendsten sind Maßnahmen an der Gebäudehülle, die bei Neubauten immer und bei Sanierungen oft angewendet werden können:

  • Ein hochwertiger Wärmeschutz der Außenflächen und der Fenster begrenzt den Wärmeeintrag.
  • Gleiches gilt für maßvoll kleine Fensterflächen anstelle von Glasfassaden. Da Wärmeschutz und Wärmespeicherfähigkeit von Fenstern schlechter als von (Außen-)Wänden sind.
  • Luftdichte Bauweise verhindert das Eindringen heißer Außenluft (Infiltration).
  • Die Aktivierung thermischer Speichermassen kann in Wänden, Boden oder Decke Wärmespitzen abpuffern. Abgehängte Decken oder aufgeständerte Böden verhindern diesen Effekt jedoch. Phasenwechselmaterialien (PCM) können die Wärmespeicherfähigkeit verbessern, vor allem im Leichtbau.

Die Anlagentechnik eines Gebäudes trägt mit folgenden Maßnahmen bei:

  • Sonnenschutz sollte außenliegend angebracht und automatisiert gesteuert sein, jedoch mit Eingriffsmöglichkeit für die Nutzer.
  • Nachtauskühlung per Lüftungsanlage oder durch freie Lüftung entfernt die tagsüber eingetragene Wärme.
  • Passive Kühlung mittels Erdkälte kann direkt über die Lüftung oder indirekt über Flächenkühlung erfolgen.
  • Ventilatoren senken die empfundene Raumtemperatur.
  • Innere Lasten verringern hilft, unnötige Wärmeeinträge durch Elektrogeräte und Beleuchtung, die in Betrieb sind, zu vermeiden. Dazu gehören effiziente Geräte, das Ausschalten nicht benötigter Geräte und Tageslichtnutzung.


Darüber hinaus gibt es weitere Handlungsmöglichkeiten:

  • Pflanzen schaffen ein angenehmeres Raumklima. Begrünte Fassaden senken die Oberflächentemperatur um einige Grad.
  • Angepasste Verhaltensweisen (z. B. Arbeitszeiten, Kleidung, Raumbelegung) erleichtern, besser mit Hitzeperioden umzugehen.
  • Zu allen technischen Maßnahmen gehört zwingend ein optimiertes Regelkonzept.
  • Die Nutzer des Gebäudes müssen über das Kühlkonzept informiert werden.


Erst wenn diese Maßnahmen ausgeschöpft sind und immer noch Kühlbedarf besteht, sollte eine aktive Kühlung eingesetzt werden, bevorzugt adiabate oder auch solare Kühlung. Solche Konzepte setzen eine fachkundige und erfahrene, gewerkeübergreifende Planung voraus.

Kälte klimafreundlich bereitstellen
Geeignete bauliche Maßnahmen können also den Kühlbedarf von Gebäuden soweit vermeiden, dass eine maschinelle Kälteversorgung für die Komfortklimatisierung nicht notwendig ist. Für einzelne Gebäudebereiche mit großen inneren Lasten (z. B. Besprechungs- und Versammlungsräume, Technik- und Serverräume) können passive Kühlungskonzepte wie ausreichende Verschattung und Nachtauskühlung mitunter nicht ausreichen.
Ist eine aktive Gebäudekühlung unvermeidbar, sollte der Bauherr darauf achten, den Kältebedarf möglichst gering zu halten. Dies ist schon aus Kostengründen empfehlenswert, da die Betriebskosten bei schlechter Dämmung und unzureichendem Sonnenschutz entsprechend hoch ausfallen. Außerdem sollte die Wahl auf ein System fallen, welches die Umwelt möglichst wenig belastet. Der größte Umwelteinfluss von Klimaanlagen bzw. Kälteerzeugern ist der auf das Klima in Form von energiebedingten (indirekten) CO2-Emissionen und direkten Kältemittel-Emissionen, wenn HFKW eingesetzt werden. Doch welche Systeme belasten das Klima tatsächlich mehr, welche weniger? Diese Frage beantwortet eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes4), die verschiedene Klimatisierungssysteme hinsichtlich ökologischer und ökonomischer Gesichtspunkte anhand einer Bürogebäudesimulation untersucht hat. Um unterschiedliche Klimasituationen abzubilden, wurde auf meteorologische Daten von Hamburg (HM) und Frankfurt/Main zurückgegriffen, wobei für letzteren Standort zwei Sommervarianten (FM: durchschnittlich, FE: extrem) berücksichtigt wurden. Bild 2 zeigt das Ergebnis des Vergleichs hinsichtlich der Gesamtemissionen (TEWI-Wert – Total equivalent warming impact) der einzelnen Anlagen, ausgedrückt in CO2-Emissionen.

