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"Ein Generalunternehmer ist als Vertragspartner unerlässlich" Verbraucherzentralen entwickeln Mustervertrag für Wärmepumpen

Einschlägige Feldtests haben gezeigt, dass viele Wärmepumpenanlagen die berechnete Jahresarbeitszahl in der Praxis nicht erreichen*. Die Verbraucherzentrale Bundesverband hat vor diesem Hintergrund eine Mustervereinbarung für Wärmepumpen entwickelt. Darin müssen die Unternehmer vor der Installation einer Wärmepumpe eine Mindest-Jahresarbeitszahl zusichern. Wird die zugesicherte Effizienz nicht erreicht, muss sich der Anbieter an den zusätzlichen Stromkosten der Wärmepumpe beteiligen. Über die Konsequenzen für die Branche und das verarbeitende Handwerk sprachen wir mit Peter Kafke, Energietechnischer Referent bei der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Details zum neuen Mustervertrag für Wärmepumpen erfuhr IKZ-Chefredakteur Markus Sironi telefonisch von Peter Kafke, Energietechnischer Referent bei der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Bereits seit dem letzten Jahr bietet die Initiative Pro Schornstein auf ihrer Website eine Garantieurkunde für Wärmepumpen zum Download an**. Der installierende Fachbetrieb soll darin eine Mindest-Jahresarbeitszahl für Sole/Wasser- oder Wasser/Wasser bzw. Luft/Wasser-Wärmepumpen bescheinigen. Die Einführung hatte damals bereits für viel Zündstoff gesorgt. Nun wagt die Verbraucherzentrale einen neuen Vorstoß in diese Richtung und bietet in den Energieberatungsstellen der Verbraucherzentrale eine Mustervereinbarung für Hauseigentümer an. Was hat es damit auf sich?

Peter Kafke: In der Praxis führen fehlerhafte Planung und Installation häufig zu niedrigeren Jahresarbeitszahlen als von den Anbietern in der Werbung und in Vorab-Berechnungen versprochen. In der neuen Vereinbarung sichert der Unternehmer vor der Installation einer Wärmepumpe eine Mindest-Jahresarbeitszahl zu. Wird die zugesicherte Effizienz nicht erreicht, muss er sich an den zusätzlichen Stromkosten der Wärmepumpe beteiligen. Mit diesem Mustervertrag bleiben die Heizkosten kalkulierbar und Verbraucher werden vor bösen Überraschungen besser geschützt. Wir versprechen uns langfristig eine Verbesserung der Qualität im Markt für Wärmepumpenanlagen.

IKZ-HAUSTECHNIK: In den einschlägigen Medien wurde und wird die Wärmepumpe vielfach als die Lösung für sparsames und umweltgerechtes Heizen angepriesen. Die Folge: Selbst in ungedämmten Altbauten mit hohen Systemtemperaturen wurden mitunter gegen den Rat der Fachbetriebe solche Aggregate installiert. Ist es nicht der falsche Weg, einen Persilschein für den Häuslebauer zu verlangen und die Schuld nur in Planung und Installation zu sehen? Wäre es nicht besser, die Endkunden aufzuklären darüber, wann eine Wärmepumpe ihr Potenzial wirklich ausreizen kann. Also gedämmte Gebäude, niedrige Heizmitteltemperaturen…?

Peter Kafke: Es geht uns keinesfalls darum, hier Lasten einseitig zu den Anbietern zu verschieben. Tatsächlich haben sie aber als Fachleute einen gewissen Wissensvorsprung und genießen oft einen Vertrauensvorschuss, den ihnen die Kunden entgegen bringen. Viele Kunden können schlicht nicht beurteilen, ob die Jahresarbeitszahl von 4,2, die der freundliche Vertriebsmitarbeiter ihnen verspricht, seriös ist. Für eine Luft-Wasser-Wärmepumpe in ihrem Gebäude nach WSVO 82/84 bei Vorlauftemperaturen von 60°C.
Es ist doch im Zweifel Sache des Anbieters, auf die Grenzen der Technik hinzuweisen, die er anbietet. Der Kunde kann das doch im beschriebenen Fall nur dann wollen, wenn er wirklich keine Ahnung hat. Wenn künftig der Fachmann, also der Anbieter sagt, dass das ohne Dämmmaßnahmen und Änderungen an der Heizungshydraulik keine sinnvolle Maßnahme ist, dann haben wir ein Ziel erreicht.

