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Gefährdungsanalyse aus Sicht des Sachverständigen

Die häufigsten (vermeidbaren) Fehler

Trinkwasserverteiler aus Stahl, überdimensionierte Leitungen und Stagnationsbereiche sind bei der erweiterten Beprobung ins Kalkül zu ziehen.

Anordnung der Probenahmestellen in der Installation. Bild: Honeywell GmbH, Praxisratgeber Trinkwasserhygiene

Anordnung der Probenahmestellen in der Installation. Bild: Honeywell GmbH, Praxisratgeber Trinkwasserhygiene

Um den Vorwurf einer Befangenheit zu vermeiden, sollten nicht die gleichen Personen oder Unternehmen die Probenahme, die Gefährdungsanalyse und die Sanierung durchführen.

Umgehungsleitungen, die im normalen Betrieb nicht durchströmt werden, sind unzulässig und müssen für eine Desinfektion entfernt werden.

Arnd Bürschgens.

 

In den letzten Jahren haben sich die der Trinkwasserhygiene zugrunde liegenden allgemein anerkannten Regeln der Technik stark gewandelt und ausgeweitet. Speziell im Bereich der Trinkwasser-Installation und mit Hinblick auf die Trinkwasserhygiene wurde die Trinkwasserverordnung mehrmals überarbeitet, vielfach neue DIN-Normen oder VDI-Richtlinien veröffentlicht, bewährte DVGW-Arbeitsblätter wurden überarbeitet oder neu erstellt und das Umweltbundesamt hat neue UBA-Empfehlungen veröffentlicht. Der gefahrenträchtige Bereich der Trinkwasserhygiene bedingt daher ein tiefes, fundiertes Wissen und die Kenntnisse aller relevanten Regelwerke, die in den letzten Jahren entstanden sind.

Untersuchung und Probenahmestellen
Die Festlegung der Probenahmestellen für orientierende, insbesondere aber für weitergehende Untersuchungen/Nachuntersuchungen, hat nicht durch den beauftragten Installateur oder durch den Probenehmer des Labors zu erfolgen, sondern soll bewusst durch hygienisch-technisch kompetentes Personal getroffen werden. Als hygienisch-technisch kompetent werden zum Beispiel Inspekteure aus technischen Inspektionsstellen angesehen oder Fachplaner und Installateure mit nachgewiesener Zusatzqualifikation. Qualifikationsnachweis ist dabei insbesondere das Zertifikat einer Schulung z.  B. nach VDI/DVGW 6023 Kategorie A. Bei der Festlegung der Probenahmestellen kommt es darauf an, ein möglichst realistisches Bild über die Ausführung und den Wartungsstand einer Trinkwasser-Installation zu gewinnen; es werden bewusst die Stellen kontrolliert, an denen eine Kontamination möglich oder wahrscheinlich ist.
In jeder Trinkwasser-Installation sind nach DVGW W 551 [A] im Rahmen der orientierenden Untersuchung Proben zu entnehmen am Abgang der Leitung für Trinkwasser (warm) vom Trinkwassererwärmer, am Wiedereintritt in den Trinkwassererwärmer (Zirkulationsleitung) sowie zusätzliche Proben in der Peripherie des Systems (eine Entnahmestelle pro Steigstrang, jeweils möglichst weit von der zentralen Trinkwassererwärmung entfernt liegend). Die Probenahmestelle am Wiedereintritt der Zirkulation in den Trinkwassererwärmer ist dabei so auszuwählen, dass vom Trinkwassererwärmer keine störenden Rückwirkungen das Ergebnis der Untersuchung beeinflussen. Die Probenahmestelle sollte vorzugsweise auf der Saugseite der Zirkulationspumpe liegen, damit gewährleistet ist, dass tatsächlich Trinkwasser aus der Zirkulation entnommen wird. Wird eine Probenahmestelle druckseitig der Zirkulationspumpe festgelegt, muss durch geeignete Maßnahmen sichergestellt sein, dass es bei der Probenahme nicht zu einer Entnahme von Trinkwasser aus dem Trinkwassererwärmer kommen kann (z. B. durch Rückflussverhinderer).
Die Anzahl der erforderlichen Proben richtet sich bei der weitergehenden Untersuchung nach Größe und Verzweigung des Systems. Zusätzlich zu den Probenahmestellen für die orientierende Untersuchung ist es angebracht, in einzelnen Stockwerksleitungen, die Hinweise auf mögliche Kontamination bieten, zusätzliche Proben zu entnehmen. Weiterhin sind Proben aus Leitungsteilen, die stagnierendes Wasser führen, zu entnehmen (z. B. Be- und Entlüftungsleitungen bei Sammelsicherungen, Entleerungsleitungen, selten benutzte Entnahmestellen) sowie aus jedem Zirkulationsrücklauf, um die Quelle der Kontamination eingrenzen zu können. Bei Hinweisen auf Erwärmung der Kaltwasserleitung sind auch an Kaltwasserentnahmestellen Proben zu entnehmen.

