Ernüchternde Basisstudie zur kommunalen Wärmeplanung
Bonn/Neunkirchen-Seelscheid. Eine aktuelle Basisstudie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zeigt, wo Deutschland bei der kommunalen Wärmeplanung steht. Sie offenbart große Unterschiede zwischen den Kommunen, z. B. in Methodik, Datenqualität, Bearbeitungs- und Informationstiefe. Die „Allianz Freie Wärme“ sieht sich bestätigt und attestiert der aktuellen kommunalen Wärmeplanung den Modus „oft im Blindflug“.
Eine als „Basisstudie“ bezeichnete Studie ist eine Studie, die grundlegende Informationen zu einem Stand für weitere Entwicklungen liefern soll. Die vorliegende des BBSR zur kommunalen Wärmeplanung ist tatsächlich eine solche. Eigene Datenerhebungen und Auswertungen, dazu eine umfangreiche Literaturangabe. Die Grundlage der Erhebung: Zu diesem Zeitpunkt 342 fertiggestellte Wärmepläne. Nun könnten Kritiker anmerken, dass es sich damit ja nur um einen Bruchteil aller fertigzustellender und noch in Arbeit befindlicher kommunaler Wärmepläne in Deutschland handelt. Die mögliche Frage also, ob die Ergebnisse repräsentativ sind. Auch deshalb, weil zwei Drittel der in der Analyse berücksichtigten Wärmepläne auf Baden-Württemberg entfallen – bei 16 Bundesländern. Die Autoren begründen dies aber nachvollziehbar begründbar mit der Fortschrittlichkeit dort, aufgrund früher landespolitischer Beschlüsse: Das Bundesland hatte alle Stadtkreise und Kreisstädte verpflichte, bereits bis 31.12.2023 fertigzustellen. Die Autoren kommen sogar zu dem Schluss: „Die überproportionale Berücksichtigung Baden-Württembergs erweist sich dabei nicht als Nachteil, sondern ermöglicht aufgrund des dort bereits weiter fortgeschrittenen Planungsstandes belastbare erste Analyseergebnisse.“
Weitere Pläne u. a. aus Bayern, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen sowie anderer Bundesländer wurden untersucht, wo Wärmepläne vorliegen.
Ernüchternde Ergebnisse
Die Ergebnisse der Analyse sind ernüchternd. „Die bis Mitte Mai 2025 vorliegenden kommunalen Wärmepläne sind im Umfang, in der Darstellung und in der Informationstiefe sehr heterogen“, berichten die Autoren. So umfasse der kürzeste Wärmeplan, der der Stadt Flensburg, gerade einmal 12 Seiten, wohingegen andere Kommunen, wie z. B. die Verbandsgemeinde Rhein-Mosel, ihre Wärmeplanung auf rund 300 Seiten darstelle. Selbst zu Basiskennziffern wie dem Wärmeverbrauch von Wohngebäuden seien die in den Wärmeplänen dargelegten Ergebnisse häufig schwer nachvollziehbar. Jährliche Sanierungsraten für Wohngebäude würden zu optimistisch angesetzt, was zu pauschalen Reduktionen zukünftiger Wärmeverbräuche führen würde, die aufgrund langjähriger Erfahrung aus der Praxis so nicht angenommen werden könnten.
Auch ein Unding, sowohl in der Länge als auch in der Breite: Die Zeitspanne zwischen Basis- und Zieljahr der bisher erstellten kommunalen Wärmepläne reicht laut Analyse von 11 bis 38 Jahre, wobei die Mehrheit mit einer Umsetzungsdauer zwischen 18 und 23 Jahren plant.
Neu entfachte Verunsicherung
Das der kommunalen Wärmeplanung zugrunde liegende Wärmeplanungsgesetz (WPG) ist eine Hinterlassenschaft der Ampelregierung. Besteht ein Anschlusszwang? Die Verunsicherung von Heizungsbesitzern, ob sie angesichts der anstehenden kommunalen Wärmeplanung eine neue Heizung einbauen dürfen/können oder nicht, oder ob ihnen die Kommune ggf. einen Anschluss an ein Fern- oder Nahwärmenetz wird vorschreiben können, dürfte allein vor dem ermittelten Zeithorizont der Umsetzung der Planungen jetzt zum ersten Mal mit Zahlen belegt als unbegründet erscheinen. Allerdings führt sie aktuell zu einer abwartenden Haltung. Das schadet nicht nur der Heizungsbranche, weil die Zurückhaltung nicht das an Aufträgen erbringt, die möglich wären, sondern auch dem Kunden selbst, weil er ggf. wichtige Zeitfenster und auch noch vorhandene Fördermöglichkeiten dann einfach verpasst.
Nicht zögern
„Hausbesitzer sollten jetzt die Heizungsmodernisierung angehen und nicht auf die lange Bank schieben, bis möglicherweise erst in den nächsten Jahren die Projekte aus der Wärmeplanung starten.“ Das empfiehlt als ein Resümee Andreas Müller, Geschäftsführer Technik beim ZVSHK und Mitglied im Lenkungskreis der „Allianz Freie Wärme“.
Reiner Branchen-Lobbyismus, der dahinter steckt? Zum eigenen Selbstverständnis schreibt die Initiative über sich: „Wir sind gegen eine monopolistisch geprägte Zentralisierung der Wärmeversorgung. Unter „Freie Wärme“ verstehen wir demnach auch Nah- und Fernwärme, wenn sich der Kunde freiwillig und ohne Einschränkungen für die Nutzung entscheiden darf.“ Im Kern scheint es eher um das Ziel einer neuen Wärmemarktpolitik zu gehen, die weniger ideologiepolitisch gesteuert ist als in den vergangenen drei Jahren das unter dem Kabinett Scholz der Fall war. Über die kommunale Wärmeplanung sollten SHK-Betriebe zwar Bescheid wissen, sich und ihre Kunden aber auch nicht schrecken lassen.
Autor: Dittmar Koop
Die 15-seitige „Basisanalyse kommunaler Wärmepläne“ des BBSR gibt es zum Download hier.