Hanns Richard Hareiner im GesprächZuversichtlich in die Zukunft
Hanns Richard Hareiner, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Verbands Flüssiggas e.V., Berlin, reflektiert Themen, die die Branche zum Jahreswechsel bewegen: Das Energiekonzept der Bundesregierung, die Energiedienstleistungsrichtlinie und die weitere Ausrichtung der Verbandsarbeit. Es gilt, Flüssiggas im Verbund mit zukunftsweisenden Technologien wie Solarthermie oder Kraft-Wärme-Kopplung im Bewusstsein der Verbraucher als umweltfreundlichen Energieträger zu verankern. Hier birgt insbesondere das Energiedienstleistungsgesetz ein enormes Potenzial. Und auch im Kraftstoffmix „darf Flüssiggas nicht fehlen.“
Redaktion: Herr Hareiner,können die Mitglieder des DVFG mit 2010 zufrieden sein?
Hanns Richard Hareiner: Der gute Konjunkturverlauf und die kühle Witterung lassen volumenmäßig auf ein gutes Ergebnis schließen. Für eine Interpretation der einzelnen Absatzsparten ist es noch zu früh, da noch nicht alle Meldungen vorliegen. Die stark gestiegenen Einstandspreise für Flüssiggas werden die Freude an den guten Absatzzahlen sicher etwas dämpfen.
Welche Ereignisse kennzeichnen den Energiemarkt 2010?
Hier wären das Energiekonzept und die Energiedienstleistungsrichtlinie zu nennen. Mit dem Energiekonzept hat die Bundesregierung ein Szenario bis 2050 skizziert, dessen Ziel es ist, Deutschland zu einer der energieeffizientesten, innovativsten und umweltschonendsten Volkswirtshaften der Welt zu machen. Dieses Ziel kann man natürlich nur begrüßen. Es gab zu diesem Papier heftige Diskussionen, die sich jedoch weitgehend auf die zeitliche Verschiebung des Ausstiegs aus der Kernenergie fokussierten. Unabhängig davon, wie man die Details im Einzelnen bewertet, bleibt eines festzustellen: Das Konzept gibt eine klare Orientierung. Es ist Absicht der Bundesregierung, zum einen die Energieeffizienz zu erhöhen und zum anderen, den Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch weiter zu fördern.
Welche Veränderungen werden sich auf dem Markt für Flüssiggas ergeben?
Die Frage ist, wie die einzelnen Energieträger sich dazu positionieren. Für unsere Branche kann ich sagen, dass wir zum Thema Energieeffizienz dank der spezifischen Eigenschaften von Flüssiggas bestens gerüstet sind. Die Anwendungstechnik eröffnet viele Möglichkeiten des effizienten Einsatzes von Flüssiggas. Dazu kommt, dass Flüssiggas mit den meisten Erneuerbaren Energien kompatibel ist – denken Sie nur an Solarthermie in Ergänzung mit einer Flüssiggasheizung oder die äußerst effiziente Kraft-Wärme-Kopplung: Moderne Blockheizkraftwerke können problemlos auch mit Flüssiggas betrieben werden.
Welche Rolle spielt die Energiedienstleistungsrichtlinie in diesem Zusammenhang?
Dieses Gesetz, das die vorausgegangene Richtlinie des europäischen Rates in deutsches Recht umsetzt, ist nach langer Diskussion am 12. November 2010 in Kraft getreten. Die Einsprüche der mit der Thematik befassten Verbände haben erfreulicherweise dazu geführt, dass die ersten Überlegungen und Entwürfe aus den Jahren 2007 und 2008 so modifiziert wurden, dass insbesondere unsere Branche damit umgehen kann. Ich bin der Meinung, dass dieses Gesetz neben einem gewissen bürokratischen Aufwand sehr viele Chancen für Energieanbieter beinhaltet. Im Vordergrund steht die Beratung des Endkunden. Und dafür bringen die DVFG-Mitgliedsunternehmen mit einer Vielzahl von Mitarbeitern im Außendienst und personell gut ausgestatteten Technikstäben hervorragende Voraussetzungen mit. Das Thema „Energieberatung“ sollte man durchaus offensiv angehen, es ist gut dazu geeignet, den Unternehmen weitere Geschäftsfelder zu erschließen.
