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Branchenticker

Seit dem Supergau in Japan stehen die AKW unter besonderer Beobachtung – hierzulande mehr, international eher weniger. Es gibt aber noch Repräsentanten aus Politik und Energiewirtschaft, die an der Risikotechnologie festhalten wollen. Dabei dürfte deren Ende step-by-step kommen.

 

Mehr Energie aus EE als aus AKW
Seit dem Supergau in Japan stehen die AKW unter besonderer Beobachtung – hierzulande mehr, international eher weniger. Es gibt aber noch Repräsentanten aus Politik und Energiewirtschaft, die an der Risikotechnologie festhalten wollen. Dabei dürfte deren Ende step-by-step kommen. Der Bericht „The World Nuclear Industry Status Report 2010-2011“, der vom Worldwatch Institute herausgegeben wird, gibt eine Beschreibung der aktuellen Lage der weltweiten Stromerzeugung aus AKW. Er dokumentiert, dass die weltweiten Reaktorleistungen schon seit Jahren rückläufig sind und 2010 mittlerweile mit 381 GW weltweit mehr Leistung aus EE zu Verfügung steht als durch AKW mit nur noch 375 GW. Das Durchschnittsalter der noch laufenden Reaktoren beträgt 26 Jahre, wobei die bisher 130 abgeschalteten AKW schon nach durchschnittlich 22 Jahre ihren Dienst einstellen mussten. Selbst das Vorzeigeprojekt der Atomindustrie in Olkiluoto, Finnland, ist bereits vier Jahre hinter dem Plan zurück und bereits 90 % teurer als ursprünglich geplant. Alles deutet darauf hin: Die Zukunft gehört eben den EE, die Atomenergie wird immer weiter in den Hintergrund gedrängt werden und wohl schon bald keinen nennenswerten Beitrag zur weltweiten Energieversorgung mehr leisten.

EE-Ausbau und die Verlässlichkeit

Dass die ehemals vehementen schwarz-gelben Verfechter der Atompolitik auf einmal zu AKW-Gegner mutierten, stößt vielerorts auf Skepsis. Mit Recht fordert deshalb der BEE von der Kanzlerin und den Länderchefs ein klares Ja zu einem schnellen Atomausstieg und besondere zum konsequenten Ausbau der EE. Nötig sind vor allem gesetzgeberische Taten, um bestehende Unsicherheiten und Hindernisse für die EE-Branche zu beseitigen – auch was einen verlässlichen Investitionsrahmen für die nächsten Jahre betrifft. Konkrete Vorschläge hat der BEE in seinem Aktionsprogramm aufgeführt. So werden keine fragwürdigen Milliardenversprechen gefordert, die aufgrund der Haushaltslage sowieso nicht eingelöst werden können und auch in der Bevölkerung eher kritisch gesehen werden. Der BEE setzt vielmehr auf verlässliche Gesetze, die private Investitionen in EE ankurbeln und Hürden beseitigen. Dies könnte z.B. ein übergreifendes Artikelgesetz leisten, das u.a. das Raumordnungs-,
das Naturschutz- und das Wasserhaushaltsgesetz auf den Ausbau der EE ausrichtet. Im Stromsektor stehen die Novellen des EEG und des EnWG an. Hier kann die Koalition die Chance nutzen, den Vorrang für EE auch in der Praxis sicherzustellen und Investitionssicherheit für Unternehmen und Abnehmer zu schaffen. Zum Thema Netzausbau und -ertüchtigung gibt es im BEE-Programm ebenfalls konkrete Vorschläge. Für übertrieben hält der Verband allerdings die Zahlen von mehreren Tausend km neuer Hochspannungsleitungen, denn durch den dezentralen Ausbau der EE im ganzen Land lassen sich diese erheblich verringern. Eine Schlüsselrolle bei der Energiewende kommt dem Wärmesektor zu. Immerhin wird hier die Hälfte der Energie verbraucht. Gefordert werden Effizienzmaßnahmen und der Einsatz EE gleichermaßen. Der BEE schlägt ein haushaltsunabhängiges Fördermodell vor. Der Wärmemarkt soll seinen Umbau selbst finanzieren. Mit einer Wärmeprämie auf Öl und Gas in geringer Höhe kann ein Fond aufgelegt werden, aus dem dann regenerative Heizungsanlagen gefördert werden.

Großprojekte der Energie-Monopolisten verteuern unnötig

Auf dem falschen Weg sieht EUROSOLAR die Bundesregierung bei ihrer Energiewende. Der Fokus bei der Energiewende liege zu sehr auf Großprojekten der Energiemonopolisten (diese Bezeichnung wählte auch der Bundesgerichtshof) – unter Ignoranz der Tatsache, dass eine kostengünstige und schnelle Energiewende nur dezentral erfolgen könne. Dabei ist eine vollständige Stromversorgung aus EE in allen Flächenländern auf der Basis von Anlagen innerhalb der Grenzen des jeweiligen Landes problemlos möglich, wie eine von EUROSOLAR herausgegebene Studie in Bezug auf das Industrieland Hessen belegt. Bisheriges Hindernis für eine solche Entwicklung ist – insbesondere in Hessen, BW und Bayern – nicht die Finanzierung, sondern die Verhinderungsplanung der jeweiligen (bisherigen) Landesregierungen über die Regionalplanung und die Unterdrückung vor allem der Windenergie. Teurer würde die Energiewende nicht nur durch die Fokussierung auf Offshore-Windkraft, sondern auch durch das Festhalten am Neubau von großen Kohlekraftwerken. Diese sind nicht regelbar und passen damit nicht in den technisch notwendigen EE-Mix. Entweder verdrängt der Kohlestrom den aus EE gewonnen Strom aus dem Netz und behindert damit massiv den Ausbau der EE, oder die Kohlekraftwerke stehen häufig still oder müssen weit unterhalb ihres Optimums laufen.  EUROSOLAR erwartet von der Bundesregierung, dass sie sich aus der „Babylonischen Gefangenschaft“ der Energiemonopolisten befreit. Erwartet wird ein wirtschafts- und mittelstandsfreundlicher Kurs zu einer dezentralen Energiewende im Sinne des pragmatischen Konzepts der Energieautonomie. Nur so kann die Energiewende schnell, kostengünstig und ohne volkswirtschaftliche Verwerfungen umgesetzt werden.

Hilmar Düppel
Chefredakteur IKZ-ENERGY
h.dueppel@strobel-verlag.de

 


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