Kältetechnik: Emissionen im Ranking
Bezüglich der energiebedingten Emissionen schneidet das DEC (Dessicative and Evaporative Cooling)-System am schlechtesten ab, gefolgt vom VRF (Variable Refrigerant Flow)-System und dem Kaltwassersatz (KWS). Bei Letzterem zeigt sich deutlich der positive Einfluss des Einsatzes eines Kältespeichers und einer Kühldecke anstatt der üblicherweise eingesetzten Konvektoren. Der hohe Energieaufwand für das DEC-System erklärt sich aus der für die Verdunstungskühlung notwendigen höheren Luftwechselrate und dem damit einhergehenden Elektroenergiebedarf für die Ventilatoren. Zusätzlich fällt ein Wärmebedarf für die Luftentfeuchtung an. Mit dem geringsten Elektro­energiebedarf bei gleichzeitig nicht unerheblichem Wärmebedarf kommt eine Absorptionskältemaschine aus. Dieser fällt je nach Art der Berechnungsmethode für die fossile Wärmebereitstellung (Stromverlust- oder Wirkungsgradmethode) unterschiedlich aus. Beim Einsatz von Solarwärme entstehen mit Abstand die gerings­ten CO2-Emissionen, die Einhaltung einer Rauminnentemperatur von maximal 24 °C ist ohne Backup-Wärmeversorgung in diesem Fall jedoch nicht immer gewährleis­tet. Eine Ab- oder Adsorptionskälteanlage, die mit Abwärme betrieben wird, ist bei kontrolliertem Betrieb unter ökologischen Gesichtspunkten ohne Einschränkung zu empfehlen.
Berücksichtigt man neben den indirekten Emissionen auch die direkten Kältemittelemissionen, ergibt sich ein anderes Bild. Hier schneidet das VRF-System besonders schlecht ab, da in diesem Falle die direkten Emissionen mehr als doppelt so groß sind wie die indirekten. Bei den Kaltwassersätzen halten sich direkte und indirekte Emissionen in etwa die Waage. Wie aber erklären sich die hohen Kältemittelemissionen des VRF-Systems? Dies liegt zum einen daran, dass solche Systeme große Kältekreisläufe mit entsprechend großen Füllmengen aufweisen. Die nötigen Kältemittelleitungen zwischen den bis zu 60 Innengeräten und dem Außengerät summieren sich auf beträchtliche Längen und neigen aufgrund vieler Verbindungsstellen eher zu Leckagen. Beschreibungen von VRF-Klimatisierungsprojekten in einschlägigen Kältefachzeitschriften ist zu entnehmen, dass bei mehreren Außengeräten und zahlreichen Innengeräten bisweilen Kältemittelleitungen von mehreren Kilometern Länge verlegt werden. Darüber hinaus sind die Leitungen nicht ausnahmslos verlötet, sondern werden teilweise mit Bördel- oder Schraubverbindungen zusammengefügt, bzw. die Innen- und Außengeräte auf diese Weise angeschlossen.

