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Energetische Qualität wird wichtiger - Novellierung der Energieeinsparverordnung (EnEV 2014)

Nach langem Ringen tritt zum 1. Mai 2014 die neue EnEV in Kraft und setzt damit die Anforderungen der EU-Richtlinie 2010 in Deutschland um. Teilweise wurde die neue EnEV 2014 unverändert aus der EnEV 2009 übernommen, teilweise komplett neu fortgeschrieben.

Muster Energieausweis.

 

Diese Neuerungen ziehen einmal mehr Ausnahmen, Bezüge, Verweise und Varianten mit sich. Sie bedürfen zweifelsfrei eingehenden weiteren Erläuterungen und Regelungen, nicht nur für die rechtssichere Anwendung, sondern auch für die praktische Umsetzung. Besonders die Verschärfungen zur Ausstellung und Verwendung  von Energieausweisen erlangt einmal mehr einen vergrößerten Verwaltungsaufwand (z.B. durch die Einführung von Registernummern und Stichproben usw.).  Das kommt einerseits einer konsequenten Transparenz in der Dokumentation entgegen und rückt fraglos die Bedeutung der energetischen Qualität eines Gebäudes in den Fokus. Andererseits  mündet es in Auswüchsen von zugrunde liegenden Normen, Bekanntmachungen, Verweisen, Richtlinien.
Wichtige Änderungen und Ergänzungen fokussieren sich auf das Thema Energieausweise, deren Prüfbarkeit anhand von Registriernummern sowie Stichproben zur Kontrolle der Angaben in den Energieausweisen. Grundsätzlich ist festzustellen, dass die energetische Qualität eines Gebäudes sowohl im Neubau als auch im Bestand weiter an Bedeutung gewinnt.

Energieausweise allgemein

Ein Energieausweis muss nicht nur ausgestellt werden, sondern nun auch persönlich an den Bauherren übergeben werden. Das macht allemal Sinn, da auf diese Art Missverständnisse vermieden werden und der Energieausweis als solcher den Bauherren gegenüber entsprechend erläutert werden kann. Weiterhin muss der Energieausweis bei Gebäuden, die  mit mehr als 500 m² Nutzfläche und starkem Publikumsverkehr, also vorwiegend öffentliche Gebäude, an einer „für die Öffentlichkeit gut sichtbaren Stelle“ aufgehängt werden. Für behördliche Gebäude gilt ab 8. Juli  2015 mehr als 250 m². Wenn durch Änderung oder Erweiterung für das gesamte Gebäude der Jahres-Primärenergiebedarf neu berechnet wurde, muss ebenfalls ein neuer Energieausweis erstellt werden. Dies ist nachvollziehbar und Konsequenz einer transparenten Dokumentation.
Die EnEV verlangt spätestens bei Besichtigung eines zum Verkauf stehenden Gebäudes das unaufgeforderte Vorzeigen und Aushändigen des Energieausweises. Wenn keine Besichtigung anfällt, ist der Energieausweis in Kopie auszuhändigen. Also wird hiermit der Energieausweis fester Bestandteil der Gebäude-Bewerbung und –vermittlung.

Pflichtanzeigen für Immobilien

Völlig neu ist der §?16a „Pflichtanzeigen in Immobilienanzeigen“ bei einem kommerziellen Verkauf über Immobilienanzeigen. Der Verkäufer hat folgende Punkte zwingend anzugeben:

  • Die Art des Energieausweises: Energiebedarfsausweis oder Energieverbrauchsausweis im Sinne § 17 Absatz 1 Satz 1.
  • Den im Energieausweis genannten Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs für das Gebäude.
  • Die im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes.
  • Bei Wohngebäuden das im Energieausweis genannte Baujahr.
  • Bei Wohngebäuden die im Ener­gieausweis genannte Energieeffizienzklasse“.

Bei Nichtwohngebäuden ist bei Energiebedarfs- und Energieverbrauchsausweisen als Pflichtangabe nach Satz 1 Nummer 2 der Endenergiebedarf oder Endenergieverbrauch sowohl für Wärme als auch für Strom jeweils getrennt aufzuführen. Dies gilt auch für Vermieter, Verpächter und Leasinggeber bei einer Immobilienanzeige. Dabei gilt, dass bei Energieausweisen, die nach dem 30. September 2007 und vor dem 1. Mai 2014 ausgestellt worden sind und solchen nach § 29 Absatz 1, diese Pflichten nach den Maßgaben der Übergangsvorschriften des § 29 Absatz 2 und 3 relevant sind.
Was die Grundsätze des Energieausweises angeht, wurde lediglich die Angabe des Ausstellungsdatums verändert, welches dasjenige der Antragsstellung hinsichtlich der Registriernummer sein muss.