Sofortmaßnahmen bei Kontamination
Kommt es zu einem positiven Analyse­ergebnis kann, in Abhängig von der Höhe der Kontamination und den betroffenen Nutzern der Installation, die Durchführung von Sofortmaßnahmen zum weiteren Betrieb der Anlage erforderlich sein. Bei extremen Kontaminationen von > 10 000 KBE/100 ml sollten die erforderlichen Maßnahmen in Absprache mit dem Gesundheitsamt festgelegt werden. Nach der vorgeschriebenen Anzeige an das Gesundheitsamt als Überwachungsbehörde kann dieses über die Beibehaltung oder Änderung der Maßnahmen entscheiden. Als vorübergehende Sofortmaßnahmen kommen zum Beispiel Nutzungseinschränkungen infrage (Duschverbot), bestimmte Entnahmestellen können zeitlich befristet mit endständigen Sterilfiltern ausgestattet werden, oder es kann eine Reinigung des Systems mit einmaliger oder befristeter, kontinuierlicher Desinfektion durchgeführt werden.
Der Einsatz endständiger Filter kann übergangsweise den Weiterbetrieb an ausgewählten Entnahmestellen während des Sanierungszeitraumes ermöglichen, wenn keine anderen Maßnahmen möglich sind. Beachtet werden muss aber, dass es sich beim Einsatz von endständigen Filtern immer nur um eine kurzzeitige und zeitlich befristete Maßnahme handelt. Diese Maßnahme ist kein Ersatz für eine Sanierung einer kontaminierten Trinkwasser-Installation.
Eine weitere Maßnahme, auf die in der Praxis leider immer wieder zurückgegriffen wird, ist die spontane chemische oder thermische Desinfektion der Installation, ohne die Ursachen für eine Kontamination oder die Verhältnisse in der Trinkwasser-Installation zu kennen. Vor der Anwendung einer Desinfektion als Sofortmaßnahme muss sichergestellt sein, dass alle Komponenten des Systems für das gewählte Verfahren geeignet sind (z. B. temperatur- oder chemisch beständig). Eine chemische Desinfektion des Trinkwassers darf nur auf Grundlage der Liste des Umweltbundesamts über die zugelassenen Desinfektionsmittel und -verfahren gem. § 11 TrinkwV 2001 erfolgen.
Häufig ist festzustellen, dass thermische Desinfektionen nicht den Vorgaben der einschlägigen Regelwerke entsprechen. Sie haben eher den Charakter einer „Heißspülung“, da oftmals lediglich die Solltemperatur des Trinkwassererwärmers erhöht wird und die Zapfstellen gespült werden. Werden dann diese erhöhten Temperaturen über einen längeren Zeitraum beibehalten, kann das beispielsweise in Installationen aus verzinkten Eisenwerkstoffen zu erheblichen Korrosionsschäden und damit zu einem wirtschaftlichen Totalschaden der gesamten Trinkwasseranlage führen.
Jede Anlagendesinfektion belastet die Werkstoffe und Bauteile der Trinkwasser-Installation, sodass es zu einer vorzeitigen Alterung der Materialien oder unmittelbaren Schädigungen der Trinkwasser-Installation kommen kann. Eine regelmäßige, prophylaktische Wiederholung der Anlagendesinfektion zur Verhinderung von Kontaminationen ist daher auf keinen Fall zu empfehlen.