Schlussfolgerungen
Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus diesen Ergebnissen ableiten? Aufgrund der relativ niedrigen Anzahl an Vollbenutzungsstunden einer Klimakälteanlage in Deutschland (ca. 460 h im Jahr) spielen die direkten Kältemittelemissionen eine wichtige Rolle. Mit kleinen Kältemittelfüllmengen, wie etwa bei Kaltwassersätzen, lassen sich klimawirksame Emissionen mindern bzw. gänzlich ausschließen, wenn Kältemittel mit sehr geringem bzw. ohne Treibhauspotenzial eingesetzt werden. Dies verdeutlicht Bild 3. Die beiden natürlichen Kältemittel Propan und Ammoniak weisen ein sehr geringes bzw. kein Treibhauspotenzial auf und lassen den TEWI-Wert eines mit diesen Kältemitteln betriebenen Kaltwassersatzes gegenüber dem eines Standard-Aggregates mit dem HFKW R410A um ca. 43 % sinken. Anlagen mit natürlichen Kältemitteln werden von mehreren Herstellern5) angeboten. Die Verknappung von HFKW-Kältemitteln im europäischen Markt gemäß Kapitel IV der F-Gas-Verordnung wird nicht nur die Auswahl solcher Anlagen in den kommenden Jahren weiter ansteigen lassen, sondern auch die Installation von HFKW-Anlagen, insbesondere solche mit hohem GWP-Wert wie etwa R410A, aufgrund der unsicheren Versorgungslage zunehmend infrage stellen. Neben diesen Verfügbarkeitsaspekten steht es für den Umwelt- und Klimaschutz außer Frage, dass Anlagen mit natürlichen Kältemitteln die beste Wahl sind.

Neue EU-Verordnung für Kältetechnik
Am 8. Dezember 2015 hat ein Regelungsausschuss eine neue EU-Verordnung beschlossen, die Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung („Öko­design“) von Warmluftheizungen, aber auch von Klimaanlagen über 12 kW Nennleistung, Kaltwassersätzen und Hochtemperatur-Prozesskälteerzeugern stellt. Diese Anforderungen konzentrieren sich auf die Energieeffizienz und auf die Produktinformation. Sie gelten ab dem 1. 1. 2018 und werden zum 1. 1. 2021 nochmals verschärft. Zu den Auswirkungen gehört, dass z. B. die Hersteller von wassergekühlten Kaltwassersätzen alle derzeit am Markt erhältlichen Produkte verbessern müssen, um sie ab 2021 weiterhin in Verkehr bringen zu dürfen. Bei den luftgekühlten Kaltwassersätzen betrifft das immerhin noch über 80 % der heutigen Produkte.
Nähere Informationen unter www.ebpg.bam.de/de/produktgruppen/ener21.htm. ■

Autoren: Jens Schuberth arbeitet im Umweltbundesamt im Fachgebiet „Energieeffizienz“ und hat die Entstehung der EU-Verordnungen für Heizgeräte und Warmwasserbereiter seit 2007 begleitet.
Dr. Daniel de Graaf befasst sich im Umweltbundesamt (Fachgebiet „Stoffbezogene Produktfragen“) mit fluorierten Treibhausgasen in der Raum- und Gebäudeklimatisierung.

Die hier wiedergegebene Meinung muss nicht zwingend mit der Meinung des Umweltbundesamtes übereinstimmen.


www.umweltbundesamt.de

1) BMWi (Hrsg.): Energiedaten, 19.5.2015; Endenergieverbrauch für Klimakälte ohne Verkehr.

2)    Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Hrsg.), „Energie der Zukunft“ Vierter Monitoring-Bericht zur Energiewende, Berlin, November 2015.

3)    Bettgenhäuser et al., Klimaschutz durch Reduzierung des Energiebedarfs für Gebäudekühlung, Dessau-Roßlau 2010, www.umweltbundesamt.de/publikationen/klimaschutz-durch-reduzierung-des-energiebedarfs

4)    Heinrich, C. et al., Nachhaltige Kälteversorgung an den Beispielen Gebäudeklimatisierung und Industrie. Umweltbundesamt, Climate Change 25/2014, Dessau-Roßlau 2014, www.umweltbundesamt.de/publikationen/nachhaltige-kaelteversorgung-in-deutschland-an-den.

5)    UBA-Broschüre „Klimafreundliche Gebäudeklimatisierung“, www.umweltbundesamt.de/publikationen/klimafreundliche-gebaeudeklimatisierung.

 


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