Anwendungsbereiche
Der Anwendungsbereich wurde durch Gebäude mit weniger als 25% des Jahresenergieverbrauchs erweitert, der bei einer normalen ganzjährigen Nutzung zu erwarten wäre. Das bedeutet eine Freistellung von Gebäuden, die zwar mehr als vier Monate im Jahr genutzt werden, aber einen geringen Energieverbrauch haben. Freilich muss dieser erst durch eine energetische Bewertung (Energieberatung) festgestellt und nachgewiesen werden. Fragen werden sicherlich umso mehr auftreten. Z.B. im Praxisfall einer Ferienwohnung, die nur von April bis Oktober vermietet wird (oder gar nur im Sommer, wo das Warmwasser solarthermisch erzeugt wird und de facto ein sehr geringer Energiebedarf in der realen Nutzung anfällt) in der Jahresbetrachtung aber dennoch den Heizwärmebedarf verbucht bekommt, auch wenn dieser durch fehlende Nutzung während der Heizperiode nicht benötigt wird.
Hinsichtlich der Anforderungen an Wohngebäude und den damit verbundenen Modellberechnungsverfahren wird auf die Bekanntmachungen des BMVBS und des BMWI verwiesen. Während die bestehende EnEV 2009 sich zur Berechnung des Energiebedarfs noch auf die Fassung der DIN V 18599 von 2007 beruft, gilt in der neuen EnEV 2014 selbstredend die aktuelle Fassung von 2011. Das Referenzgebäude bleibt nahezu unverändert gegenüber der alten EnEV, und das Nachweisverfahren zur energetischen Bewertung und Berechnung ist auf Grundlage der DIN 4108-6/ DIN 4701-10 und nach DIN V 18599 (2011-12) möglich. Neue Vorgaben zur Präzisierung des sommerlichen Wärmeschutzes wurden anhand der neuen DIN 4108-2 eingeführt, der ohnehin aus bekannten Gründen (Baustoffe, Anzahl elektrischer Geräte usw.)  immer mehr an Bedeutung gewinnt.  In der Praxis betrifft das aber auch die internen Wärmegewinne.
Die Kühlung von Gebäuden wird weiter in der EnEV verankert. Das schlägt sich u.a. auch in der Inspektionspflicht von Klimaanlagen nieder. Also werden Klimaanlagen auch in Wohngebäuden wohl in Zukunft eine größere Rolle spielen. Der Endenergiebedarf von Klimaanlagen ist nur einer von vielen Hinweisen, die den Stellenwert von elektrischer Energie auch in der neuen EnEV weiter in den Fokus rückt. Die energetische Inspektion wird weiterhin ab einer Kälteleistung von 12000 W vorgeschrieben. Neu ist die Verpflichtung zur Erstellung eines Inspektionsberichts „mit den Ergebnissen der Inspektion und Ratschlägen in Form von kurz gefassten fachlichen Hinweisen für Maßnahmen zur kosteneffizienten Verbesserung der ener­getischen Eigenschaften der Anlage, für deren Austausch oder für Alternativlösungen.“ Die inspizierende Person muss den Inspektionsbericht unter Angabe des Namens, ihrer Anschrift und Berufsbezeichnung sowie des Datums der Inspektion und des Ausstellungsdatums unterschreiben und dem Betreiber übergeben. Auch der Inspektionsbericht verlangt die Eintragung einer Registernummer durch die inspizierende Person.

Primärenergiefaktor

Die Anforderungen des Jahres-Primärenergiebedarfs werden im Neubau zum 1. Januar 2016 um 25% verschärft. Dabei ist es besonders interessant, dass der Primärenergiefaktor für Strom bereits zum  1. Mai auf 2,4 gesenkt wird und in einer zweiten Stufe ebenfalls zum 1. Januar 2016 auf 1,8. Hier zeigen Berechnungsbeispiele, die die tatsächlichen Veränderungen von EnEV 2009 zu EnEV 2014 aufzeigen, dass sich im rechnerischen Vergleich nicht viel ändern wird, da der Primärenergiebedarf (durch den Anteil Erneuerbarer Energie im Strom-Mix) von 2,4 auf 1,8 ebenso auf etwa 25% reduziert wird. Nachvollziehbar werden aus diesem Grund einmal mehr die Irritationen in Sachen Elektro-Speicheröfen und der sich vollziehende Image-Wechsel von der Elektro-Heizplatte zur Infrarotheizung.
Auch wenn die Änderungen in den Details und ihren Ausführungen doch komplexer sind als es diese auf den ersten Blick vermuten lassen, lässt doch in einer Sache die neue EnEV keinen Zweifel: Die Dominanz der elektrischen Energie (Strom) wird weiter verfestigt und zeigt einmal mehr den Trend zum 100-%-Strom-Haus als fester Bestandteil des SmartGrid! Ebenso ist eine gesteigerte Orientierung auf die Bewertung des Endenergiebedarfs nicht zu übersehen.  