Gefährdungsanalyse
Der Betreiber der Trinkwasser-Installation hat bei einer Überschreitung des technischen Maßnahmewerts unverzüglich auch ohne Anordnung des Gesundheitsamtes tätig zu werden. Bei einer Gefährdungsanalyse geht es darum, alle Gefährdungen zu ermitteln, die zu einer Schädigung der menschlichen Gesundheit führen können. Legionellen sind dabei nur einer der Indikatoren für technische Missstände in einer Trinkwasser-Installation, die eine vermeidbare Gesundheitsgefährdung anzeigen. Entsprechend sind im Rahmen einer Ortsbesichtigung zur Prüfung auf Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht nur die technischen und betriebstechnischen Mängel zu erfassen, die zu einer Kontamination mit Legionellen innerhalb der Installation geführt haben können, sondern darüber hinaus müssen in der Gefährdungsanalyse auch alle weiteren möglichen, erkennbaren Gefahrenquellen, ausgehend von der Trinkwasser-Installation, ermittelt werden.
Für die Qualität eines Gutachtens ist allein der jeweilige Bearbeiter des Gutachtens und nicht die Firma oder die Institution entscheidend. Das Umweltbundesamt definiert in seiner verbindlichen Empfehlung für die Durchführung einer Gefährdungsanalyse die Anforderungen an Personen, die tatsächlich als geeignet angesehen werden, Gefährdungsanalysen durchzuführen. In Betracht kommen als Sachverständige zum Beispiel qualifizierte Mitarbeiter von Planungs- und Ingenieurbüros oder Vertrags-Installationsunternehmen. Von einer ausreichenden Qualifikation kann ausgegangen werden, wenn die betreffende Person ein einschlägiges Studium oder eine dementsprechende Berufsausbildung nachweisen kann und darüber hinaus fortlaufende berufsbegleitende Fortbildungen eine weitere Vertiefung erkennen lassen, z. B. nach VDI/DVGW 6023 (Zertifikat, Kategorie A). „Fortlaufend“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass in gewissen Abständen immer wieder einschlägige Seminare zur Trinkwasserhygiene besucht werden müssen (zwei bis drei pro Jahr), um sich auf dem aktuellen Wissensstand zu halten.
Die Ortsbegehung und Erstellung einer Gefährdungsanalyse muss unabhängig von anderen Interessen erfolgen, was bedeutet, der Sachverständige darf in keiner Weise ein wirtschaftliches Interesse an einem begleitenden oder Folgegeschäft haben, da ihm sonst Befangenheit unterstellt werden kann. Eine Befangenheit ist immer dann zu vermuten, wenn Personen an der Planung, dem Bau oder Betrieb der Trinkwasser- Installation selbst betei­ligt waren oder sind oder sich aufgrund der Gefährdungsanalyse weitere Aufträge erhoffen. Wer den Auftrag zur Durchführung einer Gefährdungsanalyse übernimmt, verzichtet damit also gleichzeitig auf die Beauftragung einer etwaigen Sanierung!

Sanierungsmöglichkeiten
Bei einer Sanierung gilt es, zur Abwehr von denkbaren Gefährdungen für den Nutzer, Instandsetzungen und technische Verbesserungen durchzuführen. Maßnahmen, die nach aktuellen technischen Erkenntnissen dann einen unbedenklichen Betrieb erwarten lassen.
Der Ablauf einer Sanierung gliedert sich wie folgt:

  • Identifizierung von Kontaminationsquellen und -ursachen, z. B. im Rahmen der weitergehenden Untersuchung und der Gefährdungsanalyse,
  • erforderliche bauliche Maßnahmen (Rückbau von Tot- und Stagnationsstrecken),
  • Reinigung des Systems und Austrag aller mobilisierbarer Ablagerungen (Sediment, Biofilm) und gegebenenfalls Desinfektion des Systems/der betroffenen Bereiche,
  • nachhaltige Beseitigung der Kontaminationsursachen (systemisch/lokal) durch die Umsetzung eines Sanierungskonzepts auf Grundlage der Gefährdungsanalyse,
  • Sicherstellung eines dauerhaft bestimmungsgemäßen Betriebs,
  • wiederkehrende Überprüfung der Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen (Nachuntersuchungen nach DVGW W 551 [A]).


Eine Reinigung zu Beginn einer Sanierung durchzuführen, kann bei höheren Kontaminationen auch eine kurzfristige Verbesserung der Beprobungsergebnisse bringen, was für die eigentliche Sanierung ein Zeitgewinn sein kann. Reinigung und/oder Desinfektion sind aber als eigentliche Maßnahme im Rahmen der Sanierung nur nachhaltig wirksam, wenn die Maßnahmen jeden Bereich und Abschnitt einer Trinkwasser-Installation erreichen können. Bevor Maßnahmen zur Reinigung und Desinfektion in Angriff genommen werden können, müssen sämtliche Stagnations- und Totleitungen entfernt werden.
Unter den betriebstechnischen Maßnahmen werden alle Stell-, Steuer- und Regelvorgänge an Komponenten und Einrichtungen des Systems mit dem Ziel der Anlagenoptimierung zusammengefasst sowie alle organisatorischen Maßnahmen. Hierzu zählen die Erhöhung der Sollwert-Einstellung an Trinkwassererwärmungsanlagen oder die Optimierung von Pumpenlaufzeiten in der Zirkulation.
Unter den bautechnischen Maßnahmen sind alle technischen Eingriffe in das gesamte System oder einzelner Anlagenteile (Trinkwassererwärmer, Leitungen, Entnahmearmaturen) zusammengefasst, um die Trinkwasser-Installation den aktuell geltenden allgemein anerkannten Regeln der Technik anzupassen.
Als verfahrenstechnische Maßnahme ist die Anlagendesinfektion eine einmalige Maßnahme, die eine Trinkwasser-Installation insgesamt bis zur Entnahmestelle des Verbrauchers erfasst. Ziel einer Anlagendesinfektion ist es, die Trinkwasser-Installation nach einer technischen Sanierung in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen, der dann einen bestimmungsgemäßen Gebrauch ermöglicht.