In der Praxis führen fehlerhafte Planung und Installation häufig zu niedrigeren Jahresarbeitszahlen als von den Anbietern in der Werbung und in Vorab-Berechnungen versprochen.

Dass gegen den Rat der Fachbetriebe ein solches System vom Kunden erzwungen wird, das halte ich für einen seltenen oder konstruierten Fall. Der Anbieter könnte seinen fachlichen Rat dann sehr knapp zusammenfassen, indem er in die JAZ-Vereinbarung schreibt, dass er die Gewähr für eine Mindest-Jahresarbeitszahl von 2,0 übernimmt. Und wenn ein Kollege das besser kann: nur zu!

IKZ-HAUSTECHNIK: Mit wem soll der Endkunde den Wärmepumpen-Vertrag abschließen? Oder anders gefragt: Wer ist der Anbieter: Hersteller, Handwerker oder Planer?

Peter Kafke: Der Kunde braucht zwingend einen Generalunternehmer. Das wird selten der Hersteller sein (obwohl hier ja der Trend auch zu eigenen Bohrunternehmen geht), eher ein Handwerksbetrieb, ein Planer oder z.B. ein Fertighausanbieter. Wir beobachten ja stattdessen oft den Fall, dass der Brunnenbohrer, der Heizungsbauer und der Elektriker ganz sicher sind, selbst alles richtig gemacht zu haben und die Verantwortung beim jeweils anderen sehen. Bei einem Generalunternehmer muss der Kunde dann die Detailfrage, wo der Fehler genau liegt, eben nicht mehr selbst klären, sondern die schlechtere Jahresarbeitszahl ist der Mangel, den der Generalunternehmer zu vertreten hat.

Es geht uns keinesfalls darum, hier Lasten einseitig zu den Anbietern zu verschieben.

Wir erwarten als positive Wirkung eben auch, dass das Interesse des ausführenden Unternehmens nicht nach Überweisung der Rechnung erlischt, sondern die Anlagen-Performance kontrolliert wird und gegebenenfalls Nachbesserungen erfolgen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Nicht nur eine fehlerhafte Planung und Installation, auch eine untypische Betriebsweise wie extrem hohe Warmwasserverbräuche oder eine falsch eingestellte Heizkurve mindern die Effektivität einer Wärmepumpenanlage. Beide Stellglieder kann der Häuslebauer beeinflussen, denn die Nutzung wird im Vorfeld nirgends fixiert. Ein weiterer Grund kann bei Sole-/Wasser-Wärmepumpen auch eine mangelnde Entzugsleistung der Sonde sein, etwa, weil die geografischen Verhältnisse von der Region abweichen, die Sondenlänge vom Bohrunternehmen dementsprechend falsch dimensioniert wurde... Und für solche Unwägbarkeiten soll dann tatsächlich der Anbieter gerade stehen?

Peter Kafke: Dass die Nutzung nicht fixiert wird, ist sicherlich richtig. Dass künftig über die Nutzung und die Nutzungsgrenzen nachgedacht und gesprochen wird, ist erwünscht. Der Nutzer würde ja eine falsche Heizkurve nicht aus Böswilligkeit einstellen. Und wenn Anbieter künftig festhalten, dass sie eine JAZ beispielsweise dann zusichern, wenn maximal 45-grädiges Warmwasser bereitet wird und der WW-Anteil höchstens 25% der Jahresheizarbeit beträgt, dann wäre das gewiss ein Schritt zur Aufklärung im Markt. Heute weiß der Nutzer ja in der Regel nicht, unter welchen Einschränkungen die Anbieteraussagen Bestand haben. Und der Anbieter hat eher Gründe, darüber zu schweigen als darüber aufzuklären.

Dass künftig über die Nutzung und die Nutzungsgrenzen nachgedacht und gesprochen wird, ist erwünscht.

Falls die Idee der zugesicherten JAZ greift, dann wird es zweifelsohne eine bessere Anlagenqualität im Markt geben und eine bessere Nutzeraufklärung und -unterweisung. Ich erwarte außerdem eine Zunahme der Fernüberwachung, denn damit lässt sich das Risiko des unberechenbaren Nutzers und des technischen Defekts minimieren. Ich hatte mal so einen Fall, wo die Anlage ein Jahr auf dem Heizstab lief und der Nutzer 3000 Euro an den Stromversorger nachzahlen musste.
Zum zweiten Punkt: In der Tat soll der Generalunternehmer für falsch dimensionierte Sonden gerade stehen. Er kann sich schließlich beim Bohrunternehmen schadlos halten. Nicht gerade stehen soll dagegen der Kunde. Der kann nämlich in der Regel nicht erkennen, dass er ein windiges Angebot in den Händen hält, das einen guten Preis schafft oder eine hohe Gewinnspanne, weil es das Risiko auf die Stromrechnung des Kunden abwälzt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie soll nachvollziehbar und gerecht geprüft werden, wer im Schadensfall tatsächlich zur Verantwortung gezogen werden kann?