Anrechenbarkeit von Strom aus EE

In der Anrechenbarkeit von Strom aus EE wurde der Absatz 2 ergänzt, der sowohl für ein Nicht-Wohngebäude als auch für ein Wohngebäude den Strombedarf in der Bestimmung als Monatswert verlangt. Demgegenüber ist der monatliche Ertrag der Anlage zur Nutzung EE nach DIN V 18599-9: 2011-12 (inkl. Berichtigung 1: 2013-05) zu ermitteln. Bei PV-Anlagen sind die monatlichen Solarerträge (Stromerträge) unter Verwendung der mittleren (?) monatlichen Strahlungsintensität der neuen Referenzklimazone Potsdam (anstelle von Würzburg) sowie den Standardwerten zur Ermittlung der Nenn-Leistung des PV-Moduls darzustellen. Eine gebäudespezifische Solarsimulation kann diese Prozedere sicherlich konkretisieren bzw. begleiten. Gleiches gilt freilich für die Erzeugung erneuerbaren Stroms aus Windkraft unter Verwendung der mittleren monatlichen Windgeschwindigkeiten der Referenzklimazone Potsdam.

Dichtheit des gesamten Gebäudes   

In Absatz 2 von § 6 verlangt die EnEV einen erforderlichen Mindest-Luftwechsel, der „zum Zwecke der Gesundheit und der Beheizung sichergestellt ist“. Daraus ergeben sich freilich weite Interpretationsfelder. Wer mag da nicht an das Lüftungskonzept denken, das ja nach DIN 1946-6 vorliegt und sich durchaus über den baulichen Feuchteschutz in Richtung „Gesundheit der Bewohner“ bewegt. In der Anlage 4 wird bei den maximalen n50-Werten weiterhin zwischen Gebäude mit raumlufttechnischen Anlagen und Gebäuden ohne raumlufttechnische Anlagen unterschieden. Beim maximal zulässigen n50-Wert zur Nachweisführung der Luftdichtigkeit gemäß § 6 Absatz 1 wird auf die DIN EN 13829: 2001-02 und das dort beschriebene Verfahren B verwiesen. Es dürfen folgende n50-Werte nicht überschritten werden:

  • bei Gebäuden ohne raumlufttechnische Anlagen 3,0 h-1,
  • bei Gebäuden mit raumlufttechnischen Anlagen 1,5 h-1.

„Abweichend von Satz 1 darf bei Wohngebäuden, deren Jahres-Primärenergiebedarf nach der Anlage 1 Nummer 2.1.1 berechnet wird und deren Luftvolumen 1500 m³ übersteigt, sowie bei Nicht-Wohngebäuden, deren Luftvolumen aller konditionierten Zonen nach DIN V 18599-1: 2011-12 insgesamt 1500 m³ übersteigt, der nach DIN EN 13829: 2001-02 mit dem dort beschriebenen Verfahren B bei einer Druckdifferenz zwischen innen und außen von 50 Pa gemessene Volumenstrom  – bezogen auf die Hüllfläche des Gebäudes – folgende Werte nicht überschreiten:

  • bei Gebäuden ohne raumlufttechnische Anlagen 4,5 h-1,
  • bei Gebäuden mit raumlufttechnischen Anlagen 2,5 h-1.“

Auch nach dieser Fortschreibung der EnEV wird die Raumlufttechnik weiter Einzug in die Gebäude halten, nicht zuletzt, da erfahrungsgemäß besonders neue Gebäude dichter gebaut werden als oft angenommen wird. Aktuelle Marktzahlen belegen den stetigen Einzug der Raumlufttechnik in den Wohnungsbau und dass sich durchaus schon eine eigenständige Branche „Wohnungslüftung“ entwickelt. Dies sicherlich nicht nur aus energetischer Sicht hinsichtlich von Wärmerückgewinnungspotenzialen. Sondern vielmehr,  weil der bauliche Feuchteschutz in der Regel schon lüftungstechnische Maßnahmen verlangt, die in der Regel durch ventilatorgestützte Lüftungssysteme realisiert werden.  Auch wenn ein Lüftungskonzept noch nicht per se von der EnEV gefordert wird, sind es nicht zuletzt die Energieeinsparpotenziale durch Wärmerückgewinnung, die die  energetische Qualität von Gebäuden verbessern.

Autor: Frank Hartmann

 


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