Autor: Arnd Bürschgens, Sachverständiger für Trinktwasserhygiene, Mitglied u. a. im DVGW PK „W 551“ und VDI 6023-2 (Gefährdungsanalyse)


Bilder, sofern nicht anders angegeben:
Arnd Bürschgens

 

 

Nachgefragt

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Wird eine Legionellen-Kontamination in der Installation nachgewiesen, ist schnelles Handeln erforderlich. Bei extremen Kontaminationen von > 10 000 KBE/100 ml sollten die erforderlichen Maßnahmen in Absprache mit dem Gesundheitsamt festgelegt werden, schreiben Sie im Artikel. Wie stellt sich die Situation bei geringeren KBE-Werten dar?Arnd Bürschgens: Bei mittleren oder hohen Kontaminationen < 10 000 KBE/100 ml liegen die notwendigen Maßnahmen nach § 16 Abs. 7 TrinkwV 2001 allein in der Verantwortung des Unternehmers oder sonstigen Inhabers der Trinkwasser-Installation. Die getroffenen Maßnahmen sind jedoch in jedem Fall dem Gesundheitsamt zu melden.IKZ-HAUSTECHNIK: Legionellen sind nur ein Indikator für technische Missstände in einer Trinkwasser-Installation. Welche weiteren Indikatoren gibt es?Arnd Bürschgens: Nach § 16 Abs. 3 hat der verantwortliche Unternehmer oder sonstige Inhaber (Betreiber) auch dann unverzüglich Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen durchführen zu lassen, wenn Tatsachen bekannt werden, dass das Trinkwasser nicht mehr den Anforderungen der §§ 5-7a entspricht, d. h. Grenzwertüberschreitungen bei chemischen Parametern, eine Kontamination mit anderen Mikroorganismen, Veränderungen in Geruch, Geschmack, Farbe, Trübung…IKZ-HAUSTECHNIK: Chemische wie auch thermische Desinfektion sind nach dem DVGW-Arbeitsblatt W556 (A) keine zulässigen Sofortmaßnahmen, dennoch oftmals Mittel der Wahl. Ist das nicht ein Widerspruch zwischen Theorie und Praxis?Arnd Bürschgens: Nein, da es immer auf das Zusammenspiel der verschiedenen allgemein anerkannten Regeln der Technik ankommt. Das DVGW W 551 [A] beispielsweise wurde erst im Dezember 2015 erneut bestätigt und nennt beispielhaft die thermische Desinfektion als mögliche Sofortmaßnahme. Natürlich setzt eine solche Maßnahme eine detaillierte Kenntnis der Anlage voraus, um Folgeschäden zu vermeiden. Nach DVGW W 556 [A] und W 557 [A] kann es aus Gründen des Gesundheitsschutzes notwendig sein, unter Berücksichtigung des Ausmaßes der Kontamina-tion und ihrer hygienischen Bedeutung, vor und/oder während der technischen Sanierung vorübergehend eine kontinuierliche Desinfektion des Trinkwassers vorzunehmen. Diese kann jedoch die Sanierung einer Trinkwasser-Installation nicht ersetzen. Beide Maßnahmen versprechen keinen nachhaltigen Erfolg, ohne vorher die Ursachen beseitigt zu haben, und dienen hier lediglich dazu, die Konzentration von Mikroorganismen im Trinkwasser zeitweise zu minimieren, um Zeit für die notwendigen Sanierungsmaßnahmen zu bekommen.IKZ-HAUSTECHNIK: Für eine umfassende Analyse ist nicht zuletzt das Wissen über den Rohrleitungsverlauf eine wertvolle Datenquelle. In der Praxis mangelt es regelmäßig an korrekten Revisionsplänen. Das macht es beispielsweise schwierig, Stagnations- und Totleitungen lückenlos zu eruieren. Wie geht der Sachverständige in der Praxis damit um?Arnd Bürschgens: Ohne ausreichende Kenntnisse über die zu untersuchende Trinkwasser-Installation ist eine hygienisch-technische Untersuchung mit genügender Genauigkeit kaum möglich. Bei Nichtvorhandensein oder Unvollständigkeit der geforderten Unterlagen sollten diese vom Auftraggeber beschafft, erstellt oder in Auftrag gegeben werden. In welchem Genauigkeitsgrad dies erfolgen sollte, ist vom Trinkwassersystem abhängig und bedarf einer spezifischen Betrachtung. Fehlende Unterlagen sind nicht im Rahmen der Gefährdungsanalyse zu erstellen, sondern das Fehlen ist lediglich hinsichtlich hygienisch/technischer Relevanz zu bewerten bzw. hinsichtlich Einschränkungen im bestimmungsgemäßen Betrieb.Bei der Suche nach Stagnationsbereichen muss der Sachverständige dann ein „detektivisches“ Gespür an den Tag legen. Oft verraten sich Stagnationsleitungen durch Stopfen, die aus dem Putz ragen, oder durch T-Stücke in den Leitungen, die augenscheinlich keiner Entnahmestelle zuzuordnen sind. Daher sollte auch immer ein anlagenkundiger Vertreter des Betreibers bei der Ortsbesichtigung teilnehmen, um über eventuell stillgelegte Bereiche zu informieren.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Desinfektionsmaßnahmen – ob chemisch oder thermisch – belasten die Installationswerkstoffe und können zu heftigen Korrosionsschäden führen. Gleichwohl werden sie regelmäßig angewendet. Legionellen eliminiert, Installation korrodiert – gibt es diese Fälle in der Praxis? Und wie stellt sich die Schuldfrage dar?
Arnd Bürschgens: Leider ja. Ein Beispiel: In 2014 wurde in einem Mehrfamilienhaus eine Überschreitung des technischen Maßnahmewerts mit 200 KBE/100 ml festgestellt. Durch den betreuenden Installateur beauftragt, führte ein „Service-Unternehmen“ eine thermische Desinfektion als Sofortmaßnahme durch, ohne die Ergebnisse einer Gefährdungsanalyse abzuwarten. Das Rohrleitungssystem aus schmelztauch-verzinkten Eisenwerkstoffen wurde so schwer geschädigt, dass der begutach-
tende Sachverständige nur noch den Totalschaden der Rohrleitungen feststellen konnte. Hier wurde durch ein nicht befähigtes Unternehmen eine Trinkwasser-Installation aus verzinktem Stahl über neun Tage hinweg grundlos mit Temperaturen > 80 °C beaufschlagt, obwohl nach eigenen Angaben bereits massive Vorschädigungen durch Korrosion bekannt waren und auch die Problematik bei verzinkten Leitungen nach eigenen Aussagen ebenfalls bekannt war. Durch die extrem hohen Temperaturen ohne jeden Verbrühschutz waren zudem Personenschäden zu besorgen.
Das ausführende Unternehmen sah sich aufgrund dieser völlig unqualifizierten Ausführung mit umfassenden zivilrechtlichen Folgen konfrontiert.