Es fällt auf, dass im Energiekonzept unter Mobilität „Autogas“ nicht explizit erwähnt wird.
Damit haben Sie leider Recht. Sie können sich vorstellen, dass uns, als Vertreter des Verbands, diese Angelegenheit sehr beschäftigt hat. Nachdem wir erreicht hatten, dass Autogas in einem Entwurf kurz vor der Verabschiedung des Papiers aufgenommen wurde, wurde es in der endgültigen Fassung leider wieder gestrichen. Alle an der Erstellung des Energiekonzepts Beteiligten versicherten uns aber, dass die Rolle von Autogas durchaus positiv gesehen wird und keinesfalls daran gedacht ist, die gesetzlich gewährleistete Gleichstellung mit Erdgas als Kraftstoff infrage zu stellen. Auch Bundeswirtschaftsminister Brüderle gab hierzu unlängst ein eindeutiges Statement ab (siehe Heft 6/2010, Seite 7). Festzuhalten bleibt, dass Autogas fraglos eine etablierte Kraftstoffalternative ist – mit über 6000 Tankstellen steht dem Verbraucher ein komfortables, flächendeckendes Angebot zur Verfügung. Neben dem umfangreichen Transitverkehr machen weit über 400 000 Autofahrer in Deutschland davon Gebrauch.
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Wie hat sich das erfreuliche Wachstum auf den Verband ausgewirkt?
Besonders bei den außerordentlichen Mitgliedern haben wir die letzten Jahre einen stetigen Zuwachs zu verzeichnen. Das bedeutet, dass viele Firmen und Institutionen, die sich auch mit Flüssiggas befassen, ihre diesbezüglichen Anliegen in unserem Verband sehr gut vertreten sehen.
Sie haben sich zu einem früheren Zeitpunkt bereits für eine stärkere Einbeziehung der außerordentlichen Mitglieder in die Verbandsarbeit engagiert. Sind Sie mit dem bisher Erreichten zufrieden?
In der Verbandsarbeit, in der es auf eine ausgewogene Interessensvertretung ankommt, darf man nicht immer schnelle Erfolge erwarten, aber ein Anfang ist gemacht. Wir haben einen aktiven Ausschuss der außerordentlichen Mitglieder, mit dem wir unter anderem einen Workshop zur Erarbeitung von Vorschlägen zur besseren Einbindung dieser Mitglieder veranstaltet haben. Die außerordentlichen Mitglieder haben mittlerweile die Möglichkeit, an den Regionaltagungen teilzunehmen. Weitere Schritte in dieser Richtung sind in der Diskussion und werden bestimmt folgen.
Herr Hareiner, der DVFG hat im vergangenen Jahr eine Mitgliederbefragung durchführen lassen. Gab es hierfür einen bestimmten Anlass?
Wir haben in der Vergangenheit schon in unregelmäßigen Abständen immer wieder einmal Mitgliederbefragungen durchgeführt, um mehr über die Erwartungen, Wünsche, Zufriedenheit unserer Mitglieder, aber auch Kritikpunkte zu erfahren. Das Besondere an der letztjährigen Befragung ist, dass sie erstmals per Telefon in Form persönlicher Interviews vorgenommen wurde. Damit haben wir eine große Bandbreite an Aussagen erhalten, was die Auswertung nicht unbedingt einfach gestaltet. Wir haben uns im Vorstand, zusammen mit der Geschäftsführung, in der Diskussion sehr intensiv mit den Ergebnissen beschäftigt und eine ganze Reihe von Erkenntnissen gewonnen.
Welches sind die Ihrer Diskussion zufolge wichtigsten Erkenntnisse aus der Umfrage?
Erfreulich ist die sehr hohe Zustimmung zu den beiden Kernaufgaben des Verbandes, nämlich Lobbyarbeit und Technik. Die Befragten zeigen sich mit der politischen Arbeit des Verbandes sehr zufrieden und sprechen dem Verband ein großes Vertrauen sowie ein hohes Maß an Kompetenz zu. Sehr positiv zu sehen ist auch die wachsende Zufriedenheit in allen Fragen „rund um die Technik“. Hier scheinen die etwa anderthalb Jahre zurückliegenden Weichenstellungen die erwünschten positiven Ergebnisse zu zeigen. Das sind nur zwei Punkte, bei denen wir unsere Arbeit bestätigt sehen. Aber natürlich gibt es auch Anregungen, die wir gerne aufgreifen werden. Diese beziehen sich in erster Linie auf die Kommunikations- und Kontaktqualität zu unseren Mitgliedern und auf das erwünschte Maß an Transparenz bzw. Einbindung dieser in die Verbandsaktivitäten. An diesen Themenbereichen müssen wir noch weiter arbeiten.