Peter Kafke: Messgröße und damit wesentliches Kriterium ist die Jahresarbeitszahl. Sie stellt das Verhältnis dar zwischen der abgegebenen Wärme für Heizung und Warmwasser und dem dafür verbrauchten Betriebsstrom eines Jahres. Wenn die Anlage nicht das hält, was der Anbieter versprochen hat, dann kann der Anbieter zunächst schauen, ob er sich entlasten kann und Gründe vorliegen, die er nicht zu vertreten hat. Falls das nicht der Fall ist, zahlt er die dadurch verursachten, erhöhten Betriebs(strom)kosten - und kann und wird hoffentlich nachbessern. Und falls es keine Einigung gibt, was ich gar nicht befürchte, denn wir brechen hier ja eine Lanze für erfahrene, gute und solide Fachunternehmen und für informierte Verbraucher, dann gibt es den Rechtsweg.

IKZ-HAUSTECHNIK: Der Mustervertrag zur Mindest-Jahresarbeitszahl ist nur in den Beratungsstellen erhältlich. Warum?

Peter Kafke: Da wir hier einen ganz neuen Ansatz in den Markt tragen, halten wir einerseits einige Erläuterungen, andererseits auch die Möglichkeit für individuelle Fragen für unentbehrlich. Das lässt sich bei einer Verbreitung z.B. über das Internet oder über Printmedien nicht gut bewerkstelligen. Wenn ein Berater die Vereinbarung an einen Verbraucher übergibt, ist das die ideale Gelegenheit, das Funktionieren der Vereinbarung sicherzustellen und im Dialog zu klären, was das Papier jeweils in der konkreten Situation des Verbrauchers leisten kann. Außerdem ist in der Regel mit weiterem Klärungsbedarf und Rückfragen zu rechnen, wenn der potenzielle Kunde die Vereinbarung Anbietern vorlegt. Hier sollte die Initiative dann nicht in einer technischen Diskussion zwischen Laien und Fachleuten ersticken. Da kommen wir am besten und schnellsten voran, wenn Kunde und Energieberater sich schon kennen.

Ich erwarte außerdem eine Zunahme der Fernüberwachung, denn damit lässt sich das Risiko des unberechenbaren Nutzers und des technischen Defekts minimieren.

IKZ-HAUSTECHNIK: Abschließend eine Frage in eine ähnliche Richtung: Praxiserfahrungen zeigen, dass viele Brennwertheizkessel selten oder nie im Kondensationsbereich fahren. Trotzdem finden sich in den Herstellerprospekten Aussagen wie "40% Energieeinsparung möglich". Kommt irgendwann der Mustervertrag für Brennwertheizungen?

Peter Kafke: Tatsächlich verhält es sich mit der Gasbrennwerttechnik ähnlich wie mit der Wärmepumpe: Der Nutzen der an sich ausgereiften Technik hängt sehr stark von einer guten Planung und Ausführung ab. Und in der Praxis erreichen sehr viele Geräte den vollen Nutzen nicht. Wegen Mängeln in der Anlagenhydraulik wird der kondensierende Betrieb nicht erreicht und der Kunde hat faktisch lediglich ein Niedertemperaturgerät.
Wir werden die Erfahrungen mit der Mustervereinbarung auswerten und dann innerhalb der Verbraucherzentralen diskutieren, ob wir diesen Weg grundsätzlich weiterverfolgen. Falls ja - und davon gehe ich zurzeit aus - ist die Mustervereinbarung für Brennwertgeräte ein guter nächster Schritt.

 


*) Siehe Bericht "Jahresergebnisse einer Feldun-tersuchung: Nicht jede Wärmepumpe trägt zum Klimaschutz bei", Heft 8 /2008.

**) Wir berichteten unter der Überschrift "Über das Ziel hinausgeschossen" ausführlich in IKZ-Ausgabe 18/2008. Website der Initiative Pro Schornstein unter www.waermepumpe-strom.de.

 

 


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