 

 

 

Legionellen in Trinkwasser-Installationen

Gefährdungsanalyse und Sanierung
Autor: Arnd Bürschgens, 1. Auflage 2015, 280 Seiten, Preis: 68,00 Euro, Verlag: Beuth, ISBN 978-3-410-25279-5 (E-Book: ISBN 978-3-410-25280-1, 68,00 Euro; Kombi-Fassung: 88,40 Euro).
Der Beuth-Praxis-Band Legionellen in Trinkwasser-Installationen fasst in kompakter Form die komplexen Vorgaben und Zusammenhänge der Regelwerke und Verordnungen zusammen, die im Zusammenhang mit einer Legionellenkontamination zu beachten sind. Jeweils im thematischen Zusammenhang präsentiert der Band zahlreiche Fakten. Mehr als 70 Regelwerke, Veröffentlichungen und Verordnungen werden auszugsweise zitiert und zueinander in Bezug gesetzt.
Auszug aus dem Inhalt:
Legionellen im Allgemeinen,
Vorgaben der Trinkwasserverordnung,
Beprobung von Trinkwasser-Installationen,
Ablauf und Aufbau von Gefährdungsanalysen,
Technische Maßnahmen zur Verhinderung und Beseitigung,
Sanierung kontaminierter Anlagen.
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