Welche Handlungsfelder leiten Sie daraus ab?
Auf unserem Auswertungsworkshop haben wir eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, die wir konsequent umsetzen werden. Zum Beispiel haben wir eine Gesprächsrunde des Vorstandes mit den Regionalobleuten und der Geschäftsführung einberufen. Parallel dazu werden wir eine Qualitätsoffensive im eigenen Haus starten, um alle Kolleginnen und Kollegen in der Geschäftsstelle für die wichtigsten Erkenntnisse aus der Umfrage zu sensibilisieren und Vorschläge zur Verbesserung zu erheben. Die Ergebnisse der Mitgliederbefragung werden in die strategischen Überlegungen mit einfließen.
Wie erfahren wir von den Fortschritten?
Wir werden die Regionaltagungen nutzen, die Erkenntnisse aus der Umfrage zusammen mit den ersten konkreten Maßnahmen flächendeckend vorzustellen und zu diskutieren. Das sichert eine aktive Einbindung der beteiligten Mitglieder und bringt an der einen oder anderen Stelle sicherlich auch weitere Verfeinerungen. Insgesamt werden wir dann auf der nächsten Frühjahrstagung schon Weiteres berichten können.
Wenn am 30. und 31. Mai in Bremen die Frühjahrstagung stattfindet, ist es ziemlich genau ein Jahr, dass am OLG Düsseldorf ein ergangener Bußgeldbescheid gegen sieben Marktteilnehmer verhandelt wird. Wie ist hier der Stand der Dinge?
Hareiner: Stimmt, der erste Verhandlungstag war der 7. Juni 2010. Zu einem laufenden Verfahren möchte ich keine Angaben machen. Nur so viel: Es ist für alle Betroffenen eine extrem aufwendige, strapaziöse und auch frustrierende Prozedur. Und eine langwierige: mittlerweile blicken wir auf rund 40 Verhandlungstage zurück.
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Bemerkenswert ist die schwindelerregende Höhe der geforderten Bußgelder. Wird es dabei bleiben?
Das ist zurzeit nicht absehbar. Die Bußgelder haben in der Tat eine Größenordnung, die über den Sinn des Wortes weit hinausgeht. Es entsteht der Eindruck, dass das Bundeskartellamt in die Marktstrukturen eingreifen und die betroffenen Firmen an den Rand des Ruins bringen will, weil die aberwitzigen Bußgelder die Unternehmen einfach überfordern. Man stellt sich die Frage, ob ein solches Vorgehen Sinn und Zweck einer staatliche Institution sein kann und darf. Auch gegen andere Branchen geht das Kartellamt in ähnlicher Weise vor. Alles in allem ist das Kartellamtsverfahren sicherlich sehr unerfreulich, aber ich denke, dass die Zukunft der Flüssiggasbranche auch etliche positive Aspekte erkennen lässt.
Als da wären?
Die Schlüsselthemen sind Energieeffizienz und Energiedienstleistung. Viele unserer Mitglieder beschäftigen sich gerade damit, in diesem Bereich eigene Unternehmen oder Unternehmenszweige zu gründen, mit denen sie nicht nur Energie verkaufen, sondern ganzheitliche Konzepte zur Energienutzung anbieten und ihre Angebotspalette beispielsweise um Energieberatung oder Contracting ergänzen. Je besser das gelingt, umso optimistischer bin ich: Unsere mittelständisch geprägte Branche hat es immer wieder geschafft, sich durch neue Absatzkonzepte, neue Anwendungen und kundenorientierte Energielösungen zu behaupten. Wir müssen und werden, wie in der Vergangenheit auch, unsere Zukunft aktiv gestalten.
Herr Hareiner, wir danken Ihnen für das Gespräch.